gefundene Nägel und ein kleines Hufeisen, das sich ein weidendes Pferd hier ausgetreten haben mag, fanden sich, hingegen keinerlei Gefäss- scherben, sondern nur ein fingerlanger, aus Thon vor dem Brennen geschnitzter, ungebrochener, aber unbekannter Gegenstand.
Als römisch ist diese Anlage trotz der Nähe des Pfahlgrabens und des Kastells nicht anzusehen, wohl aber als die geschützte Wohnstätte der Waldschmiede mit ihren Angehörigen unter römischem Schutz. Ein solcher Schutz mochte bei der Nähe des Kastells, das in kriegerischen Zeiten vom Feinde umschwärmt und beunruhigt wurde, und auch später noch nach Brechung der Römermacht nützlich gewesen sein. Bei dauern- der Gefahr werden die Schmiede, die es aus Geschäftsinteresse mit den Römern hielten, sich mit ihrer Habe wohl in den Schutz des Pfahlgrabens begeben haben. Gerade der Umstand, dass die Schmiede ihre Erze aus dem Weilthal holten, spricht dafür, dass es Deutsche waren, die in fried- lichen Zeiten nach ihrer Weise ihrem Gewerbe nachgingen. Auch der Umstand, dass keinerlei Wertgegenstände durch die Ausgrabungen zu Tag gefördert worden sind, unterstützt die Annahme, dass die Wald- schmiede zuletzt nicht überrumpelt wurden, sondern mit Hab und Gut abgezogen sind.
Die Eisenblöcke von der Salburg sind in Form und Grösse einzig in ihrer Art und beweisen einen umfangreichen Betrieb. Um Stücke von solcher Grösse herzustellen, müssen mehrere Öfen gleichzeitig im Gang und eine grössere Anzahl von Arbeitern zur Hand gewesen sein, um immer Stück um Stück an den grossen Block anzuschweissen. Es ist anzunehmen, dass diese Blöcke, die zunächst als Ambosse dienen sollten, schon ihrer 242 kg betragenden Schwere wegen an Ort und Stelle blieben, während die zweispitzigen, 50 cm langen und 5 cm dicken Rohluppen fortgebracht oder verarbeitet worden sind.
So werfen die Ausgrabungen am Dreimühlenborn, wenn sie auch in ihrem unmittelbaren Ergebnis nicht reichhaltig sind, doch ein Licht auf eine sehr entfernte Periode unserer einheimischen Eisenindustrie, auf das Verhältnis deutscher Waldschmiede zu den Römern, und geben uns, wenn auch keine bestimmte Jahreszahl, doch etwa das zweite Jahr- hundert an, als die Zeit in der diese Industrie hier schon blühte.
Wir haben bei der Untersuchung der Schmelzstätte an der Salburg den Versuch gemacht, einen Eisenschmelzofen jener Zeit zu rekon- struieren. Einen Anhalt hierfür geben nicht allein die spärlichen, am Dreimühlenborn ausgegrabenen Reste, sondern die Aufdeckung ähn- licher Öfen in verschiedenen Gegenden des römischen Gebietes.
In den wallonischen Alpen hat man eine Anzahl solcher Eisen-
Italien und die Römer.
gefundene Nägel und ein kleines Hufeisen, das sich ein weidendes Pferd hier ausgetreten haben mag, fanden sich, hingegen keinerlei Gefäſs- scherben, sondern nur ein fingerlanger, aus Thon vor dem Brennen geschnitzter, ungebrochener, aber unbekannter Gegenstand.
Als römisch ist diese Anlage trotz der Nähe des Pfahlgrabens und des Kastells nicht anzusehen, wohl aber als die geschützte Wohnstätte der Waldschmiede mit ihren Angehörigen unter römischem Schutz. Ein solcher Schutz mochte bei der Nähe des Kastells, das in kriegerischen Zeiten vom Feinde umschwärmt und beunruhigt wurde, und auch später noch nach Brechung der Römermacht nützlich gewesen sein. Bei dauern- der Gefahr werden die Schmiede, die es aus Geschäftsinteresse mit den Römern hielten, sich mit ihrer Habe wohl in den Schutz des Pfahlgrabens begeben haben. Gerade der Umstand, daſs die Schmiede ihre Erze aus dem Weilthal holten, spricht dafür, daſs es Deutsche waren, die in fried- lichen Zeiten nach ihrer Weise ihrem Gewerbe nachgingen. Auch der Umstand, daſs keinerlei Wertgegenstände durch die Ausgrabungen zu Tag gefördert worden sind, unterstützt die Annahme, daſs die Wald- schmiede zuletzt nicht überrumpelt wurden, sondern mit Hab und Gut abgezogen sind.
Die Eisenblöcke von der Salburg sind in Form und Gröſse einzig in ihrer Art und beweisen einen umfangreichen Betrieb. Um Stücke von solcher Gröſse herzustellen, müssen mehrere Öfen gleichzeitig im Gang und eine gröſsere Anzahl von Arbeitern zur Hand gewesen sein, um immer Stück um Stück an den groſsen Block anzuschweiſsen. Es ist anzunehmen, daſs diese Blöcke, die zunächst als Amboſse dienen sollten, schon ihrer 242 kg betragenden Schwere wegen an Ort und Stelle blieben, während die zweispitzigen, 50 cm langen und 5 cm dicken Rohluppen fortgebracht oder verarbeitet worden sind.
So werfen die Ausgrabungen am Dreimühlenborn, wenn sie auch in ihrem unmittelbaren Ergebnis nicht reichhaltig sind, doch ein Licht auf eine sehr entfernte Periode unserer einheimischen Eisenindustrie, auf das Verhältnis deutscher Waldschmiede zu den Römern, und geben uns, wenn auch keine bestimmte Jahreszahl, doch etwa das zweite Jahr- hundert an, als die Zeit in der diese Industrie hier schon blühte.
Wir haben bei der Untersuchung der Schmelzstätte an der Salburg den Versuch gemacht, einen Eisenschmelzofen jener Zeit zu rekon- struieren. Einen Anhalt hierfür geben nicht allein die spärlichen, am Dreimühlenborn ausgegrabenen Reste, sondern die Aufdeckung ähn- licher Öfen in verschiedenen Gegenden des römischen Gebietes.
In den wallonischen Alpen hat man eine Anzahl solcher Eisen-
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[530/0552]
Italien und die Römer.
gefundene Nägel und ein kleines Hufeisen, das sich ein weidendes Pferd
hier ausgetreten haben mag, fanden sich, hingegen keinerlei Gefäſs-
scherben, sondern nur ein fingerlanger, aus Thon vor dem Brennen
geschnitzter, ungebrochener, aber unbekannter Gegenstand.
Als römisch ist diese Anlage trotz der Nähe des Pfahlgrabens und
des Kastells nicht anzusehen, wohl aber als die geschützte Wohnstätte
der Waldschmiede mit ihren Angehörigen unter römischem Schutz. Ein
solcher Schutz mochte bei der Nähe des Kastells, das in kriegerischen
Zeiten vom Feinde umschwärmt und beunruhigt wurde, und auch später
noch nach Brechung der Römermacht nützlich gewesen sein. Bei dauern-
der Gefahr werden die Schmiede, die es aus Geschäftsinteresse mit den
Römern hielten, sich mit ihrer Habe wohl in den Schutz des Pfahlgrabens
begeben haben. Gerade der Umstand, daſs die Schmiede ihre Erze aus
dem Weilthal holten, spricht dafür, daſs es Deutsche waren, die in fried-
lichen Zeiten nach ihrer Weise ihrem Gewerbe nachgingen. Auch der
Umstand, daſs keinerlei Wertgegenstände durch die Ausgrabungen zu
Tag gefördert worden sind, unterstützt die Annahme, daſs die Wald-
schmiede zuletzt nicht überrumpelt wurden, sondern mit Hab und
Gut abgezogen sind.
Die Eisenblöcke von der Salburg sind in Form und Gröſse einzig
in ihrer Art und beweisen einen umfangreichen Betrieb. Um Stücke
von solcher Gröſse herzustellen, müssen mehrere Öfen gleichzeitig im
Gang und eine gröſsere Anzahl von Arbeitern zur Hand gewesen sein,
um immer Stück um Stück an den groſsen Block anzuschweiſsen. Es
ist anzunehmen, daſs diese Blöcke, die zunächst als Amboſse dienen
sollten, schon ihrer 242 kg betragenden Schwere wegen an Ort und
Stelle blieben, während die zweispitzigen, 50 cm langen und 5 cm
dicken Rohluppen fortgebracht oder verarbeitet worden sind.
So werfen die Ausgrabungen am Dreimühlenborn, wenn sie auch
in ihrem unmittelbaren Ergebnis nicht reichhaltig sind, doch ein Licht
auf eine sehr entfernte Periode unserer einheimischen Eisenindustrie,
auf das Verhältnis deutscher Waldschmiede zu den Römern, und geben
uns, wenn auch keine bestimmte Jahreszahl, doch etwa das zweite Jahr-
hundert an, als die Zeit in der diese Industrie hier schon blühte.
Wir haben bei der Untersuchung der Schmelzstätte an der Salburg
den Versuch gemacht, einen Eisenschmelzofen jener Zeit zu rekon-
struieren. Einen Anhalt hierfür geben nicht allein die spärlichen, am
Dreimühlenborn ausgegrabenen Reste, sondern die Aufdeckung ähn-
licher Öfen in verschiedenen Gegenden des römischen Gebietes.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/552>, abgerufen am 22.11.2024.
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