Thorbeschläge, statt es zu schmieden, aus Blech auszuschneiden. Fig. 262 zeigt die Art, wie solche Arbeit hergestellt wurde, an einem Beschlage von der Abtei von Poissy aus dem 14. Jahrhundert. Fig. 263 zeigt ein hübsches Muster dieser Art an einem Hause von Gallardon aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts. Diese Art der Kunstschmie- derei, die Verwendung des genieteten Bleches, entwickelte sich ganz besonders in Süddeutschland, in Augsburg, Nürnberg, München u. s. w. Ebenso fingen im 15. Jahrhundert die Arbeiten mit Grabstichel und Meissel an, die Arbeit mit dem Hammer zu verdrängen. Auch hier geschah es wie stets. Mit der Verbesserung und Vervielfältigung der
[Abbildung]
Fig. 264.
Werkzeuge wurden zwar reichere Arbeiten ge- liefert, doch die Handfertigkeit des Arbeiters trat zurück. In wie hohem Ansehen die Schmiede- kunst aber im Anfange des 17. Jahrhunderts stand, geht aus einem französischen Werke über die Schlosserei aus dem Jahre 1627 hervor. (Jousse: De la fidelle ouverture de l'art du ser- rurier par Mathurin Jousse 1627.) Auch verweisen wir auf den oben angezogenen Aufsatz aus dem Diktionnär von Violet le duc.
Eine hohe Entwickelung erreichte die eigent- liche Kunstschlosserei. Es würde zu weit führen, die Entwickelung der Schlösser im Mittelalter im einzelnen zu verfolgen. Es genügt zu be- merken, dass das Mittelalter bereits eine solche Mannigfaltigkeit von Schlössern, namentlich von Kunst- und Geheimschlössern, hervorgebracht hat, dass es darin von unserer Zeit nicht übertroffen wird. Dabei ist die Ausführung, die nicht mit Maschinen, sondern auch nur mit der Hand geschah, oft von überraschender Schönheit und Sorgfalt. Eine prächtige Sammlung mittelalterlicher Schlösser befindet sich im Nationalmuseum in München.
Ein anderer Gegenstand der Kunstschlosserei, der im Mittelalter besonders gepflegt wurde, war die Herstellung kunstvoller Thürklopfer. Dieselben waren teils geschmiedet, teils geschnitten und zeigen einen überraschenden Reichtum an Formen.
Die Anwendung der eisernen Schraube zur Befestigung datiert erst, soviel bis jetzt bekannt ist, aus dem 15. Jahrhundert.
In Eisenkurzwaren stand Süddeutschland, besonders Steiermark
Schmiedekunst im Mittelalter.
Thorbeschläge, statt es zu schmieden, aus Blech auszuschneiden. Fig. 262 zeigt die Art, wie solche Arbeit hergestellt wurde, an einem Beschlage von der Abtei von Poissy aus dem 14. Jahrhundert. Fig. 263 zeigt ein hübsches Muster dieser Art an einem Hause von Gallardon aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts. Diese Art der Kunstschmie- derei, die Verwendung des genieteten Bleches, entwickelte sich ganz besonders in Süddeutschland, in Augsburg, Nürnberg, München u. s. w. Ebenso fingen im 15. Jahrhundert die Arbeiten mit Grabstichel und Meiſsel an, die Arbeit mit dem Hammer zu verdrängen. Auch hier geschah es wie stets. Mit der Verbesserung und Vervielfältigung der
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Fig. 264.
Werkzeuge wurden zwar reichere Arbeiten ge- liefert, doch die Handfertigkeit des Arbeiters trat zurück. In wie hohem Ansehen die Schmiede- kunst aber im Anfange des 17. Jahrhunderts stand, geht aus einem französischen Werke über die Schlosserei aus dem Jahre 1627 hervor. (Jousse: De la fidelle ouverture de l’art du ser- rurier par Mathurin Jousse 1627.) Auch verweisen wir auf den oben angezogenen Aufsatz aus dem Diktionnär von Violet le duc.
Eine hohe Entwickelung erreichte die eigent- liche Kunstschlosserei. Es würde zu weit führen, die Entwickelung der Schlösser im Mittelalter im einzelnen zu verfolgen. Es genügt zu be- merken, daſs das Mittelalter bereits eine solche Mannigfaltigkeit von Schlössern, namentlich von Kunst- und Geheimschlössern, hervorgebracht hat, daſs es darin von unserer Zeit nicht übertroffen wird. Dabei ist die Ausführung, die nicht mit Maschinen, sondern auch nur mit der Hand geschah, oft von überraschender Schönheit und Sorgfalt. Eine prächtige Sammlung mittelalterlicher Schlösser befindet sich im Nationalmuseum in München.
Ein anderer Gegenstand der Kunstschlosserei, der im Mittelalter besonders gepflegt wurde, war die Herstellung kunstvoller Thürklopfer. Dieselben waren teils geschmiedet, teils geschnitten und zeigen einen überraschenden Reichtum an Formen.
Die Anwendung der eisernen Schraube zur Befestigung datiert erst, soviel bis jetzt bekannt ist, aus dem 15. Jahrhundert.
In Eisenkurzwaren stand Süddeutschland, besonders Steiermark
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[843/0865]
Schmiedekunst im Mittelalter.
Thorbeschläge, statt es zu schmieden, aus Blech auszuschneiden.
Fig. 262 zeigt die Art, wie solche Arbeit hergestellt wurde, an einem
Beschlage von der Abtei von Poissy aus dem 14. Jahrhundert. Fig. 263
zeigt ein hübsches Muster dieser Art an einem Hause von Gallardon
aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts. Diese Art der Kunstschmie-
derei, die Verwendung des genieteten Bleches, entwickelte sich ganz
besonders in Süddeutschland, in Augsburg, Nürnberg, München u. s. w.
Ebenso fingen im 15. Jahrhundert die Arbeiten mit Grabstichel und
Meiſsel an, die Arbeit mit dem Hammer zu verdrängen. Auch hier
geschah es wie stets. Mit der Verbesserung und Vervielfältigung der
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Werkzeuge wurden zwar reichere Arbeiten ge-
liefert, doch die Handfertigkeit des Arbeiters
trat zurück. In wie hohem Ansehen die Schmiede-
kunst aber im Anfange des 17. Jahrhunderts
stand, geht aus einem französischen Werke über
die Schlosserei aus dem Jahre 1627 hervor.
(Jousse: De la fidelle ouverture de l’art du ser-
rurier par Mathurin Jousse 1627.) Auch verweisen
wir auf den oben angezogenen Aufsatz aus dem
Diktionnär von Violet le duc.
Eine hohe Entwickelung erreichte die eigent-
liche Kunstschlosserei. Es würde zu weit führen,
die Entwickelung der Schlösser im Mittelalter
im einzelnen zu verfolgen. Es genügt zu be-
merken, daſs das Mittelalter bereits eine solche
Mannigfaltigkeit von Schlössern, namentlich von
Kunst- und Geheimschlössern, hervorgebracht hat,
daſs es darin von unserer Zeit nicht übertroffen
wird. Dabei ist die Ausführung, die nicht mit
Maschinen, sondern auch nur mit der Hand
geschah, oft von überraschender Schönheit und
Sorgfalt. Eine prächtige Sammlung mittelalterlicher Schlösser befindet
sich im Nationalmuseum in München.
Ein anderer Gegenstand der Kunstschlosserei, der im Mittelalter
besonders gepflegt wurde, war die Herstellung kunstvoller Thürklopfer.
Dieselben waren teils geschmiedet, teils geschnitten und zeigen einen
überraschenden Reichtum an Formen.
Die Anwendung der eisernen Schraube zur Befestigung datiert
erst, soviel bis jetzt bekannt ist, aus dem 15. Jahrhundert.
In Eisenkurzwaren stand Süddeutschland, besonders Steiermark
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 843. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/865>, abgerufen am 22.11.2024.
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