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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Langschwert, die Spatha "sine mucrone" den Germanen schon bekannt,
als die Römer zuerst mit ihnen in Berührung kamen. Waren es zu-
erst die Gallier unter Brennus gewesen, welche die Römer mit dieser
ungeschlachten Waffe in Schrecken versetzt hatten, so führten auch die
Führer der Cimbern und Teutonen diese mächtigen Schwerter. Aber sie
kann nach des Tacitus Schilderung doch keine allgemeine, sondern
nur eine seltene Waffe gewesen sein. Mit den doppelschneidigen
Stahlschwertern scheinen die Germanen erst kurz vor der Zeit ihrer
Kämpfe mit den Römern bekannt geworden zu sein.

Die Noriker waren es, welche den germanischen Heerführern diese
Schwerter zuerst lieferten. Wohl hatten die Römer infolge der Kämpfe
mit den wilden, nördlichen Nachbarn die Spatha ebenfalls als Be-
waffnung angenommen, obgleich sie meist nur die Hilfstruppen damit
ausrüsteten 1), während die Legionssoldaten mit dem leichteren gladius
bewaffnet waren.

Der Name Spatha ist schon ein nordischer und die Waffe findet
sich bei älteren Völkern diesseits der Alpen von dem Zeitpunkt an,
in dem sie hinreichende Fertigkeit erlangt hatten, solche Waffen her-
zustellen 2).

Aber diese Spatha, das ungeschlachte Hauschwert, welches schon
die gallischen Horden unter Brennus führten, war nicht die Waffe,
welche die Dichter besungen haben. Dies war die herrliche Stahlwaffe,
welche die Germanen wahrscheinlich zuerst von benachbarten Völkern
kennen lernten, die sie aber der Sage nach schon frühe selbst zu ver-
fertigen verstanden und auf welche sie schon im frühen Mittelalter
einen Wert legten, wie kein anderes Volk.

Die ersten zweischneidigen Stahlschwerter der Germanen waren
aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Fremde eingeführt. Wie wir
schon bei den Waffen der Pfahlbaustation la Tene, den Schwertern von
Hallstadt, des Schlachtfeldes von Aliso, des Moorfundes von Nydam
eine grosse Ähnlichkeit gefunden haben, so ist dies auch mit den alten
germanischen Schwertern der Fall. Wesentlich unterscheiden sich die
germanischen Schwerter nur durch ihre grössere Länge und durch ihr
grösseres Gewicht, entsprechend der überlieferten Länge und grösseren
Kraft der germanischen Kämpfer. Diese Schwerter pflegen eine Länge
der Klingen von 1 m bis 1,10 m zu haben. Überhaupt ist es als ein
charakteristischer Zug der germanischen Völker zu bezeichnen, dass sie
die südländischen Formen der Waffen adoptierten, sie nur grösser,

1) Tacitus Annal. XII, 35.
2) Lindenschmit a. a. O. 217.

Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Langschwert, die Spatha „sine mucrone“ den Germanen schon bekannt,
als die Römer zuerst mit ihnen in Berührung kamen. Waren es zu-
erst die Gallier unter Brennus gewesen, welche die Römer mit dieser
ungeschlachten Waffe in Schrecken versetzt hatten, so führten auch die
Führer der Cimbern und Teutonen diese mächtigen Schwerter. Aber sie
kann nach des Tacitus Schilderung doch keine allgemeine, sondern
nur eine seltene Waffe gewesen sein. Mit den doppelschneidigen
Stahlschwertern scheinen die Germanen erst kurz vor der Zeit ihrer
Kämpfe mit den Römern bekannt geworden zu sein.

Die Noriker waren es, welche den germanischen Heerführern diese
Schwerter zuerst lieferten. Wohl hatten die Römer infolge der Kämpfe
mit den wilden, nördlichen Nachbarn die Spatha ebenfalls als Be-
waffnung angenommen, obgleich sie meist nur die Hilfstruppen damit
ausrüsteten 1), während die Legionssoldaten mit dem leichteren gladius
bewaffnet waren.

Der Name Spatha ist schon ein nordischer und die Waffe findet
sich bei älteren Völkern diesseits der Alpen von dem Zeitpunkt an,
in dem sie hinreichende Fertigkeit erlangt hatten, solche Waffen her-
zustellen 2).

Aber diese Spatha, das ungeschlachte Hauschwert, welches schon
die gallischen Horden unter Brennus führten, war nicht die Waffe,
welche die Dichter besungen haben. Dies war die herrliche Stahlwaffe,
welche die Germanen wahrscheinlich zuerst von benachbarten Völkern
kennen lernten, die sie aber der Sage nach schon frühe selbst zu ver-
fertigen verstanden und auf welche sie schon im frühen Mittelalter
einen Wert legten, wie kein anderes Volk.

Die ersten zweischneidigen Stahlschwerter der Germanen waren
aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Fremde eingeführt. Wie wir
schon bei den Waffen der Pfahlbaustation la Têne, den Schwertern von
Hallstadt, des Schlachtfeldes von Aliso, des Moorfundes von Nydam
eine groſse Ähnlichkeit gefunden haben, so ist dies auch mit den alten
germanischen Schwertern der Fall. Wesentlich unterscheiden sich die
germanischen Schwerter nur durch ihre gröſsere Länge und durch ihr
gröſseres Gewicht, entsprechend der überlieferten Länge und gröſseren
Kraft der germanischen Kämpfer. Diese Schwerter pflegen eine Länge
der Klingen von 1 m bis 1,10 m zu haben. Überhaupt ist es als ein
charakteristischer Zug der germanischen Völker zu bezeichnen, daſs sie
die südländischen Formen der Waffen adoptierten, sie nur gröſser,

1) Tacitus Annal. XII, 35.
2) Lindenschmit a. a. O. 217.
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[715/0737] Bewaffnung im frühen Mittelalter. Langschwert, die Spatha „sine mucrone“ den Germanen schon bekannt, als die Römer zuerst mit ihnen in Berührung kamen. Waren es zu- erst die Gallier unter Brennus gewesen, welche die Römer mit dieser ungeschlachten Waffe in Schrecken versetzt hatten, so führten auch die Führer der Cimbern und Teutonen diese mächtigen Schwerter. Aber sie kann nach des Tacitus Schilderung doch keine allgemeine, sondern nur eine seltene Waffe gewesen sein. Mit den doppelschneidigen Stahlschwertern scheinen die Germanen erst kurz vor der Zeit ihrer Kämpfe mit den Römern bekannt geworden zu sein. Die Noriker waren es, welche den germanischen Heerführern diese Schwerter zuerst lieferten. Wohl hatten die Römer infolge der Kämpfe mit den wilden, nördlichen Nachbarn die Spatha ebenfalls als Be- waffnung angenommen, obgleich sie meist nur die Hilfstruppen damit ausrüsteten 1), während die Legionssoldaten mit dem leichteren gladius bewaffnet waren. Der Name Spatha ist schon ein nordischer und die Waffe findet sich bei älteren Völkern diesseits der Alpen von dem Zeitpunkt an, in dem sie hinreichende Fertigkeit erlangt hatten, solche Waffen her- zustellen 2). Aber diese Spatha, das ungeschlachte Hauschwert, welches schon die gallischen Horden unter Brennus führten, war nicht die Waffe, welche die Dichter besungen haben. Dies war die herrliche Stahlwaffe, welche die Germanen wahrscheinlich zuerst von benachbarten Völkern kennen lernten, die sie aber der Sage nach schon frühe selbst zu ver- fertigen verstanden und auf welche sie schon im frühen Mittelalter einen Wert legten, wie kein anderes Volk. Die ersten zweischneidigen Stahlschwerter der Germanen waren aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Fremde eingeführt. Wie wir schon bei den Waffen der Pfahlbaustation la Têne, den Schwertern von Hallstadt, des Schlachtfeldes von Aliso, des Moorfundes von Nydam eine groſse Ähnlichkeit gefunden haben, so ist dies auch mit den alten germanischen Schwertern der Fall. Wesentlich unterscheiden sich die germanischen Schwerter nur durch ihre gröſsere Länge und durch ihr gröſseres Gewicht, entsprechend der überlieferten Länge und gröſseren Kraft der germanischen Kämpfer. Diese Schwerter pflegen eine Länge der Klingen von 1 m bis 1,10 m zu haben. Überhaupt ist es als ein charakteristischer Zug der germanischen Völker zu bezeichnen, daſs sie die südländischen Formen der Waffen adoptierten, sie nur gröſser, 1) Tacitus Annal. XII, 35. 2) Lindenschmit a. a. O. 217.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 715. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/737>, abgerufen am 22.11.2024.