Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.und Ihres wackeren Freundes, des Grafen Ernst Heinrich von Schimmelmann, Schiller auf drei Jahre ein Einkommen von eintausend Thalern zu sichern, damit er der Wiederherstellung seiner Gesundheit leben könne. Sie glauben nicht, geliebteste Großmutter, wie armselig in diesen Ländern die Gelehrten bezahlt werden; während manche Professuren und andere Stellen häufig als Sinecuren betrachtet werden, sind es in Wahrheit permanente Hungercuren und die Leute haben, wie man hier zu Lande zu sagen pflegt, zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig." "Gegenwärtig hat Schiller an einem dramatischen Gedicht: Wallenstein, zu arbeiten begonnen, welches jedenfalls Epoche machen wird." "Ich war auch in Weimar, und bin dort mit großer Güte und Zuvorkommenheit aufgenommen worden. Der ganze Hof hat sich nach Ihrem Befinden auf das Theilnehmendste erkundigt. Ich lernte immer mehr und mehr bewundern, welche hohe Achtung und welches große, ruhmvolle Ansehen Sie, theuerste Großmutter, in ganz Deutschland genießen. Sie hatten vollkommen Recht, als Sie mir sagten, daß man in diesen sächsischen Staaten die Wissenschaften höher schätze, als irgend wo anders. Bei äußerlich ziemlich beschränkten Mitteln geschieht für dieselben das Mögliche; man will viele Gelehrte, viele gute Köpfe um sich sehen, daher entspringt dann der vorhin erwähnte Mangel an Mitteln, um dieselben Alle nach Verdienst zu belohnen. Dieses kleine Weimar, als Stadt ziemlich unansehnlich, ist eine Centralsonne deutschen Geisteslebens, die weithin über die Welt ihre lichten Strahlen wirft. Ich habe dort mehr berühmte und bedeutende Männer kennen gelernt, als, etwa mit Ausnahme der Staatsmänner und großen Politiker Englands und Frankreichs -- sonst in meinem ganzen früheren Leben. Vom Hofe selbst schreibe ich Ihnen nicht, Sie kennen denselben besser als ich, auch bin ich, Gott sei Dank, nicht angesteckt von der klein- und spießbürgerlichen Klatschsucht, die sich darin gefällt, die Blätter ihrer Skandalchroniken mit Schattenseiten aus dem Leben berühmter Männer anzufüllen, und halte solches Thun geradezu für eine Erbärmlichkeit; nur das Eine kann ich nicht unterdrücken zu sagen, daß der Herzog Carl August ein Mann von hoher Genialität, seine Mutter eine Fürstin von der anerkennenswerthesten Hoheit der und Ihres wackeren Freundes, des Grafen Ernst Heinrich von Schimmelmann, Schiller auf drei Jahre ein Einkommen von eintausend Thalern zu sichern, damit er der Wiederherstellung seiner Gesundheit leben könne. Sie glauben nicht, geliebteste Großmutter, wie armselig in diesen Ländern die Gelehrten bezahlt werden; während manche Professuren und andere Stellen häufig als Sinecuren betrachtet werden, sind es in Wahrheit permanente Hungercuren und die Leute haben, wie man hier zu Lande zu sagen pflegt, zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig.“ „Gegenwärtig hat Schiller an einem dramatischen Gedicht: Wallenstein, zu arbeiten begonnen, welches jedenfalls Epoche machen wird.“ „Ich war auch in Weimar, und bin dort mit großer Güte und Zuvorkommenheit aufgenommen worden. Der ganze Hof hat sich nach Ihrem Befinden auf das Theilnehmendste erkundigt. Ich lernte immer mehr und mehr bewundern, welche hohe Achtung und welches große, ruhmvolle Ansehen Sie, theuerste Großmutter, in ganz Deutschland genießen. Sie hatten vollkommen Recht, als Sie mir sagten, daß man in diesen sächsischen Staaten die Wissenschaften höher schätze, als irgend wo anders. Bei äußerlich ziemlich beschränkten Mitteln geschieht für dieselben das Mögliche; man will viele Gelehrte, viele gute Köpfe um sich sehen, daher entspringt dann der vorhin erwähnte Mangel an Mitteln, um dieselben Alle nach Verdienst zu belohnen. Dieses kleine Weimar, als Stadt ziemlich unansehnlich, ist eine Centralsonne deutschen Geisteslebens, die weithin über die Welt ihre lichten Strahlen wirft. Ich habe dort mehr berühmte und bedeutende Männer kennen gelernt, als, etwa mit Ausnahme der Staatsmänner und großen Politiker Englands und Frankreichs — sonst in meinem ganzen früheren Leben. Vom Hofe selbst schreibe ich Ihnen nicht, Sie kennen denselben besser als ich, auch bin ich, Gott sei Dank, nicht angesteckt von der klein- und spießbürgerlichen Klatschsucht, die sich darin gefällt, die Blätter ihrer Skandalchroniken mit Schattenseiten aus dem Leben berühmter Männer anzufüllen, und halte solches Thun geradezu für eine Erbärmlichkeit; nur das Eine kann ich nicht unterdrücken zu sagen, daß der Herzog Carl August ein Mann von hoher Genialität, seine Mutter eine Fürstin von der anerkennenswerthesten Hoheit der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0316" n="312"/> und Ihres wackeren Freundes, des Grafen Ernst Heinrich von Schimmelmann, Schiller auf drei Jahre ein Einkommen von eintausend Thalern zu sichern, damit er der Wiederherstellung seiner Gesundheit leben könne. 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Bei äußerlich ziemlich beschränkten Mitteln geschieht für dieselben das Mögliche; man will viele Gelehrte, viele gute Köpfe um sich sehen, daher entspringt dann der vorhin erwähnte Mangel an Mitteln, um dieselben Alle nach Verdienst zu belohnen. Dieses kleine Weimar, als Stadt ziemlich unansehnlich, ist eine Centralsonne deutschen Geisteslebens, die weithin über die Welt ihre lichten Strahlen wirft. Ich habe dort mehr berühmte und bedeutende Männer kennen gelernt, als, etwa mit Ausnahme der Staatsmänner und großen Politiker Englands und Frankreichs — sonst in meinem ganzen früheren Leben. Vom Hofe selbst schreibe ich Ihnen nicht, Sie kennen denselben besser als ich, auch bin ich, Gott sei Dank, nicht angesteckt von der klein- und spießbürgerlichen Klatschsucht, die sich darin gefällt, die Blätter ihrer Skandalchroniken mit Schattenseiten aus dem Leben berühmter Männer anzufüllen, und halte solches Thun geradezu für eine Erbärmlichkeit; nur das Eine kann ich nicht unterdrücken zu sagen, daß der Herzog Carl August ein Mann von hoher Genialität, seine Mutter eine Fürstin von der anerkennenswerthesten Hoheit der </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [312/0316]
und Ihres wackeren Freundes, des Grafen Ernst Heinrich von Schimmelmann, Schiller auf drei Jahre ein Einkommen von eintausend Thalern zu sichern, damit er der Wiederherstellung seiner Gesundheit leben könne. Sie glauben nicht, geliebteste Großmutter, wie armselig in diesen Ländern die Gelehrten bezahlt werden; während manche Professuren und andere Stellen häufig als Sinecuren betrachtet werden, sind es in Wahrheit permanente Hungercuren und die Leute haben, wie man hier zu Lande zu sagen pflegt, zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig.“
„Gegenwärtig hat Schiller an einem dramatischen Gedicht: Wallenstein, zu arbeiten begonnen, welches jedenfalls Epoche machen wird.“
„Ich war auch in Weimar, und bin dort mit großer Güte und Zuvorkommenheit aufgenommen worden. Der ganze Hof hat sich nach Ihrem Befinden auf das Theilnehmendste erkundigt. Ich lernte immer mehr und mehr bewundern, welche hohe Achtung und welches große, ruhmvolle Ansehen Sie, theuerste Großmutter, in ganz Deutschland genießen. Sie hatten vollkommen Recht, als Sie mir sagten, daß man in diesen sächsischen Staaten die Wissenschaften höher schätze, als irgend wo anders. Bei äußerlich ziemlich beschränkten Mitteln geschieht für dieselben das Mögliche; man will viele Gelehrte, viele gute Köpfe um sich sehen, daher entspringt dann der vorhin erwähnte Mangel an Mitteln, um dieselben Alle nach Verdienst zu belohnen. Dieses kleine Weimar, als Stadt ziemlich unansehnlich, ist eine Centralsonne deutschen Geisteslebens, die weithin über die Welt ihre lichten Strahlen wirft. Ich habe dort mehr berühmte und bedeutende Männer kennen gelernt, als, etwa mit Ausnahme der Staatsmänner und großen Politiker Englands und Frankreichs — sonst in meinem ganzen früheren Leben. Vom Hofe selbst schreibe ich Ihnen nicht, Sie kennen denselben besser als ich, auch bin ich, Gott sei Dank, nicht angesteckt von der klein- und spießbürgerlichen Klatschsucht, die sich darin gefällt, die Blätter ihrer Skandalchroniken mit Schattenseiten aus dem Leben berühmter Männer anzufüllen, und halte solches Thun geradezu für eine Erbärmlichkeit; nur das Eine kann ich nicht unterdrücken zu sagen, daß der Herzog Carl August ein Mann von hoher Genialität, seine Mutter eine Fürstin von der anerkennenswerthesten Hoheit der
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