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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
sowie zahlreiche Kollegien von Waffenschmieden und Verarbeitern
norischen Eisens, daneben Zünfte und Innungen von Holzlieferanten
und Kohlenbrennern 1). Doch befanden sich auch in dem eisenreichen
Berglande selbst berühmte Waffenfabriken; genannt werden die Schil-
derer von Acincum, Carnutum und Lauriacum, sowie die berühmte
Fabrik von Kriegsmaschinen zu Sirmium in Pannonien (fabrica scu-
torum ballistorum et armorum Sirmiensis). An allen diesen Plätzen
wurde das vorzügliche norische Eisen verarbeitet, wie denn auch die
Werkzeugschmiede zu Aquileja sich ausschliesslich desselben bedienten.

1200 Stadien nördlich von Aquileja lag im Gebirge das metall-
berühmte Noreja, die Hauptstadt von Noricum. Strabo schreibt: "Sita
est Aquilea extra Venetorum fines, pro limite est fluvius ab alpibus
delapsus qui adversus navigare potest et M. C. C. stadiis ad Noreiam
urbem apud quam Cnejus Carbo inani conatu cum Cimbris conflixit.
Habet is locus auri lavacra et secturas ferri praeclaras."

"Aquileja ist ausser der Venetergrenze an einem, von den Alpen
entsprungenen Grenzfluss gelegen, der stromaufwärts beschifft werden
kann und die Entfernung bis zur Stadt Noreia, bei welcher Cnejus
Carbo mit grosser Anstrengung die Cimbern schlug, beträgt 1200 Sta-
dien. Dieser Ort hat Goldwäschereien und vorzügliche Eisenbergwerke."
Dieses Noreia, von dem Strabo weiter angiebt, dass es 40000 Schritte
von Virunum entfernt liege, befand sich in der Gegend zwischen Frie-
sach und Neumarkt, wo noch jetzt vorzügliche Eisenwerke sich finden,
am Westabhange der Gebirge von St. Leonhard, Lölling, Hüttenberg
und Friesach. Die Eisenstrasse, die schon von Julius Cäsar begonnen,
von Augustus vollendet worden war, ging durch Kärnten und Steyer-
mark bis zur Donau. Sie berührte Hüttenberg, das Candalicae der
Alten, 30000 Schritt von Virunum, von dem das Antoninische Reise-
buch bemerkt, dass sich hier Eisengruben der Taurisker und Noriker
befänden. Dies wird bestätigt durch zahlreiche Funde römischer
Grabsteine, Münzen und Antiken in der Nähe des Hüttenberger Erz-
berges. Von besonderem Interesse ist ein römischer Altarstein, der
bei dem Schloss Hohenstein im obern Glanthal aufgefunden wurde 2)
mit folgender Inschrift:

"Isidi Noreia votum solvit libens merito pro salute Quinti Septuci
Clementis, Conductoris ferri, numini propitio dedicavit et (pro salute)
Titi Claudii Heraclae et Cnei Occii ac Secundi, procuratorum ferri,
Quintus Septucius Valens, procurator ferri", d. h.: "Der Isis von Noreia

1) Linhard, Geschichte von Krain I, 287; 9, 289; Münichsdörfer l. c. p. 4.
2) Jetzt zu Klagenfurth im Besitze des Kärnt. Geschichtsvereins.

Italien und die Römer.
sowie zahlreiche Kollegien von Waffenschmieden und Verarbeitern
norischen Eisens, daneben Zünfte und Innungen von Holzlieferanten
und Kohlenbrennern 1). Doch befanden sich auch in dem eisenreichen
Berglande selbst berühmte Waffenfabriken; genannt werden die Schil-
derer von Acincum, Carnutum und Lauriacum, sowie die berühmte
Fabrik von Kriegsmaschinen zu Sirmium in Pannonien (fabrica scu-
torum ballistorum et armorum Sirmiensis). An allen diesen Plätzen
wurde das vorzügliche norische Eisen verarbeitet, wie denn auch die
Werkzeugschmiede zu Aquileja sich ausschlieſslich desſelben bedienten.

1200 Stadien nördlich von Aquileja lag im Gebirge das metall-
berühmte Noreja, die Hauptstadt von Noricum. Strabo schreibt: „Sita
est Aquilea extra Venetorum fines, pro limite est fluvius ab alpibus
delapsus qui adversus navigare potest et M. C. C. stadiis ad Noreiam
urbem apud quam Cnejus Carbo inani conatu cum Cimbris conflixit.
Habet is locus auri lavacra et secturas ferri praeclaras.“

„Aquileja ist auſser der Venetergrenze an einem, von den Alpen
entsprungenen Grenzfluſs gelegen, der stromaufwärts beschifft werden
kann und die Entfernung bis zur Stadt Noreia, bei welcher Cnejus
Carbo mit groſser Anstrengung die Cimbern schlug, beträgt 1200 Sta-
dien. Dieser Ort hat Goldwäschereien und vorzügliche Eisenbergwerke.“
Dieses Noreia, von dem Strabo weiter angiebt, daſs es 40000 Schritte
von Virunum entfernt liege, befand sich in der Gegend zwischen Frie-
sach und Neumarkt, wo noch jetzt vorzügliche Eisenwerke sich finden,
am Westabhange der Gebirge von St. Leonhard, Lölling, Hüttenberg
und Friesach. Die Eisenstraſse, die schon von Julius Cäsar begonnen,
von Augustus vollendet worden war, ging durch Kärnten und Steyer-
mark bis zur Donau. Sie berührte Hüttenberg, das Candalicae der
Alten, 30000 Schritt von Virunum, von dem das Antoninische Reise-
buch bemerkt, daſs sich hier Eisengruben der Taurisker und Noriker
befänden. Dies wird bestätigt durch zahlreiche Funde römischer
Grabsteine, Münzen und Antiken in der Nähe des Hüttenberger Erz-
berges. Von besonderem Interesse ist ein römischer Altarstein, der
bei dem Schloſs Hohenstein im obern Glanthal aufgefunden wurde 2)
mit folgender Inschrift:

„Isidi Noreia votum solvit libens merito pro salute Quinti Septuci
Clementis, Conductoris ferri, numini propitio dedicavit et (pro salute)
Titi Claudii Heraclae et Cnei Occii ac Secundi, procuratorum ferri,
Quintus Septucius Valens, procurator ferri“, d. h.: „Der Isis von Noreia

1) Linhard, Geschichte von Krain I, 287; 9, 289; Münichsdörfer l. c. p. 4.
2) Jetzt zu Klagenfurth im Besitze des Kärnt. Geschichtsvereins.
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[511/0533] Italien und die Römer. sowie zahlreiche Kollegien von Waffenschmieden und Verarbeitern norischen Eisens, daneben Zünfte und Innungen von Holzlieferanten und Kohlenbrennern 1). Doch befanden sich auch in dem eisenreichen Berglande selbst berühmte Waffenfabriken; genannt werden die Schil- derer von Acincum, Carnutum und Lauriacum, sowie die berühmte Fabrik von Kriegsmaschinen zu Sirmium in Pannonien (fabrica scu- torum ballistorum et armorum Sirmiensis). An allen diesen Plätzen wurde das vorzügliche norische Eisen verarbeitet, wie denn auch die Werkzeugschmiede zu Aquileja sich ausschlieſslich desſelben bedienten. 1200 Stadien nördlich von Aquileja lag im Gebirge das metall- berühmte Noreja, die Hauptstadt von Noricum. Strabo schreibt: „Sita est Aquilea extra Venetorum fines, pro limite est fluvius ab alpibus delapsus qui adversus navigare potest et M. C. C. stadiis ad Noreiam urbem apud quam Cnejus Carbo inani conatu cum Cimbris conflixit. Habet is locus auri lavacra et secturas ferri praeclaras.“ „Aquileja ist auſser der Venetergrenze an einem, von den Alpen entsprungenen Grenzfluſs gelegen, der stromaufwärts beschifft werden kann und die Entfernung bis zur Stadt Noreia, bei welcher Cnejus Carbo mit groſser Anstrengung die Cimbern schlug, beträgt 1200 Sta- dien. Dieser Ort hat Goldwäschereien und vorzügliche Eisenbergwerke.“ Dieses Noreia, von dem Strabo weiter angiebt, daſs es 40000 Schritte von Virunum entfernt liege, befand sich in der Gegend zwischen Frie- sach und Neumarkt, wo noch jetzt vorzügliche Eisenwerke sich finden, am Westabhange der Gebirge von St. Leonhard, Lölling, Hüttenberg und Friesach. Die Eisenstraſse, die schon von Julius Cäsar begonnen, von Augustus vollendet worden war, ging durch Kärnten und Steyer- mark bis zur Donau. Sie berührte Hüttenberg, das Candalicae der Alten, 30000 Schritt von Virunum, von dem das Antoninische Reise- buch bemerkt, daſs sich hier Eisengruben der Taurisker und Noriker befänden. Dies wird bestätigt durch zahlreiche Funde römischer Grabsteine, Münzen und Antiken in der Nähe des Hüttenberger Erz- berges. Von besonderem Interesse ist ein römischer Altarstein, der bei dem Schloſs Hohenstein im obern Glanthal aufgefunden wurde 2) mit folgender Inschrift: „Isidi Noreia votum solvit libens merito pro salute Quinti Septuci Clementis, Conductoris ferri, numini propitio dedicavit et (pro salute) Titi Claudii Heraclae et Cnei Occii ac Secundi, procuratorum ferri, Quintus Septucius Valens, procurator ferri“, d. h.: „Der Isis von Noreia 1) Linhard, Geschichte von Krain I, 287; 9, 289; Münichsdörfer l. c. p. 4. 2) Jetzt zu Klagenfurth im Besitze des Kärnt. Geschichtsvereins.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/533>, abgerufen am 20.05.2024.