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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Chinesen.
aufsichtigung der Eisenwerke bestellt. Ts'ae erwähnt zwei Personen
in seiner Geschichtschronik, eine mit dem Namen Ch'o, die andere mit
dem Namen Ch'eing, beide von dem diesseitigen Teil des Königreiches,
die durch ihre Eisenschmelzen so reich geworden waren, dass sie
Fürsten gleich geachtet wurden.

Ausser diesen Stellen kommen bestimmte Erwähnungen des Eisens
vor dem Jahre 1000 v. Chr. nicht weiter vor.

Die ältesten Eisenwerke Chinas waren in Schansi und Tschilili
(Chilili) in der Provinz Ho, wo sich unerschöpfliche Lager von Eisen
und Kohlen befinden, die auch heute noch ausgebeutet werden. Die
jetzigen Gruben liegen etwa 200 engl. Meilen südwestlich von Tientsin.
Leih-Tsi (Lei-Tze), ein Schriftsteller, der um 400 v. Chr. lebte, war
mit dem Stahl und der Eigenschaft seiner Härtefähigkeit wohl bekannt.
Er erwähnt, dass eine rote Klinge, worunter nur eine gelbrot angelaufene
verstanden sein kann, selbst Nephrit durchhaut wie Schmutz ("will cut
jade as it would cut mud"). In einem späteren chinesischen Werke,
Pi-tan, d. h. die Federzeichnungen, wird berichtet, der Stahl werde
folgendermassen hergestellt. Weisses Eisen werde gebogen und gedreht
und rohes Eisen (unwrought iron) dazwischen geworfen. Es wird mit
Lehm bedeckt und der Wirkung der Glut ausgesetzt und dann mit dem
Hammer bearbeitet. Die Beschreibung ist zwar dunkel, doch ist sie
immerhin von Interesse. Entweder ist die Darstellung einer Art
Damaststahls gemeint durch Verbindung von hartem und weichem
Eisen, oder es ist der Prozess der Darstellung gemeint, nach dem
weiches Eisen in einem Bade von Roheisen behandelt wird. Ist die
Schilderung des Verfahrens nur kurz und ungenügend, so werden da-
gegen die Arten des Stahles in dem genannten Buche ausführlich be-
schrieben. Der Stahl, der bei der ersten Behandlung fällt, heisst
Kugelstahl (Luppenstahl) twan-kang, so genannt wegen seiner ge-
rundeten Form, oder gefleckter Stahl kwan-kang, weil es ein ungleich-
mässiges Gemenge von weichem und hartem Eisen war. Eine Sorte
nennt man wei, d. h. falschen Stahl und ein Bericht sagt wörtlich:
"Als ich in Regierungsangelegenheiten nach Tse-Chow geschickt wurde
und die dortigen Eisenschmelzen besuchte, begriff ich dieses zum
erstenmal. Eisen hat Stahl in sich, wie ein Speisegericht die Nudeln
enthält. Setzt man es der Hitze aus, hundertmal oder öfter, so wird
es mit jedemmal leichter. Wird das Ausglühen fortgesetzt bis es an
Gewicht nicht mehr abnimmt, ist es reiner Stahl." Dieser Bericht ist
technisch sehr mangelhaft. In dem Pent-Sao, einem Werk aus der
Zeit der Ming-Dynastie heisst es:


Chinesen.
aufsichtigung der Eisenwerke bestellt. Ts’ae erwähnt zwei Personen
in seiner Geschichtschronik, eine mit dem Namen Ch’ô, die andere mit
dem Namen Ch’îng, beide von dem diesseitigen Teil des Königreiches,
die durch ihre Eisenschmelzen so reich geworden waren, daſs sie
Fürsten gleich geachtet wurden.

Auſser diesen Stellen kommen bestimmte Erwähnungen des Eisens
vor dem Jahre 1000 v. Chr. nicht weiter vor.

Die ältesten Eisenwerke Chinas waren in Schansi und Tschilili
(Chilili) in der Provinz Ho, wo sich unerschöpfliche Lager von Eisen
und Kohlen befinden, die auch heute noch ausgebeutet werden. Die
jetzigen Gruben liegen etwa 200 engl. Meilen südwestlich von Tientsin.
Leih-Tsi (Lei-Tze), ein Schriftsteller, der um 400 v. Chr. lebte, war
mit dem Stahl und der Eigenschaft seiner Härtefähigkeit wohl bekannt.
Er erwähnt, daſs eine rote Klinge, worunter nur eine gelbrot angelaufene
verstanden sein kann, selbst Nephrit durchhaut wie Schmutz („will cut
jade as it would cut mud“). In einem späteren chinesischen Werke,
Pi-tan, d. h. die Federzeichnungen, wird berichtet, der Stahl werde
folgendermaſsen hergestellt. Weiſses Eisen werde gebogen und gedreht
und rohes Eisen (unwrought iron) dazwischen geworfen. Es wird mit
Lehm bedeckt und der Wirkung der Glut ausgesetzt und dann mit dem
Hammer bearbeitet. Die Beschreibung ist zwar dunkel, doch ist sie
immerhin von Interesse. Entweder ist die Darstellung einer Art
Damaststahls gemeint durch Verbindung von hartem und weichem
Eisen, oder es ist der Prozeſs der Darstellung gemeint, nach dem
weiches Eisen in einem Bade von Roheisen behandelt wird. Ist die
Schilderung des Verfahrens nur kurz und ungenügend, so werden da-
gegen die Arten des Stahles in dem genannten Buche ausführlich be-
schrieben. Der Stahl, der bei der ersten Behandlung fällt, heiſst
Kugelstahl (Luppenstahl) twan-kang, so genannt wegen seiner ge-
rundeten Form, oder gefleckter Stahl kwan-kang, weil es ein ungleich-
mäſsiges Gemenge von weichem und hartem Eisen war. Eine Sorte
nennt man wei, d. h. falschen Stahl und ein Bericht sagt wörtlich:
„Als ich in Regierungsangelegenheiten nach Tse-Chow geschickt wurde
und die dortigen Eisenschmelzen besuchte, begriff ich dieses zum
erstenmal. Eisen hat Stahl in sich, wie ein Speisegericht die Nudeln
enthält. Setzt man es der Hitze aus, hundertmal oder öfter, so wird
es mit jedemmal leichter. Wird das Ausglühen fortgesetzt bis es an
Gewicht nicht mehr abnimmt, ist es reiner Stahl.“ Dieser Bericht ist
technisch sehr mangelhaft. In dem Pent-Sao, einem Werk aus der
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[295/0317] Chinesen. aufsichtigung der Eisenwerke bestellt. Ts’ae erwähnt zwei Personen in seiner Geschichtschronik, eine mit dem Namen Ch’ô, die andere mit dem Namen Ch’îng, beide von dem diesseitigen Teil des Königreiches, die durch ihre Eisenschmelzen so reich geworden waren, daſs sie Fürsten gleich geachtet wurden. Auſser diesen Stellen kommen bestimmte Erwähnungen des Eisens vor dem Jahre 1000 v. Chr. nicht weiter vor. Die ältesten Eisenwerke Chinas waren in Schansi und Tschilili (Chilili) in der Provinz Ho, wo sich unerschöpfliche Lager von Eisen und Kohlen befinden, die auch heute noch ausgebeutet werden. Die jetzigen Gruben liegen etwa 200 engl. Meilen südwestlich von Tientsin. Leih-Tsi (Lei-Tze), ein Schriftsteller, der um 400 v. Chr. lebte, war mit dem Stahl und der Eigenschaft seiner Härtefähigkeit wohl bekannt. Er erwähnt, daſs eine rote Klinge, worunter nur eine gelbrot angelaufene verstanden sein kann, selbst Nephrit durchhaut wie Schmutz („will cut jade as it would cut mud“). In einem späteren chinesischen Werke, Pi-tan, d. h. die Federzeichnungen, wird berichtet, der Stahl werde folgendermaſsen hergestellt. Weiſses Eisen werde gebogen und gedreht und rohes Eisen (unwrought iron) dazwischen geworfen. Es wird mit Lehm bedeckt und der Wirkung der Glut ausgesetzt und dann mit dem Hammer bearbeitet. Die Beschreibung ist zwar dunkel, doch ist sie immerhin von Interesse. Entweder ist die Darstellung einer Art Damaststahls gemeint durch Verbindung von hartem und weichem Eisen, oder es ist der Prozeſs der Darstellung gemeint, nach dem weiches Eisen in einem Bade von Roheisen behandelt wird. Ist die Schilderung des Verfahrens nur kurz und ungenügend, so werden da- gegen die Arten des Stahles in dem genannten Buche ausführlich be- schrieben. Der Stahl, der bei der ersten Behandlung fällt, heiſst Kugelstahl (Luppenstahl) twan-kang, so genannt wegen seiner ge- rundeten Form, oder gefleckter Stahl kwan-kang, weil es ein ungleich- mäſsiges Gemenge von weichem und hartem Eisen war. Eine Sorte nennt man wei, d. h. falschen Stahl und ein Bericht sagt wörtlich: „Als ich in Regierungsangelegenheiten nach Tse-Chow geschickt wurde und die dortigen Eisenschmelzen besuchte, begriff ich dieses zum erstenmal. Eisen hat Stahl in sich, wie ein Speisegericht die Nudeln enthält. Setzt man es der Hitze aus, hundertmal oder öfter, so wird es mit jedemmal leichter. Wird das Ausglühen fortgesetzt bis es an Gewicht nicht mehr abnimmt, ist es reiner Stahl.“ Dieser Bericht ist technisch sehr mangelhaft. In dem Pent-Sao, einem Werk aus der Zeit der Ming-Dynastie heiſst es:

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/317>, abgerufen am 10.05.2024.