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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
nachdem die Unbequemlichkeit zur Kalamität geworden war, veranlasst,
in Rom Silberwährung einzuführen, die in Süditalien schon lange
bestand. Die Eroberung Grossgriechenlands gab dazu wohl den
unmittelbaren Anstoss. Die Einheitsmünze wurde der Denar, der im
Werte gleich 10 Asses (zu 85 Pfennigen) war, und 1/72 Pfund wog.
Das Wertverhältnis des Kupfers zum Silber war damals 1/242, während
es später in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung
= 1/280 war 1).

Die römische Goldmünze, der Aureus = 25 Denare, = 100 Se-
sterzen, = 21 Mk. 75 Pfg., wurde erst viel später geprägt und stand
als dies geschah der Wert des Silbers zum Golde wie 1:11,91, während
es zur Zeit der Silberwährung bei uns wie 1:15,5 stand 2).

Die Einführung der Silberwährung fällt in den Wendepunkt der
römischen Geschichte, vier Jahre nach der Kapitulation von Tarent,
durch welche die Römer Herren von ganz Italien geworden waren.
Durch diese Erfolge wurde Rom auch zum Mittelpunkt des Handels von
Italien. Das römische Münzsystem verbreitete sich nicht nur auf der
Halbinsel, sondern über Sardinien, Sicilien, ja bis nach Spanien und
eilte den Römern selbst voraus. Nach Rom flossen immer grössere
Reichtümer. Mit diesen zugleich aber zog ein Handelsgeist in die
Stadt ein, der ihr ganzes Wesen umkehrte. Geldgier und Spekulations-
geist fingen an die Patrizier zu erfüllen, welche früher durch einfache
Mässigkeit sich ausgezeichnet hatten. Die Spekulation wendete sich
zunächst den Bodenfrüchten Italiens, dem Getreidehandel zu. Die
Gewerbe blieben zurück. Die bergbaulichen Anlagen, welche durch
die italienischen Eroberungen an Rom gefallen waren, wurden vernach-
lässigt, obgleich sich der Staat natürlich alsbald in deren Besitz gesetzt
hatte. Keinerlei neue industrielle Unternehmungen wurden anfäng-
lich durch die römischen Kapitalisten ins Leben gerufen. Dagegen
fingen die römischen Patrizier, für welche der Grunderwerb in Italien
sehr erleichtert worden war, eine verderbliche Grossgüterwirtschaft an.
Das Land wurde von Sklaven bebaut und bald begann man auch die Ge-
werbe durch eigene Industriesklaven betreiben zu lassen. Letztere waren
etwas besser gestellt als erstere, doch wurden die Sklaven in Rom durch-
gehends härter und unmenschlicher behandelt als in Griechenland.

Die immer mehr sich ausbreitenden Handelsunternehmungen der
Römer brachte sie in Konflikt mit dem ersten Handelsstaat der da-

1) Als das Äginetische Münzsystem in Griechenland eingeführt wurde, war
das Wertverhältnis von Kupfer zu Silber = 1/263.
2) Die jetzigen Bimetallisten
erstreben gegenwärtig einen Wertsatz von 1/15.

Italien und die Römer.
nachdem die Unbequemlichkeit zur Kalamität geworden war, veranlaſst,
in Rom Silberwährung einzuführen, die in Süditalien schon lange
bestand. Die Eroberung Groſsgriechenlands gab dazu wohl den
unmittelbaren Anstoſs. Die Einheitsmünze wurde der Denar, der im
Werte gleich 10 Asses (zu 85 Pfennigen) war, und 1/72 Pfund wog.
Das Wertverhältnis des Kupfers zum Silber war damals 1/242, während
es später in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung
= 1/280 war 1).

Die römische Goldmünze, der Aureus = 25 Denare, = 100 Se-
sterzen, = 21 Mk. 75 Pfg., wurde erst viel später geprägt und stand
als dies geschah der Wert des Silbers zum Golde wie 1:11,91, während
es zur Zeit der Silberwährung bei uns wie 1:15,5 stand 2).

Die Einführung der Silberwährung fällt in den Wendepunkt der
römischen Geschichte, vier Jahre nach der Kapitulation von Tarent,
durch welche die Römer Herren von ganz Italien geworden waren.
Durch diese Erfolge wurde Rom auch zum Mittelpunkt des Handels von
Italien. Das römische Münzsystem verbreitete sich nicht nur auf der
Halbinsel, sondern über Sardinien, Sicilien, ja bis nach Spanien und
eilte den Römern selbst voraus. Nach Rom flossen immer gröſsere
Reichtümer. Mit diesen zugleich aber zog ein Handelsgeist in die
Stadt ein, der ihr ganzes Wesen umkehrte. Geldgier und Spekulations-
geist fingen an die Patrizier zu erfüllen, welche früher durch einfache
Mäſsigkeit sich ausgezeichnet hatten. Die Spekulation wendete sich
zunächst den Bodenfrüchten Italiens, dem Getreidehandel zu. Die
Gewerbe blieben zurück. Die bergbaulichen Anlagen, welche durch
die italienischen Eroberungen an Rom gefallen waren, wurden vernach-
lässigt, obgleich sich der Staat natürlich alsbald in deren Besitz gesetzt
hatte. Keinerlei neue industrielle Unternehmungen wurden anfäng-
lich durch die römischen Kapitalisten ins Leben gerufen. Dagegen
fingen die römischen Patrizier, für welche der Grunderwerb in Italien
sehr erleichtert worden war, eine verderbliche Groſsgüterwirtschaft an.
Das Land wurde von Sklaven bebaut und bald begann man auch die Ge-
werbe durch eigene Industriesklaven betreiben zu lassen. Letztere waren
etwas besser gestellt als erstere, doch wurden die Sklaven in Rom durch-
gehends härter und unmenschlicher behandelt als in Griechenland.

Die immer mehr sich ausbreitenden Handelsunternehmungen der
Römer brachte sie in Konflikt mit dem ersten Handelsstaat der da-

1) Als das Äginetische Münzsystem in Griechenland eingeführt wurde, war
das Wertverhältnis von Kupfer zu Silber = 1/263.
2) Die jetzigen Bimetallisten
erstreben gegenwärtig einen Wertsatz von 1/15.
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[487/0509] Italien und die Römer. nachdem die Unbequemlichkeit zur Kalamität geworden war, veranlaſst, in Rom Silberwährung einzuführen, die in Süditalien schon lange bestand. Die Eroberung Groſsgriechenlands gab dazu wohl den unmittelbaren Anstoſs. Die Einheitsmünze wurde der Denar, der im Werte gleich 10 Asses (zu 85 Pfennigen) war, und 1/72 Pfund wog. Das Wertverhältnis des Kupfers zum Silber war damals 1/242, während es später in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung = 1/280 war 1). Die römische Goldmünze, der Aureus = 25 Denare, = 100 Se- sterzen, = 21 Mk. 75 Pfg., wurde erst viel später geprägt und stand als dies geschah der Wert des Silbers zum Golde wie 1:11,91, während es zur Zeit der Silberwährung bei uns wie 1:15,5 stand 2). Die Einführung der Silberwährung fällt in den Wendepunkt der römischen Geschichte, vier Jahre nach der Kapitulation von Tarent, durch welche die Römer Herren von ganz Italien geworden waren. Durch diese Erfolge wurde Rom auch zum Mittelpunkt des Handels von Italien. Das römische Münzsystem verbreitete sich nicht nur auf der Halbinsel, sondern über Sardinien, Sicilien, ja bis nach Spanien und eilte den Römern selbst voraus. Nach Rom flossen immer gröſsere Reichtümer. Mit diesen zugleich aber zog ein Handelsgeist in die Stadt ein, der ihr ganzes Wesen umkehrte. Geldgier und Spekulations- geist fingen an die Patrizier zu erfüllen, welche früher durch einfache Mäſsigkeit sich ausgezeichnet hatten. Die Spekulation wendete sich zunächst den Bodenfrüchten Italiens, dem Getreidehandel zu. Die Gewerbe blieben zurück. Die bergbaulichen Anlagen, welche durch die italienischen Eroberungen an Rom gefallen waren, wurden vernach- lässigt, obgleich sich der Staat natürlich alsbald in deren Besitz gesetzt hatte. Keinerlei neue industrielle Unternehmungen wurden anfäng- lich durch die römischen Kapitalisten ins Leben gerufen. Dagegen fingen die römischen Patrizier, für welche der Grunderwerb in Italien sehr erleichtert worden war, eine verderbliche Groſsgüterwirtschaft an. Das Land wurde von Sklaven bebaut und bald begann man auch die Ge- werbe durch eigene Industriesklaven betreiben zu lassen. Letztere waren etwas besser gestellt als erstere, doch wurden die Sklaven in Rom durch- gehends härter und unmenschlicher behandelt als in Griechenland. Die immer mehr sich ausbreitenden Handelsunternehmungen der Römer brachte sie in Konflikt mit dem ersten Handelsstaat der da- 1) Als das Äginetische Münzsystem in Griechenland eingeführt wurde, war das Wertverhältnis von Kupfer zu Silber = 1/263. 2) Die jetzigen Bimetallisten erstreben gegenwärtig einen Wertsatz von 1/15.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/509>, abgerufen am 22.11.2024.