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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert.

Die Härtung des Stahls (la trempe)1).

"Es genügt nicht, den Stahl zu kennen und richtig auszuwählen,
man muss auch verstehen, ihn je nach seiner Natur und dem Zwecke
seiner Verwendung zu härten. (Felibien. -- Jousse nennt dies
le couronnement de l'oeuvre.)

Um den geringen Stahl (le petit acier) Limousin, Clamesy 2)
und den künstlichen, nachdem man das Stück geschmiedet, verstählt
und fertig gemacht hat, zu härten, erhitzt man es etwas über Kirsch-
rotglut und löscht (trempe) es alsdann in Quell- oder Brunnenwasser
(eau de puits), je kälter je besser.

Einige werfen Glas in die Esse, ehe sie den Stahl erhitzen;
dieses soll schmelzen und den Stahl einhüllen, den sie alsdann
sehr heiss ablöschen. Viele aber glauben, dass dies gar keinen Zweck
habe.

Andere nehmen gewöhnliches Salz, zerstossen es und werfen
es auf den Stahl, sobald er heiss ist und nahe der Löschung.
Dieses soll den Stahl härter machen und dass er nicht so leicht
springt.

Nachdem man den Stahl erhitzt und das Salz darauf geworfen
hat, taucht man ihn sofort in kaltes Wasser und lässt ihn darin, bis
er kalt ist; hierauf lässt man ihn etwas an (recuit), d. h. nachdem
man das Werkzeug abgelöscht hat, legt man es auf ein heisses Stück
Eisen, bis die weisse Farbe, welche durch das Löschen entstanden ist,
sich zu verlieren beginnt und in die Goldfarbe übergeht; dann bringt
man es rasch noch einmal in das Wasser zurück, ohne abzuwarten,
bis es blau wird, weil es sonst seine Kraft verlieren würde, wenigstens
wenn es kein Rosenstahl (acier a la rose) ist, denn dieser ist stärker
und hält sich besser.

Um den von Piemont, wenn man ihn zu Schneidewaren, um
Brot, Fleisch, Holz und ähnliches zu schneiden, gebraucht, zu härten,
löscht man ihn bei Kirschrothitze und wenn man ihn dann anlässt,
ist es gut, mit der Schneide oder Schärfe über ein trocknes Holz zu
fahren, um zu sehen, ob die Späne oder der Staub sogleich auf dem-
selben anbrennten. Aber man muss bedenken, dass alter Stahl spröde
(cassant) wird, wenn man ihn zu heiss löscht und dass er sich dann

1) M. Jousse de la Fleche a. a. O. 144 und Felibien a. a. O. S. 148
(Felibien war Secretaire de l'academie des Sciences et Historiographe des Bastimens
du Roy).
2) Nähere Angaben über diese Stahlsorten folgen in dem Kapitel über Frank-
reich.
Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert.

Die Härtung des Stahls (la trempe)1).

„Es genügt nicht, den Stahl zu kennen und richtig auszuwählen,
man muſs auch verstehen, ihn je nach seiner Natur und dem Zwecke
seiner Verwendung zu härten. (Felibien. — Jousse nennt dies
le couronnement de l’oeuvre.)

Um den geringen Stahl (le petit acier) Limousin, Clamesy 2)
und den künstlichen, nachdem man das Stück geschmiedet, verstählt
und fertig gemacht hat, zu härten, erhitzt man es etwas über Kirsch-
rotglut und löscht (trempe) es alsdann in Quell- oder Brunnenwasser
(eau de puits), je kälter je besser.

Einige werfen Glas in die Esse, ehe sie den Stahl erhitzen;
dieses soll schmelzen und den Stahl einhüllen, den sie alsdann
sehr heiſs ablöschen. Viele aber glauben, daſs dies gar keinen Zweck
habe.

Andere nehmen gewöhnliches Salz, zerstoſsen es und werfen
es auf den Stahl, sobald er heiſs ist und nahe der Löschung.
Dieses soll den Stahl härter machen und daſs er nicht so leicht
springt.

Nachdem man den Stahl erhitzt und das Salz darauf geworfen
hat, taucht man ihn sofort in kaltes Wasser und läſst ihn darin, bis
er kalt ist; hierauf läſst man ihn etwas an (recuit), d. h. nachdem
man das Werkzeug abgelöscht hat, legt man es auf ein heiſses Stück
Eisen, bis die weiſse Farbe, welche durch das Löschen entstanden ist,
sich zu verlieren beginnt und in die Goldfarbe übergeht; dann bringt
man es rasch noch einmal in das Wasser zurück, ohne abzuwarten,
bis es blau wird, weil es sonst seine Kraft verlieren würde, wenigstens
wenn es kein Rosenstahl (acier à la rose) ist, denn dieser ist stärker
und hält sich besser.

Um den von Piemont, wenn man ihn zu Schneidewaren, um
Brot, Fleisch, Holz und ähnliches zu schneiden, gebraucht, zu härten,
löscht man ihn bei Kirschrothitze und wenn man ihn dann anläſst,
ist es gut, mit der Schneide oder Schärfe über ein trocknes Holz zu
fahren, um zu sehen, ob die Späne oder der Staub sogleich auf dem-
selben anbrennten. Aber man muſs bedenken, daſs alter Stahl spröde
(cassant) wird, wenn man ihn zu heiſs löscht und daſs er sich dann

1) M. Jousse de la Flêche a. a. O. 144 und Felibien a. a. O. S. 148
(Felibien war Secretaire de l’academie des Sciences et Historiographe des Bastimens
du Roy).
2) Nähere Angaben über diese Stahlsorten folgen in dem Kapitel über Frank-
reich.
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[1016/1038] Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. Die Härtung des Stahls (la trempe) 1). „Es genügt nicht, den Stahl zu kennen und richtig auszuwählen, man muſs auch verstehen, ihn je nach seiner Natur und dem Zwecke seiner Verwendung zu härten. (Felibien. — Jousse nennt dies le couronnement de l’oeuvre.) Um den geringen Stahl (le petit acier) Limousin, Clamesy 2) und den künstlichen, nachdem man das Stück geschmiedet, verstählt und fertig gemacht hat, zu härten, erhitzt man es etwas über Kirsch- rotglut und löscht (trempe) es alsdann in Quell- oder Brunnenwasser (eau de puits), je kälter je besser. Einige werfen Glas in die Esse, ehe sie den Stahl erhitzen; dieses soll schmelzen und den Stahl einhüllen, den sie alsdann sehr heiſs ablöschen. Viele aber glauben, daſs dies gar keinen Zweck habe. Andere nehmen gewöhnliches Salz, zerstoſsen es und werfen es auf den Stahl, sobald er heiſs ist und nahe der Löschung. Dieses soll den Stahl härter machen und daſs er nicht so leicht springt. Nachdem man den Stahl erhitzt und das Salz darauf geworfen hat, taucht man ihn sofort in kaltes Wasser und läſst ihn darin, bis er kalt ist; hierauf läſst man ihn etwas an (recuit), d. h. nachdem man das Werkzeug abgelöscht hat, legt man es auf ein heiſses Stück Eisen, bis die weiſse Farbe, welche durch das Löschen entstanden ist, sich zu verlieren beginnt und in die Goldfarbe übergeht; dann bringt man es rasch noch einmal in das Wasser zurück, ohne abzuwarten, bis es blau wird, weil es sonst seine Kraft verlieren würde, wenigstens wenn es kein Rosenstahl (acier à la rose) ist, denn dieser ist stärker und hält sich besser. Um den von Piemont, wenn man ihn zu Schneidewaren, um Brot, Fleisch, Holz und ähnliches zu schneiden, gebraucht, zu härten, löscht man ihn bei Kirschrothitze und wenn man ihn dann anläſst, ist es gut, mit der Schneide oder Schärfe über ein trocknes Holz zu fahren, um zu sehen, ob die Späne oder der Staub sogleich auf dem- selben anbrennten. Aber man muſs bedenken, daſs alter Stahl spröde (cassant) wird, wenn man ihn zu heiſs löscht und daſs er sich dann 1) M. Jousse de la Flêche a. a. O. 144 und Felibien a. a. O. S. 148 (Felibien war Secretaire de l’academie des Sciences et Historiographe des Bastimens du Roy). 2) Nähere Angaben über diese Stahlsorten folgen in dem Kapitel über Frank- reich.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1016. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1038>, abgerufen am 03.07.2024.