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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Chinesen.


Von allen Reichen der Erde hat keins einen so langen Bestand
als China, das "Reich der Mitte". Der konservative Charakter seiner
Bevölkerung ist bedingt durch die feste Basis einer geordneten, muster-
haften Ackerwirtschaft, auf welcher die soziale Existenz der ungeheuren
chinesischen Bevölkerung begründet ist. Dem Boden so viel Nahrung
abzugewinnen wie möglich, ist das Prinzip des Einzelnen wie der
Gesamtheit der Bevölkerung des himmlischen Reiches, während im
Gegensatz hierzu das Streben der indogermanischen Rasse kaum zu
scharf dahin charakterisiert wird, als das Bestreben, so bequem wie
möglich
dem Boden die nötige Nahrung abzugewinnen. Aus diesem
Grunde sind wir Europäer noch weit davon entfernt, in dem Sinne
ein Ackerbauvolk zu sein, wie die Chinesen. Wenn wir unsere Feld-
wirtschaft Ackerbau nennen, so muss die chinesische der sorgfältigste
Gartenbau genannt werden. Die chinesische Wertschätzung des Dün-
gers wird ja oft genug unseren Landwirten vor die Seele geführt.
Die Lehre, welche der Kaiser seinen Kindern giebt, lautet: "Haltet
euren Acker rein, düngt ihn fleissig und macht, dass euer Feld
einem Garten gleicht." Ein Chinese geht nicht leicht aus ohne
einen Korb am Arm und einen kleinen Rechen in der Hand zu haben,
mit dem er alles nur einigermassen Düngerähnliche in seinen Korb
sammelt. Jedes nur denkbare Plätzchen erfährt die gründlichste Bear-
beitung; dafür trägt aber auch das Feld allenthalben zwei bis vier Ernten
im Jahr. Kein Weideland existiert, kein Rindvieh ausser dem wenigen
Zugvieh wird geduldet, denn der Chinese betrachtet dies ganz logisch als
ein totes Kapital, weil, da die vegetabilische Nahrung durch den mensch-
lichen Magen gerade so gut verdaut wird als durch den Rindermagen,
für jedes Pfund lebendiges Rindfleisch, das innerhalb einer be-

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Chinesen.


Von allen Reichen der Erde hat keins einen so langen Bestand
als China, das „Reich der Mitte“. Der konservative Charakter seiner
Bevölkerung ist bedingt durch die feste Basis einer geordneten, muster-
haften Ackerwirtschaft, auf welcher die soziale Existenz der ungeheuren
chinesischen Bevölkerung begründet ist. Dem Boden so viel Nahrung
abzugewinnen wie möglich, ist das Prinzip des Einzelnen wie der
Gesamtheit der Bevölkerung des himmlischen Reiches, während im
Gegensatz hierzu das Streben der indogermanischen Rasse kaum zu
scharf dahin charakterisiert wird, als das Bestreben, so bequem wie
möglich
dem Boden die nötige Nahrung abzugewinnen. Aus diesem
Grunde sind wir Europäer noch weit davon entfernt, in dem Sinne
ein Ackerbauvolk zu sein, wie die Chinesen. Wenn wir unsere Feld-
wirtschaft Ackerbau nennen, so muſs die chinesische der sorgfältigste
Gartenbau genannt werden. Die chinesische Wertschätzung des Dün-
gers wird ja oft genug unseren Landwirten vor die Seele geführt.
Die Lehre, welche der Kaiser seinen Kindern giebt, lautet: „Haltet
euren Acker rein, düngt ihn fleiſsig und macht, daſs euer Feld
einem Garten gleicht.“ Ein Chinese geht nicht leicht aus ohne
einen Korb am Arm und einen kleinen Rechen in der Hand zu haben,
mit dem er alles nur einigermaſsen Düngerähnliche in seinen Korb
sammelt. Jedes nur denkbare Plätzchen erfährt die gründlichste Bear-
beitung; dafür trägt aber auch das Feld allenthalben zwei bis vier Ernten
im Jahr. Kein Weideland existiert, kein Rindvieh auſser dem wenigen
Zugvieh wird geduldet, denn der Chinese betrachtet dies ganz logisch als
ein totes Kapital, weil, da die vegetabilische Nahrung durch den mensch-
lichen Magen gerade so gut verdaut wird als durch den Rindermagen,
für jedes Pfund lebendiges Rindfleisch, das innerhalb einer be-

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[[291]/0313] Chinesen. Von allen Reichen der Erde hat keins einen so langen Bestand als China, das „Reich der Mitte“. Der konservative Charakter seiner Bevölkerung ist bedingt durch die feste Basis einer geordneten, muster- haften Ackerwirtschaft, auf welcher die soziale Existenz der ungeheuren chinesischen Bevölkerung begründet ist. Dem Boden so viel Nahrung abzugewinnen wie möglich, ist das Prinzip des Einzelnen wie der Gesamtheit der Bevölkerung des himmlischen Reiches, während im Gegensatz hierzu das Streben der indogermanischen Rasse kaum zu scharf dahin charakterisiert wird, als das Bestreben, so bequem wie möglich dem Boden die nötige Nahrung abzugewinnen. Aus diesem Grunde sind wir Europäer noch weit davon entfernt, in dem Sinne ein Ackerbauvolk zu sein, wie die Chinesen. Wenn wir unsere Feld- wirtschaft Ackerbau nennen, so muſs die chinesische der sorgfältigste Gartenbau genannt werden. Die chinesische Wertschätzung des Dün- gers wird ja oft genug unseren Landwirten vor die Seele geführt. Die Lehre, welche der Kaiser seinen Kindern giebt, lautet: „Haltet euren Acker rein, düngt ihn fleiſsig und macht, daſs euer Feld einem Garten gleicht.“ Ein Chinese geht nicht leicht aus ohne einen Korb am Arm und einen kleinen Rechen in der Hand zu haben, mit dem er alles nur einigermaſsen Düngerähnliche in seinen Korb sammelt. Jedes nur denkbare Plätzchen erfährt die gründlichste Bear- beitung; dafür trägt aber auch das Feld allenthalben zwei bis vier Ernten im Jahr. Kein Weideland existiert, kein Rindvieh auſser dem wenigen Zugvieh wird geduldet, denn der Chinese betrachtet dies ganz logisch als ein totes Kapital, weil, da die vegetabilische Nahrung durch den mensch- lichen Magen gerade so gut verdaut wird als durch den Rindermagen, für jedes Pfund lebendiges Rindfleisch, das innerhalb einer be- 19*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. [291]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/313>, abgerufen am 22.11.2024.