Haiger, Wissenbach, auf der Scheld und Eisen, doch waren diese ver- mutlich alle keine sogenannten Hohöfen, sondern Rennwerke. Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts entstanden die ersten Hohöfen in jener Gegend. Doch noch im Jahre 1611 waren zu Haiger, Ebersbach und Steinbrücken Rennwerke im Gange.
Die letzten Luppenfeuer am Harz wurden zu Elbingerode noch 1750 betrieben. Es wurden darin nicht Erze, sondern alte Frisch- schlacken auf Eisen verschmolzen. Der Betrieb war indes ganz wie beim Erzschmelzen.
Zu Anfang dieses Jahrhunderts waren ausser in Niederschlesien, noch Rennwerksschmieden zu Steinbach in Sachsen, im Meiningischen und in der Oberpfalz im Betrieb. Die Rennherde waren nicht, wie die späteren Frischherde, mit Eisenzacken hergestellt, sondern sie waren von Steinen gemauert, und der Herd aus Gestübbe geschlagen.
Der Herd zu Steinbach z. B. war 2 Fuss lang, 21/2 Fuss breit und 3 Fuss tief. Das Erz, welches verschmolzen wurde, war gelber Spat- eisenstein von der Mommel bei Schmalkalden. Die Erze wurden gepocht und schaufelweise in den abgewärmten Herd eingetragen. Die Ent- kohlung wurde durch Aufgabe von zerkleinertem Erz oder durch Stocklech und Hammerschlacke befördert. Es bildete sich eine basische Kochschlacke. Alle acht Stunden erfolgte eine Luppe, ein sogenannter "Guss", der ausgebrochen, zerschroten und ausgeheizt wurde. Die Eisenmasse war meist ein Gemenge von weicheren und roheren Par- tieen. Das Ausbringen betrug oft nur die Hälfte des Erzgehaltes. Der Kohlenverbrauch betrug bis 80 Kubikfuss pro Zentner Metall. Man gab auch zuweilen Zuschläge zu dem Erz. Swedenborg beschrieb in seinem berühmten Werk de ferro einen Rennherd von Sangerhausen in Sachsen 1).
Während in Schlesien das Verschmelzen des Erzes und das Aus- heizen der Masseln in einem und demselben Herd vorgenommen wurde, hatte man in Sachsen für jede dieser Operationen damals einen beson- deren Herd. Der gemauerte Schmelzboden war 8 Fuss lang und 4 Fuss breit. Der Herd selbst war aus Lösche hergestellt und 11/2 Fuss tief. An der Seite war eine Öffnung, aus der die Schlacke floss. Die Düsen waren aus Eisenblech, die Bälge von Holz. Die Erze wurden klein- geklopft und gesiebt. Das Pulver wurde, nachdem der Herd abgewärmt und mit Kohlen gefüllt war, zu beiden Seiten der Form eingetragen und Kohlen darüber geworfen. Das Erz, von Nussgrösse, sank allmählich
1) Swedenborgius, de ferro 1734, p. 171.
Eisenbereitung im Mittelalter.
Haiger, Wissenbach, auf der Scheld und Eisen, doch waren diese ver- mutlich alle keine sogenannten Hohöfen, sondern Rennwerke. Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts entstanden die ersten Hohöfen in jener Gegend. Doch noch im Jahre 1611 waren zu Haiger, Ebersbach und Steinbrücken Rennwerke im Gange.
Die letzten Luppenfeuer am Harz wurden zu Elbingerode noch 1750 betrieben. Es wurden darin nicht Erze, sondern alte Frisch- schlacken auf Eisen verschmolzen. Der Betrieb war indes ganz wie beim Erzschmelzen.
Zu Anfang dieses Jahrhunderts waren auſser in Niederschlesien, noch Rennwerksschmieden zu Steinbach in Sachsen, im Meiningischen und in der Oberpfalz im Betrieb. Die Rennherde waren nicht, wie die späteren Frischherde, mit Eisenzacken hergestellt, sondern sie waren von Steinen gemauert, und der Herd aus Gestübbe geschlagen.
Der Herd zu Steinbach z. B. war 2 Fuſs lang, 2½ Fuss breit und 3 Fuss tief. Das Erz, welches verschmolzen wurde, war gelber Spat- eisenstein von der Mommel bei Schmalkalden. Die Erze wurden gepocht und schaufelweise in den abgewärmten Herd eingetragen. Die Ent- kohlung wurde durch Aufgabe von zerkleinertem Erz oder durch Stocklech und Hammerschlacke befördert. Es bildete sich eine basische Kochschlacke. Alle acht Stunden erfolgte eine Luppe, ein sogenannter „Guſs“, der ausgebrochen, zerschroten und ausgeheizt wurde. Die Eisenmasse war meist ein Gemenge von weicheren und roheren Par- tieen. Das Ausbringen betrug oft nur die Hälfte des Erzgehaltes. Der Kohlenverbrauch betrug bis 80 Kubikfuss pro Zentner Metall. Man gab auch zuweilen Zuschläge zu dem Erz. Swedenborg beschrieb in seinem berühmten Werk de ferro einen Rennherd von Sangerhausen in Sachsen 1).
Während in Schlesien das Verschmelzen des Erzes und das Aus- heizen der Masseln in einem und demselben Herd vorgenommen wurde, hatte man in Sachsen für jede dieser Operationen damals einen beson- deren Herd. Der gemauerte Schmelzboden war 8 Fuſs lang und 4 Fuſs breit. Der Herd selbst war aus Lösche hergestellt und 1½ Fuſs tief. An der Seite war eine Öffnung, aus der die Schlacke floſs. Die Düsen waren aus Eisenblech, die Bälge von Holz. Die Erze wurden klein- geklopft und gesiebt. Das Pulver wurde, nachdem der Herd abgewärmt und mit Kohlen gefüllt war, zu beiden Seiten der Form eingetragen und Kohlen darüber geworfen. Das Erz, von Nuſsgröſse, sank allmählich
1) Swedenborgius, de ferro 1734, p. 171.
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Eisenbereitung im Mittelalter.
Haiger, Wissenbach, auf der Scheld und Eisen, doch waren diese ver-
mutlich alle keine sogenannten Hohöfen, sondern Rennwerke. Erst
gegen Ende des 16. Jahrhunderts entstanden die ersten Hohöfen in
jener Gegend. Doch noch im Jahre 1611 waren zu Haiger, Ebersbach
und Steinbrücken Rennwerke im Gange.
Die letzten Luppenfeuer am Harz wurden zu Elbingerode noch
1750 betrieben. Es wurden darin nicht Erze, sondern alte Frisch-
schlacken auf Eisen verschmolzen. Der Betrieb war indes ganz wie
beim Erzschmelzen.
Zu Anfang dieses Jahrhunderts waren auſser in Niederschlesien,
noch Rennwerksschmieden zu Steinbach in Sachsen, im Meiningischen
und in der Oberpfalz im Betrieb. Die Rennherde waren nicht, wie die
späteren Frischherde, mit Eisenzacken hergestellt, sondern sie waren
von Steinen gemauert, und der Herd aus Gestübbe geschlagen.
Der Herd zu Steinbach z. B. war 2 Fuſs lang, 2½ Fuss breit und
3 Fuss tief. Das Erz, welches verschmolzen wurde, war gelber Spat-
eisenstein von der Mommel bei Schmalkalden. Die Erze wurden gepocht
und schaufelweise in den abgewärmten Herd eingetragen. Die Ent-
kohlung wurde durch Aufgabe von zerkleinertem Erz oder durch
Stocklech und Hammerschlacke befördert. Es bildete sich eine basische
Kochschlacke. Alle acht Stunden erfolgte eine Luppe, ein sogenannter
„Guſs“, der ausgebrochen, zerschroten und ausgeheizt wurde. Die
Eisenmasse war meist ein Gemenge von weicheren und roheren Par-
tieen. Das Ausbringen betrug oft nur die Hälfte des Erzgehaltes. Der
Kohlenverbrauch betrug bis 80 Kubikfuss pro Zentner Metall. Man gab
auch zuweilen Zuschläge zu dem Erz. Swedenborg beschrieb in seinem
berühmten Werk de ferro einen Rennherd von Sangerhausen in
Sachsen 1).
Während in Schlesien das Verschmelzen des Erzes und das Aus-
heizen der Masseln in einem und demselben Herd vorgenommen wurde,
hatte man in Sachsen für jede dieser Operationen damals einen beson-
deren Herd. Der gemauerte Schmelzboden war 8 Fuſs lang und 4 Fuſs
breit. Der Herd selbst war aus Lösche hergestellt und 1½ Fuſs tief.
An der Seite war eine Öffnung, aus der die Schlacke floſs. Die Düsen
waren aus Eisenblech, die Bälge von Holz. Die Erze wurden klein-
geklopft und gesiebt. Das Pulver wurde, nachdem der Herd abgewärmt
und mit Kohlen gefüllt war, zu beiden Seiten der Form eingetragen und
Kohlen darüber geworfen. Das Erz, von Nuſsgröſse, sank allmählich
1) Swedenborgius, de ferro 1734, p. 171.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 782. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/804>, abgerufen am 22.11.2024.
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