mit einer darauf passenden, oben spitz zugehenden Stürze von Lehm. An der Vorderseite befindet sich ein Loch, das während des Schmelzens zugemauert ist und an der Seitenwand ein zweites, gegen welches zwei Blasebälge gerichtet sind. Zwei Tataren verrichten die ganze Arbeit. Der eine trägt Kohlen und Erze lagenweise ein. Das Erz ist klein ge- stossen und es wird davon auf jede Lage Kohle etwa eine Messerspitze voll aufgetragen. Der zweite Arbeiter bedient die Bälge. Sobald Kohlen und Erz sich gesetzt haben, wird von neuem aufgegeben und damit fortgefahren bis etwa 3 Pfund Erz eingetragen sind. Mehr ver- mögen sie auf einmal nicht zu schmelzen. Darauf nimmt der Schmel- zer, nachdem noch eine kurze Zeit geblasen worden ist, den unten eingemauerten Stein, der den Verschluss der Öffnung bildet, heraus. Die Luppe liegt in dem ausgehöhlten Boden; man sucht sie unter den Kohlen hervor und reinigt sie von den anhängenden Kohlen durch Be- klopfen mit einem Holze. Von 3 Pfund Erz bekommt man etwa 1 Pfund Eisen, welches zwar noch ziemlich unrein aussieht, aber doch von guter Qualität ist. Diese höchst einfache Art der Eisengewinnung erinnert lebhaft an die der Neger von Kordofan, wie wir überhaupt fast alle die beschriebenen Darstellungsmethoden in Afrika wiederfinden werden.
Die Skythen des Altertumes verbreiteten mit ihren Kriegszügen auch ihre Eisenindustrie. In ganz ähnlicher Weise wie die Schmiede- tataren stellen die weiter östlich am Lena wohnenden Jakuten ihr Eisen dar. Namentlich sind sie berühmt durch ihren vorzüglichen Stahl. Jeder Jakute versteht sein grosses Messer aus Stahl zu fertigen, das zwar biegsam aber auch so hart ist, dass man Kupfer und Messing damit schneiden kann. Die hölzernen Griffe ihrer Messer versehen sie nach uralter Sitte mit zinnernen Zierraten. Das Zinn dazu erhalten sie aus den Nertschinskischen Bergen 1).
In verschiedenen Gegenden Vorderasiens, namentlich in Kleinasien und Syrien, im Taurus und am Libanon finden sich alte turkomanische Ansiedelungen, Überbleibsel von den Eroberungszügen, die zu ver- schiedenen Zeiten den Westen überfluteten, deren Hauptbeschäftigung der Bergbau und insbesondere die Eisenerzeugung ist. Wir haben bereits der Bergwerke derselben im Antitaurus, welche der berg- männisch erfahrene Reisende Russegger besucht hat, Erwähnung gethan. Die Mitteilungen Russeggers über die Eisengewinnung der Turkomanen 2) dürften hier wohl ihre richtigste Stelle finden. Er beschreibt die Eisen-
1) Ermann, Reisen II, 279.
2) Russegger, Reisen I, 2, S. 546 etc.
Turanier und Mongolen.
mit einer darauf passenden, oben spitz zugehenden Stürze von Lehm. An der Vorderseite befindet sich ein Loch, das während des Schmelzens zugemauert ist und an der Seitenwand ein zweites, gegen welches zwei Blasebälge gerichtet sind. Zwei Tataren verrichten die ganze Arbeit. Der eine trägt Kohlen und Erze lagenweise ein. Das Erz ist klein ge- stoſsen und es wird davon auf jede Lage Kohle etwa eine Messerspitze voll aufgetragen. Der zweite Arbeiter bedient die Bälge. Sobald Kohlen und Erz sich gesetzt haben, wird von neuem aufgegeben und damit fortgefahren bis etwa 3 Pfund Erz eingetragen sind. Mehr ver- mögen sie auf einmal nicht zu schmelzen. Darauf nimmt der Schmel- zer, nachdem noch eine kurze Zeit geblasen worden ist, den unten eingemauerten Stein, der den Verschluſs der Öffnung bildet, heraus. Die Luppe liegt in dem ausgehöhlten Boden; man sucht sie unter den Kohlen hervor und reinigt sie von den anhängenden Kohlen durch Be- klopfen mit einem Holze. Von 3 Pfund Erz bekommt man etwa 1 Pfund Eisen, welches zwar noch ziemlich unrein aussieht, aber doch von guter Qualität ist. Diese höchst einfache Art der Eisengewinnung erinnert lebhaft an die der Neger von Kordofan, wie wir überhaupt fast alle die beschriebenen Darstellungsmethoden in Afrika wiederfinden werden.
Die Skythen des Altertumes verbreiteten mit ihren Kriegszügen auch ihre Eisenindustrie. In ganz ähnlicher Weise wie die Schmiede- tataren stellen die weiter östlich am Lena wohnenden Jakuten ihr Eisen dar. Namentlich sind sie berühmt durch ihren vorzüglichen Stahl. Jeder Jakute versteht sein groſses Messer aus Stahl zu fertigen, das zwar biegsam aber auch so hart ist, daſs man Kupfer und Messing damit schneiden kann. Die hölzernen Griffe ihrer Messer versehen sie nach uralter Sitte mit zinnernen Zierraten. Das Zinn dazu erhalten sie aus den Nertschinskischen Bergen 1).
In verschiedenen Gegenden Vorderasiens, namentlich in Kleinasien und Syrien, im Taurus und am Libanon finden sich alte turkomanische Ansiedelungen, Überbleibsel von den Eroberungszügen, die zu ver- schiedenen Zeiten den Westen überfluteten, deren Hauptbeschäftigung der Bergbau und insbesondere die Eisenerzeugung ist. Wir haben bereits der Bergwerke derselben im Antitaurus, welche der berg- männisch erfahrene Reisende Ruſsegger besucht hat, Erwähnung gethan. Die Mitteilungen Ruſseggers über die Eisengewinnung der Turkomanen 2) dürften hier wohl ihre richtigste Stelle finden. Er beschreibt die Eisen-
1) Ermann, Reisen II, 279.
2) Ruſsegger, Reisen I, 2, S. 546 etc.
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[286/0308]
Turanier und Mongolen.
mit einer darauf passenden, oben spitz zugehenden Stürze von Lehm.
An der Vorderseite befindet sich ein Loch, das während des Schmelzens
zugemauert ist und an der Seitenwand ein zweites, gegen welches zwei
Blasebälge gerichtet sind. Zwei Tataren verrichten die ganze Arbeit.
Der eine trägt Kohlen und Erze lagenweise ein. Das Erz ist klein ge-
stoſsen und es wird davon auf jede Lage Kohle etwa eine Messerspitze
voll aufgetragen. Der zweite Arbeiter bedient die Bälge. Sobald
Kohlen und Erz sich gesetzt haben, wird von neuem aufgegeben und
damit fortgefahren bis etwa 3 Pfund Erz eingetragen sind. Mehr ver-
mögen sie auf einmal nicht zu schmelzen. Darauf nimmt der Schmel-
zer, nachdem noch eine kurze Zeit geblasen worden ist, den unten
eingemauerten Stein, der den Verschluſs der Öffnung bildet, heraus.
Die Luppe liegt in dem ausgehöhlten Boden; man sucht sie unter den
Kohlen hervor und reinigt sie von den anhängenden Kohlen durch Be-
klopfen mit einem Holze. Von 3 Pfund Erz bekommt man etwa
1 Pfund Eisen, welches zwar noch ziemlich unrein aussieht, aber doch
von guter Qualität ist. Diese höchst einfache Art der Eisengewinnung
erinnert lebhaft an die der Neger von Kordofan, wie wir überhaupt
fast alle die beschriebenen Darstellungsmethoden in Afrika wiederfinden
werden.
Die Skythen des Altertumes verbreiteten mit ihren Kriegszügen
auch ihre Eisenindustrie. In ganz ähnlicher Weise wie die Schmiede-
tataren stellen die weiter östlich am Lena wohnenden Jakuten ihr
Eisen dar. Namentlich sind sie berühmt durch ihren vorzüglichen
Stahl. Jeder Jakute versteht sein groſses Messer aus Stahl zu fertigen,
das zwar biegsam aber auch so hart ist, daſs man Kupfer und Messing
damit schneiden kann. Die hölzernen Griffe ihrer Messer versehen
sie nach uralter Sitte mit zinnernen Zierraten. Das Zinn dazu erhalten
sie aus den Nertschinskischen Bergen 1).
In verschiedenen Gegenden Vorderasiens, namentlich in Kleinasien
und Syrien, im Taurus und am Libanon finden sich alte turkomanische
Ansiedelungen, Überbleibsel von den Eroberungszügen, die zu ver-
schiedenen Zeiten den Westen überfluteten, deren Hauptbeschäftigung
der Bergbau und insbesondere die Eisenerzeugung ist. Wir haben
bereits der Bergwerke derselben im Antitaurus, welche der berg-
männisch erfahrene Reisende Ruſsegger besucht hat, Erwähnung gethan.
Die Mitteilungen Ruſseggers über die Eisengewinnung der Turkomanen 2)
dürften hier wohl ihre richtigste Stelle finden. Er beschreibt die Eisen-
1) Ermann, Reisen II, 279.
2) Ruſsegger, Reisen I, 2, S. 546 etc.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/308>, abgerufen am 21.11.2024.
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