Stein bearbeitet wird, hinweg, wer Feuer von einem Schmelzofen weg, von einem Herde weg, wer Feuer von flüssigen Erdarten hinwegnimmt, ... was wird sein Lohn sein, wenn Leib und Seele sich getrennt haben?"
In dieser einzigen Stelle wird des Erzes gedacht, aber nicht in der Weise wie der übrigen Metalle, es wird nicht von einer Werkstätte gesprochen, in der Erz verarbeitet wird, auch geschieht des Kupfers und des Zinnes weder hier noch an irgend einer anderen Stelle des Vendidad Erwähnung. Alles dieses scheint entschieden darauf hinzu- deuten, dass Erz von dem alten Zendvolke nicht selbst dargestellt wurde, dass es selten war, dass es als fertiges Produkt auf dem Handelswege bezogen und dass es nicht, wie das Eisen, Blei, Silber und Gold gewerbs- mässig gewonnen und verarbeitet wurde; dagegen spricht obige Stelle bestimmt von Werkstätten, wo Silber, wo Gold und wo Eisen verarbeitet und wohl auch dargestellt wurden und sie unterscheidet bereits zwischen Schmelzöfen und Herdöfen.
Dass das Eisen das verbreitetste und wichtigste Metall der alten Perser war, geht aus vielen Stellen hervor. Es werden erwähnt eiserne Messer 1), eiserne Fesseln 2), eiserne Gefässe 3) und eiserne Waffen 4). Zur Bewaffnung eines wohlgerüsteten Kriegers gehörte: eine Lanze, ein Schwert, ein Messer von Eisen, eine Keule, ein Bogen, dazu 30 Pfeile mit eisernen Spitzen, eine Schleuder, dazu 30 Schleudersteine, ein Panzer, eine Halsberge, Helm, Gürtel und Beinschiene.
Ein Zügel von Silber gilt an Wert gleich einem männlichen Pferde, ein Zügel von Gold gleich einem männlichen Kamele 5). Von den bösen Geistern sagt noch eine sehr bemerkenswerte Stelle, aus der hervor- geht, dass die alten Perser das Eisen selbst aus dem Erze geschmolzen haben: "Zur Hölle gehen die Daevas, sie zerfliessen wie glühen- des Eisen."
Bis zur Gegenwart hat sich in dem ostiranischen Hochlande eine uralte Eisenindustrie erhalten, wenn auch deren Ruf jetzt lange nicht mehr so gross ist als im Mittelalter. Edrisi (geboren 1099, gestorben um 1180) rühmt die Stahlgruben zu Kabul und Marco-Polo, der von 1271 bis 1295 seine Reisen in Asien machte, fand bei Kerman Eisen- gruben und Stahlschmiede. Auch heute noch stehen Afghanistan und Beludschistan in dem Rufe, dass sie gutes Eisen erzeugen. Das Vor- züglichste kommt nach Elphinstone aus Kaschmir und Khorassan. Morier berichtet, die besten Eisengruben in Iran, nachdem die von
1) Vendidad IV, Fargand 144.
2) Vendidad III, Fargand 147.
3) Vendidad IX, Fargand 40.
4) Vendidad XIV.
5) Vendidad XIV, Fargand 49, 51, 53.
Beck, Geschichte des Eisens. 17
Die Arier in Asien.
Stein bearbeitet wird, hinweg, wer Feuer von einem Schmelzofen weg, von einem Herde weg, wer Feuer von flüssigen Erdarten hinwegnimmt, … was wird sein Lohn sein, wenn Leib und Seele sich getrennt haben?“
In dieser einzigen Stelle wird des Erzes gedacht, aber nicht in der Weise wie der übrigen Metalle, es wird nicht von einer Werkstätte gesprochen, in der Erz verarbeitet wird, auch geschieht des Kupfers und des Zinnes weder hier noch an irgend einer anderen Stelle des Vendidad Erwähnung. Alles dieses scheint entschieden darauf hinzu- deuten, daſs Erz von dem alten Zendvolke nicht selbst dargestellt wurde, daſs es selten war, daſs es als fertiges Produkt auf dem Handelswege bezogen und daſs es nicht, wie das Eisen, Blei, Silber und Gold gewerbs- mäſsig gewonnen und verarbeitet wurde; dagegen spricht obige Stelle bestimmt von Werkstätten, wo Silber, wo Gold und wo Eisen verarbeitet und wohl auch dargestellt wurden und sie unterscheidet bereits zwischen Schmelzöfen und Herdöfen.
Daſs das Eisen das verbreitetste und wichtigste Metall der alten Perser war, geht aus vielen Stellen hervor. Es werden erwähnt eiserne Messer 1), eiserne Fesseln 2), eiserne Gefäſse 3) und eiserne Waffen 4). Zur Bewaffnung eines wohlgerüsteten Kriegers gehörte: eine Lanze, ein Schwert, ein Messer von Eisen, eine Keule, ein Bogen, dazu 30 Pfeile mit eisernen Spitzen, eine Schleuder, dazu 30 Schleudersteine, ein Panzer, eine Halsberge, Helm, Gürtel und Beinschiene.
Ein Zügel von Silber gilt an Wert gleich einem männlichen Pferde, ein Zügel von Gold gleich einem männlichen Kamele 5). Von den bösen Geistern sagt noch eine sehr bemerkenswerte Stelle, aus der hervor- geht, daſs die alten Perser das Eisen selbst aus dem Erze geschmolzen haben: „Zur Hölle gehen die Daevas, sie zerflieſsen wie glühen- des Eisen.“
Bis zur Gegenwart hat sich in dem ostiranischen Hochlande eine uralte Eisenindustrie erhalten, wenn auch deren Ruf jetzt lange nicht mehr so groſs ist als im Mittelalter. Edrisi (geboren 1099, gestorben um 1180) rühmt die Stahlgruben zu Kabul und Marco-Polo, der von 1271 bis 1295 seine Reisen in Asien machte, fand bei Kerman Eisen- gruben und Stahlschmiede. Auch heute noch stehen Afghanistan und Beludschistan in dem Rufe, daſs sie gutes Eisen erzeugen. Das Vor- züglichste kommt nach Elphinstone aus Kaschmir und Khorassan. Morier berichtet, die besten Eisengruben in Iran, nachdem die von
1) Vendidad IV, Fargand 144.
2) Vendidad III, Fargand 147.
3) Vendidad IX, Fargand 40.
4) Vendidad XIV.
5) Vendidad XIV, Fargand 49, 51, 53.
Beck, Geschichte des Eisens. 17
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Die Arier in Asien.
Stein bearbeitet wird, hinweg, wer Feuer von einem Schmelzofen weg, von
einem Herde weg, wer Feuer von flüssigen Erdarten hinwegnimmt, …
was wird sein Lohn sein, wenn Leib und Seele sich getrennt haben?“
In dieser einzigen Stelle wird des Erzes gedacht, aber nicht in
der Weise wie der übrigen Metalle, es wird nicht von einer Werkstätte
gesprochen, in der Erz verarbeitet wird, auch geschieht des Kupfers
und des Zinnes weder hier noch an irgend einer anderen Stelle des
Vendidad Erwähnung. Alles dieses scheint entschieden darauf hinzu-
deuten, daſs Erz von dem alten Zendvolke nicht selbst dargestellt wurde,
daſs es selten war, daſs es als fertiges Produkt auf dem Handelswege
bezogen und daſs es nicht, wie das Eisen, Blei, Silber und Gold gewerbs-
mäſsig gewonnen und verarbeitet wurde; dagegen spricht obige Stelle
bestimmt von Werkstätten, wo Silber, wo Gold und wo Eisen verarbeitet
und wohl auch dargestellt wurden und sie unterscheidet bereits zwischen
Schmelzöfen und Herdöfen.
Daſs das Eisen das verbreitetste und wichtigste Metall der alten
Perser war, geht aus vielen Stellen hervor. Es werden erwähnt eiserne
Messer 1), eiserne Fesseln 2), eiserne Gefäſse 3) und eiserne Waffen 4).
Zur Bewaffnung eines wohlgerüsteten Kriegers gehörte: eine Lanze, ein
Schwert, ein Messer von Eisen, eine Keule, ein Bogen, dazu 30 Pfeile
mit eisernen Spitzen, eine Schleuder, dazu 30 Schleudersteine, ein
Panzer, eine Halsberge, Helm, Gürtel und Beinschiene.
Ein Zügel von Silber gilt an Wert gleich einem männlichen Pferde,
ein Zügel von Gold gleich einem männlichen Kamele 5). Von den bösen
Geistern sagt noch eine sehr bemerkenswerte Stelle, aus der hervor-
geht, daſs die alten Perser das Eisen selbst aus dem Erze geschmolzen
haben: „Zur Hölle gehen die Daevas, sie zerflieſsen wie glühen-
des Eisen.“
Bis zur Gegenwart hat sich in dem ostiranischen Hochlande eine
uralte Eisenindustrie erhalten, wenn auch deren Ruf jetzt lange nicht
mehr so groſs ist als im Mittelalter. Edrisi (geboren 1099, gestorben
um 1180) rühmt die Stahlgruben zu Kabul und Marco-Polo, der von
1271 bis 1295 seine Reisen in Asien machte, fand bei Kerman Eisen-
gruben und Stahlschmiede. Auch heute noch stehen Afghanistan und
Beludschistan in dem Rufe, daſs sie gutes Eisen erzeugen. Das Vor-
züglichste kommt nach Elphinstone aus Kaschmir und Khorassan.
Morier berichtet, die besten Eisengruben in Iran, nachdem die von
1) Vendidad IV, Fargand 144.
2) Vendidad III, Fargand 147.
3) Vendidad
IX, Fargand 40.
4) Vendidad XIV.
5) Vendidad XIV, Fargand 49, 51, 53.
Beck, Geschichte des Eisens. 17
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/279>, abgerufen am 21.11.2024.
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