Das zweite silberne Geschlecht war weder an Geist noch an Kraft dem vorhergegangenen gleich. Es erreichte nicht ein gleich hohes Alter. "Denn sie enthielten sich nicht des Unrechtes und huldigten nicht den Unsterblichen. -- Doch war es noch von Ehre begleitet."
"Jetzt schuf Vater Kronion ein drittes, ehernes, wildes, eichen- starkes Geschlecht von verschieden redenden Menschen, ganz unähnlich dem silbernen." --
"Sie erfreuten sich an Ares kläglichem Werke und lebten nicht von der Feldfrucht."
"Eherne Wohnungen fertigten sie, nebst ehernen Waffen 1), sich aus Erz, denn sie kannten noch nicht das schwärzliche Eisen."
Diese mordeten sich mit eigener Hand und stiegen Ungeehrt in die räumige Wohnung des grausen Aides.
Neu scheint das vierte Zeitalter, das Zeitalter der Heroen, von dem Dichter aus theologischen Gründen eingeschoben zu sein, um die Stammhelden des Vaterlandes nicht zu dem gewaltthätigen ehernen, noch zu dem missgünstigen eisernen Geschlecht zählen zu müssen. Der Dichter lässt die Menschen dieser Periode zwar aus dem ehernen Ge- schlecht entspringen, aber sie waren weit gerechter als dieses und man nannte sie "Halbgötter".
Diesem folgt endlich das Geschlecht der Gegenwart, das fünfte Weltalter und der Dichter beginnt mit kräftigem Ausruf:
Wehe mir im fünften Geschlecht der Menschen Ersprossnen! Wär' ich doch früher gestorben oder später geboren! Dieses Geschlecht ist eisern! Nicht bei Tage, bei Nacht nicht Ruh'n die Verworfenen aus von ihren Beschwerden und Mühen, Denn die drückendsten Sorgen entsendeten ihnen die Götter. Doch ein Gutes wird sich mit diesen Übeln verbinden: Zeus vertilget, wenn ihm um die Schläfen die Locken ergraut sind, Endlich auch dieses Geschlecht der verschieden redenden Menschen.
Zwei ganz verschiedene Elemente, ein philosophisches und ein historisches, sind in der Sage von den Weltaltern verwebt. Das philo- sophische wurzelt in dem der Menschennatur innewohnenden Bedürfnis, Zukunft und Vergangenheit schöner zu sehen als die Gegenwart, ein beglückendes Sehnen der Seele, das sie über sich selbst und die mate-
1) Tois den khalkea men teukhea, khalkeoi de te oikoi Khalko dergazonto, melas douk eske sideros.
Einleitung.
Das zweite silberne Geschlecht war weder an Geist noch an Kraft dem vorhergegangenen gleich. Es erreichte nicht ein gleich hohes Alter. „Denn sie enthielten sich nicht des Unrechtes und huldigten nicht den Unsterblichen. — Doch war es noch von Ehre begleitet.“
„Jetzt schuf Vater Kronion ein drittes, ehernes, wildes, eichen- starkes Geschlecht von verschieden redenden Menschen, ganz unähnlich dem silbernen.“ —
„Sie erfreuten sich an Ares kläglichem Werke und lebten nicht von der Feldfrucht.“
„Eherne Wohnungen fertigten sie, nebst ehernen Waffen 1), sich aus Erz, denn sie kannten noch nicht das schwärzliche Eisen.“
Diese mordeten sich mit eigener Hand und stiegen Ungeehrt in die räumige Wohnung des grausen Aides.
Neu scheint das vierte Zeitalter, das Zeitalter der Heroen, von dem Dichter aus theologischen Gründen eingeschoben zu sein, um die Stammhelden des Vaterlandes nicht zu dem gewaltthätigen ehernen, noch zu dem miſsgünstigen eisernen Geschlecht zählen zu müssen. Der Dichter läſst die Menschen dieser Periode zwar aus dem ehernen Ge- schlecht entspringen, aber sie waren weit gerechter als dieses und man nannte sie „Halbgötter“.
Diesem folgt endlich das Geschlecht der Gegenwart, das fünfte Weltalter und der Dichter beginnt mit kräftigem Ausruf:
Wehe mir im fünften Geschlecht der Menschen Ersproſsnen! Wär’ ich doch früher gestorben oder später geboren! Dieses Geschlecht ist eisern! Nicht bei Tage, bei Nacht nicht Ruh’n die Verworfenen aus von ihren Beschwerden und Mühen, Denn die drückendsten Sorgen entsendeten ihnen die Götter. Doch ein Gutes wird sich mit diesen Übeln verbinden: Zeus vertilget, wenn ihm um die Schläfen die Locken ergraut sind, Endlich auch dieses Geschlecht der verschieden redenden Menschen.
Zwei ganz verschiedene Elemente, ein philosophisches und ein historisches, sind in der Sage von den Weltaltern verwebt. Das philo- sophische wurzelt in dem der Menschennatur innewohnenden Bedürfnis, Zukunft und Vergangenheit schöner zu sehen als die Gegenwart, ein beglückendes Sehnen der Seele, das sie über sich selbst und die mate-
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Einleitung.
Das zweite silberne Geschlecht war weder an Geist noch an
Kraft dem vorhergegangenen gleich. Es erreichte nicht ein gleich hohes
Alter. „Denn sie enthielten sich nicht des Unrechtes und huldigten
nicht den Unsterblichen. — Doch war es noch von Ehre begleitet.“
„Jetzt schuf Vater Kronion ein drittes, ehernes, wildes, eichen-
starkes Geschlecht von verschieden redenden Menschen, ganz unähnlich
dem silbernen.“ —
„Sie erfreuten sich an Ares kläglichem Werke und lebten nicht
von der Feldfrucht.“
„Eherne Wohnungen fertigten sie, nebst ehernen Waffen 1), sich
aus Erz, denn sie kannten noch nicht das schwärzliche
Eisen.“
Diese mordeten sich mit eigener Hand und stiegen
Ungeehrt in die räumige Wohnung des grausen Aides.
Neu scheint das vierte Zeitalter, das Zeitalter der Heroen, von
dem Dichter aus theologischen Gründen eingeschoben zu sein, um die
Stammhelden des Vaterlandes nicht zu dem gewaltthätigen ehernen,
noch zu dem miſsgünstigen eisernen Geschlecht zählen zu müssen. Der
Dichter läſst die Menschen dieser Periode zwar aus dem ehernen Ge-
schlecht entspringen, aber sie waren weit gerechter als dieses und man
nannte sie „Halbgötter“.
Diesem folgt endlich das Geschlecht der Gegenwart, das fünfte
Weltalter und der Dichter beginnt mit kräftigem Ausruf:
Wehe mir im fünften Geschlecht der Menschen Ersproſsnen!
Wär’ ich doch früher gestorben oder später geboren!
Dieses Geschlecht ist eisern! Nicht bei Tage, bei Nacht nicht
Ruh’n die Verworfenen aus von ihren Beschwerden und Mühen,
Denn die drückendsten Sorgen entsendeten ihnen die Götter.
Doch ein Gutes wird sich mit diesen Übeln verbinden:
Zeus vertilget, wenn ihm um die Schläfen die Locken ergraut sind,
Endlich auch dieses Geschlecht der verschieden redenden Menschen.
Zwei ganz verschiedene Elemente, ein philosophisches und ein
historisches, sind in der Sage von den Weltaltern verwebt. Das philo-
sophische wurzelt in dem der Menschennatur innewohnenden Bedürfnis,
Zukunft und Vergangenheit schöner zu sehen als die Gegenwart, ein
beglückendes Sehnen der Seele, das sie über sich selbst und die mate-
1) Τοῖς δἦν χάλκεα μὲν τευχεα, χάλκεοι δε τε ὄικοι
Χαλκῷ δ̕ἐργαζοντο, μελας δὀυκ ἔσκε σίδηρος.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/59>, abgerufen am 23.11.2024.
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