Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.holländische Offiziere, die ihren Abschied genommen haben und ein Corps errichten wollten. Sie haben bereits," schrieb Windt, "unter sich die Chargen vertheilt und hoffen auf den Prinzen Friedrich von Oranien, wie die Juden auf ihren Messias. Auch würde der Prinz von Braunschweig aus nach Osnabrück kommen, und das Schloß daselbst ist bereits für ihn in Stand gesetzt. Unterwegs sprachen wir auch den Herrn Vice-Admiral, der dem Prinzen nach Osnabrück vorausgereist ist, und ich habe ihn gebeten, den vorherigen Gouverneur von Utrecht, der sich jetzt in Lingen befindet, zu warnen, nicht nach Holland zurückzugehen, denn es ist ein Brief von ihm aufgefangen worden, der ihm alsbald das Schicksal des Erbherrn zuziehen würde. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sich eine Unternehmung gegen Holland vorbereitet. In der Gegend von Osnabrück steht ein Corps preußische Jäger, ein Regiment Hessen ist von Rinteln aus nach Osnabrück marschirt, zwei Regimenter Emigranten, die in hiesiger Gegend lagern, sind ebenfalls dorthin aufgebrochen; aus der Gegend von Bremen ein Corps Engländer. Das Alles ist aber so gut als Nichts, wenn nicht Preußen kräftigen Beistand zu Lande leistet, und England zur See angreift. Wehe aber den armen Ländern Geldern und Ober-Issel, wenn die Engländer hin kommen, denn deren Plünderungslust kennt keine Grenzen. In Pyrmont liegen auch noch zwei Regimenter Emigranten, die Alles vertheuern und ganz unerträgliche Gesellschafter sein sollen. Uebrigens herrscht im Geldernlande jetzt nicht blos vollkommene Demokratie, sondern fast völlige Anarchie. Zum Glück wird in Paris wie in Amsterdam daran gearbeitet, alle sogenannten nichtsnutzen Klubs, Societäten, Genoodschappen und dergleichen gänzlich aufzuheben und abzuschaffen, was nur heilsam für das allgemeine, wie für das besondere Beste wirken wird. Die würdige, weise und edle Frau Fürstin Juliane ist nicht hier, sondern reiste nach Philippsthal, ihrer Heimath, um dort einen längeren Aufenthalt zu nehmen; ich habe derselben daher nicht Ihrer Excellenz Grüße und meinen unterthänigsten Respect zu Füßen legen können. Ihrer Excellenz Meinung, bezüglich des Verkaufes von Doorwerth, Alles auf bessere Zeiten zu verschieben, theile ich ganz und gar nicht. Ich habe der Frau Gräfin Lynden so zugesetzt, daß sie für die dem Erbherrn geliehenen fünfzigtausend Gulden einstehen will; davon würde dann der erste Termin vollends bezahlt werden können. Für den holländische Offiziere, die ihren Abschied genommen haben und ein Corps errichten wollten. Sie haben bereits,“ schrieb Windt, „unter sich die Chargen vertheilt und hoffen auf den Prinzen Friedrich von Oranien, wie die Juden auf ihren Messias. Auch würde der Prinz von Braunschweig aus nach Osnabrück kommen, und das Schloß daselbst ist bereits für ihn in Stand gesetzt. Unterwegs sprachen wir auch den Herrn Vice-Admiral, der dem Prinzen nach Osnabrück vorausgereist ist, und ich habe ihn gebeten, den vorherigen Gouverneur von Utrecht, der sich jetzt in Lingen befindet, zu warnen, nicht nach Holland zurückzugehen, denn es ist ein Brief von ihm aufgefangen worden, der ihm alsbald das Schicksal des Erbherrn zuziehen würde. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sich eine Unternehmung gegen Holland vorbereitet. In der Gegend von Osnabrück steht ein Corps preußische Jäger, ein Regiment Hessen ist von Rinteln aus nach Osnabrück marschirt, zwei Regimenter Emigranten, die in hiesiger Gegend lagern, sind ebenfalls dorthin aufgebrochen; aus der Gegend von Bremen ein Corps Engländer. Das Alles ist aber so gut als Nichts, wenn nicht Preußen kräftigen Beistand zu Lande leistet, und England zur See angreift. Wehe aber den armen Ländern Geldern und Ober-Issel, wenn die Engländer hin kommen, denn deren Plünderungslust kennt keine Grenzen. In Pyrmont liegen auch noch zwei Regimenter Emigranten, die Alles vertheuern und ganz unerträgliche Gesellschafter sein sollen. Uebrigens herrscht im Geldernlande jetzt nicht blos vollkommene Demokratie, sondern fast völlige Anarchie. Zum Glück wird in Paris wie in Amsterdam daran gearbeitet, alle sogenannten nichtsnutzen Klubs, Societäten, Genoodschappen und dergleichen gänzlich aufzuheben und abzuschaffen, was nur heilsam für das allgemeine, wie für das besondere Beste wirken wird. Die würdige, weise und edle Frau Fürstin Juliane ist nicht hier, sondern reiste nach Philippsthal, ihrer Heimath, um dort einen längeren Aufenthalt zu nehmen; ich habe derselben daher nicht Ihrer Excellenz Grüße und meinen unterthänigsten Respect zu Füßen legen können. Ihrer Excellenz Meinung, bezüglich des Verkaufes von Doorwerth, Alles auf bessere Zeiten zu verschieben, theile ich ganz und gar nicht. Ich habe der Frau Gräfin Lynden so zugesetzt, daß sie für die dem Erbherrn geliehenen fünfzigtausend Gulden einstehen will; davon würde dann der erste Termin vollends bezahlt werden können. Für den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0304" n="300"/> holländische Offiziere, die ihren Abschied genommen haben und ein Corps errichten wollten. Sie haben bereits,“ schrieb Windt, „unter sich die Chargen vertheilt und hoffen auf den Prinzen Friedrich von Oranien, wie die Juden auf ihren Messias. Auch würde der Prinz von Braunschweig aus nach Osnabrück kommen, und das Schloß daselbst ist bereits für ihn in Stand gesetzt. Unterwegs sprachen wir auch den Herrn Vice-Admiral, der dem Prinzen nach Osnabrück vorausgereist ist, und ich habe ihn gebeten, den vorherigen Gouverneur von Utrecht, der sich jetzt in Lingen befindet, zu warnen, nicht nach Holland zurückzugehen, denn es ist ein Brief von ihm aufgefangen worden, der ihm alsbald das Schicksal des Erbherrn zuziehen würde. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sich eine Unternehmung gegen Holland vorbereitet. In der Gegend von Osnabrück steht ein Corps preußische Jäger, ein Regiment Hessen ist von Rinteln aus nach Osnabrück marschirt, zwei Regimenter Emigranten, die in hiesiger Gegend lagern, sind ebenfalls dorthin aufgebrochen; aus der Gegend von Bremen ein Corps Engländer. Das Alles ist aber so gut als Nichts, wenn nicht Preußen kräftigen Beistand zu Lande leistet, und England zur See angreift. Wehe aber den armen Ländern Geldern und Ober-Issel, wenn die Engländer hin kommen, denn deren Plünderungslust kennt keine Grenzen. In Pyrmont liegen auch noch zwei Regimenter Emigranten, die Alles vertheuern und ganz unerträgliche Gesellschafter sein sollen. Uebrigens herrscht im Geldernlande jetzt nicht blos vollkommene Demokratie, sondern fast völlige Anarchie. Zum Glück wird in Paris wie in Amsterdam daran gearbeitet, alle sogenannten nichtsnutzen Klubs, Societäten, <hi rendition="#aq">Genoodschappen</hi> und dergleichen gänzlich aufzuheben und abzuschaffen, was nur heilsam für das allgemeine, wie für das besondere Beste wirken wird. Die würdige, weise und edle Frau Fürstin Juliane ist nicht hier, sondern reiste nach Philippsthal, ihrer Heimath, um dort einen längeren Aufenthalt zu nehmen; ich habe derselben daher nicht Ihrer Excellenz Grüße und meinen unterthänigsten Respect zu Füßen legen können. Ihrer Excellenz Meinung, bezüglich des Verkaufes von Doorwerth, Alles auf bessere Zeiten zu verschieben, theile ich ganz und gar nicht. Ich habe der Frau Gräfin Lynden so zugesetzt, daß sie für die dem Erbherrn geliehenen fünfzigtausend Gulden einstehen will; davon würde dann der erste Termin vollends bezahlt werden können. Für den </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [300/0304]
holländische Offiziere, die ihren Abschied genommen haben und ein Corps errichten wollten. Sie haben bereits,“ schrieb Windt, „unter sich die Chargen vertheilt und hoffen auf den Prinzen Friedrich von Oranien, wie die Juden auf ihren Messias. Auch würde der Prinz von Braunschweig aus nach Osnabrück kommen, und das Schloß daselbst ist bereits für ihn in Stand gesetzt. Unterwegs sprachen wir auch den Herrn Vice-Admiral, der dem Prinzen nach Osnabrück vorausgereist ist, und ich habe ihn gebeten, den vorherigen Gouverneur von Utrecht, der sich jetzt in Lingen befindet, zu warnen, nicht nach Holland zurückzugehen, denn es ist ein Brief von ihm aufgefangen worden, der ihm alsbald das Schicksal des Erbherrn zuziehen würde. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sich eine Unternehmung gegen Holland vorbereitet. In der Gegend von Osnabrück steht ein Corps preußische Jäger, ein Regiment Hessen ist von Rinteln aus nach Osnabrück marschirt, zwei Regimenter Emigranten, die in hiesiger Gegend lagern, sind ebenfalls dorthin aufgebrochen; aus der Gegend von Bremen ein Corps Engländer. Das Alles ist aber so gut als Nichts, wenn nicht Preußen kräftigen Beistand zu Lande leistet, und England zur See angreift. Wehe aber den armen Ländern Geldern und Ober-Issel, wenn die Engländer hin kommen, denn deren Plünderungslust kennt keine Grenzen. In Pyrmont liegen auch noch zwei Regimenter Emigranten, die Alles vertheuern und ganz unerträgliche Gesellschafter sein sollen. Uebrigens herrscht im Geldernlande jetzt nicht blos vollkommene Demokratie, sondern fast völlige Anarchie. Zum Glück wird in Paris wie in Amsterdam daran gearbeitet, alle sogenannten nichtsnutzen Klubs, Societäten, Genoodschappen und dergleichen gänzlich aufzuheben und abzuschaffen, was nur heilsam für das allgemeine, wie für das besondere Beste wirken wird. Die würdige, weise und edle Frau Fürstin Juliane ist nicht hier, sondern reiste nach Philippsthal, ihrer Heimath, um dort einen längeren Aufenthalt zu nehmen; ich habe derselben daher nicht Ihrer Excellenz Grüße und meinen unterthänigsten Respect zu Füßen legen können. Ihrer Excellenz Meinung, bezüglich des Verkaufes von Doorwerth, Alles auf bessere Zeiten zu verschieben, theile ich ganz und gar nicht. Ich habe der Frau Gräfin Lynden so zugesetzt, daß sie für die dem Erbherrn geliehenen fünfzigtausend Gulden einstehen will; davon würde dann der erste Termin vollends bezahlt werden können. Für den
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