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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Arier in Asien.
Arrians Bericht 1) ebenso indische Händler nach Arabien. Ihr Haupt-
hafen war Agania, heute Aden, doch auch auf Dioskorides hatten sie
ihre Geschäftslokale als "Fremdlinge aus Indien". Die Hauptwaren
der Indier waren Zimmet, Gewürze, Seidengewebe, Wohlgerüche, Elfen-
bein, Sandelholz, Pfauen, Eisen und Stahl, Smirgel, Edelsteine und
Perlen. Dafür gingen nach Indien: Kupfer und Erz, Blei, Zinn, Silber-
und Goldwaren und gemünztes Geld. Die Ausfuhr des letzteren,
welches meist gemünztes Silber war, betrug nach Plinius jährlich
50 Millionen Sesterzen = 27900000 Mark. Dieser konstante Silber-
abfluss war eine grosse Schwächung für Rom und der indische Handel,
der besonders dem Luxus und der Prachtliebe der Römer Vorschub
leistete, hat nicht wenig zum Ruine Roms beigetragen. Der Einfluss
der Römer auf die Indier war dagegen nur sehr gering. Zwar zirku-
lierte das römische Geld in den Hafenstädten 2), aber bei der ausser-
ordentlich zahlreichen Bevölkerung Indiens machte sich die römische
Metalleinfuhr kaum bemerklich. Die indischen Kaufleute hatten an
dem Handel nicht geringeren Anteil wie die griechischen und römischen.
Im Landhandel waren die Indier besonders gewandt. Sie hausierten
namentlich mit Edelsteinen, den berühmtesten Erzeugnissen ihres
Landes, die sie auch vorzüglich zu fälschen verstanden, was indes mehr
ihrer Geschicklichkeit, als ihrer Ehrlichkeit zum Lobe gereichte. Die
indischen Händler, meist aus der Kaste der Brahmanen, gingen im
Altertume wie im Mittelalter in ihrem nationalen Kostüme und erregten
dadurch in hohem Masse die Neugierde fremder Völker. Sie zogen bis
nach Kleinasien und Griechenland. Beispielsweise wurde im Jahre
60 v. Chr. ein indischer Kaufmann von einem barbarischen Volksstamme
am Kaspischen Meere ergriffen und als ein wertvolles Geschenk dem
gallischen Prokonsul Metellus Celer zugeschickt.

Doch auch am Seehandel beteiligten sich die Indier. Wir haben
ihre Niederlassungen am Roten Meere bereits erwähnt, aber auch
in Alexandria waren indische Kaufleute ansässig, die sich sogar an
dem Mittelmeerhandel beteiligten. Durch den Sturz des römischen
Reiches, durch die Eroberung Persiens und den Fall der Sassaniden,
sowie durch die Eroberung Ägyptens durch die Araber erlitt der
indische Handel eine Reihe von Schlägen, von denen er sich indes
ziemlich rasch wieder erholte, da die mohammedanischen Araber
fast noch eifriger als ihre heidnischen Vorfahren den indischen Handel
pflegten. Die Handelsstrasse nach Indien wurde dagegen gänzlich

1) Arrian, Periplus ed. Hudson S. 27.
2) Die älteste römische Münze, die in
Indien gefunden wurde, stammt aus dem Jahre 177 v. Chr.

Die Arier in Asien.
Arrians Bericht 1) ebenso indische Händler nach Arabien. Ihr Haupt-
hafen war Agania, heute Aden, doch auch auf Dioskorides hatten sie
ihre Geschäftslokale als „Fremdlinge aus Indien“. Die Hauptwaren
der Indier waren Zimmet, Gewürze, Seidengewebe, Wohlgerüche, Elfen-
bein, Sandelholz, Pfauen, Eisen und Stahl, Smirgel, Edelsteine und
Perlen. Dafür gingen nach Indien: Kupfer und Erz, Blei, Zinn, Silber-
und Goldwaren und gemünztes Geld. Die Ausfuhr des letzteren,
welches meist gemünztes Silber war, betrug nach Plinius jährlich
50 Millionen Sesterzen = 27900000 Mark. Dieser konstante Silber-
abfluſs war eine groſse Schwächung für Rom und der indische Handel,
der besonders dem Luxus und der Prachtliebe der Römer Vorschub
leistete, hat nicht wenig zum Ruine Roms beigetragen. Der Einfluſs
der Römer auf die Indier war dagegen nur sehr gering. Zwar zirku-
lierte das römische Geld in den Hafenstädten 2), aber bei der auſser-
ordentlich zahlreichen Bevölkerung Indiens machte sich die römische
Metalleinfuhr kaum bemerklich. Die indischen Kaufleute hatten an
dem Handel nicht geringeren Anteil wie die griechischen und römischen.
Im Landhandel waren die Indier besonders gewandt. Sie hausierten
namentlich mit Edelsteinen, den berühmtesten Erzeugnissen ihres
Landes, die sie auch vorzüglich zu fälschen verstanden, was indes mehr
ihrer Geschicklichkeit, als ihrer Ehrlichkeit zum Lobe gereichte. Die
indischen Händler, meist aus der Kaste der Brahmanen, gingen im
Altertume wie im Mittelalter in ihrem nationalen Kostüme und erregten
dadurch in hohem Maſse die Neugierde fremder Völker. Sie zogen bis
nach Kleinasien und Griechenland. Beispielsweise wurde im Jahre
60 v. Chr. ein indischer Kaufmann von einem barbarischen Volksstamme
am Kaspischen Meere ergriffen und als ein wertvolles Geschenk dem
gallischen Prokonsul Metellus Celer zugeschickt.

Doch auch am Seehandel beteiligten sich die Indier. Wir haben
ihre Niederlassungen am Roten Meere bereits erwähnt, aber auch
in Alexandria waren indische Kaufleute ansäſsig, die sich sogar an
dem Mittelmeerhandel beteiligten. Durch den Sturz des römischen
Reiches, durch die Eroberung Persiens und den Fall der Sassaniden,
sowie durch die Eroberung Ägyptens durch die Araber erlitt der
indische Handel eine Reihe von Schlägen, von denen er sich indes
ziemlich rasch wieder erholte, da die mohammedanischen Araber
fast noch eifriger als ihre heidnischen Vorfahren den indischen Handel
pflegten. Die Handelsstraſse nach Indien wurde dagegen gänzlich

1) Arrian, Periplus ed. Hudson S. 27.
2) Die älteste römische Münze, die in
Indien gefunden wurde, stammt aus dem Jahre 177 v. Chr.
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[215/0237] Die Arier in Asien. Arrians Bericht 1) ebenso indische Händler nach Arabien. Ihr Haupt- hafen war Agania, heute Aden, doch auch auf Dioskorides hatten sie ihre Geschäftslokale als „Fremdlinge aus Indien“. Die Hauptwaren der Indier waren Zimmet, Gewürze, Seidengewebe, Wohlgerüche, Elfen- bein, Sandelholz, Pfauen, Eisen und Stahl, Smirgel, Edelsteine und Perlen. Dafür gingen nach Indien: Kupfer und Erz, Blei, Zinn, Silber- und Goldwaren und gemünztes Geld. Die Ausfuhr des letzteren, welches meist gemünztes Silber war, betrug nach Plinius jährlich 50 Millionen Sesterzen = 27900000 Mark. Dieser konstante Silber- abfluſs war eine groſse Schwächung für Rom und der indische Handel, der besonders dem Luxus und der Prachtliebe der Römer Vorschub leistete, hat nicht wenig zum Ruine Roms beigetragen. Der Einfluſs der Römer auf die Indier war dagegen nur sehr gering. Zwar zirku- lierte das römische Geld in den Hafenstädten 2), aber bei der auſser- ordentlich zahlreichen Bevölkerung Indiens machte sich die römische Metalleinfuhr kaum bemerklich. Die indischen Kaufleute hatten an dem Handel nicht geringeren Anteil wie die griechischen und römischen. Im Landhandel waren die Indier besonders gewandt. Sie hausierten namentlich mit Edelsteinen, den berühmtesten Erzeugnissen ihres Landes, die sie auch vorzüglich zu fälschen verstanden, was indes mehr ihrer Geschicklichkeit, als ihrer Ehrlichkeit zum Lobe gereichte. Die indischen Händler, meist aus der Kaste der Brahmanen, gingen im Altertume wie im Mittelalter in ihrem nationalen Kostüme und erregten dadurch in hohem Maſse die Neugierde fremder Völker. Sie zogen bis nach Kleinasien und Griechenland. Beispielsweise wurde im Jahre 60 v. Chr. ein indischer Kaufmann von einem barbarischen Volksstamme am Kaspischen Meere ergriffen und als ein wertvolles Geschenk dem gallischen Prokonsul Metellus Celer zugeschickt. Doch auch am Seehandel beteiligten sich die Indier. Wir haben ihre Niederlassungen am Roten Meere bereits erwähnt, aber auch in Alexandria waren indische Kaufleute ansäſsig, die sich sogar an dem Mittelmeerhandel beteiligten. Durch den Sturz des römischen Reiches, durch die Eroberung Persiens und den Fall der Sassaniden, sowie durch die Eroberung Ägyptens durch die Araber erlitt der indische Handel eine Reihe von Schlägen, von denen er sich indes ziemlich rasch wieder erholte, da die mohammedanischen Araber fast noch eifriger als ihre heidnischen Vorfahren den indischen Handel pflegten. Die Handelsstraſse nach Indien wurde dagegen gänzlich 1) Arrian, Periplus ed. Hudson S. 27. 2) Die älteste römische Münze, die in Indien gefunden wurde, stammt aus dem Jahre 177 v. Chr.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/237>, abgerufen am 03.05.2024.