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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
Schreiber des Appius Cäcus durch Intriguen zum curulischen Ädil
und gleichzeitig zum Volkstribun erwählt wurde, warf der Adel und
die Ritterschaft die Ringe zu Boden. Der Ring war also ein Adels-
zeichen. Deshalb schickt Hannibal im zweiten punischen Kriege drei
Scheffel Ringe als Zeichen seines Triumphes nach Karthago. Goldringe
waren selbst zur Zeit des Plinius noch ein Luxus der Reichen und die
Sklaven, die früher überhaupt keine Ringe trugen, durften zu keiner Zeit
goldene, sondern nur eiserne tragen, ein Gesetz, welches sie aber durch
Vergoldung der Eisenringe teilweise umgingen. Aus der Wichtigkeit,
die man den eisernen Ringen beilegte, die sogar in verschiedenen
Fällen ein juristisches Instrument waren, geht das hohe Alter der
Eisenringe hervor. Prometheus wurde traditionell mit einem Eisen-
ringe dargestellt.

Einen andern Beweis für den frühen Gebrauch des Eisens bei
den Römern und zwar speziell die Verwendung für Waffen und Geräte
des Ackerbaues geht aus dem bereits angeführten merkwürdigen
Friedensvertrage mit dem Etruskerfürsten Porsenna hervor, der noch
eines der ältesten glaubwürdigsten Dokumente der römischen Ge-
schichte ist. Unter den harten Friedensbedingungen, die Porsenna
507 v. Chr. den Römern auferlegte, war die bemerkenswerteste, dass
sie sich für die Zukunft des Eisens nur zu Geräten des Ackerbaues
bedienen durften 1). Es ist dies gleichbedeutend mit einem allgemeinen
Waffenverbote und geht daraus mit Bestimmtheit hervor, dass sich die
Römer in dem Kriege gegen Porsenna bereits eiserner Waffen bedient
hatten. Dieses Verbot hat vielleicht in Verbindung mit der blühenden
Erzindustrie der benachbarten Etrusker und Griechen dazu beigetragen,
dass man sich in Rom vielfach des Erzes auch zur Bewaffnung bediente,
obgleich die schönen goldglänzenden Bronzeschwerter gewiss nur Waffen
der Reichen und Vornehmen waren.

Aus obiger Klausel in Porsenna's Friedensvertrag lässt sich mit
Sicherheit folgern, dass um das fünfte Jahrhundert das Eisen bereits
das allgemein gebräuchliche Material der Angriffswaffen bei den
Römern war.

Von einer selbständigen Metallurgie kann bei den Römern der
ältesten Zeit, der Zeit der Könige und des Anfangs der Republik nicht
wohl die Rede sein. Roms Umgebung bietet keine Gelegenheit zur
Metallgewinnung. Es ist nicht bekannt, dass in Latium, dessen Boden
vulkanisch ist, Bergbau betrieben wurde. Die einzigen Orte in Latium,

1) Plinius XXXIV, 39, 1.

Italien und die Römer.
Schreiber des Appius Cäcus durch Intriguen zum curulischen Ädil
und gleichzeitig zum Volkstribun erwählt wurde, warf der Adel und
die Ritterschaft die Ringe zu Boden. Der Ring war also ein Adels-
zeichen. Deshalb schickt Hannibal im zweiten punischen Kriege drei
Scheffel Ringe als Zeichen seines Triumphes nach Karthago. Goldringe
waren selbst zur Zeit des Plinius noch ein Luxus der Reichen und die
Sklaven, die früher überhaupt keine Ringe trugen, durften zu keiner Zeit
goldene, sondern nur eiserne tragen, ein Gesetz, welches sie aber durch
Vergoldung der Eisenringe teilweise umgingen. Aus der Wichtigkeit,
die man den eisernen Ringen beilegte, die sogar in verschiedenen
Fällen ein juristisches Instrument waren, geht das hohe Alter der
Eisenringe hervor. Prometheus wurde traditionell mit einem Eisen-
ringe dargestellt.

Einen andern Beweis für den frühen Gebrauch des Eisens bei
den Römern und zwar speziell die Verwendung für Waffen und Geräte
des Ackerbaues geht aus dem bereits angeführten merkwürdigen
Friedensvertrage mit dem Etruskerfürsten Porsenna hervor, der noch
eines der ältesten glaubwürdigsten Dokumente der römischen Ge-
schichte ist. Unter den harten Friedensbedingungen, die Porsenna
507 v. Chr. den Römern auferlegte, war die bemerkenswerteste, daſs
sie sich für die Zukunft des Eisens nur zu Geräten des Ackerbaues
bedienen durften 1). Es ist dies gleichbedeutend mit einem allgemeinen
Waffenverbote und geht daraus mit Bestimmtheit hervor, daſs sich die
Römer in dem Kriege gegen Porsenna bereits eiserner Waffen bedient
hatten. Dieses Verbot hat vielleicht in Verbindung mit der blühenden
Erzindustrie der benachbarten Etrusker und Griechen dazu beigetragen,
daſs man sich in Rom vielfach des Erzes auch zur Bewaffnung bediente,
obgleich die schönen goldglänzenden Bronzeschwerter gewiſs nur Waffen
der Reichen und Vornehmen waren.

Aus obiger Klausel in Porsenna’s Friedensvertrag läſst sich mit
Sicherheit folgern, daſs um das fünfte Jahrhundert das Eisen bereits
das allgemein gebräuchliche Material der Angriffswaffen bei den
Römern war.

Von einer selbständigen Metallurgie kann bei den Römern der
ältesten Zeit, der Zeit der Könige und des Anfangs der Republik nicht
wohl die Rede sein. Roms Umgebung bietet keine Gelegenheit zur
Metallgewinnung. Es ist nicht bekannt, daſs in Latium, dessen Boden
vulkanisch ist, Bergbau betrieben wurde. Die einzigen Orte in Latium,

1) Plinius XXXIV, 39, 1.
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[484/0506] Italien und die Römer. Schreiber des Appius Cäcus durch Intriguen zum curulischen Ädil und gleichzeitig zum Volkstribun erwählt wurde, warf der Adel und die Ritterschaft die Ringe zu Boden. Der Ring war also ein Adels- zeichen. Deshalb schickt Hannibal im zweiten punischen Kriege drei Scheffel Ringe als Zeichen seines Triumphes nach Karthago. Goldringe waren selbst zur Zeit des Plinius noch ein Luxus der Reichen und die Sklaven, die früher überhaupt keine Ringe trugen, durften zu keiner Zeit goldene, sondern nur eiserne tragen, ein Gesetz, welches sie aber durch Vergoldung der Eisenringe teilweise umgingen. Aus der Wichtigkeit, die man den eisernen Ringen beilegte, die sogar in verschiedenen Fällen ein juristisches Instrument waren, geht das hohe Alter der Eisenringe hervor. Prometheus wurde traditionell mit einem Eisen- ringe dargestellt. Einen andern Beweis für den frühen Gebrauch des Eisens bei den Römern und zwar speziell die Verwendung für Waffen und Geräte des Ackerbaues geht aus dem bereits angeführten merkwürdigen Friedensvertrage mit dem Etruskerfürsten Porsenna hervor, der noch eines der ältesten glaubwürdigsten Dokumente der römischen Ge- schichte ist. Unter den harten Friedensbedingungen, die Porsenna 507 v. Chr. den Römern auferlegte, war die bemerkenswerteste, daſs sie sich für die Zukunft des Eisens nur zu Geräten des Ackerbaues bedienen durften 1). Es ist dies gleichbedeutend mit einem allgemeinen Waffenverbote und geht daraus mit Bestimmtheit hervor, daſs sich die Römer in dem Kriege gegen Porsenna bereits eiserner Waffen bedient hatten. Dieses Verbot hat vielleicht in Verbindung mit der blühenden Erzindustrie der benachbarten Etrusker und Griechen dazu beigetragen, daſs man sich in Rom vielfach des Erzes auch zur Bewaffnung bediente, obgleich die schönen goldglänzenden Bronzeschwerter gewiſs nur Waffen der Reichen und Vornehmen waren. Aus obiger Klausel in Porsenna’s Friedensvertrag läſst sich mit Sicherheit folgern, daſs um das fünfte Jahrhundert das Eisen bereits das allgemein gebräuchliche Material der Angriffswaffen bei den Römern war. Von einer selbständigen Metallurgie kann bei den Römern der ältesten Zeit, der Zeit der Könige und des Anfangs der Republik nicht wohl die Rede sein. Roms Umgebung bietet keine Gelegenheit zur Metallgewinnung. Es ist nicht bekannt, daſs in Latium, dessen Boden vulkanisch ist, Bergbau betrieben wurde. Die einzigen Orte in Latium, 1) Plinius XXXIV, 39, 1.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/506>, abgerufen am 20.05.2024.