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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
sie sich schon durch die Farbe der Erde verraten; das Verfahren beim
Ausschmelzen der Erze ist dasselbe. In Cappadocien ist nur die Frage,
ob man das Eisen dem Wasser oder der Erde zuschreiben soll, weil
die Erde nur, wenn sie mit einem gewissen Flusswasser begossen wird
und auf keine andere Weise in den Öfen Eisen giebt. Die Ver-
schiedenheit des Eisens ist mannigfach
, die erste beruht auf
der Beschaffenheit der Erdart oder des Himmelsstriches; einige liefern
nur weiches und dem Bleie nahekommendes, andere brüchiges und
erziges, von welchem man zu Rädern und Nägeln, wozu die erste
Art taugt, keinen Gebrauch machen darf, anderes ist durch seine
Kürze nur zu Schuhnägeln angenehm und wieder anderes zieht
schneller Rost
. Alle diese Arten heissen Reckeisen (Streckeisen),
was bei den anderen Metallen nicht der Fall ist, und haben diese Be-
nennung vom Strecken des Stahles erhalten. Auch in den Öfen
ergiebt sich grosse Mannigfaltigkeit
; in einigen wird ein ge-
wisser Kern des Eisens zur Härtung der Schneiden, sowie in anderer
Weise zur Verdichtung der Ambosse und der Hammerbahnen aus-
geschmolzen; der Hauptunterschied aber besteht in dem Wasser, in
welches es, sobald es glühend ist, getaucht wird. Da dieses bald hier
und bald dort brauchbarer ist, so hat das Ansehen des Eisens solche
Orte berühmt gemacht, so Bilbilis und Turiasso in Hispanien und
Comum in Italien, obgleich an diesen Orten keine Eisengruben sind.
Unter allen Arten hat aber das serische den Vorzug; die Serer
schicken dieses mit ihren Gewändern und Pelzen, ihm zunächst steht
das parthische. Auch werden keine anderen Eisenarten aus reinem
Metall bereitet, sondern zu den übrigen mischt man eine weichere
Verbindung. In unserem Weltteile giebt an einigen Orten das
Erz diese Güte
, wie im Norischen, und an anderen die Zuberei-
tung
, wie zu Sulmo und zwar, wie wir gesagt haben, durch das Wasser,
wie denn auch beim Schärfen die Ölschleifsteine und die Wasserschleif-
steine verschieden sind und durch das Öl die Schneide feiner wird.

Merkwürdig ist auch, dass beim Ausschmelzen des
Erzes das Eisen flüssig wird, wie Wasser und dann in
der Form von Schwämmen zerbricht
. Feinere Eisenwaren pflegt
man mit Öl abzulöschen, damit sie durch das Wasser nicht bis zur
Sprödigkeit gehärtet werden. Am Eisen rächt sich das menschliche
Blut, denn jenes zieht, sobald es davon berührt wird, schneller Rost.

XLI. Ferri metalla ubique propemodum reperiuntur,
quippe etiam insula Italiae Ilva gignente, minumaque difficultate

Italien und die Römer.
sie sich schon durch die Farbe der Erde verraten; das Verfahren beim
Ausschmelzen der Erze ist dasſelbe. In Cappadocien ist nur die Frage,
ob man das Eisen dem Wasser oder der Erde zuschreiben soll, weil
die Erde nur, wenn sie mit einem gewissen Fluſswasser begossen wird
und auf keine andere Weise in den Öfen Eisen giebt. Die Ver-
schiedenheit des Eisens ist mannigfach
, die erste beruht auf
der Beschaffenheit der Erdart oder des Himmelsstriches; einige liefern
nur weiches und dem Bleie nahekommendes, andere brüchiges und
erziges, von welchem man zu Rädern und Nägeln, wozu die erste
Art taugt, keinen Gebrauch machen darf, anderes ist durch seine
Kürze nur zu Schuhnägeln angenehm und wieder anderes zieht
schneller Rost
. Alle diese Arten heiſsen Reckeisen (Streckeisen),
was bei den anderen Metallen nicht der Fall ist, und haben diese Be-
nennung vom Strecken des Stahles erhalten. Auch in den Öfen
ergiebt sich groſse Mannigfaltigkeit
; in einigen wird ein ge-
wisser Kern des Eisens zur Härtung der Schneiden, sowie in anderer
Weise zur Verdichtung der Amboſse und der Hammerbahnen aus-
geschmolzen; der Hauptunterschied aber besteht in dem Wasser, in
welches es, sobald es glühend ist, getaucht wird. Da dieses bald hier
und bald dort brauchbarer ist, so hat das Ansehen des Eisens solche
Orte berühmt gemacht, so Bilbilis und Turiasso in Hispanien und
Comum in Italien, obgleich an diesen Orten keine Eisengruben sind.
Unter allen Arten hat aber das serische den Vorzug; die Serer
schicken dieses mit ihren Gewändern und Pelzen, ihm zunächst steht
das parthische. Auch werden keine anderen Eisenarten aus reinem
Metall bereitet, sondern zu den übrigen mischt man eine weichere
Verbindung. In unserem Weltteile giebt an einigen Orten das
Erz diese Güte
, wie im Norischen, und an anderen die Zuberei-
tung
, wie zu Sulmo und zwar, wie wir gesagt haben, durch das Wasser,
wie denn auch beim Schärfen die Ölschleifsteine und die Wasserschleif-
steine verschieden sind und durch das Öl die Schneide feiner wird.

Merkwürdig ist auch, daſs beim Ausschmelzen des
Erzes das Eisen flüssig wird, wie Wasser und dann in
der Form von Schwämmen zerbricht
. Feinere Eisenwaren pflegt
man mit Öl abzulöschen, damit sie durch das Wasser nicht bis zur
Sprödigkeit gehärtet werden. Am Eisen rächt sich das menschliche
Blut, denn jenes zieht, sobald es davon berührt wird, schneller Rost.

XLI. Ferri metalla ubique propemodum reperiuntur,
quippe etiam insula Italiae Ilva gignente, minumaque difficultate

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[503/0525] Italien und die Römer. sie sich schon durch die Farbe der Erde verraten; das Verfahren beim Ausschmelzen der Erze ist dasſelbe. In Cappadocien ist nur die Frage, ob man das Eisen dem Wasser oder der Erde zuschreiben soll, weil die Erde nur, wenn sie mit einem gewissen Fluſswasser begossen wird und auf keine andere Weise in den Öfen Eisen giebt. Die Ver- schiedenheit des Eisens ist mannigfach, die erste beruht auf der Beschaffenheit der Erdart oder des Himmelsstriches; einige liefern nur weiches und dem Bleie nahekommendes, andere brüchiges und erziges, von welchem man zu Rädern und Nägeln, wozu die erste Art taugt, keinen Gebrauch machen darf, anderes ist durch seine Kürze nur zu Schuhnägeln angenehm und wieder anderes zieht schneller Rost. Alle diese Arten heiſsen Reckeisen (Streckeisen), was bei den anderen Metallen nicht der Fall ist, und haben diese Be- nennung vom Strecken des Stahles erhalten. Auch in den Öfen ergiebt sich groſse Mannigfaltigkeit; in einigen wird ein ge- wisser Kern des Eisens zur Härtung der Schneiden, sowie in anderer Weise zur Verdichtung der Amboſse und der Hammerbahnen aus- geschmolzen; der Hauptunterschied aber besteht in dem Wasser, in welches es, sobald es glühend ist, getaucht wird. Da dieses bald hier und bald dort brauchbarer ist, so hat das Ansehen des Eisens solche Orte berühmt gemacht, so Bilbilis und Turiasso in Hispanien und Comum in Italien, obgleich an diesen Orten keine Eisengruben sind. Unter allen Arten hat aber das serische den Vorzug; die Serer schicken dieses mit ihren Gewändern und Pelzen, ihm zunächst steht das parthische. Auch werden keine anderen Eisenarten aus reinem Metall bereitet, sondern zu den übrigen mischt man eine weichere Verbindung. In unserem Weltteile giebt an einigen Orten das Erz diese Güte, wie im Norischen, und an anderen die Zuberei- tung, wie zu Sulmo und zwar, wie wir gesagt haben, durch das Wasser, wie denn auch beim Schärfen die Ölschleifsteine und die Wasserschleif- steine verschieden sind und durch das Öl die Schneide feiner wird. Merkwürdig ist auch, daſs beim Ausschmelzen des Erzes das Eisen flüssig wird, wie Wasser und dann in der Form von Schwämmen zerbricht. Feinere Eisenwaren pflegt man mit Öl abzulöschen, damit sie durch das Wasser nicht bis zur Sprödigkeit gehärtet werden. Am Eisen rächt sich das menschliche Blut, denn jenes zieht, sobald es davon berührt wird, schneller Rost. XLI. Ferri metalla ubique propemodum reperiuntur, quippe etiam insula Italiae Ilva gignente, minumaque difficultate

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/525>, abgerufen am 22.11.2024.