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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Griechenland.
kuanos für blauen Stahl bei dem herakleischen Schilde. Der herrliche
Schild, von Elektron und Gold (143), "schimmernd, zwischenhinein
durchstreift von bläulichem Stahl" und wie bei dem Panzer des Aga-
memnon erwähnt Hesiod eines stahlblauen Drachenbildes 1). In der
Beschreibung des Kampfes des Perseus mit den Gorgonen heisst das
Schlachtfeld "das bleiche Stahlfeld". Bildlich heisst es "Pontus
erzeugte auch Eurybia mit dem Stahlherzen 2)", ähnlich wie es an einer
anderen Stelle heisst: "Die Seele des Todes ist von Erz und sein Herz
von Eisen", d. h. ganz mitleidslos 3). Bei weitem die wichtigste und
ausführlichste Stelle über die Metalle in der Schrift des Hesiod ist die
Episode von den Weltzeitaltern in seinen "Werken und Tagen", welche
wir in der Einleitung bereits mitgeteilt haben 4).

Die ganze Erzählung von den Weltzeitaltern ist eine spekulativ-
theologische; sie beruht weder auf historischer, noch auf archäologischer
Grundlage. Dennoch ist die Darstellung des Hesiod von grösster Wichtig-
keit für uns, weil hier zum erstenmal bestimmt ausgesprochen ist, dass
das Erz älter sei als das Eisen. Der Grund liegt, wenn man die Stelle ruhig
erwägt, nur in der höheren Schätzung des Kupfers gegenüber dem Eisen.

Dass Hesiod das Gold in gleicher Weise älter als das Silber, dass
er das Silber für älter als Kupfer und Eisen erklärt, darauf hat man
niemals besonderen Nachdruck gelegt, es vielmehr mit Stillschweigen
übergangen, wogegen die ganz unbegründete Angabe, dass die Bronze
älter sei als das Eisen, seit dieser Zeit ein Theorem geworden ist,
das trotz seiner Widersinnigkeit bis zum heutigen Tage seine Herr-
schaft behauptet.

Ein Ergebnis von höchster Bedeutung hat sich uns aus der ein-
gehenden Betrachtung der auf die Verwendung der Metalle bezüglichen
Stellen in den Dichtungen Homers und Hesiods ergeben, nämlich das-
jenige, dass sie das Eisen und den Stahl nicht allein kannten, sondern
ihn auch als ein Produkt einheimischer Industrie ansahen, im Gegen-
satze zu den Edelmetallen, dem Kupfer und dem Erze, welches zu ihrer
Zeit noch aus dem Auslande bezogen wurde. Die Überlieferungen aus
alter Zeit, welche uns in den späteren Schriften erhalten sind, bestätigen
diese Thatsache und vervollkommnen das Bild der metallurgischen
Verhältnisse Griechenlands aus jenen Jahrhunderten, in denen die
Hellenen noch von fremden Völkern abhängig waren, indem einerseits
der Bergbau und die Gewinnung der Edelmetalle im eigenen Lande in
den Händen fremder Kolonisten sich befand, andererseits sie ihren

1) Hesiod, Schild des Herakles 167.
2) Hesiod 239.
3) Theog. 764 und
765.
4) S. 36 ff.
Beck, Geschichte des Eisens. 27

Griechenland.
κύανος für blauen Stahl bei dem herakleischen Schilde. Der herrliche
Schild, von Elektron und Gold (143), „schimmernd, zwischenhinein
durchstreift von bläulichem Stahl“ und wie bei dem Panzer des Aga-
memnon erwähnt Hesiod eines stahlblauen Drachenbildes 1). In der
Beschreibung des Kampfes des Perseus mit den Gorgonen heiſst das
Schlachtfeld „das bleiche Stahlfeld“. Bildlich heiſst es „Pontus
erzeugte auch Eurybia mit dem Stahlherzen 2)“, ähnlich wie es an einer
anderen Stelle heiſst: „Die Seele des Todes ist von Erz und sein Herz
von Eisen“, d. h. ganz mitleidslos 3). Bei weitem die wichtigste und
ausführlichste Stelle über die Metalle in der Schrift des Hesiod ist die
Episode von den Weltzeitaltern in seinen „Werken und Tagen“, welche
wir in der Einleitung bereits mitgeteilt haben 4).

Die ganze Erzählung von den Weltzeitaltern ist eine spekulativ-
theologische; sie beruht weder auf historischer, noch auf archäologischer
Grundlage. Dennoch ist die Darstellung des Hesiod von gröſster Wichtig-
keit für uns, weil hier zum erstenmal bestimmt ausgesprochen ist, daſs
das Erz älter sei als das Eisen. Der Grund liegt, wenn man die Stelle ruhig
erwägt, nur in der höheren Schätzung des Kupfers gegenüber dem Eisen.

Daſs Hesiod das Gold in gleicher Weise älter als das Silber, daſs
er das Silber für älter als Kupfer und Eisen erklärt, darauf hat man
niemals besonderen Nachdruck gelegt, es vielmehr mit Stillschweigen
übergangen, wogegen die ganz unbegründete Angabe, daſs die Bronze
älter sei als das Eisen, seit dieser Zeit ein Theorem geworden ist,
das trotz seiner Widersinnigkeit bis zum heutigen Tage seine Herr-
schaft behauptet.

Ein Ergebnis von höchster Bedeutung hat sich uns aus der ein-
gehenden Betrachtung der auf die Verwendung der Metalle bezüglichen
Stellen in den Dichtungen Homers und Hesiods ergeben, nämlich das-
jenige, daſs sie das Eisen und den Stahl nicht allein kannten, sondern
ihn auch als ein Produkt einheimischer Industrie ansahen, im Gegen-
satze zu den Edelmetallen, dem Kupfer und dem Erze, welches zu ihrer
Zeit noch aus dem Auslande bezogen wurde. Die Überlieferungen aus
alter Zeit, welche uns in den späteren Schriften erhalten sind, bestätigen
diese Thatsache und vervollkommnen das Bild der metallurgischen
Verhältnisse Griechenlands aus jenen Jahrhunderten, in denen die
Hellenen noch von fremden Völkern abhängig waren, indem einerseits
der Bergbau und die Gewinnung der Edelmetalle im eigenen Lande in
den Händen fremder Kolonisten sich befand, andererseits sie ihren

1) Hesiod, Schild des Herakles 167.
2) Hesiod 239.
3) Theog. 764 und
765.
4) S. 36 ff.
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[417/0439] Griechenland. κύανος für blauen Stahl bei dem herakleischen Schilde. Der herrliche Schild, von Elektron und Gold (143), „schimmernd, zwischenhinein durchstreift von bläulichem Stahl“ und wie bei dem Panzer des Aga- memnon erwähnt Hesiod eines stahlblauen Drachenbildes 1). In der Beschreibung des Kampfes des Perseus mit den Gorgonen heiſst das Schlachtfeld „das bleiche Stahlfeld“. Bildlich heiſst es „Pontus erzeugte auch Eurybia mit dem Stahlherzen 2)“, ähnlich wie es an einer anderen Stelle heiſst: „Die Seele des Todes ist von Erz und sein Herz von Eisen“, d. h. ganz mitleidslos 3). Bei weitem die wichtigste und ausführlichste Stelle über die Metalle in der Schrift des Hesiod ist die Episode von den Weltzeitaltern in seinen „Werken und Tagen“, welche wir in der Einleitung bereits mitgeteilt haben 4). Die ganze Erzählung von den Weltzeitaltern ist eine spekulativ- theologische; sie beruht weder auf historischer, noch auf archäologischer Grundlage. Dennoch ist die Darstellung des Hesiod von gröſster Wichtig- keit für uns, weil hier zum erstenmal bestimmt ausgesprochen ist, daſs das Erz älter sei als das Eisen. Der Grund liegt, wenn man die Stelle ruhig erwägt, nur in der höheren Schätzung des Kupfers gegenüber dem Eisen. Daſs Hesiod das Gold in gleicher Weise älter als das Silber, daſs er das Silber für älter als Kupfer und Eisen erklärt, darauf hat man niemals besonderen Nachdruck gelegt, es vielmehr mit Stillschweigen übergangen, wogegen die ganz unbegründete Angabe, daſs die Bronze älter sei als das Eisen, seit dieser Zeit ein Theorem geworden ist, das trotz seiner Widersinnigkeit bis zum heutigen Tage seine Herr- schaft behauptet. Ein Ergebnis von höchster Bedeutung hat sich uns aus der ein- gehenden Betrachtung der auf die Verwendung der Metalle bezüglichen Stellen in den Dichtungen Homers und Hesiods ergeben, nämlich das- jenige, daſs sie das Eisen und den Stahl nicht allein kannten, sondern ihn auch als ein Produkt einheimischer Industrie ansahen, im Gegen- satze zu den Edelmetallen, dem Kupfer und dem Erze, welches zu ihrer Zeit noch aus dem Auslande bezogen wurde. Die Überlieferungen aus alter Zeit, welche uns in den späteren Schriften erhalten sind, bestätigen diese Thatsache und vervollkommnen das Bild der metallurgischen Verhältnisse Griechenlands aus jenen Jahrhunderten, in denen die Hellenen noch von fremden Völkern abhängig waren, indem einerseits der Bergbau und die Gewinnung der Edelmetalle im eigenen Lande in den Händen fremder Kolonisten sich befand, andererseits sie ihren 1) Hesiod, Schild des Herakles 167. 2) Hesiod 239. 3) Theog. 764 und 765. 4) S. 36 ff. Beck, Geschichte des Eisens. 27

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/439>, abgerufen am 22.11.2024.