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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Frau Clarina Gertruida, geborene von Heynsbroeck, meines ältesten Bruders Petrus van der Valck, der schon im Jahre siebenzehnhundertachtundachtzig starb, trauernde Wittwe. Sie ist die Tochter des Herrn Martinus von Heynsbroeck und der Frau Anna Maria van der Stoot.

Gott helfe mir, dachte Ludwig im Stillen, wenn ich zu jedem dieser kalten, bleichen und langen Gesichter das ganze Geschlechtsregister anzuhören bekomme. -- Frau Clarina knixte ab und eine andere Dame, mit jener von ziemlich gleichem Alter, trat knixend heran.

Meine liebe Schwester, fuhr der alte Herr fort: Adriana, leider ebenfalls schon Wittwe und zwar des weiland Kauf- und Handelsherrn Theophilus Lippert, welcher vor drei Jahren aus dieser Zeitlichkeit schied, leider ohne männliche Nachkommenschaft; hier aber sind seine Jungfrauen Töchter, Cornelia Petronella, Helena Maria und Christina Theodora.

Auch die Gesichter dieser Jungfrauen, von denen eine sogar Helena hieß, hatten keine helenischen Physiognomien, und keine sah aus, als werde um ihretwillen ein trojanischer Krieg entstehen. Jetzt trat ein kleiner junger wohlgenährter Herr heran, mit einem blühenden, vollrunden Gesicht, ein schmuntzelndes Lächeln umspielte fast stehend seine frischen Wangen und sein glattes gekelchtes Kinn; man sah ihm an, wie schwer es ihm wurde, ernst oder gar heilig auszusehen.

Mein Neffe, Herr Vincentius Martinus van der Valck, Sohn meiner Schwester Clarina, Wittwe. Wie Sie sehen, Herr Graf, ein geistlicher Herr, Caplan von Sanct Ottilien, welcher sich dem Dienste unserer heiligen Kirche gewidmet hat mit frommem Eifer.

Ja wohl! ganz außerordentlich! fügte, Spott in seinen Mienen, Vincentius Martinus hinzu. Lassen Sie doch das Lob, lieber Herr Oheim! Sie sehen ja, wie schamroth ich werde. Es ist mir eine große Ehre, Herr Graf, Ihre Bekanntschaft zu machen; Sie sind ein Freund meines Vetters, und wer dessen Freund ist, ist auch der meine, vorausgesetzt, daß ich solche Ehre mir anmaßen zu dürfen nicht unwürdig befunden werde.

Wenn mir vergönnt sein wird, Herr Caplan, öfter die Ehre zu haben, in Ihrer Gesellschaft zu sein -- hoffe ich --

Blitz! unterbrach ihn, ohne weiter auf die verbindliche Rede Ludwig's

Frau Clarina Gertruida, geborene von Heynsbroeck, meines ältesten Bruders Petrus van der Valck, der schon im Jahre siebenzehnhundertachtundachtzig starb, trauernde Wittwe. Sie ist die Tochter des Herrn Martinus von Heynsbroeck und der Frau Anna Maria van der Stoot.

Gott helfe mir, dachte Ludwig im Stillen, wenn ich zu jedem dieser kalten, bleichen und langen Gesichter das ganze Geschlechtsregister anzuhören bekomme. — Frau Clarina knixte ab und eine andere Dame, mit jener von ziemlich gleichem Alter, trat knixend heran.

Meine liebe Schwester, fuhr der alte Herr fort: Adriana, leider ebenfalls schon Wittwe und zwar des weiland Kauf- und Handelsherrn Theophilus Lippert, welcher vor drei Jahren aus dieser Zeitlichkeit schied, leider ohne männliche Nachkommenschaft; hier aber sind seine Jungfrauen Töchter, Cornelia Petronella, Helena Maria und Christina Theodora.

Auch die Gesichter dieser Jungfrauen, von denen eine sogar Helena hieß, hatten keine helenischen Physiognomien, und keine sah aus, als werde um ihretwillen ein trojanischer Krieg entstehen. Jetzt trat ein kleiner junger wohlgenährter Herr heran, mit einem blühenden, vollrunden Gesicht, ein schmuntzelndes Lächeln umspielte fast stehend seine frischen Wangen und sein glattes gekelchtes Kinn; man sah ihm an, wie schwer es ihm wurde, ernst oder gar heilig auszusehen.

Mein Neffe, Herr Vincentius Martinus van der Valck, Sohn meiner Schwester Clarina, Wittwe. Wie Sie sehen, Herr Graf, ein geistlicher Herr, Caplan von Sanct Ottilien, welcher sich dem Dienste unserer heiligen Kirche gewidmet hat mit frommem Eifer.

Ja wohl! ganz außerordentlich! fügte, Spott in seinen Mienen, Vincentius Martinus hinzu. Lassen Sie doch das Lob, lieber Herr Oheim! Sie sehen ja, wie schamroth ich werde. Es ist mir eine große Ehre, Herr Graf, Ihre Bekanntschaft zu machen; Sie sind ein Freund meines Vetters, und wer dessen Freund ist, ist auch der meine, vorausgesetzt, daß ich solche Ehre mir anmaßen zu dürfen nicht unwürdig befunden werde.

Wenn mir vergönnt sein wird, Herr Caplan, öfter die Ehre zu haben, in Ihrer Gesellschaft zu sein — hoffe ich —

Blitz! unterbrach ihn, ohne weiter auf die verbindliche Rede Ludwig’s

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[113/0117] Frau Clarina Gertruida, geborene von Heynsbroeck, meines ältesten Bruders Petrus van der Valck, der schon im Jahre siebenzehnhundertachtundachtzig starb, trauernde Wittwe. Sie ist die Tochter des Herrn Martinus von Heynsbroeck und der Frau Anna Maria van der Stoot. Gott helfe mir, dachte Ludwig im Stillen, wenn ich zu jedem dieser kalten, bleichen und langen Gesichter das ganze Geschlechtsregister anzuhören bekomme. — Frau Clarina knixte ab und eine andere Dame, mit jener von ziemlich gleichem Alter, trat knixend heran. Meine liebe Schwester, fuhr der alte Herr fort: Adriana, leider ebenfalls schon Wittwe und zwar des weiland Kauf- und Handelsherrn Theophilus Lippert, welcher vor drei Jahren aus dieser Zeitlichkeit schied, leider ohne männliche Nachkommenschaft; hier aber sind seine Jungfrauen Töchter, Cornelia Petronella, Helena Maria und Christina Theodora. Auch die Gesichter dieser Jungfrauen, von denen eine sogar Helena hieß, hatten keine helenischen Physiognomien, und keine sah aus, als werde um ihretwillen ein trojanischer Krieg entstehen. Jetzt trat ein kleiner junger wohlgenährter Herr heran, mit einem blühenden, vollrunden Gesicht, ein schmuntzelndes Lächeln umspielte fast stehend seine frischen Wangen und sein glattes gekelchtes Kinn; man sah ihm an, wie schwer es ihm wurde, ernst oder gar heilig auszusehen. Mein Neffe, Herr Vincentius Martinus van der Valck, Sohn meiner Schwester Clarina, Wittwe. Wie Sie sehen, Herr Graf, ein geistlicher Herr, Caplan von Sanct Ottilien, welcher sich dem Dienste unserer heiligen Kirche gewidmet hat mit frommem Eifer. Ja wohl! ganz außerordentlich! fügte, Spott in seinen Mienen, Vincentius Martinus hinzu. Lassen Sie doch das Lob, lieber Herr Oheim! Sie sehen ja, wie schamroth ich werde. Es ist mir eine große Ehre, Herr Graf, Ihre Bekanntschaft zu machen; Sie sind ein Freund meines Vetters, und wer dessen Freund ist, ist auch der meine, vorausgesetzt, daß ich solche Ehre mir anmaßen zu dürfen nicht unwürdig befunden werde. Wenn mir vergönnt sein wird, Herr Caplan, öfter die Ehre zu haben, in Ihrer Gesellschaft zu sein — hoffe ich — Blitz! unterbrach ihn, ohne weiter auf die verbindliche Rede Ludwig’s

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/117>, abgerufen am 21.11.2024.