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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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angepackt und heftig zu Boden geworfen -- ich hörte nur noch den Einen dieser Buben rufen: Ha! das sind ja die Täubchen, die aus dem Taubenschlag der Bastei zu Doorwerth auf uns niedersahen, und das ist ja der Spießgeselle jener Hunde, die mich fingen und in's Wasser warfen! Sollst an mich denken, Hund! -- Ein schwerer Tritt auf meine Brust, und die Sinne vergingen mir.

Allmächtiger Gott! Das ist ja unerhört! riefen bei dieser Erzählung Leonardus' die Freunde aus.

Armer, armer Freund! Was magst du gelitten haben! sprach Ludwig und drückte dem Freund bewegt die Hand.

Ja, gelitten, viel, und schwer und lange, erwiederte dieser, von der schmerzvollen Erinnerung mächtig ergriffen. Nach einer Pause fuhr er dann fort:

Als ich wieder unter glühenden Schmerzen zum Bewußtsein kam, lag ich in einem kleinen, dunkelverhangenen Zimmer, mit Pflastern bedeckt und blutbefleckt. Jeder Athemzug verursachte mir Pein, ich glaubte ein verlorener Mensch zu sein. Sechs Stichwunden waren mir in die Schultern, auf die Brust und in den linken Arm gegeben worden, ein Wunder, daß keiner tief eingedrungen war, keiner das Herz getroffen hatte. Aber dafür war ich zu namenlosen Leiden aufgespart.

An meinem Schmerzenslager saß der alte Diener, den ich bei Anges erblickt hatte, und winkte mir Ruhe zu, als ich sprechen wollte; denn so wie ich dies zu thun versuchte, kam Blut.

Nur langsam besserte sich's mit mir; nur langsam heilten die Wunden, am längsten aber blieb der Schmerz in der Brust, und dieser ist es, den ich noch mit mir herumtrage, der oft wiederkehrend, mich an jene Stunden mahnt und an meinen nahen -- Hingang. Dieser mag kommen, wann er will, ich bin gefaßt auf ihn, ich habe mit dem Leben abgeschlossen.

Als ich wieder so weit war, daß ich ohne Nachtheil zu reden vermochte, kam Anges. Sie kniete an meinem Lager nieder, legte mir ihre weichen Hände auf Mund und Brust, sie blickte mich tief schmerzlich aus ihren himmelvollen Augen so lange an, bis diesen Augen ein Strom von heißen Thränen entquoll, der nicht enden wollte.

angepackt und heftig zu Boden geworfen — ich hörte nur noch den Einen dieser Buben rufen: Ha! das sind ja die Täubchen, die aus dem Taubenschlag der Bastei zu Doorwerth auf uns niedersahen, und das ist ja der Spießgeselle jener Hunde, die mich fingen und in’s Wasser warfen! Sollst an mich denken, Hund! — Ein schwerer Tritt auf meine Brust, und die Sinne vergingen mir.

Allmächtiger Gott! Das ist ja unerhört! riefen bei dieser Erzählung Leonardus’ die Freunde aus.

Armer, armer Freund! Was magst du gelitten haben! sprach Ludwig und drückte dem Freund bewegt die Hand.

Ja, gelitten, viel, und schwer und lange, erwiederte dieser, von der schmerzvollen Erinnerung mächtig ergriffen. Nach einer Pause fuhr er dann fort:

Als ich wieder unter glühenden Schmerzen zum Bewußtsein kam, lag ich in einem kleinen, dunkelverhangenen Zimmer, mit Pflastern bedeckt und blutbefleckt. Jeder Athemzug verursachte mir Pein, ich glaubte ein verlorener Mensch zu sein. Sechs Stichwunden waren mir in die Schultern, auf die Brust und in den linken Arm gegeben worden, ein Wunder, daß keiner tief eingedrungen war, keiner das Herz getroffen hatte. Aber dafür war ich zu namenlosen Leiden aufgespart.

An meinem Schmerzenslager saß der alte Diener, den ich bei Angés erblickt hatte, und winkte mir Ruhe zu, als ich sprechen wollte; denn so wie ich dies zu thun versuchte, kam Blut.

Nur langsam besserte sich’s mit mir; nur langsam heilten die Wunden, am längsten aber blieb der Schmerz in der Brust, und dieser ist es, den ich noch mit mir herumtrage, der oft wiederkehrend, mich an jene Stunden mahnt und an meinen nahen — Hingang. Dieser mag kommen, wann er will, ich bin gefaßt auf ihn, ich habe mit dem Leben abgeschlossen.

Als ich wieder so weit war, daß ich ohne Nachtheil zu reden vermochte, kam Angés. Sie kniete an meinem Lager nieder, legte mir ihre weichen Hände auf Mund und Brust, sie blickte mich tief schmerzlich aus ihren himmelvollen Augen so lange an, bis diesen Augen ein Strom von heißen Thränen entquoll, der nicht enden wollte.

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[290/0294] angepackt und heftig zu Boden geworfen — ich hörte nur noch den Einen dieser Buben rufen: Ha! das sind ja die Täubchen, die aus dem Taubenschlag der Bastei zu Doorwerth auf uns niedersahen, und das ist ja der Spießgeselle jener Hunde, die mich fingen und in’s Wasser warfen! Sollst an mich denken, Hund! — Ein schwerer Tritt auf meine Brust, und die Sinne vergingen mir. Allmächtiger Gott! Das ist ja unerhört! riefen bei dieser Erzählung Leonardus’ die Freunde aus. Armer, armer Freund! Was magst du gelitten haben! sprach Ludwig und drückte dem Freund bewegt die Hand. Ja, gelitten, viel, und schwer und lange, erwiederte dieser, von der schmerzvollen Erinnerung mächtig ergriffen. Nach einer Pause fuhr er dann fort: Als ich wieder unter glühenden Schmerzen zum Bewußtsein kam, lag ich in einem kleinen, dunkelverhangenen Zimmer, mit Pflastern bedeckt und blutbefleckt. Jeder Athemzug verursachte mir Pein, ich glaubte ein verlorener Mensch zu sein. Sechs Stichwunden waren mir in die Schultern, auf die Brust und in den linken Arm gegeben worden, ein Wunder, daß keiner tief eingedrungen war, keiner das Herz getroffen hatte. Aber dafür war ich zu namenlosen Leiden aufgespart. An meinem Schmerzenslager saß der alte Diener, den ich bei Angés erblickt hatte, und winkte mir Ruhe zu, als ich sprechen wollte; denn so wie ich dies zu thun versuchte, kam Blut. Nur langsam besserte sich’s mit mir; nur langsam heilten die Wunden, am längsten aber blieb der Schmerz in der Brust, und dieser ist es, den ich noch mit mir herumtrage, der oft wiederkehrend, mich an jene Stunden mahnt und an meinen nahen — Hingang. Dieser mag kommen, wann er will, ich bin gefaßt auf ihn, ich habe mit dem Leben abgeschlossen. Als ich wieder so weit war, daß ich ohne Nachtheil zu reden vermochte, kam Angés. Sie kniete an meinem Lager nieder, legte mir ihre weichen Hände auf Mund und Brust, sie blickte mich tief schmerzlich aus ihren himmelvollen Augen so lange an, bis diesen Augen ein Strom von heißen Thränen entquoll, der nicht enden wollte.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/294>, abgerufen am 24.11.2024.