gedacht wird. Vielleicht hängt auch der Name des "eisernen Thors", des Hauptpasses zwischen Siebenbürgen und der Türkei, mit den alten Eisenschmieden jener Gegend zusammen.
Wahrscheinlich waren Luppenfeuer schon vor der römischen In- vasion in Deutschland bekannt 1). Urkundliche Nachrichten sind sel- ten, und aus viel späterer Zeit. In der Chronik von Walkenried heisst es im Jahre 1209 von dem Kloster zu Goslar: quae possideat mona- sterium praedictum in Goslaria, cum universo emolumento, quod ibi- dem habet in monte, et casas conflatorias, quas habet in nemore.
In Böhmen waren die Luppenfeuer sehr alt; sie werden dort schon im achten Jahrhundert angeführt. Auch verdient erwähnt zu werden, dass die Kohlenbrenner in Böhmen bereits 1340, zur Zeit Karls IV, eine anerkannte Zunft bildeten, an deren Spitze ein "Oberstaigmeister" stand. Von Böhmen sollen die Luppenfeuer nach Schlesien gekom- men sein. Die älteste Luppenschmiede, die in Oberschlesien angelegt wurde, befand sich zu Kutschau bei Tarnowitz; sie wurde 1365 von einem Böhmen erbaut. Bis 1721 kannte man in Schlesien keine an- dere Art des Eisenschmelzens. Erst in diesem Jahre wurde in Schlesien der erste Holzkohlenofen erbaut. Doch erhielten sich auch neben den Hohöfen die Rennherde noch lange. Namentlich machte man in ihnen den Tarnowitzer Brauneisenstein zu gut. Man erhielt dabei Luppen von 150 Pfd., und verbrauchte auf 1 Ztr. Eisen 43 Kubikfuss, nach Karsten sogar 60 Kubikfuss Holzkohlen. 1817 waren dort noch vier Luppenfeuer im Gange, die Wiesenerze verarbeiteten. Es war dies zu Greuth, Alt Öls, Modlau und Nieder-Teschen. Die in alten Urkunden oft genannten "Casas in nemore", sind die späteren "Waldschmitten". Dieselben hatten mit den Corsican- und Katalanschmieden die grösste Ähnlichkeit. Sie wurden mit Handbälgen bedient und brauchten des- halb nicht am Wasser zu stehen. Vielmehr wurden sie meist mitten im Walde, in holzreicher Gegend, an Bergabhängen angelegt. Diese alten Schmelzfeuer hatten noch manche andere Bezeichnungen, so nannte man sie Handschmieden, weil die Bälge mit der Hand bewegt wurden, und im Siegerland "Iserschmitten".
Erst zu Anfang des 15. Jahrhunderts fing man an die Wasserkraft zur Bewegung der Bälge zu benutzen, aber noch bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts erhielten ziemlich allgemein die Iserschmitten, die mit Hand- oder Tretbälgen betrieben wurden, den Vorzug. Im Dillen- burgischen werden im Jahre 1444 fünf Hüttenwerke angeführt, zu
1) Siehe oben S. 615, 636 etc.
Rennherde.
gedacht wird. Vielleicht hängt auch der Name des „eisernen Thors“, des Hauptpasses zwischen Siebenbürgen und der Türkei, mit den alten Eisenschmieden jener Gegend zusammen.
Wahrscheinlich waren Luppenfeuer schon vor der römischen In- vasion in Deutschland bekannt 1). Urkundliche Nachrichten sind sel- ten, und aus viel späterer Zeit. In der Chronik von Walkenried heiſst es im Jahre 1209 von dem Kloster zu Goslar: quae possideat mona- sterium praedictum in Goslaria, cum universo emolumento, quod ibi- dem habet in monte, et casas conflatorias, quas habet in nemore.
In Böhmen waren die Luppenfeuer sehr alt; sie werden dort schon im achten Jahrhundert angeführt. Auch verdient erwähnt zu werden, daſs die Kohlenbrenner in Böhmen bereits 1340, zur Zeit Karls IV, eine anerkannte Zunft bildeten, an deren Spitze ein „Oberstaigmeister“ stand. Von Böhmen sollen die Luppenfeuer nach Schlesien gekom- men sein. Die älteste Luppenschmiede, die in Oberschlesien angelegt wurde, befand sich zu Kutschau bei Tarnowitz; sie wurde 1365 von einem Böhmen erbaut. Bis 1721 kannte man in Schlesien keine an- dere Art des Eisenschmelzens. Erst in diesem Jahre wurde in Schlesien der erste Holzkohlenofen erbaut. Doch erhielten sich auch neben den Hohöfen die Rennherde noch lange. Namentlich machte man in ihnen den Tarnowitzer Brauneisenstein zu gut. Man erhielt dabei Luppen von 150 Pfd., und verbrauchte auf 1 Ztr. Eisen 43 Kubikfuſs, nach Karsten sogar 60 Kubikfuſs Holzkohlen. 1817 waren dort noch vier Luppenfeuer im Gange, die Wiesenerze verarbeiteten. Es war dies zu Greuth, Alt Öls, Modlau und Nieder-Teschen. Die in alten Urkunden oft genannten „Casas in nemore“, sind die späteren „Waldschmitten“. Dieselben hatten mit den Corsican- und Katalanschmieden die gröſste Ähnlichkeit. Sie wurden mit Handbälgen bedient und brauchten des- halb nicht am Wasser zu stehen. Vielmehr wurden sie meist mitten im Walde, in holzreicher Gegend, an Bergabhängen angelegt. Diese alten Schmelzfeuer hatten noch manche andere Bezeichnungen, so nannte man sie Handschmieden, weil die Bälge mit der Hand bewegt wurden, und im Siegerland „Iserschmitten“.
Erst zu Anfang des 15. Jahrhunderts fing man an die Wasserkraft zur Bewegung der Bälge zu benutzen, aber noch bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts erhielten ziemlich allgemein die Iserschmitten, die mit Hand- oder Tretbälgen betrieben wurden, den Vorzug. Im Dillen- burgischen werden im Jahre 1444 fünf Hüttenwerke angeführt, zu
1) Siehe oben S. 615, 636 etc.
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Rennherde.
gedacht wird. Vielleicht hängt auch der Name des „eisernen Thors“,
des Hauptpasses zwischen Siebenbürgen und der Türkei, mit den alten
Eisenschmieden jener Gegend zusammen.
Wahrscheinlich waren Luppenfeuer schon vor der römischen In-
vasion in Deutschland bekannt 1). Urkundliche Nachrichten sind sel-
ten, und aus viel späterer Zeit. In der Chronik von Walkenried heiſst
es im Jahre 1209 von dem Kloster zu Goslar: quae possideat mona-
sterium praedictum in Goslaria, cum universo emolumento, quod ibi-
dem habet in monte, et casas conflatorias, quas habet in nemore.
In Böhmen waren die Luppenfeuer sehr alt; sie werden dort schon
im achten Jahrhundert angeführt. Auch verdient erwähnt zu werden,
daſs die Kohlenbrenner in Böhmen bereits 1340, zur Zeit Karls IV,
eine anerkannte Zunft bildeten, an deren Spitze ein „Oberstaigmeister“
stand. Von Böhmen sollen die Luppenfeuer nach Schlesien gekom-
men sein. Die älteste Luppenschmiede, die in Oberschlesien angelegt
wurde, befand sich zu Kutschau bei Tarnowitz; sie wurde 1365 von
einem Böhmen erbaut. Bis 1721 kannte man in Schlesien keine an-
dere Art des Eisenschmelzens. Erst in diesem Jahre wurde in Schlesien
der erste Holzkohlenofen erbaut. Doch erhielten sich auch neben den
Hohöfen die Rennherde noch lange. Namentlich machte man in ihnen
den Tarnowitzer Brauneisenstein zu gut. Man erhielt dabei Luppen
von 150 Pfd., und verbrauchte auf 1 Ztr. Eisen 43 Kubikfuſs, nach
Karsten sogar 60 Kubikfuſs Holzkohlen. 1817 waren dort noch vier
Luppenfeuer im Gange, die Wiesenerze verarbeiteten. Es war dies zu
Greuth, Alt Öls, Modlau und Nieder-Teschen. Die in alten Urkunden
oft genannten „Casas in nemore“, sind die späteren „Waldschmitten“.
Dieselben hatten mit den Corsican- und Katalanschmieden die gröſste
Ähnlichkeit. Sie wurden mit Handbälgen bedient und brauchten des-
halb nicht am Wasser zu stehen. Vielmehr wurden sie meist mitten
im Walde, in holzreicher Gegend, an Bergabhängen angelegt. Diese
alten Schmelzfeuer hatten noch manche andere Bezeichnungen, so
nannte man sie Handschmieden, weil die Bälge mit der Hand bewegt
wurden, und im Siegerland „Iserschmitten“.
Erst zu Anfang des 15. Jahrhunderts fing man an die Wasserkraft
zur Bewegung der Bälge zu benutzen, aber noch bis in die Mitte des
16. Jahrhunderts erhielten ziemlich allgemein die Iserschmitten, die
mit Hand- oder Tretbälgen betrieben wurden, den Vorzug. Im Dillen-
burgischen werden im Jahre 1444 fünf Hüttenwerke angeführt, zu
1) Siehe oben S. 615, 636 etc.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 781. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/803>, abgerufen am 22.11.2024.
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