stab für die Metallurgie der Griechen im heroischen Zeitalter und den darauf folgenden Jahrhunderten giebt.
Wenn wir Homers Schilderungen wahrheitsgemässe genannt haben, so meinen wir dies von seinem dichterischen Standpunkt aus. Er er- fasst und schildert alles unmittelbar mit voller Wahrhaftigkeit. Aber als Dichter wählt er die Dinge nach seinem Schönheitsbegriff aus, und sucht ins Schöne zu malen. So wahrheitsgemäss seine metallurgischen Schilderungen sind, so ist Homer doch kein Techniker, er schreibt nicht aus der Absicht, die Gewerbe seiner Zeit zu schildern: Im Gegen- teil, er ist ein Aristokrat, welcher der Prachtliebe seiner Zuhörer schmeichelt, alles mit reichen, kostbaren Farben schmückt, des Ge- wöhnlichen nur erwähnt, wenn er muss. Die Prachtliebe ist ein orientalischer Zug, insbesondere die Vorliebe für die glänzenden Metalle. Wenn wir auch jetzt wissen, dass man Mykenä mit Recht das "Gold- reiche" nannte, so ist doch die häufige Erwähnung des Goldes bei Homer kein Massstab für den Goldreichtum der Griechen im allge- meinen; ebenso wenn er alle Waffen und Geräte mit Vorliebe kupfern oder ehern nennt und nur gelegentlich es sich entschlüpfen lässt, dass dieselben Geräte auch von Eisen in Anwendung waren, so dürfen wir auch hierin der erlaubten dichterischen Übertreibung einiges zu gut halten. Wir lassen uns in dieser Ansicht nicht dadurch irre machen, dass bei den wunderbaren Funden von Schliemann, die ein so reiches und neues Licht auf die homerische Dichtung werfen, Eisen gar nicht oder nur ganz spärlich gefunden wurde. Einerseits ist das Eisen unter normalen Bedingungen das rasch zersetzbarste der Metalle, anderer- seits kann man daraus, dass in mykenäischen Gräbern kein Eisen gefunden worden ist, eben so gut den Schluss ziehen, dass das Eisen zu gering geschätzt wurde, um als Totengabe, als Kleinodien, den Ver- storbenen mitgegeben zu werden, denn dass das Eisen in allgemeiner Anwendung war, wenigstens zu Homers Zeiten, glauben wir genügend nachgewiesen zu haben. Übrigens sind in Mykenä doch auch einige kleine Gegenstände von Eisen gefunden worden. Ehe wir diese be- trachten, wollen wir auf Schliemanns Entdeckungen einen generellen Blick werfen.
Es wurde bereits erwähnt, dass die Ausgrabungen Schliemanns den alten Ruhm Mykenäs als der goldreichen Stadt glänzend bestätigt haben. Die merkwürdigen Funde, die dort gemacht wurden, werfen ein helles Licht auf die heroische Zeit und bestätigen die Angaben Homers fast durchgehends. Wie Homer, wenn er von metallischen Kunstwerken spricht, sie dem Auslande, Phönizien, Cypern oder Ägypten
Griechenland.
stab für die Metallurgie der Griechen im heroischen Zeitalter und den darauf folgenden Jahrhunderten giebt.
Wenn wir Homers Schilderungen wahrheitsgemäſse genannt haben, so meinen wir dies von seinem dichterischen Standpunkt aus. Er er- faſst und schildert alles unmittelbar mit voller Wahrhaftigkeit. Aber als Dichter wählt er die Dinge nach seinem Schönheitsbegriff aus, und sucht ins Schöne zu malen. So wahrheitsgemäſs seine metallurgischen Schilderungen sind, so ist Homer doch kein Techniker, er schreibt nicht aus der Absicht, die Gewerbe seiner Zeit zu schildern: Im Gegen- teil, er ist ein Aristokrat, welcher der Prachtliebe seiner Zuhörer schmeichelt, alles mit reichen, kostbaren Farben schmückt, des Ge- wöhnlichen nur erwähnt, wenn er muſs. Die Prachtliebe ist ein orientalischer Zug, insbesondere die Vorliebe für die glänzenden Metalle. Wenn wir auch jetzt wissen, daſs man Mykenä mit Recht das „Gold- reiche“ nannte, so ist doch die häufige Erwähnung des Goldes bei Homer kein Maſsstab für den Goldreichtum der Griechen im allge- meinen; ebenso wenn er alle Waffen und Geräte mit Vorliebe kupfern oder ehern nennt und nur gelegentlich es sich entschlüpfen läſst, daſs dieselben Geräte auch von Eisen in Anwendung waren, so dürfen wir auch hierin der erlaubten dichterischen Übertreibung einiges zu gut halten. Wir lassen uns in dieser Ansicht nicht dadurch irre machen, daſs bei den wunderbaren Funden von Schliemann, die ein so reiches und neues Licht auf die homerische Dichtung werfen, Eisen gar nicht oder nur ganz spärlich gefunden wurde. Einerseits ist das Eisen unter normalen Bedingungen das rasch zersetzbarste der Metalle, anderer- seits kann man daraus, daſs in mykenäischen Gräbern kein Eisen gefunden worden ist, eben so gut den Schluſs ziehen, daſs das Eisen zu gering geschätzt wurde, um als Totengabe, als Kleinodien, den Ver- storbenen mitgegeben zu werden, denn daſs das Eisen in allgemeiner Anwendung war, wenigstens zu Homers Zeiten, glauben wir genügend nachgewiesen zu haben. Übrigens sind in Mykenä doch auch einige kleine Gegenstände von Eisen gefunden worden. Ehe wir diese be- trachten, wollen wir auf Schliemanns Entdeckungen einen generellen Blick werfen.
Es wurde bereits erwähnt, daſs die Ausgrabungen Schliemanns den alten Ruhm Mykenäs als der goldreichen Stadt glänzend bestätigt haben. Die merkwürdigen Funde, die dort gemacht wurden, werfen ein helles Licht auf die heroische Zeit und bestätigen die Angaben Homers fast durchgehends. Wie Homer, wenn er von metallischen Kunstwerken spricht, sie dem Auslande, Phönizien, Cypern oder Ägypten
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[408/0430]
Griechenland.
stab für die Metallurgie der Griechen im heroischen Zeitalter und den
darauf folgenden Jahrhunderten giebt.
Wenn wir Homers Schilderungen wahrheitsgemäſse genannt haben,
so meinen wir dies von seinem dichterischen Standpunkt aus. Er er-
faſst und schildert alles unmittelbar mit voller Wahrhaftigkeit. Aber
als Dichter wählt er die Dinge nach seinem Schönheitsbegriff aus, und
sucht ins Schöne zu malen. So wahrheitsgemäſs seine metallurgischen
Schilderungen sind, so ist Homer doch kein Techniker, er schreibt
nicht aus der Absicht, die Gewerbe seiner Zeit zu schildern: Im Gegen-
teil, er ist ein Aristokrat, welcher der Prachtliebe seiner Zuhörer
schmeichelt, alles mit reichen, kostbaren Farben schmückt, des Ge-
wöhnlichen nur erwähnt, wenn er muſs. Die Prachtliebe ist ein
orientalischer Zug, insbesondere die Vorliebe für die glänzenden Metalle.
Wenn wir auch jetzt wissen, daſs man Mykenä mit Recht das „Gold-
reiche“ nannte, so ist doch die häufige Erwähnung des Goldes bei
Homer kein Maſsstab für den Goldreichtum der Griechen im allge-
meinen; ebenso wenn er alle Waffen und Geräte mit Vorliebe kupfern
oder ehern nennt und nur gelegentlich es sich entschlüpfen läſst, daſs
dieselben Geräte auch von Eisen in Anwendung waren, so dürfen wir
auch hierin der erlaubten dichterischen Übertreibung einiges zu gut
halten. Wir lassen uns in dieser Ansicht nicht dadurch irre machen,
daſs bei den wunderbaren Funden von Schliemann, die ein so reiches
und neues Licht auf die homerische Dichtung werfen, Eisen gar nicht
oder nur ganz spärlich gefunden wurde. Einerseits ist das Eisen unter
normalen Bedingungen das rasch zersetzbarste der Metalle, anderer-
seits kann man daraus, daſs in mykenäischen Gräbern kein Eisen
gefunden worden ist, eben so gut den Schluſs ziehen, daſs das Eisen
zu gering geschätzt wurde, um als Totengabe, als Kleinodien, den Ver-
storbenen mitgegeben zu werden, denn daſs das Eisen in allgemeiner
Anwendung war, wenigstens zu Homers Zeiten, glauben wir genügend
nachgewiesen zu haben. Übrigens sind in Mykenä doch auch einige
kleine Gegenstände von Eisen gefunden worden. Ehe wir diese be-
trachten, wollen wir auf Schliemanns Entdeckungen einen generellen
Blick werfen.
Es wurde bereits erwähnt, daſs die Ausgrabungen Schliemanns
den alten Ruhm Mykenäs als der goldreichen Stadt glänzend bestätigt
haben. Die merkwürdigen Funde, die dort gemacht wurden, werfen
ein helles Licht auf die heroische Zeit und bestätigen die Angaben
Homers fast durchgehends. Wie Homer, wenn er von metallischen
Kunstwerken spricht, sie dem Auslande, Phönizien, Cypern oder Ägypten
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/430>, abgerufen am 22.11.2024.
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