abzuhandeln hatten. Ist die Ausbeute in bezug auf die technische Entwickelung so vieler Jahrtausende auch nicht gross, so schliesst doch dieser Abschnitt mit einem schönen Tableau, das uns eine viel- versprechende Aussicht in die neue Zeit eröffnet. Wie auf allen Ge- bieten menschlichen Strebens der Ausgang des 15. und der Anfang des 16. Jahrhunderts einen gewaltigen Fortschritt zeigt, ein erfolgreiches Ringen gegen die Herrschaft alter Vorurteile und alter Methoden, wo der Geist der Humanität mächtig Wurzel schlägt und kraftvoll die Fesseln der verknöcherten Scholastik zerbricht, wo neue Entdeckungen, wie die des Seeweges nach Ostindien und die Auffindung von Amerika, den geistigen Horizont erweitern, neuen Bestrebungen, neuem Ringen den hoffnungsvollen Weg zeigen, da weht auch auf dem Gebiete der Technik ein neuer, hoffnungsvoller Wind, alten Staub wegfegend, neuen Zeiten zutreibend. Und wenn dies von der Technik im allgemeinen gesagt werden darf, so gilt es ganz besonders für die Eisenindustrie. Neue Kräfte stehen den Menschen zu Gebot, die tierische Kraft wird überall verdrängt durch die Wasserkraft, die man jetzt erst anfängt für alle Kraftleistungen dienstbar zu machen. Eine Massenproduktion des Eisens ist angebahnt. Der Eisenguss ist erfunden. Man hat die Vor- teile der indirekten Methode erkennen gelernt. Man stellt in hohen Öfen mit mächtigen Blasebälgen flüssiges Roheisen dar, um daraus das "zwiegeschmolzene Eisen" zu bereiten, das besser und gleichmässiger in seiner Güte rasch das alte Luppeneisen der Rennherde und Tretöfen zurückdrängt. Der durch die Umwälzung der Bewaffnung gesteigerte Bedarf an Eisen erzwingt eine Steigerung der Produktion, führt zur Massenbereitung, zur Grossindustrie.
Mit den praktischen Verbesserungen geht Hand in Hand die Ent- wickelung der theoretischen Erkenntnis, gefördert und angebahnt durch eine der folgenreichsten Erfindungen aller Zeiten, durch die Buch- druckerkunst, und getragen von schöpferischen Geistern wie der Leonar- dos und anderer.
So tritt die Eisentechnik in die neue Zeit ein. Die Kinderjahre sind überwunden, das Kind ist zum Jüngling gereift, der hoffnungsfroh in die neue Welt eintritt. Die Basis ist gegeben, auf der die weitere Entwickelung der Eisenindustrie sich vollzieht. Wie sich diese voll- zieht, werden wir in der Folge zu zeigen haben.
Freilich, das Bild hat auch eine andere Seite, denn vergleichen wir den Stand der Industrie zu Anfang des 16. Jahrhunderts mit dem Stand unserer heutigen Eisentechnik, so kommt uns alles zwerg- und bettelhaft vor. Ein Riesenbau steht die heutige Eisenindustrie vor
Schluſs.
abzuhandeln hatten. Ist die Ausbeute in bezug auf die technische Entwickelung so vieler Jahrtausende auch nicht groſs, so schlieſst doch dieser Abschnitt mit einem schönen Tableau, das uns eine viel- versprechende Aussicht in die neue Zeit eröffnet. Wie auf allen Ge- bieten menschlichen Strebens der Ausgang des 15. und der Anfang des 16. Jahrhunderts einen gewaltigen Fortschritt zeigt, ein erfolgreiches Ringen gegen die Herrschaft alter Vorurteile und alter Methoden, wo der Geist der Humanität mächtig Wurzel schlägt und kraftvoll die Fesseln der verknöcherten Scholastik zerbricht, wo neue Entdeckungen, wie die des Seeweges nach Ostindien und die Auffindung von Amerika, den geistigen Horizont erweitern, neuen Bestrebungen, neuem Ringen den hoffnungsvollen Weg zeigen, da weht auch auf dem Gebiete der Technik ein neuer, hoffnungsvoller Wind, alten Staub wegfegend, neuen Zeiten zutreibend. Und wenn dies von der Technik im allgemeinen gesagt werden darf, so gilt es ganz besonders für die Eisenindustrie. Neue Kräfte stehen den Menschen zu Gebot, die tierische Kraft wird überall verdrängt durch die Wasserkraft, die man jetzt erst anfängt für alle Kraftleistungen dienstbar zu machen. Eine Massenproduktion des Eisens ist angebahnt. Der Eisenguſs ist erfunden. Man hat die Vor- teile der indirekten Methode erkennen gelernt. Man stellt in hohen Öfen mit mächtigen Blasebälgen flüssiges Roheisen dar, um daraus das „zwiegeschmolzene Eisen“ zu bereiten, das besser und gleichmäſsiger in seiner Güte rasch das alte Luppeneisen der Rennherde und Tretöfen zurückdrängt. Der durch die Umwälzung der Bewaffnung gesteigerte Bedarf an Eisen erzwingt eine Steigerung der Produktion, führt zur Massenbereitung, zur Groſsindustrie.
Mit den praktischen Verbesserungen geht Hand in Hand die Ent- wickelung der theoretischen Erkenntnis, gefördert und angebahnt durch eine der folgenreichsten Erfindungen aller Zeiten, durch die Buch- druckerkunst, und getragen von schöpferischen Geistern wie der Leonar- dos und anderer.
So tritt die Eisentechnik in die neue Zeit ein. Die Kinderjahre sind überwunden, das Kind ist zum Jüngling gereift, der hoffnungsfroh in die neue Welt eintritt. Die Basis ist gegeben, auf der die weitere Entwickelung der Eisenindustrie sich vollzieht. Wie sich diese voll- zieht, werden wir in der Folge zu zeigen haben.
Freilich, das Bild hat auch eine andere Seite, denn vergleichen wir den Stand der Industrie zu Anfang des 16. Jahrhunderts mit dem Stand unserer heutigen Eisentechnik, so kommt uns alles zwerg- und bettelhaft vor. Ein Riesenbau steht die heutige Eisenindustrie vor
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Schluſs.
abzuhandeln hatten. Ist die Ausbeute in bezug auf die technische
Entwickelung so vieler Jahrtausende auch nicht groſs, so schlieſst
doch dieser Abschnitt mit einem schönen Tableau, das uns eine viel-
versprechende Aussicht in die neue Zeit eröffnet. Wie auf allen Ge-
bieten menschlichen Strebens der Ausgang des 15. und der Anfang des
16. Jahrhunderts einen gewaltigen Fortschritt zeigt, ein erfolgreiches
Ringen gegen die Herrschaft alter Vorurteile und alter Methoden, wo der
Geist der Humanität mächtig Wurzel schlägt und kraftvoll die Fesseln
der verknöcherten Scholastik zerbricht, wo neue Entdeckungen, wie die
des Seeweges nach Ostindien und die Auffindung von Amerika, den
geistigen Horizont erweitern, neuen Bestrebungen, neuem Ringen den
hoffnungsvollen Weg zeigen, da weht auch auf dem Gebiete der Technik
ein neuer, hoffnungsvoller Wind, alten Staub wegfegend, neuen Zeiten
zutreibend. Und wenn dies von der Technik im allgemeinen gesagt
werden darf, so gilt es ganz besonders für die Eisenindustrie. Neue
Kräfte stehen den Menschen zu Gebot, die tierische Kraft wird überall
verdrängt durch die Wasserkraft, die man jetzt erst anfängt für alle
Kraftleistungen dienstbar zu machen. Eine Massenproduktion des
Eisens ist angebahnt. Der Eisenguſs ist erfunden. Man hat die Vor-
teile der indirekten Methode erkennen gelernt. Man stellt in hohen
Öfen mit mächtigen Blasebälgen flüssiges Roheisen dar, um daraus das
„zwiegeschmolzene Eisen“ zu bereiten, das besser und gleichmäſsiger
in seiner Güte rasch das alte Luppeneisen der Rennherde und Tretöfen
zurückdrängt. Der durch die Umwälzung der Bewaffnung gesteigerte
Bedarf an Eisen erzwingt eine Steigerung der Produktion, führt zur
Massenbereitung, zur Groſsindustrie.
Mit den praktischen Verbesserungen geht Hand in Hand die Ent-
wickelung der theoretischen Erkenntnis, gefördert und angebahnt durch
eine der folgenreichsten Erfindungen aller Zeiten, durch die Buch-
druckerkunst, und getragen von schöpferischen Geistern wie der Leonar-
dos und anderer.
So tritt die Eisentechnik in die neue Zeit ein. Die Kinderjahre
sind überwunden, das Kind ist zum Jüngling gereift, der hoffnungsfroh
in die neue Welt eintritt. Die Basis ist gegeben, auf der die weitere
Entwickelung der Eisenindustrie sich vollzieht. Wie sich diese voll-
zieht, werden wir in der Folge zu zeigen haben.
Freilich, das Bild hat auch eine andere Seite, denn vergleichen
wir den Stand der Industrie zu Anfang des 16. Jahrhunderts mit dem
Stand unserer heutigen Eisentechnik, so kommt uns alles zwerg- und
bettelhaft vor. Ein Riesenbau steht die heutige Eisenindustrie vor
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 1002. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/1024>, abgerufen am 22.11.2024.
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