Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Leonardo da Vinci.
zuführen in Eurem Park oder an einem Ort, wo Ew. Exzellenz will, --
womit ich ergebenst mich so viel als möglich empfehle."

Leonardo hat viele Zeichnungen über den Festungsbau hinterlassen.
Ferner handelt er von den Minen und deren Anlagen. In zahlreichen
Zeichnungen erläutert er die Konstruktion von Sturmmaschinen, Ar-
tillerie u. s. w. Der Dampfkanone, des Architronito haben wir bereits
Erwähnung gethan. Diese Maschine beweist, dass die Benutzung des
Wasserdampfes zu Leonardos Zeit nicht unbekannt war, was bestätigt
wird durch eine Vorrichtung, Wasser zu heben, und eine gegen den
Strom gehende Barke, beide durch Dampf bewegt. Unter der Zahl
der Kanonenkonstruktionen finden wir mannigfache, sinnreiche Stücke,
rotierende, drehbare Mitrailleusen, ferner viele andere Geschütze
unter Anwendung von Schleuderkraft und Schwungkraft, mächtige, auf
Räder gestellte Armbrüste, ferner ganze grosse Batterieen von Büchsen-
läufen, die auf dem Mantel grosser Treträder tangential in vier bis
acht Reihen aufgebracht sind und nacheinander abgeschossen werden.

Die Herstellung von Kanonen scheint ihn besonders beschäftigt
zu haben. Wir finden im Codex Atlanticus eine Zeichnung, die uns
lehrt, mit was für einem Instrument Leonardo bohrte, d. h. offenbar
nachbohrte und Züge einschnitt. Dasselbe erscheint als ein Cylinder,
welcher der Längsachse nach mit Leisten von rechteckigem Quer-
schnitt und scharfen Kanten besetzt ist, welche in gleichen Zwischen-
räumen gleich der Hälfte ihrer Kopfbreite aufgestellt sind. In diese
Leisten ist eine Spirale eingeschnitten, die allerdings erhabene Züge
hervorbringen müsste. Das Rohr ist vorne und hinten offen -- also
wie bei unseren Hinterladern -- und am vordern Ende erblicken wir
die Bohrstange hervorragen und mit Hebeln zum Drehen versehen.
Einige der Kanonen zeigen Ornamentik und stellen wohl Festkanonen
vor, wie solche dazumal viel gefertigt wurden.

Über die Geschosse, ihre Gewichte, ihre Flugbahn, sowie über
Tragweite der Geschütze finden sich oft Bemerkungen. An einer
solchen Stelle sagt Leonardo da Vinci:

"Die Kugeln der Bombarde machen eine Meile in fünf Zeit-
abschnitten, von welchen Zeiten eine Stunde zusammengesetzt ist, von
1080 u. s. w.", wobei er auf das Resultat kommt, dass eine solche
Kugel per Sekunde 110 m durchläuft.

Also auch auf diesem Gebiete leistete Leonardo da Vinci Bedeuten-
des. Die Anerkennung, welche er bei seinen Zeitgenossen fand, war gross;
wir haben bereits oben gesehen, dass Magenta bei seinen Befestigungs-
arbeiten für Florenz den Leonardo fleissig studierte. Ebenso befahl

Beck, Geschichte des Eisens. 63

Leonardo da Vinci.
zuführen in Eurem Park oder an einem Ort, wo Ew. Exzellenz will, —
womit ich ergebenst mich so viel als möglich empfehle.“

Leonardo hat viele Zeichnungen über den Festungsbau hinterlassen.
Ferner handelt er von den Minen und deren Anlagen. In zahlreichen
Zeichnungen erläutert er die Konstruktion von Sturmmaschinen, Ar-
tillerie u. s. w. Der Dampfkanone, des Architronito haben wir bereits
Erwähnung gethan. Diese Maschine beweist, daſs die Benutzung des
Wasserdampfes zu Leonardos Zeit nicht unbekannt war, was bestätigt
wird durch eine Vorrichtung, Wasser zu heben, und eine gegen den
Strom gehende Barke, beide durch Dampf bewegt. Unter der Zahl
der Kanonenkonstruktionen finden wir mannigfache, sinnreiche Stücke,
rotierende, drehbare Mitrailleusen, ferner viele andere Geschütze
unter Anwendung von Schleuderkraft und Schwungkraft, mächtige, auf
Räder gestellte Armbrüste, ferner ganze groſse Batterieen von Büchsen-
läufen, die auf dem Mantel groſser Treträder tangential in vier bis
acht Reihen aufgebracht sind und nacheinander abgeschossen werden.

Die Herstellung von Kanonen scheint ihn besonders beschäftigt
zu haben. Wir finden im Codex Atlanticus eine Zeichnung, die uns
lehrt, mit was für einem Instrument Leonardo bohrte, d. h. offenbar
nachbohrte und Züge einschnitt. Dasſelbe erscheint als ein Cylinder,
welcher der Längsachse nach mit Leisten von rechteckigem Quer-
schnitt und scharfen Kanten besetzt ist, welche in gleichen Zwischen-
räumen gleich der Hälfte ihrer Kopfbreite aufgestellt sind. In diese
Leisten ist eine Spirale eingeschnitten, die allerdings erhabene Züge
hervorbringen müſste. Das Rohr ist vorne und hinten offen — also
wie bei unseren Hinterladern — und am vordern Ende erblicken wir
die Bohrstange hervorragen und mit Hebeln zum Drehen versehen.
Einige der Kanonen zeigen Ornamentik und stellen wohl Festkanonen
vor, wie solche dazumal viel gefertigt wurden.

Über die Geschosse, ihre Gewichte, ihre Flugbahn, sowie über
Tragweite der Geschütze finden sich oft Bemerkungen. An einer
solchen Stelle sagt Leonardo da Vinci:

„Die Kugeln der Bombarde machen eine Meile in fünf Zeit-
abschnitten, von welchen Zeiten eine Stunde zusammengesetzt ist, von
1080 u. s. w.“, wobei er auf das Resultat kommt, daſs eine solche
Kugel per Sekunde 110 m durchläuft.

Also auch auf diesem Gebiete leistete Leonardo da Vinci Bedeuten-
des. Die Anerkennung, welche er bei seinen Zeitgenossen fand, war groſs;
wir haben bereits oben gesehen, daſs Magenta bei seinen Befestigungs-
arbeiten für Florenz den Leonardo fleiſsig studierte. Ebenso befahl

Beck, Geschichte des Eisens. 63
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f1015" n="993"/><fw place="top" type="header">Leonardo da Vinci.</fw><lb/>
zuführen in Eurem Park oder an einem Ort, wo Ew. Exzellenz will, &#x2014;<lb/>
womit ich ergebenst mich so viel als möglich empfehle.&#x201C;</p><lb/>
              <p>Leonardo hat viele Zeichnungen über den Festungsbau hinterlassen.<lb/>
Ferner handelt er von den Minen und deren Anlagen. In zahlreichen<lb/>
Zeichnungen erläutert er die Konstruktion von Sturmmaschinen, Ar-<lb/>
tillerie u. s. w. Der Dampfkanone, des Architronito haben wir bereits<lb/>
Erwähnung gethan. Diese Maschine beweist, da&#x017F;s die Benutzung des<lb/>
Wasserdampfes zu Leonardos Zeit nicht unbekannt war, was bestätigt<lb/>
wird durch eine Vorrichtung, Wasser zu heben, und eine gegen den<lb/>
Strom gehende Barke, beide durch Dampf bewegt. Unter der Zahl<lb/>
der Kanonenkonstruktionen finden wir mannigfache, sinnreiche Stücke,<lb/>
rotierende, drehbare Mitrailleusen, ferner viele andere Geschütze<lb/>
unter Anwendung von Schleuderkraft und Schwungkraft, mächtige, auf<lb/>
Räder gestellte Armbrüste, ferner ganze gro&#x017F;se Batterieen von Büchsen-<lb/>
läufen, die auf dem Mantel gro&#x017F;ser Treträder tangential in vier bis<lb/>
acht Reihen aufgebracht sind und nacheinander abgeschossen werden.</p><lb/>
              <p>Die Herstellung von Kanonen scheint ihn besonders beschäftigt<lb/>
zu haben. Wir finden im Codex Atlanticus eine Zeichnung, die uns<lb/>
lehrt, mit was für einem Instrument Leonardo bohrte, d. h. offenbar<lb/>
nachbohrte und Züge einschnitt. Das&#x017F;elbe erscheint als ein Cylinder,<lb/>
welcher der Längsachse nach mit Leisten von rechteckigem Quer-<lb/>
schnitt und scharfen Kanten besetzt ist, welche in gleichen Zwischen-<lb/>
räumen gleich der Hälfte ihrer Kopfbreite aufgestellt sind. In diese<lb/>
Leisten ist eine Spirale eingeschnitten, die allerdings erhabene Züge<lb/>
hervorbringen mü&#x017F;ste. Das Rohr ist vorne und hinten offen &#x2014; also<lb/>
wie bei unseren Hinterladern &#x2014; und am vordern Ende erblicken wir<lb/>
die Bohrstange hervorragen und mit Hebeln zum Drehen versehen.<lb/>
Einige der Kanonen zeigen Ornamentik und stellen wohl Festkanonen<lb/>
vor, wie solche dazumal viel gefertigt wurden.</p><lb/>
              <p>Über die Geschosse, ihre Gewichte, ihre Flugbahn, sowie über<lb/>
Tragweite der Geschütze finden sich oft Bemerkungen. An einer<lb/>
solchen Stelle sagt Leonardo da Vinci:</p><lb/>
              <p>&#x201E;Die Kugeln der Bombarde machen eine Meile in fünf Zeit-<lb/>
abschnitten, von welchen Zeiten eine Stunde zusammengesetzt ist, von<lb/>
1080 u. s. w.&#x201C;, wobei er auf das Resultat kommt, da&#x017F;s eine solche<lb/>
Kugel per Sekunde 110 m durchläuft.</p><lb/>
              <p>Also auch auf diesem Gebiete leistete Leonardo da Vinci Bedeuten-<lb/>
des. Die Anerkennung, welche er bei seinen Zeitgenossen fand, war gro&#x017F;s;<lb/>
wir haben bereits oben gesehen, da&#x017F;s Magenta bei seinen Befestigungs-<lb/>
arbeiten für Florenz den Leonardo flei&#x017F;sig studierte. Ebenso befahl<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Beck</hi>, Geschichte des Eisens. 63</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[993/1015] Leonardo da Vinci. zuführen in Eurem Park oder an einem Ort, wo Ew. Exzellenz will, — womit ich ergebenst mich so viel als möglich empfehle.“ Leonardo hat viele Zeichnungen über den Festungsbau hinterlassen. Ferner handelt er von den Minen und deren Anlagen. In zahlreichen Zeichnungen erläutert er die Konstruktion von Sturmmaschinen, Ar- tillerie u. s. w. Der Dampfkanone, des Architronito haben wir bereits Erwähnung gethan. Diese Maschine beweist, daſs die Benutzung des Wasserdampfes zu Leonardos Zeit nicht unbekannt war, was bestätigt wird durch eine Vorrichtung, Wasser zu heben, und eine gegen den Strom gehende Barke, beide durch Dampf bewegt. Unter der Zahl der Kanonenkonstruktionen finden wir mannigfache, sinnreiche Stücke, rotierende, drehbare Mitrailleusen, ferner viele andere Geschütze unter Anwendung von Schleuderkraft und Schwungkraft, mächtige, auf Räder gestellte Armbrüste, ferner ganze groſse Batterieen von Büchsen- läufen, die auf dem Mantel groſser Treträder tangential in vier bis acht Reihen aufgebracht sind und nacheinander abgeschossen werden. Die Herstellung von Kanonen scheint ihn besonders beschäftigt zu haben. Wir finden im Codex Atlanticus eine Zeichnung, die uns lehrt, mit was für einem Instrument Leonardo bohrte, d. h. offenbar nachbohrte und Züge einschnitt. Dasſelbe erscheint als ein Cylinder, welcher der Längsachse nach mit Leisten von rechteckigem Quer- schnitt und scharfen Kanten besetzt ist, welche in gleichen Zwischen- räumen gleich der Hälfte ihrer Kopfbreite aufgestellt sind. In diese Leisten ist eine Spirale eingeschnitten, die allerdings erhabene Züge hervorbringen müſste. Das Rohr ist vorne und hinten offen — also wie bei unseren Hinterladern — und am vordern Ende erblicken wir die Bohrstange hervorragen und mit Hebeln zum Drehen versehen. Einige der Kanonen zeigen Ornamentik und stellen wohl Festkanonen vor, wie solche dazumal viel gefertigt wurden. Über die Geschosse, ihre Gewichte, ihre Flugbahn, sowie über Tragweite der Geschütze finden sich oft Bemerkungen. An einer solchen Stelle sagt Leonardo da Vinci: „Die Kugeln der Bombarde machen eine Meile in fünf Zeit- abschnitten, von welchen Zeiten eine Stunde zusammengesetzt ist, von 1080 u. s. w.“, wobei er auf das Resultat kommt, daſs eine solche Kugel per Sekunde 110 m durchläuft. Also auch auf diesem Gebiete leistete Leonardo da Vinci Bedeuten- des. Die Anerkennung, welche er bei seinen Zeitgenossen fand, war groſs; wir haben bereits oben gesehen, daſs Magenta bei seinen Befestigungs- arbeiten für Florenz den Leonardo fleiſsig studierte. Ebenso befahl Beck, Geschichte des Eisens. 63

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/1015
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 993. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/1015>, abgerufen am 22.11.2024.