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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Roheisengewinnung.
wie die Schlacke abfloss. Dies war dem Schmelzer jener Zeit nicht
erwünscht. Sie betrachteten dies flüssige Eisen als ein verdorbenes
Produkt, als verbranntes Eisen, oder als eine Verbindung von Schwefel
mit Eisen. Von letzterer Auffassung ist die kärntnerische Bezeichnung
grig-lach (Graglach, etwa Dreckstein für das beim Frischen fallende
Roheisen) herzuleiten, während andere Namen, wie z. B. das englische
pig Iron (Schweineeisen), aus der allgemeinen Verachtung des unlieb-
samen Produktes entstanden sind. Das so gefallene Eisen wird meist
weisses Eisen gewesen sein und wurde ursprünglich bei der nächsten
Schmelzung wieder mit aufgegeben. Man fand aber allmählich, dass,
wenn man dieses geflossene Eisen für sich vor dem Winde einschmolz,
ein viel gleichmässigeres Produkt, sei es Eisen oder Stahl, fiel und
so wurde man dazu geführt, absichtlich das flüssige Eisen darzustellen
und dieses in einem zweiten Prozess, durch Einschmelzen vor dem Wind
in einem Herde in weiches Eisen umzuwandeln. Dieses nannte man
"zwiegeschmolzenes Eisen" und es wurde dem Luppeneisen vorgezogen.
So war man ganz allmählich, ohne es zu wollen, zu der indirekten
Methode der Eisengewinnung gekommen, die Roheisendarstellung
und der Frischprozess waren erfunden
. Je mehr man auf
diesem Wege weitere Erfahrungen sammelte, je mehr stellte es sich
heraus, welche grossen Vorteile mit dieser indirekten Methode ver-
bunden waren und zwar fand man, dass man um so günstigere Er-
gebnisse erzielte, je stärker man die Bälge und je höher man die
Öfen machte. Eigentliche Hochöfen hatte es bis dahin noch nicht
gegeben. Die höchsten Öfen waren die Stuck- und Wolfsöfen oder
Blauöfen (eigentlich Plaaöfen, d. h. Blaseöfen). Diese mussten, wie
bekannt, nach jeder Operation aufgebrochen und das Stuck oder der
Wolf, d. h. die Luppe, mit Stangen und Haken ausgebrochen werden.
Bei diesen Schachtöfen kam es nun am ersten vor, dass bei stärkerm
Blasen das Eisen in Roheisen sich verwandelte und ausfloss. Aus
diesen Öfen entwickelten sich dann auch die Hochöfen und blieben
viele Eigentümlichkeiten der Konstruktion der alten Stucköfen noch
lange den Hochöfen anhaften.

Die ältesten Hochöfen, von denen wir urkundliche Kenntnis haben,
wurden im Siegerland errichtet. Bereits aus dem Jahre 1443 giebt es
gesetzliche Bestimmungen über den Eisenhütten- und Hammerbetrieb
mit Wasserrädern. Die Verordnung heisst: "ein Weistum, wie es mit
dem Schmelzen und Mahlen zu halten, wenn zwei Hütten und Mühlen
in einem Graben gehen", und bestimmt, dass, wenn einem Rade das
Wasser gebreche, so, dass Hütte und Mühle nicht zugleich gehen kön-

Roheisengewinnung.
wie die Schlacke abfloſs. Dies war dem Schmelzer jener Zeit nicht
erwünscht. Sie betrachteten dies flüssige Eisen als ein verdorbenes
Produkt, als verbranntes Eisen, oder als eine Verbindung von Schwefel
mit Eisen. Von letzterer Auffassung ist die kärntnerische Bezeichnung
grig-lach (Graglach, etwa Dreckstein für das beim Frischen fallende
Roheisen) herzuleiten, während andere Namen, wie z. B. das englische
pig Iron (Schweineeisen), aus der allgemeinen Verachtung des unlieb-
samen Produktes entstanden sind. Das so gefallene Eisen wird meist
weiſses Eisen gewesen sein und wurde ursprünglich bei der nächsten
Schmelzung wieder mit aufgegeben. Man fand aber allmählich, daſs,
wenn man dieses geflossene Eisen für sich vor dem Winde einschmolz,
ein viel gleichmäſsigeres Produkt, sei es Eisen oder Stahl, fiel und
so wurde man dazu geführt, absichtlich das flüssige Eisen darzustellen
und dieses in einem zweiten Prozeſs, durch Einschmelzen vor dem Wind
in einem Herde in weiches Eisen umzuwandeln. Dieses nannte man
„zwiegeschmolzenes Eisen“ und es wurde dem Luppeneisen vorgezogen.
So war man ganz allmählich, ohne es zu wollen, zu der indirekten
Methode der Eisengewinnung gekommen, die Roheisendarstellung
und der Frischprozeſs waren erfunden
. Je mehr man auf
diesem Wege weitere Erfahrungen sammelte, je mehr stellte es sich
heraus, welche groſsen Vorteile mit dieser indirekten Methode ver-
bunden waren und zwar fand man, daſs man um so günstigere Er-
gebnisse erzielte, je stärker man die Bälge und je höher man die
Öfen machte. Eigentliche Hochöfen hatte es bis dahin noch nicht
gegeben. Die höchsten Öfen waren die Stuck- und Wolfsöfen oder
Blauöfen (eigentlich Plaaöfen, d. h. Blaseöfen). Diese muſsten, wie
bekannt, nach jeder Operation aufgebrochen und das Stuck oder der
Wolf, d. h. die Luppe, mit Stangen und Haken ausgebrochen werden.
Bei diesen Schachtöfen kam es nun am ersten vor, daſs bei stärkerm
Blasen das Eisen in Roheisen sich verwandelte und ausfloſs. Aus
diesen Öfen entwickelten sich dann auch die Hochöfen und blieben
viele Eigentümlichkeiten der Konstruktion der alten Stucköfen noch
lange den Hochöfen anhaften.

Die ältesten Hochöfen, von denen wir urkundliche Kenntnis haben,
wurden im Siegerland errichtet. Bereits aus dem Jahre 1443 giebt es
gesetzliche Bestimmungen über den Eisenhütten- und Hammerbetrieb
mit Wasserrädern. Die Verordnung heiſst: „ein Weistum, wie es mit
dem Schmelzen und Mahlen zu halten, wenn zwei Hütten und Mühlen
in einem Graben gehen“, und bestimmt, daſs, wenn einem Rade das
Wasser gebreche, so, daſs Hütte und Mühle nicht zugleich gehen kön-

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[964/0986] Roheisengewinnung. wie die Schlacke abfloſs. Dies war dem Schmelzer jener Zeit nicht erwünscht. Sie betrachteten dies flüssige Eisen als ein verdorbenes Produkt, als verbranntes Eisen, oder als eine Verbindung von Schwefel mit Eisen. Von letzterer Auffassung ist die kärntnerische Bezeichnung grig-lach (Graglach, etwa Dreckstein für das beim Frischen fallende Roheisen) herzuleiten, während andere Namen, wie z. B. das englische pig Iron (Schweineeisen), aus der allgemeinen Verachtung des unlieb- samen Produktes entstanden sind. Das so gefallene Eisen wird meist weiſses Eisen gewesen sein und wurde ursprünglich bei der nächsten Schmelzung wieder mit aufgegeben. Man fand aber allmählich, daſs, wenn man dieses geflossene Eisen für sich vor dem Winde einschmolz, ein viel gleichmäſsigeres Produkt, sei es Eisen oder Stahl, fiel und so wurde man dazu geführt, absichtlich das flüssige Eisen darzustellen und dieses in einem zweiten Prozeſs, durch Einschmelzen vor dem Wind in einem Herde in weiches Eisen umzuwandeln. Dieses nannte man „zwiegeschmolzenes Eisen“ und es wurde dem Luppeneisen vorgezogen. So war man ganz allmählich, ohne es zu wollen, zu der indirekten Methode der Eisengewinnung gekommen, die Roheisendarstellung und der Frischprozeſs waren erfunden. Je mehr man auf diesem Wege weitere Erfahrungen sammelte, je mehr stellte es sich heraus, welche groſsen Vorteile mit dieser indirekten Methode ver- bunden waren und zwar fand man, daſs man um so günstigere Er- gebnisse erzielte, je stärker man die Bälge und je höher man die Öfen machte. Eigentliche Hochöfen hatte es bis dahin noch nicht gegeben. Die höchsten Öfen waren die Stuck- und Wolfsöfen oder Blauöfen (eigentlich Plaaöfen, d. h. Blaseöfen). Diese muſsten, wie bekannt, nach jeder Operation aufgebrochen und das Stuck oder der Wolf, d. h. die Luppe, mit Stangen und Haken ausgebrochen werden. Bei diesen Schachtöfen kam es nun am ersten vor, daſs bei stärkerm Blasen das Eisen in Roheisen sich verwandelte und ausfloſs. Aus diesen Öfen entwickelten sich dann auch die Hochöfen und blieben viele Eigentümlichkeiten der Konstruktion der alten Stucköfen noch lange den Hochöfen anhaften. Die ältesten Hochöfen, von denen wir urkundliche Kenntnis haben, wurden im Siegerland errichtet. Bereits aus dem Jahre 1443 giebt es gesetzliche Bestimmungen über den Eisenhütten- und Hammerbetrieb mit Wasserrädern. Die Verordnung heiſst: „ein Weistum, wie es mit dem Schmelzen und Mahlen zu halten, wenn zwei Hütten und Mühlen in einem Graben gehen“, und bestimmt, daſs, wenn einem Rade das Wasser gebreche, so, daſs Hütte und Mühle nicht zugleich gehen kön-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 964. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/986>, abgerufen am 21.11.2024.