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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
hat der Eisenfrohneinnehmer Quintus Septucius Valens das Gelübde
freudig gelöst, für das Heil des Quintus Septucius Clemens, Pächters
der Erzeugnisse der Staatseisengruben und für das Heil der Eisen-
frohneinnehmer Titus Claudius Heracleas, Cneius Occius und Secundus."
Dieser Stein giebt sowohl einen Beleg für den lebhaften Betrieb der
Eisenbergwerke Mittelkärntens zur Römerzeit, als auch für das Ver-
hältnis des römischen Staates zu dem einheimischen Betrieb.

Von dem Betrieb der Eisenwerke im Hüttenberger Erzberg giebt
Münichsdörfer 1) folgende Schilderung:

"Die erste Gewinnung der Eisenerze hat sich wahrscheinlich auf
die Ausbisse des Haupterzberges bei den heutigen Lehen Watsch,
Schratzer, Jangen, Scharfenstein, Ungerschaft erstreckt. An diesen
Orten trifft man die Spuren der ersten Baue, Schrämfahrten, Tagbingen,
alte verfallene thonlägige und saigere Schächte, mächtige Berg- und
Erzhalden von Braunerzen, welche die Alten als unbrauchbar auf
Halden stürzten, während sie nur den milden Blauerzen nachgingen.

Die vielen senkrechten und thonlägigen Schachtbaue sind ähn-
lich noch vorhandenen und nachgewiesenen Römerbauten, wie z. B. in
Siebenbürgen. Alle Halden sind, sowie die Gegend des ursprünglichen
Betriebes, mit Dammerde und Wald bedeckt und kein Zweifel, dass
seiner Zeit noch manche Antiken ausfindig gemacht werden können.

Man verfolgte vorerst nur die Ausbisse, suchte neue auf, erreichte mit
diesem Suchen alle Abdachungen der Eisenwurze, verschaffte sich bald
die Überzeugung, dass an jeder derselben Eisenerze lagern; und es
entstand die Bearbeitung des Erzberges an drei Seiten und infolge-
dessen die Bezeichnung ,Eisenwurze von Mosing, Hüttenberg und
Lölling'. Diese Erzausbisse wurden nach dem Verflächen in die Teufe
verfolgt, mit Schlegel, Eisen und eisernen Keilen enge kaum schlief-
bare Fährten im tauben Gestein, im Erze aber grössere Räume, Zechen
(mit dem Lokalausdrucke Boden bezeichnet) planlos und nach Willkür
ohne an Grenzen gebunden zu sein ausgearbeitet, das gewonnene
Eisenerz sodann in Körben auf dem Rücken zur Schmelzstätte getragen.

Nicht allein bei den unmittelbar um den Erzberg gelegenen, sondern
auch bei entfernteren Bauerngehöften an den Bergen in den jetzigen
Gemeinden Lölling, Hüttenberg, St. Johann, St. Martin u. s. w., sogar
in den Waldungen meist bei Kohlstätten werden Eisenschlackenhügel,
in grosser Zahl zerstreut, und in mächtiger Ausdehnung mit einer
2 bis 5 Fuss hohen Dammerdeschicht bedeckt, gefunden. Sie sind be-
redte Zeugen des Schmelzbetriebes der Vorzeit und ein erneuter Beweis
2)

1) L. c. p. 10 etc.
2) Münichsdörfer. Der Hüttenberger Erzberg. S. 10 etc.

Italien und die Römer.
hat der Eisenfrohneinnehmer Quintus Septucius Valens das Gelübde
freudig gelöst, für das Heil des Quintus Septucius Clemens, Pächters
der Erzeugnisse der Staatseisengruben und für das Heil der Eisen-
frohneinnehmer Titus Claudius Heracleas, Cneius Occius und Secundus.“
Dieser Stein giebt sowohl einen Beleg für den lebhaften Betrieb der
Eisenbergwerke Mittelkärntens zur Römerzeit, als auch für das Ver-
hältnis des römischen Staates zu dem einheimischen Betrieb.

Von dem Betrieb der Eisenwerke im Hüttenberger Erzberg giebt
Münichsdörfer 1) folgende Schilderung:

„Die erste Gewinnung der Eisenerze hat sich wahrscheinlich auf
die Ausbisse des Haupterzberges bei den heutigen Lehen Watsch,
Schratzer, Jangen, Scharfenstein, Ungerschaft erstreckt. An diesen
Orten trifft man die Spuren der ersten Baue, Schrämfahrten, Tagbingen,
alte verfallene thonlägige und saigere Schächte, mächtige Berg- und
Erzhalden von Braunerzen, welche die Alten als unbrauchbar auf
Halden stürzten, während sie nur den milden Blauerzen nachgingen.

Die vielen senkrechten und thonlägigen Schachtbaue sind ähn-
lich noch vorhandenen und nachgewiesenen Römerbauten, wie z. B. in
Siebenbürgen. Alle Halden sind, sowie die Gegend des ursprünglichen
Betriebes, mit Dammerde und Wald bedeckt und kein Zweifel, daſs
seiner Zeit noch manche Antiken ausfindig gemacht werden können.

Man verfolgte vorerst nur die Ausbisse, suchte neue auf, erreichte mit
diesem Suchen alle Abdachungen der Eisenwurze, verschaffte sich bald
die Überzeugung, daſs an jeder derselben Eisenerze lagern; und es
entstand die Bearbeitung des Erzberges an drei Seiten und infolge-
dessen die Bezeichnung ‚Eisenwurze von Mosing, Hüttenberg und
Lölling‘. Diese Erzausbisse wurden nach dem Verflächen in die Teufe
verfolgt, mit Schlegel, Eisen und eisernen Keilen enge kaum schlief-
bare Fährten im tauben Gestein, im Erze aber gröſsere Räume, Zechen
(mit dem Lokalausdrucke Boden bezeichnet) planlos und nach Willkür
ohne an Grenzen gebunden zu sein ausgearbeitet, das gewonnene
Eisenerz sodann in Körben auf dem Rücken zur Schmelzstätte getragen.

Nicht allein bei den unmittelbar um den Erzberg gelegenen, sondern
auch bei entfernteren Bauerngehöften an den Bergen in den jetzigen
Gemeinden Lölling, Hüttenberg, St. Johann, St. Martin u. s. w., sogar
in den Waldungen meist bei Kohlstätten werden Eisenschlackenhügel,
in groſser Zahl zerstreut, und in mächtiger Ausdehnung mit einer
2 bis 5 Fuſs hohen Dammerdeschicht bedeckt, gefunden. Sie sind be-
redte Zeugen des Schmelzbetriebes der Vorzeit und ein erneuter Beweis
2)

1) L. c. p. 10 etc.
2) Münichsdörfer. Der Hüttenberger Erzberg. S. 10 etc.
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[512/0534] Italien und die Römer. hat der Eisenfrohneinnehmer Quintus Septucius Valens das Gelübde freudig gelöst, für das Heil des Quintus Septucius Clemens, Pächters der Erzeugnisse der Staatseisengruben und für das Heil der Eisen- frohneinnehmer Titus Claudius Heracleas, Cneius Occius und Secundus.“ Dieser Stein giebt sowohl einen Beleg für den lebhaften Betrieb der Eisenbergwerke Mittelkärntens zur Römerzeit, als auch für das Ver- hältnis des römischen Staates zu dem einheimischen Betrieb. Von dem Betrieb der Eisenwerke im Hüttenberger Erzberg giebt Münichsdörfer 1) folgende Schilderung: „Die erste Gewinnung der Eisenerze hat sich wahrscheinlich auf die Ausbisse des Haupterzberges bei den heutigen Lehen Watsch, Schratzer, Jangen, Scharfenstein, Ungerschaft erstreckt. An diesen Orten trifft man die Spuren der ersten Baue, Schrämfahrten, Tagbingen, alte verfallene thonlägige und saigere Schächte, mächtige Berg- und Erzhalden von Braunerzen, welche die Alten als unbrauchbar auf Halden stürzten, während sie nur den milden Blauerzen nachgingen. Die vielen senkrechten und thonlägigen Schachtbaue sind ähn- lich noch vorhandenen und nachgewiesenen Römerbauten, wie z. B. in Siebenbürgen. Alle Halden sind, sowie die Gegend des ursprünglichen Betriebes, mit Dammerde und Wald bedeckt und kein Zweifel, daſs seiner Zeit noch manche Antiken ausfindig gemacht werden können. Man verfolgte vorerst nur die Ausbisse, suchte neue auf, erreichte mit diesem Suchen alle Abdachungen der Eisenwurze, verschaffte sich bald die Überzeugung, daſs an jeder derselben Eisenerze lagern; und es entstand die Bearbeitung des Erzberges an drei Seiten und infolge- dessen die Bezeichnung ‚Eisenwurze von Mosing, Hüttenberg und Lölling‘. Diese Erzausbisse wurden nach dem Verflächen in die Teufe verfolgt, mit Schlegel, Eisen und eisernen Keilen enge kaum schlief- bare Fährten im tauben Gestein, im Erze aber gröſsere Räume, Zechen (mit dem Lokalausdrucke Boden bezeichnet) planlos und nach Willkür ohne an Grenzen gebunden zu sein ausgearbeitet, das gewonnene Eisenerz sodann in Körben auf dem Rücken zur Schmelzstätte getragen. Nicht allein bei den unmittelbar um den Erzberg gelegenen, sondern auch bei entfernteren Bauerngehöften an den Bergen in den jetzigen Gemeinden Lölling, Hüttenberg, St. Johann, St. Martin u. s. w., sogar in den Waldungen meist bei Kohlstätten werden Eisenschlackenhügel, in groſser Zahl zerstreut, und in mächtiger Ausdehnung mit einer 2 bis 5 Fuſs hohen Dammerdeschicht bedeckt, gefunden. Sie sind be- redte Zeugen des Schmelzbetriebes der Vorzeit und ein erneuter Beweis 2) 1) L. c. p. 10 etc. 2) Münichsdörfer. Der Hüttenberger Erzberg. S. 10 etc.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/534>, abgerufen am 20.05.2024.