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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Afrika.
bestehend, sieht man sie in Bündeln zu 20 und mehr in den grösseren
Städten mit den Schneiden nach aufwärts gestellt, um gelegentlich bei
den Letschwe- und Pukujagden 1) gebraucht zu werden. Die flachen
Uferebenen werden schwach eingezäunt und nur nach einer Seite hin
ein Ausgang gegen den Fluss offen gelassen. Dieser Ausgang ist in
der Regel eine Regenmulde, in deren Tiefe eine Grube gegraben ist,
an deren Sohle die Assagaye mit den Holzenden tief eingetrieben werden,
so dass die Schneiden emporstarren. Das zusammengetriebene Wild
sucht durch die Mulde und den Strom zu entkommen, wobei gar so
manches Stück schwer verwundet an den Assagayspitzen hängen bleibt.
Da die Fallgrubenassagayen königliches Eigentum sind, konnte ich
keine erwerben."

Zu den Wurfassagayen ist noch zu bemerken, dass die Rippe des
Eisens nicht mit der Mittellinie zusammenfällt, dass sie vielmehr neben-
stehenden Querschnitt @ zeigt, jedenfalls um eine um die Schwer-
linie rotierende Bewegung zu erzeugen, wodurch eine richtigere Wurf-
bahn -- wie durch die Züge der Geschützläufe -- resultiert.

Auch die Hottentotten verstehen seit undenklicher Zeit das Aus-
schmelzen des Eisens. Sie halten das Eisen für das nützlichste Metall
und können das Erz sehr wohl auffinden. Ihr Schmelzprozess ist,
wenn eine alte Beschreibung aus dem vorigen Jahrhundert 2) der
Wahrheit entspricht, sehr bemerkenswert, da es fast scheint, als ob
sie eine Art Roheisen gewönnen und aus diesem erst durch einen zweiten
Prozess das Eisen darstellten.

Das Erz findet sich reichlich in verschiedenen Teilen ihres Landes.
Sie gewinnen dasselbe nicht durch Bergbau, sondern lesen es. Haben
sie einen Haufen davon gesammelt, so bringen sie ihn in eine Grube,
die für die Arbeit zngerichtet und vorgewärmt ist. Dann geben sie
Brennmaterial auf, bis das Eisen schmilzt; es sammelt sich in einer
tieferen Grube. Sobald das Eisen in diesem Sammelraume erkaltet
ist, zerschlagen sie es mit Steinen. Die Stücke erhitzen sie von
neuem in einem Feuer und schmieden sie dann zu Lanzenspitzen
und anderen Waffen aus. Sie bedienen sich als Ambos eines flachen,
harten Steines und ebenso schleifen und polieren sie die Werkzeuge
mit Steinen. Es ist indes wahrscheinlich, dass der erste Prozess nur
ein Röstprozess ist und bleibt zu bedauern, dass Salmon über die Natur
der Erze keine nähere Angaben gemacht hat. Die Schmiede arbeiten

1) Wasserböcke (Kobus) das häufigste Wild in den hochbegrasten Zambesi-
thalebenen.
2) Salmon, vol. 27, 1735.

Afrika.
bestehend, sieht man sie in Bündeln zu 20 und mehr in den gröſseren
Städten mit den Schneiden nach aufwärts gestellt, um gelegentlich bei
den Letschwe- und Pukujagden 1) gebraucht zu werden. Die flachen
Uferebenen werden schwach eingezäunt und nur nach einer Seite hin
ein Ausgang gegen den Fluſs offen gelassen. Dieser Ausgang ist in
der Regel eine Regenmulde, in deren Tiefe eine Grube gegraben ist,
an deren Sohle die Assagaye mit den Holzenden tief eingetrieben werden,
so daſs die Schneiden emporstarren. Das zusammengetriebene Wild
sucht durch die Mulde und den Strom zu entkommen, wobei gar so
manches Stück schwer verwundet an den Assagayspitzen hängen bleibt.
Da die Fallgrubenassagayen königliches Eigentum sind, konnte ich
keine erwerben.“

Zu den Wurfassagayen ist noch zu bemerken, daſs die Rippe des
Eisens nicht mit der Mittellinie zusammenfällt, daſs sie vielmehr neben-
stehenden Querschnitt  zeigt, jedenfalls um eine um die Schwer-
linie rotierende Bewegung zu erzeugen, wodurch eine richtigere Wurf-
bahn — wie durch die Züge der Geschützläufe — resultiert.

Auch die Hottentotten verstehen seit undenklicher Zeit das Aus-
schmelzen des Eisens. Sie halten das Eisen für das nützlichste Metall
und können das Erz sehr wohl auffinden. Ihr Schmelzprozeſs ist,
wenn eine alte Beschreibung aus dem vorigen Jahrhundert 2) der
Wahrheit entspricht, sehr bemerkenswert, da es fast scheint, als ob
sie eine Art Roheisen gewönnen und aus diesem erst durch einen zweiten
Prozeſs das Eisen darstellten.

Das Erz findet sich reichlich in verschiedenen Teilen ihres Landes.
Sie gewinnen dasſelbe nicht durch Bergbau, sondern lesen es. Haben
sie einen Haufen davon gesammelt, so bringen sie ihn in eine Grube,
die für die Arbeit zngerichtet und vorgewärmt ist. Dann geben sie
Brennmaterial auf, bis das Eisen schmilzt; es sammelt sich in einer
tieferen Grube. Sobald das Eisen in diesem Sammelraume erkaltet
ist, zerschlagen sie es mit Steinen. Die Stücke erhitzen sie von
neuem in einem Feuer und schmieden sie dann zu Lanzenspitzen
und anderen Waffen aus. Sie bedienen sich als Ambos eines flachen,
harten Steines und ebenso schleifen und polieren sie die Werkzeuge
mit Steinen. Es ist indes wahrscheinlich, daſs der erste Prozeſs nur
ein Röstprozeſs ist und bleibt zu bedauern, daſs Salmon über die Natur
der Erze keine nähere Angaben gemacht hat. Die Schmiede arbeiten

1) Wasserböcke (Kobus) das häufigste Wild in den hochbegrasten Zambesi-
thalebenen.
2) Salmon, vol. 27, 1735.
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[327/0349] Afrika. bestehend, sieht man sie in Bündeln zu 20 und mehr in den gröſseren Städten mit den Schneiden nach aufwärts gestellt, um gelegentlich bei den Letschwe- und Pukujagden 1) gebraucht zu werden. Die flachen Uferebenen werden schwach eingezäunt und nur nach einer Seite hin ein Ausgang gegen den Fluſs offen gelassen. Dieser Ausgang ist in der Regel eine Regenmulde, in deren Tiefe eine Grube gegraben ist, an deren Sohle die Assagaye mit den Holzenden tief eingetrieben werden, so daſs die Schneiden emporstarren. Das zusammengetriebene Wild sucht durch die Mulde und den Strom zu entkommen, wobei gar so manches Stück schwer verwundet an den Assagayspitzen hängen bleibt. Da die Fallgrubenassagayen königliches Eigentum sind, konnte ich keine erwerben.“ Zu den Wurfassagayen ist noch zu bemerken, daſs die Rippe des Eisens nicht mit der Mittellinie zusammenfällt, daſs sie vielmehr neben- stehenden Querschnitt  zeigt, jedenfalls um eine um die Schwer- linie rotierende Bewegung zu erzeugen, wodurch eine richtigere Wurf- bahn — wie durch die Züge der Geschützläufe — resultiert. Auch die Hottentotten verstehen seit undenklicher Zeit das Aus- schmelzen des Eisens. Sie halten das Eisen für das nützlichste Metall und können das Erz sehr wohl auffinden. Ihr Schmelzprozeſs ist, wenn eine alte Beschreibung aus dem vorigen Jahrhundert 2) der Wahrheit entspricht, sehr bemerkenswert, da es fast scheint, als ob sie eine Art Roheisen gewönnen und aus diesem erst durch einen zweiten Prozeſs das Eisen darstellten. Das Erz findet sich reichlich in verschiedenen Teilen ihres Landes. Sie gewinnen dasſelbe nicht durch Bergbau, sondern lesen es. Haben sie einen Haufen davon gesammelt, so bringen sie ihn in eine Grube, die für die Arbeit zngerichtet und vorgewärmt ist. Dann geben sie Brennmaterial auf, bis das Eisen schmilzt; es sammelt sich in einer tieferen Grube. Sobald das Eisen in diesem Sammelraume erkaltet ist, zerschlagen sie es mit Steinen. Die Stücke erhitzen sie von neuem in einem Feuer und schmieden sie dann zu Lanzenspitzen und anderen Waffen aus. Sie bedienen sich als Ambos eines flachen, harten Steines und ebenso schleifen und polieren sie die Werkzeuge mit Steinen. Es ist indes wahrscheinlich, daſs der erste Prozeſs nur ein Röstprozeſs ist und bleibt zu bedauern, daſs Salmon über die Natur der Erze keine nähere Angaben gemacht hat. Die Schmiede arbeiten 1) Wasserböcke (Kobus) das häufigste Wild in den hochbegrasten Zambesi- thalebenen. 2) Salmon, vol. 27, 1735.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/349>, abgerufen am 10.05.2024.