Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

den Baron von Kutzleben, und dessen Vermittlung angesprochen; ich schrieb an den Grafen von Bernstorf, königlich dänischen Gesandten zu Berlin, nicht minder an den holländischen Minister von Hartsinck, und bat alle um ihre Verwendung, eben so schrieb ich an den Prinzen Statthalter. Baron von Kutzleben hat meinen an diesen eingeschlossenen Brief dem Baron von Vogel übergeben, welcher jetzt holländischer Gesandter am englischen Hofe ist und sich im Augenblick beim Prinzen von Oranien befindet. Der Prinz Statthalter aber ist leider dermalen in trauriger Lage. Vor Allem erfreute mich in derselben Angelegenheit ein Brief der liebenswürdigsten herrlichsten Prinzessin, den ich dir beilege und als ein Heiligthum anvertraue; auch ihr hatte ich mich anvertraut, und diese Seele voll Engelgüte hat mir auf das Freundlichste geantwortet. Es ist Luise, die Kronprinzessin von Preußen K. H., geborene Prinzessin von Mecklenburg Strelitz, die ich in Darmstadt bei ihrer trefflichen Großmutter, welche die Erziehung dieser Prinzessin leitete, kennen lernte. Dann sah und sprach ich sie wieder bei ihrer Schwester Charlotte, Herzogin zu Sachsen-Hildburghausen, wohin sie vor einigen Jahren gegangen war, da Darmstadt sich von feindlichem Ueberzug der Franzosen bedroht sah. Diese Prinzessin und ihre beiden Schwestern athmen nur Geist und Liebenswürdigkeit, und wenn du in Deutschland reisest, so versäume ja nicht, dich an dem preußischen, mecklenburgischen, hessischen und sächsischen Höfen vorzustellen. Dem Haus Sachsen-Hildburghausen sind wir ohnehin verwandt, denn schon die Tochter König Christian des Sechsten von Dänemark, Luise, vermählte sich dem Herzoge Ernst Friedrich zu Sachsen-Hildburghausen; sie brachte diesem Hause ein schönes Heirathsgut mit, und reiche Sammlungen an Seltenheiten der Natur und Kunst, die man in dem gebildeten und glücklichen Sachsenlande höher als sonst wo zu schätzen weiß. Es bedarf in Hildburghausen nur der Nennung meines Namens, um dich dort einzuführen, mein geliebter Enkel. Du findest einen sehr gebildeten, umgänglichen und menschenfreundlichen Hof; findest wissenschaftliche Anstalten dort in Blüthe, und auch in der Bevölkerung ungleich mehr Bildung als in vielen anderen Staaten Deutschlands. Es ist auf alle diese Ernestiner Etwas übergegangen vom Geist und Strebesinn ihres großen Ahnherrn, Herzog Ernst des Frommen zu Sachsen, ein Fürst, der für die Wohlfahrt

den Baron von Kutzleben, und dessen Vermittlung angesprochen; ich schrieb an den Grafen von Bernstorf, königlich dänischen Gesandten zu Berlin, nicht minder an den holländischen Minister von Hartsinck, und bat alle um ihre Verwendung, eben so schrieb ich an den Prinzen Statthalter. Baron von Kutzleben hat meinen an diesen eingeschlossenen Brief dem Baron von Vogel übergeben, welcher jetzt holländischer Gesandter am englischen Hofe ist und sich im Augenblick beim Prinzen von Oranien befindet. Der Prinz Statthalter aber ist leider dermalen in trauriger Lage. Vor Allem erfreute mich in derselben Angelegenheit ein Brief der liebenswürdigsten herrlichsten Prinzessin, den ich dir beilege und als ein Heiligthum anvertraue; auch ihr hatte ich mich anvertraut, und diese Seele voll Engelgüte hat mir auf das Freundlichste geantwortet. Es ist Luise, die Kronprinzessin von Preußen K. H., geborene Prinzessin von Mecklenburg Strelitz, die ich in Darmstadt bei ihrer trefflichen Großmutter, welche die Erziehung dieser Prinzessin leitete, kennen lernte. Dann sah und sprach ich sie wieder bei ihrer Schwester Charlotte, Herzogin zu Sachsen-Hildburghausen, wohin sie vor einigen Jahren gegangen war, da Darmstadt sich von feindlichem Ueberzug der Franzosen bedroht sah. Diese Prinzessin und ihre beiden Schwestern athmen nur Geist und Liebenswürdigkeit, und wenn du in Deutschland reisest, so versäume ja nicht, dich an dem preußischen, mecklenburgischen, hessischen und sächsischen Höfen vorzustellen. Dem Haus Sachsen-Hildburghausen sind wir ohnehin verwandt, denn schon die Tochter König Christian des Sechsten von Dänemark, Luise, vermählte sich dem Herzoge Ernst Friedrich zu Sachsen-Hildburghausen; sie brachte diesem Hause ein schönes Heirathsgut mit, und reiche Sammlungen an Seltenheiten der Natur und Kunst, die man in dem gebildeten und glücklichen Sachsenlande höher als sonst wo zu schätzen weiß. Es bedarf in Hildburghausen nur der Nennung meines Namens, um dich dort einzuführen, mein geliebter Enkel. Du findest einen sehr gebildeten, umgänglichen und menschenfreundlichen Hof; findest wissenschaftliche Anstalten dort in Blüthe, und auch in der Bevölkerung ungleich mehr Bildung als in vielen anderen Staaten Deutschlands. Es ist auf alle diese Ernestiner Etwas übergegangen vom Geist und Strebesinn ihres großen Ahnherrn, Herzog Ernst des Frommen zu Sachsen, ein Fürst, der für die Wohlfahrt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0306" n="302"/>
den Baron von Kutzleben, und dessen Vermittlung angesprochen; ich schrieb an den Grafen von Bernstorf, königlich dänischen Gesandten zu Berlin, nicht minder an den holländischen Minister von Hartsinck, und bat alle um ihre Verwendung, eben so schrieb ich an den Prinzen Statthalter. Baron von Kutzleben hat meinen an diesen eingeschlossenen Brief dem Baron von Vogel übergeben, welcher jetzt holländischer Gesandter am englischen Hofe ist und sich im Augenblick beim Prinzen von Oranien befindet. Der Prinz Statthalter aber ist leider dermalen in trauriger Lage. Vor Allem erfreute mich in derselben Angelegenheit ein Brief der liebenswürdigsten herrlichsten Prinzessin, den ich dir beilege und als ein Heiligthum anvertraue; auch ihr hatte ich mich anvertraut, und diese Seele voll Engelgüte hat mir auf das Freundlichste geantwortet. Es ist Luise, die Kronprinzessin von Preußen K. H., geborene Prinzessin von Mecklenburg Strelitz, die ich in Darmstadt bei ihrer trefflichen Großmutter, welche die Erziehung dieser Prinzessin leitete, kennen lernte. Dann sah und sprach ich sie wieder bei ihrer Schwester Charlotte, Herzogin zu Sachsen-Hildburghausen, wohin sie vor einigen Jahren gegangen war, da Darmstadt sich von feindlichem Ueberzug der Franzosen bedroht sah. Diese Prinzessin und ihre beiden Schwestern athmen nur Geist und Liebenswürdigkeit, und wenn du in Deutschland reisest, so versäume ja nicht, dich an dem preußischen, mecklenburgischen, hessischen und sächsischen Höfen vorzustellen. Dem Haus Sachsen-Hildburghausen sind wir ohnehin verwandt, denn schon die Tochter König Christian des Sechsten von Dänemark, Luise, vermählte sich dem Herzoge Ernst Friedrich zu Sachsen-Hildburghausen; sie brachte diesem Hause ein schönes Heirathsgut mit, und reiche Sammlungen an Seltenheiten der Natur und Kunst, die man in dem gebildeten und glücklichen Sachsenlande höher als sonst wo zu schätzen weiß. Es bedarf in Hildburghausen nur der Nennung meines Namens, um dich dort einzuführen, mein geliebter Enkel. Du findest einen sehr gebildeten, umgänglichen und menschenfreundlichen Hof; findest wissenschaftliche Anstalten dort in Blüthe, und auch in der Bevölkerung ungleich mehr Bildung als in vielen anderen Staaten Deutschlands. Es ist auf alle diese Ernestiner Etwas übergegangen vom Geist und Strebesinn ihres großen Ahnherrn, Herzog Ernst des Frommen zu Sachsen, ein Fürst, der für die Wohlfahrt
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0306] den Baron von Kutzleben, und dessen Vermittlung angesprochen; ich schrieb an den Grafen von Bernstorf, königlich dänischen Gesandten zu Berlin, nicht minder an den holländischen Minister von Hartsinck, und bat alle um ihre Verwendung, eben so schrieb ich an den Prinzen Statthalter. Baron von Kutzleben hat meinen an diesen eingeschlossenen Brief dem Baron von Vogel übergeben, welcher jetzt holländischer Gesandter am englischen Hofe ist und sich im Augenblick beim Prinzen von Oranien befindet. Der Prinz Statthalter aber ist leider dermalen in trauriger Lage. Vor Allem erfreute mich in derselben Angelegenheit ein Brief der liebenswürdigsten herrlichsten Prinzessin, den ich dir beilege und als ein Heiligthum anvertraue; auch ihr hatte ich mich anvertraut, und diese Seele voll Engelgüte hat mir auf das Freundlichste geantwortet. Es ist Luise, die Kronprinzessin von Preußen K. H., geborene Prinzessin von Mecklenburg Strelitz, die ich in Darmstadt bei ihrer trefflichen Großmutter, welche die Erziehung dieser Prinzessin leitete, kennen lernte. Dann sah und sprach ich sie wieder bei ihrer Schwester Charlotte, Herzogin zu Sachsen-Hildburghausen, wohin sie vor einigen Jahren gegangen war, da Darmstadt sich von feindlichem Ueberzug der Franzosen bedroht sah. Diese Prinzessin und ihre beiden Schwestern athmen nur Geist und Liebenswürdigkeit, und wenn du in Deutschland reisest, so versäume ja nicht, dich an dem preußischen, mecklenburgischen, hessischen und sächsischen Höfen vorzustellen. Dem Haus Sachsen-Hildburghausen sind wir ohnehin verwandt, denn schon die Tochter König Christian des Sechsten von Dänemark, Luise, vermählte sich dem Herzoge Ernst Friedrich zu Sachsen-Hildburghausen; sie brachte diesem Hause ein schönes Heirathsgut mit, und reiche Sammlungen an Seltenheiten der Natur und Kunst, die man in dem gebildeten und glücklichen Sachsenlande höher als sonst wo zu schätzen weiß. Es bedarf in Hildburghausen nur der Nennung meines Namens, um dich dort einzuführen, mein geliebter Enkel. Du findest einen sehr gebildeten, umgänglichen und menschenfreundlichen Hof; findest wissenschaftliche Anstalten dort in Blüthe, und auch in der Bevölkerung ungleich mehr Bildung als in vielen anderen Staaten Deutschlands. Es ist auf alle diese Ernestiner Etwas übergegangen vom Geist und Strebesinn ihres großen Ahnherrn, Herzog Ernst des Frommen zu Sachsen, ein Fürst, der für die Wohlfahrt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2013-01-22T14:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
austrian literature online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-22T14:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-22T14:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/306
Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/306>, abgerufen am 01.06.2024.