nur mit Steinen. Ein Stein dient als Ambos, ein anderer als Hammer und so fertigen sie ihre Assagayen, die sie dann auf Steinen schleifen.
Bei den afrikanischen Völkerschaften im Gebiete des Zambesi und Kongo bis zu dem Victoria-Nyanza und dem Mondgebirge fanden die Reisenden Livingstone, Speke, Cameron und Stanley überall einheimische Eisenindustrie. Manche Stämme handeln mit Eisenwaren, so z. B. die Uvira, welche Thon- und Eisenwaren auf den Markt von Kawele bringen (Cameron). Eisenschmelzen fand Cameron bei vielen Ortschaften, so bei Pakhaundi 1), bei Kwasere und in den Ortschaften um Nyangwe. Er schildert diese Dorfschmelzen folgendermassen 2):
"In allen Ortschaften befanden sich 2 bis 3 Eisenschmelzen, über 30 Fuss lang und etwa 20 Fuss weit, mit niedrigen Mauern und einem ungeheuer hohen Dache. In der Mitte des Gebäudes war eine Grube, 6 Fuss weit, 4 Fuss tief und 20 Fuss lang, an einem Ende etwas flacher als am anderen. Quer darüber, etwa 6 Fuss von dem flacheren Ende, stand ein Thonofen, 4 Fuss weit. Die kleinere Abteilung der Grube diente als ein Schürloch (stoke hole), während die andere zum Schlacken- abstich diente, an den Seiten befanden sich kleine Abteilungen zur Aufbewahrung der Holzkohlen und der Erze. Man benutzt oft bis zu einem Dutzend Paar Blasebälge zu gleicher Zeit, um den genügenden Wind zu erzeugen. Diese Bälge bestehen aus zwei aufrecht stehenden, flachen Holzcylindern mit Windlöchern, die in eine Düse ausmünden, welche durch Thon vor der Einwirkung des Feuers geschützt wird. Die Cylinder sind oben mit einer Decke von Grasmatten geschlossen, in deren Mitte ein Stock von 3 Fuss befestigt ist und werden gezogen, indem einer in jeder Hand einen Stock hält und diesen so rasch wie möglich auf- und niederzieht. Auf diese Art bringen sie einen guten und kontinuierlichen Windstrom hervor. Nach vollendeter Schmelzung wird das Eisen von Schmieden zerteilt in Stücke von etwa 2 Pfund Gewicht und in Formen geschmiedet entsprechend zwei mit der Basis aufeinandergesetzten Kegeln, an deren beiden Enden je eine Spitze von der Gestalt einer grossen Stricknadel vorragt. In dieser Form wird es zum Verkaufe ausgeboten.
Kleine, offene Hütten (Sheds) dienen als Schmieden, deren Ambose und grössere Hämmer aus Stein bestehen, die kleineren Hämmer da- gegen sind aus Eisen. Die Steinhämmer sind mit zwei Seilschlingen versehen, die statt des Stieles als Griff dienen, während die eisernen Hämmer in die blosse Hand genommen werden und keinen Stiel haben."
1) Cameron, Across Africa. I, 338.
2) Cameron a. a. O. I, 371.
Afrika.
nur mit Steinen. Ein Stein dient als Ambos, ein anderer als Hammer und so fertigen sie ihre Assagayen, die sie dann auf Steinen schleifen.
Bei den afrikanischen Völkerschaften im Gebiete des Zambesi und Kongo bis zu dem Victoria-Nyanza und dem Mondgebirge fanden die Reisenden Livingstone, Speke, Cameron und Stanley überall einheimische Eisenindustrie. Manche Stämme handeln mit Eisenwaren, so z. B. die Uvira, welche Thon- und Eisenwaren auf den Markt von Kawélé bringen (Cameron). Eisenschmelzen fand Cameron bei vielen Ortschaften, so bei Pakhûndi 1), bei Kwaséré und in den Ortschaften um Nyangwe. Er schildert diese Dorfschmelzen folgendermaſsen 2):
„In allen Ortschaften befanden sich 2 bis 3 Eisenschmelzen, über 30 Fuſs lang und etwa 20 Fuſs weit, mit niedrigen Mauern und einem ungeheuer hohen Dache. In der Mitte des Gebäudes war eine Grube, 6 Fuſs weit, 4 Fuſs tief und 20 Fuſs lang, an einem Ende etwas flacher als am anderen. Quer darüber, etwa 6 Fuſs von dem flacheren Ende, stand ein Thonofen, 4 Fuſs weit. Die kleinere Abteilung der Grube diente als ein Schürloch (stoke hole), während die andere zum Schlacken- abstich diente, an den Seiten befanden sich kleine Abteilungen zur Aufbewahrung der Holzkohlen und der Erze. Man benutzt oft bis zu einem Dutzend Paar Blasebälge zu gleicher Zeit, um den genügenden Wind zu erzeugen. Diese Bälge bestehen aus zwei aufrecht stehenden, flachen Holzcylindern mit Windlöchern, die in eine Düse ausmünden, welche durch Thon vor der Einwirkung des Feuers geschützt wird. Die Cylinder sind oben mit einer Decke von Grasmatten geschlossen, in deren Mitte ein Stock von 3 Fuſs befestigt ist und werden gezogen, indem einer in jeder Hand einen Stock hält und diesen so rasch wie möglich auf- und niederzieht. Auf diese Art bringen sie einen guten und kontinuierlichen Windstrom hervor. Nach vollendeter Schmelzung wird das Eisen von Schmieden zerteilt in Stücke von etwa 2 Pfund Gewicht und in Formen geschmiedet entsprechend zwei mit der Basis aufeinandergesetzten Kegeln, an deren beiden Enden je eine Spitze von der Gestalt einer groſsen Stricknadel vorragt. In dieser Form wird es zum Verkaufe ausgeboten.
Kleine, offene Hütten (Sheds) dienen als Schmieden, deren Ambose und gröſsere Hämmer aus Stein bestehen, die kleineren Hämmer da- gegen sind aus Eisen. Die Steinhämmer sind mit zwei Seilschlingen versehen, die statt des Stieles als Griff dienen, während die eisernen Hämmer in die bloſse Hand genommen werden und keinen Stiel haben.“
1) Cameron, Across Africa. I, 338.
2) Cameron a. a. O. I, 371.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0350"n="328"/><fwplace="top"type="header">Afrika.</fw><lb/>
nur mit Steinen. Ein Stein dient als Ambos, ein anderer als Hammer<lb/>
und so fertigen sie ihre Assagayen, die sie dann auf Steinen schleifen.</p><lb/><p>Bei den afrikanischen Völkerschaften im Gebiete des Zambesi und<lb/>
Kongo bis zu dem Victoria-Nyanza und dem Mondgebirge fanden die<lb/>
Reisenden Livingstone, Speke, Cameron und Stanley überall einheimische<lb/>
Eisenindustrie. Manche Stämme handeln mit Eisenwaren, so z. B. die<lb/>
Uvira, welche Thon- und Eisenwaren auf den Markt von Kawélé bringen<lb/>
(Cameron). Eisenschmelzen fand Cameron bei vielen Ortschaften, so<lb/>
bei Pakhûndi <noteplace="foot"n="1)">Cameron, Across Africa. I, 338.</note>, bei Kwaséré und in den Ortschaften um Nyangwe.<lb/>
Er schildert diese Dorfschmelzen folgendermaſsen <noteplace="foot"n="2)">Cameron a. a. O. I, 371.</note>:</p><lb/><p>„In allen Ortschaften befanden sich 2 bis 3 Eisenschmelzen, über<lb/>
30 Fuſs lang und etwa 20 Fuſs weit, mit niedrigen Mauern und einem<lb/>
ungeheuer hohen Dache. In der Mitte des Gebäudes war eine Grube,<lb/>
6 Fuſs weit, 4 Fuſs tief und 20 Fuſs lang, an einem Ende etwas flacher<lb/>
als am anderen. Quer darüber, etwa 6 Fuſs von dem flacheren Ende,<lb/>
stand ein Thonofen, 4 Fuſs weit. Die kleinere Abteilung der Grube<lb/>
diente als ein Schürloch (stoke hole), während die andere zum Schlacken-<lb/>
abstich diente, an den Seiten befanden sich kleine Abteilungen zur<lb/>
Aufbewahrung der Holzkohlen und der Erze. Man benutzt oft bis zu<lb/>
einem Dutzend Paar Blasebälge zu gleicher Zeit, um den genügenden<lb/>
Wind zu erzeugen. Diese Bälge bestehen aus zwei aufrecht stehenden,<lb/>
flachen Holzcylindern mit Windlöchern, die in eine Düse ausmünden,<lb/>
welche durch Thon vor der Einwirkung des Feuers geschützt wird.<lb/>
Die Cylinder sind oben mit einer Decke von Grasmatten geschlossen,<lb/>
in deren Mitte ein Stock von 3 Fuſs befestigt ist und werden gezogen,<lb/>
indem einer in jeder Hand einen Stock hält und diesen so rasch wie<lb/>
möglich auf- und niederzieht. Auf diese Art bringen sie einen guten<lb/>
und kontinuierlichen Windstrom hervor. Nach vollendeter Schmelzung<lb/>
wird das Eisen von Schmieden zerteilt in Stücke von etwa 2 Pfund<lb/>
Gewicht und in Formen geschmiedet entsprechend zwei mit der Basis<lb/>
aufeinandergesetzten Kegeln, an deren beiden Enden je eine Spitze von<lb/>
der Gestalt einer groſsen Stricknadel vorragt. In dieser Form wird<lb/>
es zum Verkaufe ausgeboten.</p><lb/><p>Kleine, offene Hütten (Sheds) dienen als Schmieden, deren Ambose<lb/>
und gröſsere Hämmer aus Stein bestehen, die kleineren Hämmer da-<lb/>
gegen sind aus Eisen. Die Steinhämmer sind mit zwei Seilschlingen<lb/>
versehen, die statt des Stieles als Griff dienen, während die eisernen<lb/>
Hämmer in die bloſse Hand genommen werden und keinen Stiel haben.“</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[328/0350]
Afrika.
nur mit Steinen. Ein Stein dient als Ambos, ein anderer als Hammer
und so fertigen sie ihre Assagayen, die sie dann auf Steinen schleifen.
Bei den afrikanischen Völkerschaften im Gebiete des Zambesi und
Kongo bis zu dem Victoria-Nyanza und dem Mondgebirge fanden die
Reisenden Livingstone, Speke, Cameron und Stanley überall einheimische
Eisenindustrie. Manche Stämme handeln mit Eisenwaren, so z. B. die
Uvira, welche Thon- und Eisenwaren auf den Markt von Kawélé bringen
(Cameron). Eisenschmelzen fand Cameron bei vielen Ortschaften, so
bei Pakhûndi 1), bei Kwaséré und in den Ortschaften um Nyangwe.
Er schildert diese Dorfschmelzen folgendermaſsen 2):
„In allen Ortschaften befanden sich 2 bis 3 Eisenschmelzen, über
30 Fuſs lang und etwa 20 Fuſs weit, mit niedrigen Mauern und einem
ungeheuer hohen Dache. In der Mitte des Gebäudes war eine Grube,
6 Fuſs weit, 4 Fuſs tief und 20 Fuſs lang, an einem Ende etwas flacher
als am anderen. Quer darüber, etwa 6 Fuſs von dem flacheren Ende,
stand ein Thonofen, 4 Fuſs weit. Die kleinere Abteilung der Grube
diente als ein Schürloch (stoke hole), während die andere zum Schlacken-
abstich diente, an den Seiten befanden sich kleine Abteilungen zur
Aufbewahrung der Holzkohlen und der Erze. Man benutzt oft bis zu
einem Dutzend Paar Blasebälge zu gleicher Zeit, um den genügenden
Wind zu erzeugen. Diese Bälge bestehen aus zwei aufrecht stehenden,
flachen Holzcylindern mit Windlöchern, die in eine Düse ausmünden,
welche durch Thon vor der Einwirkung des Feuers geschützt wird.
Die Cylinder sind oben mit einer Decke von Grasmatten geschlossen,
in deren Mitte ein Stock von 3 Fuſs befestigt ist und werden gezogen,
indem einer in jeder Hand einen Stock hält und diesen so rasch wie
möglich auf- und niederzieht. Auf diese Art bringen sie einen guten
und kontinuierlichen Windstrom hervor. Nach vollendeter Schmelzung
wird das Eisen von Schmieden zerteilt in Stücke von etwa 2 Pfund
Gewicht und in Formen geschmiedet entsprechend zwei mit der Basis
aufeinandergesetzten Kegeln, an deren beiden Enden je eine Spitze von
der Gestalt einer groſsen Stricknadel vorragt. In dieser Form wird
es zum Verkaufe ausgeboten.
Kleine, offene Hütten (Sheds) dienen als Schmieden, deren Ambose
und gröſsere Hämmer aus Stein bestehen, die kleineren Hämmer da-
gegen sind aus Eisen. Die Steinhämmer sind mit zwei Seilschlingen
versehen, die statt des Stieles als Griff dienen, während die eisernen
Hämmer in die bloſse Hand genommen werden und keinen Stiel haben.“
1) Cameron, Across Africa. I, 338.
2) Cameron a. a. O. I, 371.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/350>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.