allen Grund anzunehmen, dass auch die trojanischen Helden wirklich bereits mit eben diesen Metallen bekannt waren, wie Schliemanns Ausgrabungen dies bestätigt haben.
Entsprechend der gewöhnlichen Annahme, nach der Berechnung des Eratosthenes, fällt die zehnjährige Belagerung von Troja durch die Griechen in die Jahre 1194 bis 1184 v. Chr. Herodot nimmt in seiner Geschichte das Jahr 1270 v. Chr. als das Jahr der Zerstörung Trojas an, während Gladstone besonders aus der Prüfung ägyptischer Quellen die Jahre 1316 bis 1307 v. Chr. als die wahrscheinlichsten für die zehnjährige Belagerung hält 1).
Über die Lebenszeit Homers gingen die Ansichten ebenfalls schon im Altertume weit auseinander. Herodot giebt das Jahr 880 v. Chr. als Zeit seiner Blüte an, andere verlegen dieselbe in die weit frühere Zeit zwischen der Zerstörung Trojas und der Rückkehr der Herakliden, in das 12. Jahrhundert. Ebenso zweifelhaft war sein Geburtsort, sieben Plätze stritten sich, wie bekannt, um diese Ehre, Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos und Athen. Gladstone verwirft ent- schieden die Meinung, dass Homer ein asiatischer Grieche, der nach der Einwanderung der Dorer gelebt habe, gewesen sei, vielmehr nimmt er als erwiesen an, dass es ein Achäer 2) aus der Zeit vor der Wan- derung war. Sein Geburtsort würde danach am wahrscheinlichsten Argos sein und seine Lebenszeit in das 12. Jahrhundert fallen. Er hätte demnach nur etwa drei Generationen nach dem trojanischen Kriege gelebt. Zweifellos hat Homer grosse Reisen gemacht und auf diesen sich reiche Kenntnisse und einen weiten und grossen Blick erworben. Nur so konnte sich seine erhabene Auffassung der Wirk- lichkeit bilden. Dass er Asien bereist und dass er Troja selbst be- sucht hat, steht fest. Es ist aber auch wahrscheinlich, dass ihm die frühere ägyptische Kultur nicht fremd war 3).
Zur Zeit, als Homer dichtete, war Bergbau und Metallgewinnung noch in den Händen von Fremden, insbesondere in denen der Phönizier. Vom Bergbau berichtet er nichts; er kennt nicht nur keine griechischen Bergwerke, sondern der Grubenbetrieb als solcher scheint ihm fremd gewesen zu sein, da er ihn nie zu einem Bilde benutzt, wozu sich, wäre der Bergbau den Griechen der damaligen Zeit bekannt gewesen, so leicht Veranlassung geboten hätte. Er weiss nur, dass die Metalle vielfach aus fremden Ländern kommen, so das Silber aus Alybe, im Lande der Halizonen, "wo des Silbers Geburt ist", Kupfer aus Temese auf
1) Gladstone, Homer u. s. Zeitalter, deutsche Übersetzung, p. 223.
2) Glad- stone a. a. O. p. 78 etc.
3) Gladstone a. a. O. 298.
Griechenland.
allen Grund anzunehmen, daſs auch die trojanischen Helden wirklich bereits mit eben diesen Metallen bekannt waren, wie Schliemanns Ausgrabungen dies bestätigt haben.
Entsprechend der gewöhnlichen Annahme, nach der Berechnung des Eratosthenes, fällt die zehnjährige Belagerung von Troja durch die Griechen in die Jahre 1194 bis 1184 v. Chr. Herodot nimmt in seiner Geschichte das Jahr 1270 v. Chr. als das Jahr der Zerstörung Trojas an, während Gladstone besonders aus der Prüfung ägyptischer Quellen die Jahre 1316 bis 1307 v. Chr. als die wahrscheinlichsten für die zehnjährige Belagerung hält 1).
Über die Lebenszeit Homers gingen die Ansichten ebenfalls schon im Altertume weit auseinander. Herodot giebt das Jahr 880 v. Chr. als Zeit seiner Blüte an, andere verlegen dieselbe in die weit frühere Zeit zwischen der Zerstörung Trojas und der Rückkehr der Herakliden, in das 12. Jahrhundert. Ebenso zweifelhaft war sein Geburtsort, sieben Plätze stritten sich, wie bekannt, um diese Ehre, Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos und Athen. Gladstone verwirft ent- schieden die Meinung, daſs Homer ein asiatischer Grieche, der nach der Einwanderung der Dorer gelebt habe, gewesen sei, vielmehr nimmt er als erwiesen an, daſs es ein Achäer 2) aus der Zeit vor der Wan- derung war. Sein Geburtsort würde danach am wahrscheinlichsten Argos sein und seine Lebenszeit in das 12. Jahrhundert fallen. Er hätte demnach nur etwa drei Generationen nach dem trojanischen Kriege gelebt. Zweifellos hat Homer groſse Reisen gemacht und auf diesen sich reiche Kenntnisse und einen weiten und groſsen Blick erworben. Nur so konnte sich seine erhabene Auffassung der Wirk- lichkeit bilden. Daſs er Asien bereist und daſs er Troja selbst be- sucht hat, steht fest. Es ist aber auch wahrscheinlich, daſs ihm die frühere ägyptische Kultur nicht fremd war 3).
Zur Zeit, als Homer dichtete, war Bergbau und Metallgewinnung noch in den Händen von Fremden, insbesondere in denen der Phönizier. Vom Bergbau berichtet er nichts; er kennt nicht nur keine griechischen Bergwerke, sondern der Grubenbetrieb als solcher scheint ihm fremd gewesen zu sein, da er ihn nie zu einem Bilde benutzt, wozu sich, wäre der Bergbau den Griechen der damaligen Zeit bekannt gewesen, so leicht Veranlassung geboten hätte. Er weiſs nur, daſs die Metalle vielfach aus fremden Ländern kommen, so das Silber aus Alybe, im Lande der Halizonen, „wo des Silbers Geburt ist“, Kupfer aus Temese auf
1) Gladstone, Homer u. s. Zeitalter, deutsche Übersetzung, p. 223.
2) Glad- stone a. a. O. p. 78 etc.
3) Gladstone a. a. O. 298.
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Griechenland.
allen Grund anzunehmen, daſs auch die trojanischen Helden wirklich
bereits mit eben diesen Metallen bekannt waren, wie Schliemanns
Ausgrabungen dies bestätigt haben.
Entsprechend der gewöhnlichen Annahme, nach der Berechnung
des Eratosthenes, fällt die zehnjährige Belagerung von Troja durch die
Griechen in die Jahre 1194 bis 1184 v. Chr. Herodot nimmt in seiner
Geschichte das Jahr 1270 v. Chr. als das Jahr der Zerstörung Trojas
an, während Gladstone besonders aus der Prüfung ägyptischer Quellen
die Jahre 1316 bis 1307 v. Chr. als die wahrscheinlichsten für die
zehnjährige Belagerung hält 1).
Über die Lebenszeit Homers gingen die Ansichten ebenfalls schon
im Altertume weit auseinander. Herodot giebt das Jahr 880 v. Chr. als
Zeit seiner Blüte an, andere verlegen dieselbe in die weit frühere Zeit
zwischen der Zerstörung Trojas und der Rückkehr der Herakliden, in
das 12. Jahrhundert. Ebenso zweifelhaft war sein Geburtsort, sieben
Plätze stritten sich, wie bekannt, um diese Ehre, Smyrna, Rhodos,
Kolophon, Salamis, Chios, Argos und Athen. Gladstone verwirft ent-
schieden die Meinung, daſs Homer ein asiatischer Grieche, der nach
der Einwanderung der Dorer gelebt habe, gewesen sei, vielmehr nimmt
er als erwiesen an, daſs es ein Achäer 2) aus der Zeit vor der Wan-
derung war. Sein Geburtsort würde danach am wahrscheinlichsten
Argos sein und seine Lebenszeit in das 12. Jahrhundert fallen. Er
hätte demnach nur etwa drei Generationen nach dem trojanischen
Kriege gelebt. Zweifellos hat Homer groſse Reisen gemacht und auf
diesen sich reiche Kenntnisse und einen weiten und groſsen Blick
erworben. Nur so konnte sich seine erhabene Auffassung der Wirk-
lichkeit bilden. Daſs er Asien bereist und daſs er Troja selbst be-
sucht hat, steht fest. Es ist aber auch wahrscheinlich, daſs ihm die
frühere ägyptische Kultur nicht fremd war 3).
Zur Zeit, als Homer dichtete, war Bergbau und Metallgewinnung
noch in den Händen von Fremden, insbesondere in denen der Phönizier.
Vom Bergbau berichtet er nichts; er kennt nicht nur keine griechischen
Bergwerke, sondern der Grubenbetrieb als solcher scheint ihm fremd
gewesen zu sein, da er ihn nie zu einem Bilde benutzt, wozu sich, wäre
der Bergbau den Griechen der damaligen Zeit bekannt gewesen, so
leicht Veranlassung geboten hätte. Er weiſs nur, daſs die Metalle
vielfach aus fremden Ländern kommen, so das Silber aus Alybe, im Lande
der Halizonen, „wo des Silbers Geburt ist“, Kupfer aus Temese auf
1) Gladstone, Homer u. s. Zeitalter, deutsche Übersetzung, p. 223.
2) Glad-
stone a. a. O. p. 78 etc.
3) Gladstone a. a. O. 298.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/404>, abgerufen am 22.11.2024.
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