Die guten Klingen der Helden waren damasziert in der Weise, wie wir es bei den Klingen von Nydam kennen gelernt haben. Dies be- weist die Schilderung Cassiodors von dem Schwerte des Königs Thra- samund. Theodorich, der grosse Ostgotenkönig, bedankt sich in einem Schreiben an Thrasamund, dem König der Vandalen, für die Über- sendung eines Geschenks schöner Schwerter, deren Klingen er noch höher preist als ihre reiche Verzierung. Der Brief lautet 1):
"An Thrasamund, den König der Vandalen, Theodorich rex.
Eure brüderliche Liebe hat mir Schwerter und Hiebwaffen als Geschenk übermacht, deren Eisen köstlicher ist wie Gold. Ihre polierte Klinge glänzt so helle, dass es im An- schauen das treue Spiegelbild des Gesichtes zurückwirft und ihre Spiegel sind von oben bis unten so gleichmässig, dass sie nicht aus Streifen zusammengesetzt, sondern wie aus einem Schmelzofen geflossen zu sein scheinen. In dem mittleren Teil erscheinen schöne Vertiefungen wie kräuselndes Gewürm und es zeigen sich so mannigfache Schattierungen, dass man glauben möchte, es sei das glänzende Metall mit verschiedenerlei Farben durchwebt."
Eine nicht minder interessante Stelle findet sich in der Chronik von St. Gallen über die Elastizität der Schwertklingen 2), welche die normannischen Könige Ludwig dem Deutschen als Zeichen ihrer Huldi- gung gesendet haben. Der König probt sie mit seiner Hand stärker als Eisen auf ihre Spannkraft, indem er sie zusammenbiegt. Die eine zerbricht ihm in der Hand, eine andere aber biegt er bis zum Griff wie eine Weidengerte zusammen und sie springt, wie er sie loslässt, in ihre ursprüngliche Gestalt zurück.
Die "wurmbunten" Klingen, wie sie mehrfach gepriesen wer- den und wie sie in der angeführten Beschreibung Theodorichs des Grossen geschildert werden, verdanken diese Bezeichnung nicht künst- licher Einlagen oder Tauschierung, sondern ihrem Damast. Fig. 239
1) Cassiodor. Var. lib. V, epist. I, Regi Vandalorum Thrasamund, Theodo- ricus rex. Spathas nobis etiam arma desecantes vestra fraternitas destinavit, ferro quam auri pretio ditiores. Splendet illic claritas expolita, ut intuentium facies fideli puritate restituant: quarum margines in acutum tali aequalitate des- cendunt ut non limis compositae sed ingneis fornacibus credantur effusae. Harum media pulchris alveis excavata quibusdam videntur crispari posse vermiculis: ubi tanta varietatis umbra concludit ut intextum magis credas variis coloribus lucidum metallum.
2) Monach. St. Gallen II, 18.
Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Die guten Klingen der Helden waren damasziert in der Weise, wie wir es bei den Klingen von Nydam kennen gelernt haben. Dies be- weist die Schilderung Cassiodors von dem Schwerte des Königs Thra- samund. Theodorich, der groſse Ostgotenkönig, bedankt sich in einem Schreiben an Thrasamund, dem König der Vandalen, für die Über- sendung eines Geschenks schöner Schwerter, deren Klingen er noch höher preist als ihre reiche Verzierung. Der Brief lautet 1):
„An Thrasamund, den König der Vandalen, Theodorich rex.
Eure brüderliche Liebe hat mir Schwerter und Hiebwaffen als Geschenk übermacht, deren Eisen köstlicher ist wie Gold. Ihre polierte Klinge glänzt so helle, daſs es im An- schauen das treue Spiegelbild des Gesichtes zurückwirft und ihre Spiegel sind von oben bis unten so gleichmäſsig, daſs sie nicht aus Streifen zusammengesetzt, sondern wie aus einem Schmelzofen geflossen zu sein scheinen. In dem mittleren Teil erscheinen schöne Vertiefungen wie kräuselndes Gewürm und es zeigen sich so mannigfache Schattierungen, daſs man glauben möchte, es sei das glänzende Metall mit verschiedenerlei Farben durchwebt.“
Eine nicht minder interessante Stelle findet sich in der Chronik von St. Gallen über die Elastizität der Schwertklingen 2), welche die normannischen Könige Ludwig dem Deutschen als Zeichen ihrer Huldi- gung gesendet haben. Der König probt sie mit seiner Hand stärker als Eisen auf ihre Spannkraft, indem er sie zusammenbiegt. Die eine zerbricht ihm in der Hand, eine andere aber biegt er bis zum Griff wie eine Weidengerte zusammen und sie springt, wie er sie losläſst, in ihre ursprüngliche Gestalt zurück.
Die „wurmbunten“ Klingen, wie sie mehrfach gepriesen wer- den und wie sie in der angeführten Beschreibung Theodorichs des Groſsen geschildert werden, verdanken diese Bezeichnung nicht künst- licher Einlagen oder Tauschierung, sondern ihrem Damast. Fig. 239
1) Cassiodor. Var. lib. V, epist. I, Regi Vandalorum Thrasamund, Theodo- ricus rex. Spathas nobis etiam arma desecantes vestra fraternitas destinavit, ferro quam auri pretio ditiores. Splendet illic claritas expolita, ut intuentium facies fideli puritate restituant: quarum margines in acutum tali aequalitate des- cendunt ut non limis compositae sed ingneis fornacibus credantur effusae. Harum media pulchris alveis excavata quibusdam videntur crispari posse vermiculis: ubi tanta varietatis umbra concludit ut intextum magis credas variis coloribus lucidum metallum.
2) Monach. St. Gallen II, 18.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0739"n="717"/><fwplace="top"type="header">Bewaffnung im frühen Mittelalter.</fw><lb/><p>Die guten Klingen der Helden waren damasziert in der Weise, wie<lb/>
wir es bei den Klingen von Nydam kennen gelernt haben. Dies be-<lb/>
weist die Schilderung Cassiodors von dem Schwerte des Königs Thra-<lb/>
samund. Theodorich, der groſse Ostgotenkönig, bedankt sich in einem<lb/>
Schreiben an Thrasamund, dem König der Vandalen, für die Über-<lb/>
sendung eines Geschenks schöner Schwerter, deren Klingen er noch<lb/>
höher preist als ihre reiche Verzierung. Der Brief lautet <noteplace="foot"n="1)">Cassiodor. Var. lib. V, epist. I, Regi Vandalorum Thrasamund, Theodo-<lb/>
ricus rex. Spathas nobis etiam arma desecantes vestra fraternitas destinavit,<lb/>
ferro quam auri pretio ditiores. Splendet illic claritas expolita, ut intuentium<lb/>
facies fideli puritate restituant: quarum margines in acutum tali aequalitate des-<lb/>
cendunt ut non limis compositae sed ingneis fornacibus credantur effusae. Harum<lb/>
media pulchris alveis excavata quibusdam videntur crispari posse vermiculis:<lb/>
ubi tanta varietatis umbra concludit ut intextum magis credas variis coloribus<lb/>
lucidum metallum.</note>:</p><lb/><p>„An Thrasamund, den König der Vandalen, Theodorich rex.</p><lb/><p><hirendition="#et">Eure brüderliche Liebe hat mir Schwerter und Hiebwaffen<lb/>
als Geschenk übermacht, deren Eisen köstlicher ist wie<lb/>
Gold. Ihre polierte Klinge glänzt so helle, daſs es im An-<lb/>
schauen das treue Spiegelbild des Gesichtes zurückwirft und<lb/>
ihre Spiegel sind von oben bis unten so gleichmäſsig, daſs sie<lb/>
nicht aus Streifen zusammengesetzt, sondern wie aus einem<lb/>
Schmelzofen geflossen zu sein scheinen. In dem mittleren<lb/>
Teil erscheinen schöne Vertiefungen wie kräuselndes Gewürm<lb/>
und es zeigen sich so mannigfache Schattierungen, daſs man<lb/>
glauben möchte, es sei das glänzende Metall mit verschiedenerlei<lb/>
Farben durchwebt.“</hi></p><lb/><p>Eine nicht minder interessante Stelle findet sich in der Chronik<lb/>
von St. Gallen über die Elastizität der Schwertklingen <noteplace="foot"n="2)">Monach. St. Gallen II, 18.</note>, welche die<lb/>
normannischen Könige Ludwig dem Deutschen als Zeichen ihrer Huldi-<lb/>
gung gesendet haben. Der König probt sie mit seiner Hand stärker<lb/>
als Eisen auf ihre Spannkraft, indem er sie zusammenbiegt. Die eine<lb/>
zerbricht ihm in der Hand, eine andere aber biegt er bis zum Griff<lb/>
wie eine Weidengerte zusammen und sie springt, wie er sie losläſst,<lb/>
in ihre ursprüngliche Gestalt zurück.</p><lb/><p>Die „<hirendition="#g">wurmbunten</hi>“ Klingen, wie sie mehrfach gepriesen wer-<lb/>
den und wie sie in der angeführten Beschreibung Theodorichs des<lb/>
Groſsen geschildert werden, verdanken diese Bezeichnung nicht künst-<lb/>
licher Einlagen oder Tauschierung, sondern ihrem Damast. Fig. 239<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[717/0739]
Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Die guten Klingen der Helden waren damasziert in der Weise, wie
wir es bei den Klingen von Nydam kennen gelernt haben. Dies be-
weist die Schilderung Cassiodors von dem Schwerte des Königs Thra-
samund. Theodorich, der groſse Ostgotenkönig, bedankt sich in einem
Schreiben an Thrasamund, dem König der Vandalen, für die Über-
sendung eines Geschenks schöner Schwerter, deren Klingen er noch
höher preist als ihre reiche Verzierung. Der Brief lautet 1):
„An Thrasamund, den König der Vandalen, Theodorich rex.
Eure brüderliche Liebe hat mir Schwerter und Hiebwaffen
als Geschenk übermacht, deren Eisen köstlicher ist wie
Gold. Ihre polierte Klinge glänzt so helle, daſs es im An-
schauen das treue Spiegelbild des Gesichtes zurückwirft und
ihre Spiegel sind von oben bis unten so gleichmäſsig, daſs sie
nicht aus Streifen zusammengesetzt, sondern wie aus einem
Schmelzofen geflossen zu sein scheinen. In dem mittleren
Teil erscheinen schöne Vertiefungen wie kräuselndes Gewürm
und es zeigen sich so mannigfache Schattierungen, daſs man
glauben möchte, es sei das glänzende Metall mit verschiedenerlei
Farben durchwebt.“
Eine nicht minder interessante Stelle findet sich in der Chronik
von St. Gallen über die Elastizität der Schwertklingen 2), welche die
normannischen Könige Ludwig dem Deutschen als Zeichen ihrer Huldi-
gung gesendet haben. Der König probt sie mit seiner Hand stärker
als Eisen auf ihre Spannkraft, indem er sie zusammenbiegt. Die eine
zerbricht ihm in der Hand, eine andere aber biegt er bis zum Griff
wie eine Weidengerte zusammen und sie springt, wie er sie losläſst,
in ihre ursprüngliche Gestalt zurück.
Die „wurmbunten“ Klingen, wie sie mehrfach gepriesen wer-
den und wie sie in der angeführten Beschreibung Theodorichs des
Groſsen geschildert werden, verdanken diese Bezeichnung nicht künst-
licher Einlagen oder Tauschierung, sondern ihrem Damast. Fig. 239
1) Cassiodor. Var. lib. V, epist. I, Regi Vandalorum Thrasamund, Theodo-
ricus rex. Spathas nobis etiam arma desecantes vestra fraternitas destinavit,
ferro quam auri pretio ditiores. Splendet illic claritas expolita, ut intuentium
facies fideli puritate restituant: quarum margines in acutum tali aequalitate des-
cendunt ut non limis compositae sed ingneis fornacibus credantur effusae. Harum
media pulchris alveis excavata quibusdam videntur crispari posse vermiculis:
ubi tanta varietatis umbra concludit ut intextum magis credas variis coloribus
lucidum metallum.
2) Monach. St. Gallen II, 18.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/739>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.