ist zweifellos, dass das Eisen hier verarbeitet wurde, wie die gefun- denen Eisenschlacken, Ambosse, Hämmer, Zangen und halbfertig ge- schmiedete Gegenstände, wie Fibeln, Messer, Pfeilspitzen, Sicheln, Sporen u. s. w. beweisen. Man schreibt die Stadt den alten Bojern (Boihaemi, Tacit. Germ. c. 28) zu 1).
Bis jetzt hat man diesen Resten alten Eisenschmelzbetriebes, die sich auch in Mitteldeutschland überall finden, viel zu wenig Auf- merksamkeit geschenkt. Systematische Aufnahmen und Untersuchun- gen würden gewiss mancherlei Aufschlüsse gewähren. Es ist schon ein grosser Fortschritt, dass auf Anregung des Verfassers die preussi- schen Bergbeamten von der oberen Behörde angewiesen worden sind, alle die ihnen bekannten Funde dieser Art in die Revierkarten wenig- stens bei Neuaufnahmen einzuzeichnen. Die geographische Verteilung dieser alten Waldschmieden bietet schon für sich ein grosses Interesse dar und wird zu manchen Schlussfolgerungen führen.
In der norddeutschen Ebene und in Holland hat man diesen alten Schlackenhalden verhältnismässig grössere Aufmerksamkeit zugewendet. Es liegt dies wohl am meisten daran, dass diese Reste alter Eisen- schmelzen den Einwohnern mehr auffielen, weil jetzt in diesen Gegenden gar keine Eisengewinnung aus den einheimischen Erzen mehr betrieben wird.
Über prähistorische Eisenschlacken in der Provinz Hannover hat Hostmann kürzlich eine Arbeit veröffentlicht 2). Er hebt hervor, dass in der ganzen Provinz Hannover keine anderen prähistorischen Schlacken nachzuweisen seien, als Eisenschlacken. Kupfer- und Silber- schlacken fehlen gänzlich, also lässt sich auch nicht annehmen, dass diese Metalle im Lande verschmolzen wurden, was auch mit dem Zeug- nisse des Tacitus über die technischen Kenntnisse der alten Germanen übereinstimmt. Eisenschlacken finden sich dagegen an vielen Orten, Hostmann schreibt:
"Ich will hier nicht von den zahllosen Schlackenhalden reden, mit denen noch bis vor kürzester Zeit die weite Niederung des sogenannten Witzenbruchs fast ganz überdeckt war, oder von ähnlichen Halden in der Gegend von Osterode, in der Eilenriede, bei Hänigsen und anderen Orten; denn diese "Waldschmieden" gehören der historischen Zeit an und dürften, wenn auch vereinzelt ein Steinhammer oder schlecht gebrannte Thonware zwischen den Halden gefunden wurde, schwerlich
1) Korrespondenzblatt d. deutsch. Ges. f. Anthropologie 1878, Nr. 4 u. Gurlt, Eisen- u. Stahlbereitung bei den Römern S. 20.
2) Die ältesten Eisenschlacken in der Provinz Hannover, von Christian Hostmann in Celle, 1880.
Einleitung zum Mittelalter.
ist zweifellos, daſs das Eisen hier verarbeitet wurde, wie die gefun- denen Eisenschlacken, Amboſse, Hämmer, Zangen und halbfertig ge- schmiedete Gegenstände, wie Fibeln, Messer, Pfeilspitzen, Sicheln, Sporen u. s. w. beweisen. Man schreibt die Stadt den alten Bojern (Boihaemi, Tacit. Germ. c. 28) zu 1).
Bis jetzt hat man diesen Resten alten Eisenschmelzbetriebes, die sich auch in Mitteldeutschland überall finden, viel zu wenig Auf- merksamkeit geschenkt. Systematische Aufnahmen und Untersuchun- gen würden gewiſs mancherlei Aufschlüsse gewähren. Es ist schon ein groſser Fortschritt, daſs auf Anregung des Verfassers die preuſsi- schen Bergbeamten von der oberen Behörde angewiesen worden sind, alle die ihnen bekannten Funde dieser Art in die Revierkarten wenig- stens bei Neuaufnahmen einzuzeichnen. Die geographische Verteilung dieser alten Waldschmieden bietet schon für sich ein groſses Interesse dar und wird zu manchen Schluſsfolgerungen führen.
In der norddeutschen Ebene und in Holland hat man diesen alten Schlackenhalden verhältnismäſsig gröſsere Aufmerksamkeit zugewendet. Es liegt dies wohl am meisten daran, daſs diese Reste alter Eisen- schmelzen den Einwohnern mehr auffielen, weil jetzt in diesen Gegenden gar keine Eisengewinnung aus den einheimischen Erzen mehr betrieben wird.
Über prähistorische Eisenschlacken in der Provinz Hannover hat Hostmann kürzlich eine Arbeit veröffentlicht 2). Er hebt hervor, daſs in der ganzen Provinz Hannover keine anderen prähistorischen Schlacken nachzuweisen seien, als Eisenschlacken. Kupfer- und Silber- schlacken fehlen gänzlich, also läſst sich auch nicht annehmen, daſs diese Metalle im Lande verschmolzen wurden, was auch mit dem Zeug- nisse des Tacitus über die technischen Kenntnisse der alten Germanen übereinstimmt. Eisenschlacken finden sich dagegen an vielen Orten, Hostmann schreibt:
„Ich will hier nicht von den zahllosen Schlackenhalden reden, mit denen noch bis vor kürzester Zeit die weite Niederung des sogenannten Witzenbruchs fast ganz überdeckt war, oder von ähnlichen Halden in der Gegend von Osterode, in der Eilenriede, bei Hänigsen und anderen Orten; denn diese „Waldschmieden“ gehören der historischen Zeit an und dürften, wenn auch vereinzelt ein Steinhammer oder schlecht gebrannte Thonware zwischen den Halden gefunden wurde, schwerlich
1) Korrespondenzblatt d. deutsch. Ges. f. Anthropologie 1878, Nr. 4 u. Gurlt, Eisen- u. Stahlbereitung bei den Römern S. 20.
2) Die ältesten Eisenschlacken in der Provinz Hannover, von Christian Hostmann in Celle, 1880.
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Einleitung zum Mittelalter.
ist zweifellos, daſs das Eisen hier verarbeitet wurde, wie die gefun-
denen Eisenschlacken, Amboſse, Hämmer, Zangen und halbfertig ge-
schmiedete Gegenstände, wie Fibeln, Messer, Pfeilspitzen, Sicheln,
Sporen u. s. w. beweisen. Man schreibt die Stadt den alten Bojern
(Boihaemi, Tacit. Germ. c. 28) zu 1).
Bis jetzt hat man diesen Resten alten Eisenschmelzbetriebes, die
sich auch in Mitteldeutschland überall finden, viel zu wenig Auf-
merksamkeit geschenkt. Systematische Aufnahmen und Untersuchun-
gen würden gewiſs mancherlei Aufschlüsse gewähren. Es ist schon
ein groſser Fortschritt, daſs auf Anregung des Verfassers die preuſsi-
schen Bergbeamten von der oberen Behörde angewiesen worden sind,
alle die ihnen bekannten Funde dieser Art in die Revierkarten wenig-
stens bei Neuaufnahmen einzuzeichnen. Die geographische Verteilung
dieser alten Waldschmieden bietet schon für sich ein groſses Interesse
dar und wird zu manchen Schluſsfolgerungen führen.
In der norddeutschen Ebene und in Holland hat man diesen alten
Schlackenhalden verhältnismäſsig gröſsere Aufmerksamkeit zugewendet.
Es liegt dies wohl am meisten daran, daſs diese Reste alter Eisen-
schmelzen den Einwohnern mehr auffielen, weil jetzt in diesen
Gegenden gar keine Eisengewinnung aus den einheimischen Erzen
mehr betrieben wird.
Über prähistorische Eisenschlacken in der Provinz Hannover hat
Hostmann kürzlich eine Arbeit veröffentlicht 2). Er hebt hervor, daſs
in der ganzen Provinz Hannover keine anderen prähistorischen
Schlacken nachzuweisen seien, als Eisenschlacken. Kupfer- und Silber-
schlacken fehlen gänzlich, also läſst sich auch nicht annehmen, daſs
diese Metalle im Lande verschmolzen wurden, was auch mit dem Zeug-
nisse des Tacitus über die technischen Kenntnisse der alten Germanen
übereinstimmt. Eisenschlacken finden sich dagegen an vielen Orten,
Hostmann schreibt:
„Ich will hier nicht von den zahllosen Schlackenhalden reden, mit
denen noch bis vor kürzester Zeit die weite Niederung des sogenannten
Witzenbruchs fast ganz überdeckt war, oder von ähnlichen Halden in
der Gegend von Osterode, in der Eilenriede, bei Hänigsen und anderen
Orten; denn diese „Waldschmieden“ gehören der historischen Zeit an
und dürften, wenn auch vereinzelt ein Steinhammer oder schlecht
gebrannte Thonware zwischen den Halden gefunden wurde, schwerlich
1) Korrespondenzblatt d. deutsch. Ges. f. Anthropologie 1878, Nr. 4 u. Gurlt,
Eisen- u. Stahlbereitung bei den Römern S. 20.
2) Die ältesten Eisenschlacken
in der Provinz Hannover, von Christian Hostmann in Celle, 1880.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/658>, abgerufen am 22.11.2024.
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