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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
Tribut herbeischafften. Sein glänzendster Feldzug war der gegen
Ägypten, dessen nördliche Provinzen er eroberte. Er setzte Statthalter
ein. Dem bekannten Necho übergab er das wichtigste Gebiet von
Memphis und Sais. Unter ihm macht sich schon deutlich ägyptischer
Kunsteinfluss bemerkbar.

668 v. Chr. folgte sein Sohn Assurbanipal, der letzte der glänzen-
den Herrscher Assyriens. Auch er führte viele ruhmvolle Kriege. Zu-
erst gegen Ägypten, wo er bis Theben vordrang, welche Stadt er ein-
nahm und brandschatzte. Gyges von Lydien huldigte ihm freiwillig.
Er eroberte Susa und vernichtete die Herrschaft Elams. 32 Bilder der
Könige Elams von Silber, Gold, Erz und Stein führte er mit sich fort
und stellte sie in seinem Palast zu Kujundschik auf. Assur stand auf
dem Gipfel seiner Macht. Da wendete sich das Glück. Dieser Um-
schwung scheint durch den Einfall eines wilden skythischen Volkes, der
Saken, herbeigeführt worden zu sein. Das ganze Reich ging aus den
Fugen. Die unterdrückten Völker erhoben sich und fielen ab, und
wenn auch Assurbanipal, der 626 v. Chr. starb, das schreckliche Ende
nicht selbst erlebte, so war es doch nur 19 Jahre nach seinem Tode,
dass Niniveh, wie überliefert wird, von den Medern unter Kyaxares ein-
genommen und gänzlich zerstört wurde, so dass sein Name selbst von
der Zeit an aus der Geschichte verschwunden ist. Keinen jäheren
und schrecklicheren Sturz hat je ein so mächtiges Reich erlebt.

Die Herrschaft Mesopotamiens ging an Babylon über, dessen Statt-
halter Nabopolassar schon 620 in Verbindung mit dem Meder Kyaxares
das assyrische Joch abgeschüttelt und sich zum Herrscher des Euphrat-
landes aufgeworfen hatte. Seinen Nachfolgern gelang es zum Teil
wieder, die Trümmer des assyrischen Reiches unter ihrer Herrschaft
zu vereinigen. Der glänzendste der babylonischen Könige war Nabo-
polassars Sohn Nebukadnezar, der von 605 bis 561 regierte, der beson-
ders bekannt ist durch die Zerstörung Jerusalems und die Wegführung
der Juden in die babylonische Gefangenschaft. Weit bewunderungs-
würdiger als seine Kriegsthaten erscheint Nebukadnezar durch seine
grossartigen und nützlichen Bauten. Namentlich that er Grosses für
die Kanalisation des Euphratlandes. Er erbaute den grossen Kanal
Nahr-Marka, d. h. der Königsgraben, von dem er ein höchst kunstvolles
System von Bewässerungsgräben ableitete. Zur Regulierung legte er
ein kolossales Becken bei Syppara an, eine Nachahmung des Seees von
Möris, das 10 Meilen im Umfang hatte und 35 Fuss tief war. Ver-
schiedene Schiffbrücken, sowie die stehende Brücke bei Babylon waren
sein Werk. Er stellte die Handelsstrassen wieder her und gründete

Die Semiten.
Tribut herbeischafften. Sein glänzendster Feldzug war der gegen
Ägypten, dessen nördliche Provinzen er eroberte. Er setzte Statthalter
ein. Dem bekannten Necho übergab er das wichtigste Gebiet von
Memphis und Sais. Unter ihm macht sich schon deutlich ägyptischer
Kunsteinfluſs bemerkbar.

668 v. Chr. folgte sein Sohn Assurbanipal, der letzte der glänzen-
den Herrscher Assyriens. Auch er führte viele ruhmvolle Kriege. Zu-
erst gegen Ägypten, wo er bis Theben vordrang, welche Stadt er ein-
nahm und brandschatzte. Gyges von Lydien huldigte ihm freiwillig.
Er eroberte Susa und vernichtete die Herrschaft Elams. 32 Bilder der
Könige Elams von Silber, Gold, Erz und Stein führte er mit sich fort
und stellte sie in seinem Palast zu Kujundschik auf. Assur stand auf
dem Gipfel seiner Macht. Da wendete sich das Glück. Dieser Um-
schwung scheint durch den Einfall eines wilden skythischen Volkes, der
Saken, herbeigeführt worden zu sein. Das ganze Reich ging aus den
Fugen. Die unterdrückten Völker erhoben sich und fielen ab, und
wenn auch Assurbanipal, der 626 v. Chr. starb, das schreckliche Ende
nicht selbst erlebte, so war es doch nur 19 Jahre nach seinem Tode,
daſs Niniveh, wie überliefert wird, von den Medern unter Kyaxares ein-
genommen und gänzlich zerstört wurde, so daſs sein Name selbst von
der Zeit an aus der Geschichte verschwunden ist. Keinen jäheren
und schrecklicheren Sturz hat je ein so mächtiges Reich erlebt.

Die Herrschaft Mesopotamiens ging an Babylon über, dessen Statt-
halter Nabopolassar schon 620 in Verbindung mit dem Meder Kyaxares
das assyrische Joch abgeschüttelt und sich zum Herrscher des Euphrat-
landes aufgeworfen hatte. Seinen Nachfolgern gelang es zum Teil
wieder, die Trümmer des assyrischen Reiches unter ihrer Herrschaft
zu vereinigen. Der glänzendste der babylonischen Könige war Nabo-
polassars Sohn Nebukadnezar, der von 605 bis 561 regierte, der beson-
ders bekannt ist durch die Zerstörung Jerusalems und die Wegführung
der Juden in die babylonische Gefangenschaft. Weit bewunderungs-
würdiger als seine Kriegsthaten erscheint Nebukadnezar durch seine
groſsartigen und nützlichen Bauten. Namentlich that er Groſses für
die Kanalisation des Euphratlandes. Er erbaute den groſsen Kanal
Nahr-Marka, d. h. der Königsgraben, von dem er ein höchst kunstvolles
System von Bewässerungsgräben ableitete. Zur Regulierung legte er
ein kolossales Becken bei Syppara an, eine Nachahmung des Seees von
Möris, das 10 Meilen im Umfang hatte und 35 Fuſs tief war. Ver-
schiedene Schiffbrücken, sowie die stehende Brücke bei Babylon waren
sein Werk. Er stellte die Handelsstraſsen wieder her und gründete

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[114/0136] Die Semiten. Tribut herbeischafften. Sein glänzendster Feldzug war der gegen Ägypten, dessen nördliche Provinzen er eroberte. Er setzte Statthalter ein. Dem bekannten Necho übergab er das wichtigste Gebiet von Memphis und Sais. Unter ihm macht sich schon deutlich ägyptischer Kunsteinfluſs bemerkbar. 668 v. Chr. folgte sein Sohn Assurbanipal, der letzte der glänzen- den Herrscher Assyriens. Auch er führte viele ruhmvolle Kriege. Zu- erst gegen Ägypten, wo er bis Theben vordrang, welche Stadt er ein- nahm und brandschatzte. Gyges von Lydien huldigte ihm freiwillig. Er eroberte Susa und vernichtete die Herrschaft Elams. 32 Bilder der Könige Elams von Silber, Gold, Erz und Stein führte er mit sich fort und stellte sie in seinem Palast zu Kujundschik auf. Assur stand auf dem Gipfel seiner Macht. Da wendete sich das Glück. Dieser Um- schwung scheint durch den Einfall eines wilden skythischen Volkes, der Saken, herbeigeführt worden zu sein. Das ganze Reich ging aus den Fugen. Die unterdrückten Völker erhoben sich und fielen ab, und wenn auch Assurbanipal, der 626 v. Chr. starb, das schreckliche Ende nicht selbst erlebte, so war es doch nur 19 Jahre nach seinem Tode, daſs Niniveh, wie überliefert wird, von den Medern unter Kyaxares ein- genommen und gänzlich zerstört wurde, so daſs sein Name selbst von der Zeit an aus der Geschichte verschwunden ist. Keinen jäheren und schrecklicheren Sturz hat je ein so mächtiges Reich erlebt. Die Herrschaft Mesopotamiens ging an Babylon über, dessen Statt- halter Nabopolassar schon 620 in Verbindung mit dem Meder Kyaxares das assyrische Joch abgeschüttelt und sich zum Herrscher des Euphrat- landes aufgeworfen hatte. Seinen Nachfolgern gelang es zum Teil wieder, die Trümmer des assyrischen Reiches unter ihrer Herrschaft zu vereinigen. Der glänzendste der babylonischen Könige war Nabo- polassars Sohn Nebukadnezar, der von 605 bis 561 regierte, der beson- ders bekannt ist durch die Zerstörung Jerusalems und die Wegführung der Juden in die babylonische Gefangenschaft. Weit bewunderungs- würdiger als seine Kriegsthaten erscheint Nebukadnezar durch seine groſsartigen und nützlichen Bauten. Namentlich that er Groſses für die Kanalisation des Euphratlandes. Er erbaute den groſsen Kanal Nahr-Marka, d. h. der Königsgraben, von dem er ein höchst kunstvolles System von Bewässerungsgräben ableitete. Zur Regulierung legte er ein kolossales Becken bei Syppara an, eine Nachahmung des Seees von Möris, das 10 Meilen im Umfang hatte und 35 Fuſs tief war. Ver- schiedene Schiffbrücken, sowie die stehende Brücke bei Babylon waren sein Werk. Er stellte die Handelsstraſsen wieder her und gründete

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/136>, abgerufen am 27.04.2024.