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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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zu hören, Vincentius, Blitz -- da kommt die Braut, das Meerwunder!

Ludwig erschrak bei diesem Wort. Er hatte geahnet, daß es so kommen werde, und begann für Leonardus zu zittern, wie für Anges.

Eine hohe stattliche und schöne Jungfrau rauschte herein, gefolgt von noch einigen Frauen und Herren, ihren Verwandten; sie verbeugte sich nach den strengsten Regeln der Complimentirkunst, hielt auch ihren Bastille-Fächer, das Neueste, was die Mode von Paris nach Amsterdam gesendet, kunstgerecht, hatte ein höchst regelmäßiges aber kaltes Gesicht, und war nicht die Jungfrau, der ein liebebedürftiges Herz sich wohl hätte nahen mögen. Auch sie wurde vorgestellt: Mejuffrow Sibylla Nikodema van Swammerdam.

Leonardus war zum Tod erschrocken, ihn graute; er sah was kommen werde, und suchte sich mit Muth zu wappnen. Bitter bereute er nun, dahin gewirkt zu haben, daß Anges im Hause seiner Eltern war. Klar lag der Letzteren Absicht vor seiner Seele, der Glanz, der Prunk, die nach und nach mehr und mehr sich sammelnden Gäste, Verwandte von Vater und Mutter und von Jungfrau Sibylla Nikodema van Swammerdam; nichts Geringeres war im Werke, als mit dem Fest seiner Heimkehr das Fest seiner Verlobung zu feiern. Begrüßen, Vorstellen, zum Sitzen genöthigt werden, um stets wieder aufzustehen, wenn die Förmlichkeit erneuter Vorstellung und Begrüßung wiederkehrte, dauerte noch eine gute Weile fort, indeß unter den silbernen Theekannen die blauen Flammen loderten, Flötenuhren mit zarten und gutgestimmten Glockenspielen beliebte Liederweisen spielten, und köstlicher Wohlgeruch durch alle Zimmer seine balsamischen Düfte strömte. Ludwig näherte sich wieder Anges und ihrem Kinde, das sich's behaglich schmecken ließ und eine Cyperkatze streichelte, die sich zutraulich an die Kleine schmiegte.

Freund! flüsterte Anges zu Ludwig, ich wollte, ich wäre nicht hierher gekommen, mich drückt all' diese Pracht, ich fühle mich hier so unendlich arm und so sehr verlassen.

Fast geht es mir eben so, gute Anges. Man hält Sie allen Ernstes für meine Verwandte; ich wünschte, Sie wären es in der That, dann brauchte Ihr Herz nicht beklemmt zu schlagen. Vielleicht können wir das Kind zum Vorwand nehmen, uns bald zu entfernen.

zu hören, Vincentius, Blitz — da kommt die Braut, das Meerwunder!

Ludwig erschrak bei diesem Wort. Er hatte geahnet, daß es so kommen werde, und begann für Leonardus zu zittern, wie für Angés.

Eine hohe stattliche und schöne Jungfrau rauschte herein, gefolgt von noch einigen Frauen und Herren, ihren Verwandten; sie verbeugte sich nach den strengsten Regeln der Complimentirkunst, hielt auch ihren Bastille-Fächer, das Neueste, was die Mode von Paris nach Amsterdam gesendet, kunstgerecht, hatte ein höchst regelmäßiges aber kaltes Gesicht, und war nicht die Jungfrau, der ein liebebedürftiges Herz sich wohl hätte nahen mögen. Auch sie wurde vorgestellt: Mejuffrow Sibylla Nikodema van Swammerdam.

Leonardus war zum Tod erschrocken, ihn graute; er sah was kommen werde, und suchte sich mit Muth zu wappnen. Bitter bereute er nun, dahin gewirkt zu haben, daß Angés im Hause seiner Eltern war. Klar lag der Letzteren Absicht vor seiner Seele, der Glanz, der Prunk, die nach und nach mehr und mehr sich sammelnden Gäste, Verwandte von Vater und Mutter und von Jungfrau Sibylla Nikodema van Swammerdam; nichts Geringeres war im Werke, als mit dem Fest seiner Heimkehr das Fest seiner Verlobung zu feiern. Begrüßen, Vorstellen, zum Sitzen genöthigt werden, um stets wieder aufzustehen, wenn die Förmlichkeit erneuter Vorstellung und Begrüßung wiederkehrte, dauerte noch eine gute Weile fort, indeß unter den silbernen Theekannen die blauen Flammen loderten, Flötenuhren mit zarten und gutgestimmten Glockenspielen beliebte Liederweisen spielten, und köstlicher Wohlgeruch durch alle Zimmer seine balsamischen Düfte strömte. Ludwig näherte sich wieder Angés und ihrem Kinde, das sich’s behaglich schmecken ließ und eine Cyperkatze streichelte, die sich zutraulich an die Kleine schmiegte.

Freund! flüsterte Angés zu Ludwig, ich wollte, ich wäre nicht hierher gekommen, mich drückt all’ diese Pracht, ich fühle mich hier so unendlich arm und so sehr verlassen.

Fast geht es mir eben so, gute Angés. Man hält Sie allen Ernstes für meine Verwandte; ich wünschte, Sie wären es in der That, dann brauchte Ihr Herz nicht beklemmt zu schlagen. Vielleicht können wir das Kind zum Vorwand nehmen, uns bald zu entfernen.

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          <p>Leonardus war zum Tod erschrocken, ihn graute; er sah was kommen werde, und suchte sich mit Muth zu wappnen. Bitter bereute er nun, dahin gewirkt zu haben, daß Angés im Hause seiner Eltern war. Klar lag der Letzteren Absicht vor seiner Seele, der Glanz, der Prunk, die nach und nach mehr und mehr sich sammelnden Gäste, Verwandte von Vater und Mutter und von Jungfrau Sibylla Nikodema van Swammerdam; nichts Geringeres war im Werke, als mit dem Fest seiner Heimkehr das Fest seiner Verlobung zu feiern. Begrüßen, Vorstellen, zum Sitzen genöthigt werden, um stets wieder aufzustehen, wenn die Förmlichkeit erneuter Vorstellung und Begrüßung wiederkehrte, dauerte noch eine gute Weile fort, indeß unter den silbernen Theekannen die blauen Flammen loderten, Flötenuhren mit zarten und gutgestimmten Glockenspielen beliebte Liederweisen spielten, und köstlicher Wohlgeruch durch alle Zimmer seine balsamischen Düfte strömte. Ludwig näherte sich wieder Angés und ihrem Kinde, das sich&#x2019;s behaglich schmecken ließ und eine Cyperkatze streichelte, die sich zutraulich an die Kleine schmiegte.</p>
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[114/0118] zu hören, Vincentius, Blitz — da kommt die Braut, das Meerwunder! Ludwig erschrak bei diesem Wort. Er hatte geahnet, daß es so kommen werde, und begann für Leonardus zu zittern, wie für Angés. Eine hohe stattliche und schöne Jungfrau rauschte herein, gefolgt von noch einigen Frauen und Herren, ihren Verwandten; sie verbeugte sich nach den strengsten Regeln der Complimentirkunst, hielt auch ihren Bastille-Fächer, das Neueste, was die Mode von Paris nach Amsterdam gesendet, kunstgerecht, hatte ein höchst regelmäßiges aber kaltes Gesicht, und war nicht die Jungfrau, der ein liebebedürftiges Herz sich wohl hätte nahen mögen. Auch sie wurde vorgestellt: Mejuffrow Sibylla Nikodema van Swammerdam. Leonardus war zum Tod erschrocken, ihn graute; er sah was kommen werde, und suchte sich mit Muth zu wappnen. Bitter bereute er nun, dahin gewirkt zu haben, daß Angés im Hause seiner Eltern war. Klar lag der Letzteren Absicht vor seiner Seele, der Glanz, der Prunk, die nach und nach mehr und mehr sich sammelnden Gäste, Verwandte von Vater und Mutter und von Jungfrau Sibylla Nikodema van Swammerdam; nichts Geringeres war im Werke, als mit dem Fest seiner Heimkehr das Fest seiner Verlobung zu feiern. Begrüßen, Vorstellen, zum Sitzen genöthigt werden, um stets wieder aufzustehen, wenn die Förmlichkeit erneuter Vorstellung und Begrüßung wiederkehrte, dauerte noch eine gute Weile fort, indeß unter den silbernen Theekannen die blauen Flammen loderten, Flötenuhren mit zarten und gutgestimmten Glockenspielen beliebte Liederweisen spielten, und köstlicher Wohlgeruch durch alle Zimmer seine balsamischen Düfte strömte. Ludwig näherte sich wieder Angés und ihrem Kinde, das sich’s behaglich schmecken ließ und eine Cyperkatze streichelte, die sich zutraulich an die Kleine schmiegte. Freund! flüsterte Angés zu Ludwig, ich wollte, ich wäre nicht hierher gekommen, mich drückt all’ diese Pracht, ich fühle mich hier so unendlich arm und so sehr verlassen. Fast geht es mir eben so, gute Angés. Man hält Sie allen Ernstes für meine Verwandte; ich wünschte, Sie wären es in der That, dann brauchte Ihr Herz nicht beklemmt zu schlagen. Vielleicht können wir das Kind zum Vorwand nehmen, uns bald zu entfernen.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/118>, abgerufen am 21.11.2024.