Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.
Auch das Feuersetzen kam bei der Gewinnung der Eisenerze hier und da in Anwendung; so geschah dies noch Ende des vorigen Jahr- hunderts zu Frauenberg im Erzgebirge, wo man den Magneteisenstein auf diese Weise gewann und an dem beschwerlichen Verfahren fest- hielt, weil dadurch zugleich das Erz eine teilweise Röstung erfuhr. Es würde zu weit führen, alle im 16. Jahrhundert betriebenen Eisen- bergwerke aufzuführen; wir werden bei der Geschichte der Eisen- industrie der einzelnen Länder Gelegenheit haben, die wichtigsten derselben namhaft zu machen.
Das geförderte Erz wurde in Haufen auf der Halde aufgefahren, und zwar in der Weise, dass der Neunte oder Zehnte, welcher als Abgabe gewöhnlich dem Landesherrn zu entrichten war, für sich ge- stürzt wurde.
Wenn das Erz keiner besondern Aufbereitung bedurfte, so war es jetzt zum Verkauf oder zum Verschmelzen fertig und konnte die Probe genommen werden.
Das Probieren der Eisenerze geschah, wie das Probieren der Erze überhaupt, auf trockenem Wege. Die "trockene Erzprobe" war bereits im 16. Jahrhundert zu einer Vollkommenheit entwickelt, dass dieser Zweig der Chemie bis zu unserer Zeit wenig Änderungen und Verbesserungen erfahren hat. Die metallurgische Chemie, die unter dem Namen der Probierkunst begriffen wurde, war eine in sich abgeschlossene Wissenschaft oder nach der Ausdrucksweise der Alten "eine Kunst". Sie zeichnete sich sehr vorteilhaft vor den geheimnis- vollen Operationen der Alchimisten und Adepten durch Einfachheit und Klarheit aus. Bei ihr bildete die Wage bereits das wichtigste Instrument; sie war die einzige Form der chemischen Analyse. So ist die Probierkunst, obgleich fast ausschliesslich von Berg- und Hüttenleuten für ihre praktischen Bedürfnisse gepflegt, in gewisser Beziehung der Ausgangspunkt der modernen Chemie geworden; denn erst dadurch, dass man mit der Wage in der Hand alle chemischen Vorgänge prüfte, enstand die exakte chemische Wissenschaft.
Die Operationen des Probierers waren im wesentlichen die Ope- rationen des Hüttenmannes bei der Zugutemachung der Erze auf den kleinen Raum des Laboratoriums mit seinen Tiegeln, Kapellen, Muffeln, Windöfen und Handblasebälgen reduziert.
Wie die Ausschmelzung der Eisenerze ein einfacher Vorgang war, so war es auch das Probieren derselben auf ihren Gehalt. Es war dies eine einfache Tiegelprobe. Das gepulverte Eisenerz wurde in einem Tiegel mit Kohlenpulver gemengt zu einem Regulus, König,
Beck, Geschichte des Eisens. 6
Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.
Auch das Feuersetzen kam bei der Gewinnung der Eisenerze hier und da in Anwendung; so geschah dies noch Ende des vorigen Jahr- hunderts zu Frauenberg im Erzgebirge, wo man den Magneteisenstein auf diese Weise gewann und an dem beschwerlichen Verfahren fest- hielt, weil dadurch zugleich das Erz eine teilweise Röstung erfuhr. Es würde zu weit führen, alle im 16. Jahrhundert betriebenen Eisen- bergwerke aufzuführen; wir werden bei der Geschichte der Eisen- industrie der einzelnen Länder Gelegenheit haben, die wichtigsten derselben namhaft zu machen.
Das geförderte Erz wurde in Haufen auf der Halde aufgefahren, und zwar in der Weise, daſs der Neunte oder Zehnte, welcher als Abgabe gewöhnlich dem Landesherrn zu entrichten war, für sich ge- stürzt wurde.
Wenn das Erz keiner besondern Aufbereitung bedurfte, so war es jetzt zum Verkauf oder zum Verschmelzen fertig und konnte die Probe genommen werden.
Das Probieren der Eisenerze geschah, wie das Probieren der Erze überhaupt, auf trockenem Wege. Die „trockene Erzprobe“ war bereits im 16. Jahrhundert zu einer Vollkommenheit entwickelt, daſs dieser Zweig der Chemie bis zu unserer Zeit wenig Änderungen und Verbesserungen erfahren hat. Die metallurgische Chemie, die unter dem Namen der Probierkunst begriffen wurde, war eine in sich abgeschlossene Wissenschaft oder nach der Ausdrucksweise der Alten „eine Kunst“. Sie zeichnete sich sehr vorteilhaft vor den geheimnis- vollen Operationen der Alchimisten und Adepten durch Einfachheit und Klarheit aus. Bei ihr bildete die Wage bereits das wichtigste Instrument; sie war die einzige Form der chemischen Analyse. So ist die Probierkunst, obgleich fast ausschlieſslich von Berg- und Hüttenleuten für ihre praktischen Bedürfnisse gepflegt, in gewisser Beziehung der Ausgangspunkt der modernen Chemie geworden; denn erst dadurch, daſs man mit der Wage in der Hand alle chemischen Vorgänge prüfte, enstand die exakte chemische Wissenschaft.
Die Operationen des Probierers waren im wesentlichen die Ope- rationen des Hüttenmannes bei der Zugutemachung der Erze auf den kleinen Raum des Laboratoriums mit seinen Tiegeln, Kapellen, Muffeln, Windöfen und Handblasebälgen reduziert.
Wie die Ausschmelzung der Eisenerze ein einfacher Vorgang war, so war es auch das Probieren derselben auf ihren Gehalt. Es war dies eine einfache Tiegelprobe. Das gepulverte Eisenerz wurde in einem Tiegel mit Kohlenpulver gemengt zu einem Regulus, König,
Beck, Geschichte des Eisens. 6
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Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.
Auch das Feuersetzen kam bei der Gewinnung der Eisenerze hier
und da in Anwendung; so geschah dies noch Ende des vorigen Jahr-
hunderts zu Frauenberg im Erzgebirge, wo man den Magneteisenstein
auf diese Weise gewann und an dem beschwerlichen Verfahren fest-
hielt, weil dadurch zugleich das Erz eine teilweise Röstung erfuhr.
Es würde zu weit führen, alle im 16. Jahrhundert betriebenen Eisen-
bergwerke aufzuführen; wir werden bei der Geschichte der Eisen-
industrie der einzelnen Länder Gelegenheit haben, die wichtigsten
derselben namhaft zu machen.
Das geförderte Erz wurde in Haufen auf der Halde aufgefahren,
und zwar in der Weise, daſs der Neunte oder Zehnte, welcher als
Abgabe gewöhnlich dem Landesherrn zu entrichten war, für sich ge-
stürzt wurde.
Wenn das Erz keiner besondern Aufbereitung bedurfte, so war
es jetzt zum Verkauf oder zum Verschmelzen fertig und konnte die
Probe genommen werden.
Das Probieren der Eisenerze geschah, wie das Probieren der
Erze überhaupt, auf trockenem Wege. Die „trockene Erzprobe“
war bereits im 16. Jahrhundert zu einer Vollkommenheit entwickelt,
daſs dieser Zweig der Chemie bis zu unserer Zeit wenig Änderungen
und Verbesserungen erfahren hat. Die metallurgische Chemie, die
unter dem Namen der Probierkunst begriffen wurde, war eine in sich
abgeschlossene Wissenschaft oder nach der Ausdrucksweise der Alten
„eine Kunst“. Sie zeichnete sich sehr vorteilhaft vor den geheimnis-
vollen Operationen der Alchimisten und Adepten durch Einfachheit
und Klarheit aus. Bei ihr bildete die Wage bereits das wichtigste
Instrument; sie war die einzige Form der chemischen Analyse. So
ist die Probierkunst, obgleich fast ausschlieſslich von Berg- und
Hüttenleuten für ihre praktischen Bedürfnisse gepflegt, in gewisser
Beziehung der Ausgangspunkt der modernen Chemie geworden; denn
erst dadurch, daſs man mit der Wage in der Hand alle chemischen
Vorgänge prüfte, enstand die exakte chemische Wissenschaft.
Die Operationen des Probierers waren im wesentlichen die Ope-
rationen des Hüttenmannes bei der Zugutemachung der Erze auf den
kleinen Raum des Laboratoriums mit seinen Tiegeln, Kapellen, Muffeln,
Windöfen und Handblasebälgen reduziert.
Wie die Ausschmelzung der Eisenerze ein einfacher Vorgang
war, so war es auch das Probieren derselben auf ihren Gehalt. Es
war dies eine einfache Tiegelprobe. Das gepulverte Eisenerz wurde
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/101>, abgerufen am 23.11.2024.
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