die Überlegenheit der Schusswaffen immer mehr zur Geltung. Man suchte sowohl die Handfeuerwaffen, als auch die Feldgeschütze leichter zu machen.
Bei den deutschen Hakenbüchsen gingen ursprünglich acht Kugeln auf ein Pfund, später 16; anfangs des 17. Jahrhunderts hatte man die Haken soviel leichter gemacht, dass 20 bis 24 Kugeln auf das Pfund gingen, so dass diese nur 25,5 und 19,1 g wogen, die Waffe selbst wog nur noch 5 kg. Auch die Musketen, welche früher acht Kugeln auf das Pfund schossen, hatte man leichter gemacht, so dass zehn auf das Pfund gingen; eine Kugel wog 51 g. -- Das Gewicht der Musketen setzte Gustav Adolf 1626 auf 10 Pfd. Nürnberger Gewicht, oder von 7,649 auf 5,099 kg herab.
Ein Fortschritt lässt sich ferner in der sorgfältigeren und gleich- mässigeren Herstellung der Feuerrohre und in der häufigeren An- wendung gezogener Rohre erkennen. Drechsler und Recknagel waren zwei berühmte Büchsenschmiede zu Anfang des Jahrhun- derts, welche Meisterwaffen verfertigten, aber auch die fabrikmässig dargestellten Rohre waren besser geschmiedet, geschweisst und gebohrt. Eine Abbildung einer Bohrwerkstätte für Flintenrohre (Fig. 215) giebt Weigel1). Es war allgemein festgesetzt, dass ein richtig ge- schmiedetes Rohr am Pulversack die ganze Kugeldicke, an der Mündung dagegen nur die halbe an Eisenstärke haben sollte 2). Das Büchsen- schiessen wurde viel allgemeiner und sorgfältiger geübt, wozu die Schützengesellschaften und Schützenfeste, die sich immer mehr ein- bürgerten, wesentlich mit beitrugen. Auch kamen die gezogenen Rohre mehr und mehr in Aufnahme. Für diese war Augustin Kutters Erfindung der Sternzüge von Wichtigkeit. Zöllner in Salzburg fer- tigte 1677 Gewehre mit grossen und mit Haarzügen zugleich. Zu erwähnen ist auch die Erfindung der Windbüchsen, "Luftröhren" ge- nannt, von Paul Weber, der ein Hatschirer unter Kaiser Ferdi- nand III. war, und wegen seiner Kunst der Luftschütz genannt wurde 3).
Die Reiterei wurde seit Ende des 16. Jahrhunderts allgemein mit Pistolen bewaffnet. Gustav Adolf führte die Karabiner ein. Ent- sprechend dem wachsenden Bedarf an Feuerrohren wurde die Fabri- kation immer mehr eine fabrikmässige, auf Massenerzeugung gerichtete, doch geschah die Arbeit meistens noch mit der Hand. Suhl war in
1) Siehe Weigel a. a. O., S. 63, wo sich auch eine gute Abbildung einer Büchsenmacherwerkstätte findet.
2) J. Schön, Geschichte der Handfeuerwaffen, S. 56.
3)Becher, Närrische Weisheit etc., Nr. 22.
Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert.
die Überlegenheit der Schuſswaffen immer mehr zur Geltung. Man suchte sowohl die Handfeuerwaffen, als auch die Feldgeschütze leichter zu machen.
Bei den deutschen Hakenbüchsen gingen ursprünglich acht Kugeln auf ein Pfund, später 16; anfangs des 17. Jahrhunderts hatte man die Haken soviel leichter gemacht, daſs 20 bis 24 Kugeln auf das Pfund gingen, so daſs diese nur 25,5 und 19,1 g wogen, die Waffe selbst wog nur noch 5 kg. Auch die Musketen, welche früher acht Kugeln auf das Pfund schossen, hatte man leichter gemacht, so daſs zehn auf das Pfund gingen; eine Kugel wog 51 g. — Das Gewicht der Musketen setzte Gustav Adolf 1626 auf 10 Pfd. Nürnberger Gewicht, oder von 7,649 auf 5,099 kg herab.
Ein Fortschritt läſst sich ferner in der sorgfältigeren und gleich- mäſsigeren Herstellung der Feuerrohre und in der häufigeren An- wendung gezogener Rohre erkennen. Drechsler und Recknagel waren zwei berühmte Büchsenschmiede zu Anfang des Jahrhun- derts, welche Meisterwaffen verfertigten, aber auch die fabrikmäſsig dargestellten Rohre waren besser geschmiedet, geschweiſst und gebohrt. Eine Abbildung einer Bohrwerkstätte für Flintenrohre (Fig. 215) giebt Weigel1). Es war allgemein festgesetzt, daſs ein richtig ge- schmiedetes Rohr am Pulversack die ganze Kugeldicke, an der Mündung dagegen nur die halbe an Eisenstärke haben sollte 2). Das Büchsen- schieſsen wurde viel allgemeiner und sorgfältiger geübt, wozu die Schützengesellschaften und Schützenfeste, die sich immer mehr ein- bürgerten, wesentlich mit beitrugen. Auch kamen die gezogenen Rohre mehr und mehr in Aufnahme. Für diese war Augustin Kutters Erfindung der Sternzüge von Wichtigkeit. Zöllner in Salzburg fer- tigte 1677 Gewehre mit groſsen und mit Haarzügen zugleich. Zu erwähnen ist auch die Erfindung der Windbüchsen, „Luftröhren“ ge- nannt, von Paul Weber, der ein Hatschirer unter Kaiser Ferdi- nand III. war, und wegen seiner Kunst der Luftschütz genannt wurde 3).
Die Reiterei wurde seit Ende des 16. Jahrhunderts allgemein mit Pistolen bewaffnet. Gustav Adolf führte die Karabiner ein. Ent- sprechend dem wachsenden Bedarf an Feuerrohren wurde die Fabri- kation immer mehr eine fabrikmäſsige, auf Massenerzeugung gerichtete, doch geschah die Arbeit meistens noch mit der Hand. Suhl war in
1) Siehe Weigel a. a. O., S. 63, wo sich auch eine gute Abbildung einer Büchsenmacherwerkstätte findet.
2) J. Schön, Geschichte der Handfeuerwaffen, S. 56.
3)Becher, Närrische Weisheit etc., Nr. 22.
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Die Waffenfabrikation im 17. Jahrhundert.
die Überlegenheit der Schuſswaffen immer mehr zur Geltung. Man
suchte sowohl die Handfeuerwaffen, als auch die Feldgeschütze leichter
zu machen.
Bei den deutschen Hakenbüchsen gingen ursprünglich acht Kugeln
auf ein Pfund, später 16; anfangs des 17. Jahrhunderts hatte man
die Haken soviel leichter gemacht, daſs 20 bis 24 Kugeln auf das
Pfund gingen, so daſs diese nur 25,5 und 19,1 g wogen, die Waffe
selbst wog nur noch 5 kg. Auch die Musketen, welche früher acht
Kugeln auf das Pfund schossen, hatte man leichter gemacht, so daſs
zehn auf das Pfund gingen; eine Kugel wog 51 g. — Das Gewicht der
Musketen setzte Gustav Adolf 1626 auf 10 Pfd. Nürnberger Gewicht,
oder von 7,649 auf 5,099 kg herab.
Ein Fortschritt läſst sich ferner in der sorgfältigeren und gleich-
mäſsigeren Herstellung der Feuerrohre und in der häufigeren An-
wendung gezogener Rohre erkennen. Drechsler und Recknagel
waren zwei berühmte Büchsenschmiede zu Anfang des Jahrhun-
derts, welche Meisterwaffen verfertigten, aber auch die fabrikmäſsig
dargestellten Rohre waren besser geschmiedet, geschweiſst und gebohrt.
Eine Abbildung einer Bohrwerkstätte für Flintenrohre (Fig. 215)
giebt Weigel 1). Es war allgemein festgesetzt, daſs ein richtig ge-
schmiedetes Rohr am Pulversack die ganze Kugeldicke, an der Mündung
dagegen nur die halbe an Eisenstärke haben sollte 2). Das Büchsen-
schieſsen wurde viel allgemeiner und sorgfältiger geübt, wozu die
Schützengesellschaften und Schützenfeste, die sich immer mehr ein-
bürgerten, wesentlich mit beitrugen. Auch kamen die gezogenen Rohre
mehr und mehr in Aufnahme. Für diese war Augustin Kutters
Erfindung der Sternzüge von Wichtigkeit. Zöllner in Salzburg fer-
tigte 1677 Gewehre mit groſsen und mit Haarzügen zugleich. Zu
erwähnen ist auch die Erfindung der Windbüchsen, „Luftröhren“ ge-
nannt, von Paul Weber, der ein Hatschirer unter Kaiser Ferdi-
nand III. war, und wegen seiner Kunst der Luftschütz genannt wurde 3).
Die Reiterei wurde seit Ende des 16. Jahrhunderts allgemein mit
Pistolen bewaffnet. Gustav Adolf führte die Karabiner ein. Ent-
sprechend dem wachsenden Bedarf an Feuerrohren wurde die Fabri-
kation immer mehr eine fabrikmäſsige, auf Massenerzeugung gerichtete,
doch geschah die Arbeit meistens noch mit der Hand. Suhl war in
1) Siehe Weigel a. a. O., S. 63, wo sich auch eine gute Abbildung einer
Büchsenmacherwerkstätte findet.
2) J. Schön, Geschichte der Handfeuerwaffen, S. 56.
3) Becher, Närrische Weisheit etc., Nr. 22.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 988. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1010>, abgerufen am 22.11.2024.
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