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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Afrika.
20 Zoll lang. Am Ende eines jeden ist ein abgeschnittenes Horn be-
festigt, das als Ausblaserohr dient. Die Windklappe ist mit Stäbchen
versehen, mittels deren sie geschlossen wird, ganz wie bei den indischen
Bälgen 1).

Das Eisen wird indessen nicht ausschliesslich bei den Kaffern in
der oben beschriebenen, rohen Weise in offenen Herden gewonnen.
Bei den Kazkulis im Inneren hat man hohe Öfen gefunden, die denen
der Maudingos ähnlich zu sein scheinen 2).

Der Eisenschmied steht bei den Zulus in hohem Ansehen. Seine
Kunst dient ganzen Stämmen zum Ruhme. So heisst es in einem merk-
würdigen Nationalgesange der Zulus, dem "Dingaanlied", von dem
Nationalhelden: "den Babanankos -- geschickt das Eisen zu schmieden --
hast du die Herden geraubt"; und an einer anderen Stelle, "du hast
die Eisenschmiede der Besutos getötet, ohne dass sie von deinem Nahen
Kenntnis hatten". Die Waffen der kriegerischen Zulus haben durch
die letzten Kriege der Engländer europäische Berühmtheit erlangt und
durch die Ermordung des unglücklichen Prinzen Napoleon ist die
Lanze der Zulus, "der Assagay" in aller Mund gekommen. Die Assa-
gayen der Zulus sind sehr mannigfaltig.

Dr. Holub berichtet darüber 3): "Die Assagayen zeigen durchwegs
gefällige Form, gute Arbeit, sind sinnig den verschiedenen Zwecken
wohlentsprechend erdacht und repräsentieren die besten Produkte
dieser Art, die ich bis jetzt in Südafrika zu beobachten die Gelegenheit
hatte. Als ich mich dem Zambesireiche näherte, waren die Assagayen das
Erste, was ich bei einem heimkehrenden Jäger von der Fertigkeit der
Marutzeleute sah und mir war es sofort klar, dass die Stämme dieses
Reiches in ihrer industriellen Fertigkeit Erstaunliches leisten müssten.

1. Die Häuptlingsassagayen gelten als waffenartige Abzeichen
höherer Würdenträger, gehören zu den kräftigsten Waffen, doch zu den
selteneren. Sie sind 11/2 bis 2 m lang, wovon ein Drittel auf den Eisen-
teil kommt. Die Schneide ist ziemlich breit und solid, ihr Hals oft mit
1 bis 2 knopfförmigen Verdickungen versehen. Der Stiel ist der
stärkste unter allen nördlich vom Zambesi bekannten Handassagayen
und gewöhnlich an seinem oberen, noch häufiger in der Mitte und dem
unteren Ende ausgeschnitten, auch mit eingekerbten Linien, Ringen etc.
verziert. Zuweilen sind sie mit rotem oder gelbem Ocker überstrichen;
ich fand 2 bis 3 im Besitze eines Würdenträgers und rechne sie zu den
Stossassagayen.


1) Diese Bälge sind ähnlich denen der Joloffs.
2) Ausland 1858, S. 280.
3) Dr. Emil Holub, eine Kulturskizze des Marutze-Mambundareiches in Südafrika.
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Afrika.
20 Zoll lang. Am Ende eines jeden ist ein abgeschnittenes Horn be-
festigt, das als Ausblaserohr dient. Die Windklappe ist mit Stäbchen
versehen, mittels deren sie geschlossen wird, ganz wie bei den indischen
Bälgen 1).

Das Eisen wird indessen nicht ausschlieſslich bei den Kaffern in
der oben beschriebenen, rohen Weise in offenen Herden gewonnen.
Bei den Kazkulis im Inneren hat man hohe Öfen gefunden, die denen
der Maudingos ähnlich zu sein scheinen 2).

Der Eisenschmied steht bei den Zulus in hohem Ansehen. Seine
Kunst dient ganzen Stämmen zum Ruhme. So heiſst es in einem merk-
würdigen Nationalgesange der Zulus, dem „Dingaanlied“, von dem
Nationalhelden: „den Babanankos — geschickt das Eisen zu schmieden —
hast du die Herden geraubt“; und an einer anderen Stelle, „du hast
die Eisenschmiede der Besutos getötet, ohne daſs sie von deinem Nahen
Kenntnis hatten“. Die Waffen der kriegerischen Zulus haben durch
die letzten Kriege der Engländer europäische Berühmtheit erlangt und
durch die Ermordung des unglücklichen Prinzen Napoleon ist die
Lanze der Zulus, „der Assagay“ in aller Mund gekommen. Die Assa-
gayen der Zulus sind sehr mannigfaltig.

Dr. Holub berichtet darüber 3): „Die Assagayen zeigen durchwegs
gefällige Form, gute Arbeit, sind sinnig den verschiedenen Zwecken
wohlentsprechend erdacht und repräsentieren die besten Produkte
dieser Art, die ich bis jetzt in Südafrika zu beobachten die Gelegenheit
hatte. Als ich mich dem Zambesireiche näherte, waren die Assagayen das
Erste, was ich bei einem heimkehrenden Jäger von der Fertigkeit der
Marutzeleute sah und mir war es sofort klar, daſs die Stämme dieses
Reiches in ihrer industriellen Fertigkeit Erstaunliches leisten müſsten.

1. Die Häuptlingsassagayen gelten als waffenartige Abzeichen
höherer Würdenträger, gehören zu den kräftigsten Waffen, doch zu den
selteneren. Sie sind 1½ bis 2 m lang, wovon ein Drittel auf den Eisen-
teil kommt. Die Schneide ist ziemlich breit und solid, ihr Hals oft mit
1 bis 2 knopfförmigen Verdickungen versehen. Der Stiel ist der
stärkste unter allen nördlich vom Zambesi bekannten Handassagayen
und gewöhnlich an seinem oberen, noch häufiger in der Mitte und dem
unteren Ende ausgeschnitten, auch mit eingekerbten Linien, Ringen etc.
verziert. Zuweilen sind sie mit rotem oder gelbem Ocker überstrichen;
ich fand 2 bis 3 im Besitze eines Würdenträgers und rechne sie zu den
Stoſsassagayen.


1) Diese Bälge sind ähnlich denen der Joloffs.
2) Ausland 1858, S. 280.
3) Dr. Emil Holub, eine Kulturskizze des Marutze-Mambundareiches in Südafrika.
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[323/0345] Afrika. 20 Zoll lang. Am Ende eines jeden ist ein abgeschnittenes Horn be- festigt, das als Ausblaserohr dient. Die Windklappe ist mit Stäbchen versehen, mittels deren sie geschlossen wird, ganz wie bei den indischen Bälgen 1). Das Eisen wird indessen nicht ausschlieſslich bei den Kaffern in der oben beschriebenen, rohen Weise in offenen Herden gewonnen. Bei den Kazkulis im Inneren hat man hohe Öfen gefunden, die denen der Maudingos ähnlich zu sein scheinen 2). Der Eisenschmied steht bei den Zulus in hohem Ansehen. Seine Kunst dient ganzen Stämmen zum Ruhme. So heiſst es in einem merk- würdigen Nationalgesange der Zulus, dem „Dingaanlied“, von dem Nationalhelden: „den Babanankos — geschickt das Eisen zu schmieden — hast du die Herden geraubt“; und an einer anderen Stelle, „du hast die Eisenschmiede der Besutos getötet, ohne daſs sie von deinem Nahen Kenntnis hatten“. Die Waffen der kriegerischen Zulus haben durch die letzten Kriege der Engländer europäische Berühmtheit erlangt und durch die Ermordung des unglücklichen Prinzen Napoleon ist die Lanze der Zulus, „der Assagay“ in aller Mund gekommen. Die Assa- gayen der Zulus sind sehr mannigfaltig. Dr. Holub berichtet darüber 3): „Die Assagayen zeigen durchwegs gefällige Form, gute Arbeit, sind sinnig den verschiedenen Zwecken wohlentsprechend erdacht und repräsentieren die besten Produkte dieser Art, die ich bis jetzt in Südafrika zu beobachten die Gelegenheit hatte. Als ich mich dem Zambesireiche näherte, waren die Assagayen das Erste, was ich bei einem heimkehrenden Jäger von der Fertigkeit der Marutzeleute sah und mir war es sofort klar, daſs die Stämme dieses Reiches in ihrer industriellen Fertigkeit Erstaunliches leisten müſsten. 1. Die Häuptlingsassagayen gelten als waffenartige Abzeichen höherer Würdenträger, gehören zu den kräftigsten Waffen, doch zu den selteneren. Sie sind 1½ bis 2 m lang, wovon ein Drittel auf den Eisen- teil kommt. Die Schneide ist ziemlich breit und solid, ihr Hals oft mit 1 bis 2 knopfförmigen Verdickungen versehen. Der Stiel ist der stärkste unter allen nördlich vom Zambesi bekannten Handassagayen und gewöhnlich an seinem oberen, noch häufiger in der Mitte und dem unteren Ende ausgeschnitten, auch mit eingekerbten Linien, Ringen etc. verziert. Zuweilen sind sie mit rotem oder gelbem Ocker überstrichen; ich fand 2 bis 3 im Besitze eines Würdenträgers und rechne sie zu den Stoſsassagayen. 1) Diese Bälge sind ähnlich denen der Joloffs. 2) Ausland 1858, S. 280. 3) Dr. Emil Holub, eine Kulturskizze des Marutze-Mambundareiches in Südafrika. 21*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/345>, abgerufen am 21.11.2024.