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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Das frühe Mittelalter.
führen die Geschichte der Gallier (Kelten) in uralte Zeit zurück.
Danach sollen sie um 1500 v. Chr. aus Phrygien nach Gallien ein-
gewandert sein. Aus dieser Zeit sollen angeblich schon die Gräber von
St. Jean de Belville in Savoyen stammen 1).

Die Sensen der Gallier waren von Eisen. Diese waren zur Zeit
des Plinius ein Exportartikel, denn er schreibt 2): Von Sensen giebt es
zwei Arten: die italische, die kurz und leicht und selbst im Gebüsch
verwendbar ist, und die gallische, mit denen man die Arbeit in den
grossen Steppen dieses Landes schafft, denn man schneidet dort nur auf
den halben Halm und lässt das Übrige stehen.

Das verzinnte Geschirr (incoctilia) nennt Plinius eine Erfindung

[Abbildung] Fig. 203.
der Gallier und Cäsar berich-
tet, dass eiserne Ringe als
Geld verwendet wurden 3).

Die hochentwickelte Eisen-
technik der Gallier wird auch
bezeugt durch die bei Alise
ausgegrabenen schön gearbei-
teten Eisenwaffen4). Die
mannigfach gestalteten Lan-
zenspitzen beweisen eine
hochentwickelte Schmiede-
kunst. Ebenso bemerkens-
wert sind die Schwerter.
Reffye bemerkt hierzu:

"Diese erinnern an die
langen Klingen mit scharfer
Schneide, welche die Gallier
schon seit der Zeit des Camillus trugen. Man bemerkt deutlich, dass
die Schneide und die Klinge nicht aus dem gleichen Material bestehen.
Der Arbeiter schweisste, nachdem er den Körper der Klinge aus
sehnigem Eisen hergestellt hatte, ein stahlartiges Eisen auf beiden
Seiten an, um die Schneiden herzustellen. Diese Schneiden wurden
dann kalt abgehämmert. Der Soldat konnte dann leicht nach dem
Gefecht seine Klinge wieder aufdängeln, ähnlich, wie dies jetzt noch
mit den Sicheln geschieht."

Das gallische Schwert war, wie erwähnt, die Spatha, wie dies auch

1) Liger, la ferronerie I, S. 99 etc.
2) Plin. hist. nat. XVIII, cap. 28.
3) Caes. de bell. gal. V, 4 utuntur aut aere aut annulis ferreis ad certum pon-
dus examinatis pro nummo.
4) Les armes d'Alise par M. de Reffye Paris 1864.

Das frühe Mittelalter.
führen die Geschichte der Gallier (Kelten) in uralte Zeit zurück.
Danach sollen sie um 1500 v. Chr. aus Phrygien nach Gallien ein-
gewandert sein. Aus dieser Zeit sollen angeblich schon die Gräber von
St. Jean de Belville in Savoyen stammen 1).

Die Sensen der Gallier waren von Eisen. Diese waren zur Zeit
des Plinius ein Exportartikel, denn er schreibt 2): Von Sensen giebt es
zwei Arten: die italische, die kurz und leicht und selbst im Gebüsch
verwendbar ist, und die gallische, mit denen man die Arbeit in den
groſsen Steppen dieses Landes schafft, denn man schneidet dort nur auf
den halben Halm und läſst das Übrige stehen.

Das verzinnte Geschirr (incoctilia) nennt Plinius eine Erfindung

[Abbildung] Fig. 203.
der Gallier und Cäsar berich-
tet, daſs eiserne Ringe als
Geld verwendet wurden 3).

Die hochentwickelte Eisen-
technik der Gallier wird auch
bezeugt durch die bei Alise
ausgegrabenen schön gearbei-
teten Eisenwaffen4). Die
mannigfach gestalteten Lan-
zenspitzen beweisen eine
hochentwickelte Schmiede-
kunst. Ebenso bemerkens-
wert sind die Schwerter.
Reffye bemerkt hierzu:

„Diese erinnern an die
langen Klingen mit scharfer
Schneide, welche die Gallier
schon seit der Zeit des Camillus trugen. Man bemerkt deutlich, daſs
die Schneide und die Klinge nicht aus dem gleichen Material bestehen.
Der Arbeiter schweiſste, nachdem er den Körper der Klinge aus
sehnigem Eisen hergestellt hatte, ein stahlartiges Eisen auf beiden
Seiten an, um die Schneiden herzustellen. Diese Schneiden wurden
dann kalt abgehämmert. Der Soldat konnte dann leicht nach dem
Gefecht seine Klinge wieder aufdängeln, ähnlich, wie dies jetzt noch
mit den Sicheln geschieht.“

Das gallische Schwert war, wie erwähnt, die Spatha, wie dies auch

1) Liger, la ferronerie I, S. 99 etc.
2) Plin. hist. nat. XVIII, cap. 28.
3) Caes. de bell. gal. V, 4 utuntur aut aere aut annulis ferreis ad certum pon-
dus examinatis pro nummo.
4) Les armes d’Alise par M. de Reffye Paris 1864.
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[668/0690] Das frühe Mittelalter. führen die Geschichte der Gallier (Kelten) in uralte Zeit zurück. Danach sollen sie um 1500 v. Chr. aus Phrygien nach Gallien ein- gewandert sein. Aus dieser Zeit sollen angeblich schon die Gräber von St. Jean de Belville in Savoyen stammen 1). Die Sensen der Gallier waren von Eisen. Diese waren zur Zeit des Plinius ein Exportartikel, denn er schreibt 2): Von Sensen giebt es zwei Arten: die italische, die kurz und leicht und selbst im Gebüsch verwendbar ist, und die gallische, mit denen man die Arbeit in den groſsen Steppen dieses Landes schafft, denn man schneidet dort nur auf den halben Halm und läſst das Übrige stehen. Das verzinnte Geschirr (incoctilia) nennt Plinius eine Erfindung [Abbildung Fig. 203.] der Gallier und Cäsar berich- tet, daſs eiserne Ringe als Geld verwendet wurden 3). Die hochentwickelte Eisen- technik der Gallier wird auch bezeugt durch die bei Alise ausgegrabenen schön gearbei- teten Eisenwaffen 4). Die mannigfach gestalteten Lan- zenspitzen beweisen eine hochentwickelte Schmiede- kunst. Ebenso bemerkens- wert sind die Schwerter. Reffye bemerkt hierzu: „Diese erinnern an die langen Klingen mit scharfer Schneide, welche die Gallier schon seit der Zeit des Camillus trugen. Man bemerkt deutlich, daſs die Schneide und die Klinge nicht aus dem gleichen Material bestehen. Der Arbeiter schweiſste, nachdem er den Körper der Klinge aus sehnigem Eisen hergestellt hatte, ein stahlartiges Eisen auf beiden Seiten an, um die Schneiden herzustellen. Diese Schneiden wurden dann kalt abgehämmert. Der Soldat konnte dann leicht nach dem Gefecht seine Klinge wieder aufdängeln, ähnlich, wie dies jetzt noch mit den Sicheln geschieht.“ Das gallische Schwert war, wie erwähnt, die Spatha, wie dies auch 1) Liger, la ferronerie I, S. 99 etc. 2) Plin. hist. nat. XVIII, cap. 28. 3) Caes. de bell. gal. V, 4 utuntur aut aere aut annulis ferreis ad certum pon- dus examinatis pro nummo. 4) Les armes d’Alise par M. de Reffye Paris 1864.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/690>, abgerufen am 29.05.2024.