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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
men mit Steinwerkzeugen und Goldschmuck. Bemerkenswert ist der
altassyrische Name des Kupfers. Er heisst kipar @
(kiebar-Akkadisch Takabar). Dies lässt uns sofort der Insel Kypros
(Cypern) gedenken. Da aber das Wort kipar älter ist als der Name
der Insel, diese vielmehr in den alten Inschriften Jatnan heisst, so dürfen
wir wohl annehmen, dass sowohl der Name Kypros, als das Wort aes
Cyprium, cuprum und Kupfer aus der semitischen Sprache abzuleiten
sind. Den frühen Gebrauch des Kupfers bezeugen die alten Gräber
im südlichen Chaldäa, aus denen wir einen alten Ritus der Bestattung
kennen lernen. In den geräumigen Grabkammern, die man zu Ur und
Erek aufgefunden hat, lagen die Leichen auf einer Schilfmatte, meist
nach der linken Seite gewendet, das Haupt auf einem Ziegel: der rechte
Arm über die Brust nach links gelegt, ruht mit dem Finger auf dem
Rande einer kupfernen Schale 1). Diese Leichen trugen Amulette,
die an Draht befestigt waren. Es sind unscheinbare Steine, die einige
deshalb für Meteorsteine halten wollen 2).

Eine andere, sehr frühe Verwendung des Kupfers ist durch eine
Entdeckung von Loftus erwiesen. Er fand in den Trümmern des
Tempels von Mugheir (Ur) blau glasierte Ziegel mit Kupfernägeln. Diese
Ziegel dienten wahrscheinlich zur Auskleidung des obersten Stockwerkes
des Tempels, in dem das Bild des Gottes stand. Spangen und Ringe
von Kupfer waren in ältester Zeit in Gebrauch. Zahlreich sind die
Geräte und Waffen von Kupfer, die in den Palästen Ninivehs aufge-
funden wurden.

Im eigentlichen Heimatlande der Assyrier finden sich im Tiyari-
gebirge Kupfererze im Gebiet von Khurdistan. Ebenso in der Nähe von
Diabekr. Kupfer wird häufig in den Tributlisten aufgeführt. Assarhadon
legt den Medern einen Tribut an Kupfer auf. "Das Produkt ihrer
Bergwerke." Damaskus musste, wie erwähnt, an Phul 3000 Talente
Kupfer zahlen.

Die Chaldäer kannten bereits die Bronze, d. h. die Legierung
von Kupfer und Zinn und verstanden sie zu schmelzen und zu giessen.
Ob sie die Herstellung der Mischung selbst erfanden, ist zweifelhaft.
Gegenstände von Zinn sind in den alten Trümmerstädten nicht auf-
gefunden worden. In späteren Keilinschriften wird das Zinn erwähnt.
Unter den sieben Kisten im Fundamente des Palastes des Sargon wird

1) Siehe Dunker, Geschichte des Altertums I, 265.
2) Siehe Rowlinson, The five great monarchies of the anciant eastern
world 1873. p. 88.

Die Semiten.
men mit Steinwerkzeugen und Goldschmuck. Bemerkenswert ist der
altassyrische Name des Kupfers. Er heiſst kipar 
(kiebar-Akkadisch Takabar). Dies läſst uns sofort der Insel Kypros
(Cypern) gedenken. Da aber das Wort kipar älter ist als der Name
der Insel, diese vielmehr in den alten Inschriften Jatnan heiſst, so dürfen
wir wohl annehmen, daſs sowohl der Name Kypros, als das Wort aes
Cyprium, cuprum und Kupfer aus der semitischen Sprache abzuleiten
sind. Den frühen Gebrauch des Kupfers bezeugen die alten Gräber
im südlichen Chaldäa, aus denen wir einen alten Ritus der Bestattung
kennen lernen. In den geräumigen Grabkammern, die man zu Ur und
Erek aufgefunden hat, lagen die Leichen auf einer Schilfmatte, meist
nach der linken Seite gewendet, das Haupt auf einem Ziegel: der rechte
Arm über die Brust nach links gelegt, ruht mit dem Finger auf dem
Rande einer kupfernen Schale 1). Diese Leichen trugen Amulette,
die an Draht befestigt waren. Es sind unscheinbare Steine, die einige
deshalb für Meteorsteine halten wollen 2).

Eine andere, sehr frühe Verwendung des Kupfers ist durch eine
Entdeckung von Loftus erwiesen. Er fand in den Trümmern des
Tempels von Mugheir (Ur) blau glasierte Ziegel mit Kupfernägeln. Diese
Ziegel dienten wahrscheinlich zur Auskleidung des obersten Stockwerkes
des Tempels, in dem das Bild des Gottes stand. Spangen und Ringe
von Kupfer waren in ältester Zeit in Gebrauch. Zahlreich sind die
Geräte und Waffen von Kupfer, die in den Palästen Ninivehs aufge-
funden wurden.

Im eigentlichen Heimatlande der Assyrier finden sich im Tiyari-
gebirge Kupfererze im Gebiet von Khurdistan. Ebenso in der Nähe von
Diabekr. Kupfer wird häufig in den Tributlisten aufgeführt. Assarhadon
legt den Medern einen Tribut an Kupfer auf. „Das Produkt ihrer
Bergwerke.“ Damaskus muſste, wie erwähnt, an Phul 3000 Talente
Kupfer zahlen.

Die Chaldäer kannten bereits die Bronze, d. h. die Legierung
von Kupfer und Zinn und verstanden sie zu schmelzen und zu gieſsen.
Ob sie die Herstellung der Mischung selbst erfanden, ist zweifelhaft.
Gegenstände von Zinn sind in den alten Trümmerstädten nicht auf-
gefunden worden. In späteren Keilinschriften wird das Zinn erwähnt.
Unter den sieben Kisten im Fundamente des Palastes des Sargon wird

1) Siehe Dunker, Geschichte des Altertums I, 265.
2) Siehe Rowlinson, The five great monarchies of the anciant eastern
world 1873. p. 88.
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[126/0148] Die Semiten. men mit Steinwerkzeugen und Goldschmuck. Bemerkenswert ist der altassyrische Name des Kupfers. Er heiſst kipar  (kiebar-Akkadisch Takabar). Dies läſst uns sofort der Insel Kypros (Cypern) gedenken. Da aber das Wort kipar älter ist als der Name der Insel, diese vielmehr in den alten Inschriften Jatnan heiſst, so dürfen wir wohl annehmen, daſs sowohl der Name Kypros, als das Wort aes Cyprium, cuprum und Kupfer aus der semitischen Sprache abzuleiten sind. Den frühen Gebrauch des Kupfers bezeugen die alten Gräber im südlichen Chaldäa, aus denen wir einen alten Ritus der Bestattung kennen lernen. In den geräumigen Grabkammern, die man zu Ur und Erek aufgefunden hat, lagen die Leichen auf einer Schilfmatte, meist nach der linken Seite gewendet, das Haupt auf einem Ziegel: der rechte Arm über die Brust nach links gelegt, ruht mit dem Finger auf dem Rande einer kupfernen Schale 1). Diese Leichen trugen Amulette, die an Draht befestigt waren. Es sind unscheinbare Steine, die einige deshalb für Meteorsteine halten wollen 2). Eine andere, sehr frühe Verwendung des Kupfers ist durch eine Entdeckung von Loftus erwiesen. Er fand in den Trümmern des Tempels von Mugheir (Ur) blau glasierte Ziegel mit Kupfernägeln. Diese Ziegel dienten wahrscheinlich zur Auskleidung des obersten Stockwerkes des Tempels, in dem das Bild des Gottes stand. Spangen und Ringe von Kupfer waren in ältester Zeit in Gebrauch. Zahlreich sind die Geräte und Waffen von Kupfer, die in den Palästen Ninivehs aufge- funden wurden. Im eigentlichen Heimatlande der Assyrier finden sich im Tiyari- gebirge Kupfererze im Gebiet von Khurdistan. Ebenso in der Nähe von Diabekr. Kupfer wird häufig in den Tributlisten aufgeführt. Assarhadon legt den Medern einen Tribut an Kupfer auf. „Das Produkt ihrer Bergwerke.“ Damaskus muſste, wie erwähnt, an Phul 3000 Talente Kupfer zahlen. Die Chaldäer kannten bereits die Bronze, d. h. die Legierung von Kupfer und Zinn und verstanden sie zu schmelzen und zu gieſsen. Ob sie die Herstellung der Mischung selbst erfanden, ist zweifelhaft. Gegenstände von Zinn sind in den alten Trümmerstädten nicht auf- gefunden worden. In späteren Keilinschriften wird das Zinn erwähnt. Unter den sieben Kisten im Fundamente des Palastes des Sargon wird 1) Siehe Dunker, Geschichte des Altertums I, 265. 2) Siehe Rowlinson, The five great monarchies of the anciant eastern world 1873. p. 88.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/148>, abgerufen am 28.04.2024.