Die Eisenindustrie Kärntens hatte im 17. Jahrhundert dieselben schweren Zeiten durchzumachen wie die Steiermarks. Die Verhältnisse entwickelten sich aber doch insofern verschieden, als die Kärntner Gewerken ihre Selbstständigkeit sich bewahrten. Dies geschah unter schweren Kämpfen. Die Geschichte der kärntnerischen Eisenindustrie in diesem Jahrhundert bietet fast nichts als eine Reihe von Streitig- keiten, Vergleichen, Vertragsbrüchen und Gewaltthaten.
Das Unglück nahm seinen Anfang mit dem traurigen Emigra- tions-Edikt vom Jahre 1596. Der Erzbischof von Salzburg forderte von jedem protestantischen Hüttenberger Gewerken die Erklärung, ob er zur katholischen Religion zurückkehren oder ausser Land ziehen wollte. Infolgedessen wanderten viele und darunter die vermö- gendsten Gewerken aus; ebenso zahlreiche Knappen und Beamten. Die ärmeren Gewerke waren ganz in den Händen der Verleger, die sie aufs schwerste bedrückten, denn sie nahmen denselben das Eisen unter dem Wert ab, zahlten oft nur ein Drittel in bar und das mit schlechter Münze, während sie für die übrigen zwei Drittel allerhand Waren zu enormen Preisen lieferten 1). Dadurch waren die Gewerken ausser Stand gesetzt, ihre Verbindlichkeiten gegen die Arbeiter zu erfüllen, was einer so rohen, halsstarrigen, unausgesetzt auf uralte Vorrechte pochenden Masse als Deckmantel für ihre mitunter gerecht- fertigten Beschwerden und argen Ausschreitungen dienen konnte.
Die Klagen über Teuerung der wichtigsten Lebensbedürfnisse, Ausfuhr von Getreide, Vieh und Schmalz nach Wälschland trotz des heimischen Notstandes, des geringen, trotz der Teuerung unveränder- ten Lohnes u. s. w. beginnen im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts und hören bis zu dessen Schluss nicht auf. Der Schichtlohn der Bergknappen betrug 8--10 Kreuzer, während für Unschlitt und Schmiedelohn, die in Abzug gebracht wurden, 4 Kreuzer den Tag aufgingen. Die Verrechnung mit den Knappen erfolgte kaum alle zwei Jahre und die Zahlung erfolgte in so schlechter Münze, dass die Arbeiter an jedem Thaler 4--5 Kreuzer Verlust hatten. Die richtigen Vierundzwanziger rechneten die Gewerken zu 26 Kreuzer. Wollten die Arbeiter mit dem schlechten Geld Einkäufe machen, so verwei-
1) F. Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 76.
Kärnten im 17. Jahrhundert.
Kärnten.
Die Eisenindustrie Kärntens hatte im 17. Jahrhundert dieselben schweren Zeiten durchzumachen wie die Steiermarks. Die Verhältnisse entwickelten sich aber doch insofern verschieden, als die Kärntner Gewerken ihre Selbstständigkeit sich bewahrten. Dies geschah unter schweren Kämpfen. Die Geschichte der kärntnerischen Eisenindustrie in diesem Jahrhundert bietet fast nichts als eine Reihe von Streitig- keiten, Vergleichen, Vertragsbrüchen und Gewaltthaten.
Das Unglück nahm seinen Anfang mit dem traurigen Emigra- tions-Edikt vom Jahre 1596. Der Erzbischof von Salzburg forderte von jedem protestantischen Hüttenberger Gewerken die Erklärung, ob er zur katholischen Religion zurückkehren oder auſser Land ziehen wollte. Infolgedessen wanderten viele und darunter die vermö- gendsten Gewerken aus; ebenso zahlreiche Knappen und Beamten. Die ärmeren Gewerke waren ganz in den Händen der Verleger, die sie aufs schwerste bedrückten, denn sie nahmen denselben das Eisen unter dem Wert ab, zahlten oft nur ein Drittel in bar und das mit schlechter Münze, während sie für die übrigen zwei Drittel allerhand Waren zu enormen Preisen lieferten 1). Dadurch waren die Gewerken auſser Stand gesetzt, ihre Verbindlichkeiten gegen die Arbeiter zu erfüllen, was einer so rohen, halsstarrigen, unausgesetzt auf uralte Vorrechte pochenden Masse als Deckmantel für ihre mitunter gerecht- fertigten Beschwerden und argen Ausschreitungen dienen konnte.
Die Klagen über Teuerung der wichtigsten Lebensbedürfnisse, Ausfuhr von Getreide, Vieh und Schmalz nach Wälschland trotz des heimischen Notstandes, des geringen, trotz der Teuerung unveränder- ten Lohnes u. s. w. beginnen im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts und hören bis zu dessen Schluſs nicht auf. Der Schichtlohn der Bergknappen betrug 8—10 Kreuzer, während für Unschlitt und Schmiedelohn, die in Abzug gebracht wurden, 4 Kreuzer den Tag aufgingen. Die Verrechnung mit den Knappen erfolgte kaum alle zwei Jahre und die Zahlung erfolgte in so schlechter Münze, daſs die Arbeiter an jedem Thaler 4—5 Kreuzer Verlust hatten. Die richtigen Vierundzwanziger rechneten die Gewerken zu 26 Kreuzer. Wollten die Arbeiter mit dem schlechten Geld Einkäufe machen, so verwei-
1) F. Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 76.
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Kärnten im 17. Jahrhundert.
Kärnten.
Die Eisenindustrie Kärntens hatte im 17. Jahrhundert dieselben
schweren Zeiten durchzumachen wie die Steiermarks. Die Verhältnisse
entwickelten sich aber doch insofern verschieden, als die Kärntner
Gewerken ihre Selbstständigkeit sich bewahrten. Dies geschah unter
schweren Kämpfen. Die Geschichte der kärntnerischen Eisenindustrie
in diesem Jahrhundert bietet fast nichts als eine Reihe von Streitig-
keiten, Vergleichen, Vertragsbrüchen und Gewaltthaten.
Das Unglück nahm seinen Anfang mit dem traurigen Emigra-
tions-Edikt vom Jahre 1596. Der Erzbischof von Salzburg forderte
von jedem protestantischen Hüttenberger Gewerken die Erklärung,
ob er zur katholischen Religion zurückkehren oder auſser Land
ziehen wollte. Infolgedessen wanderten viele und darunter die vermö-
gendsten Gewerken aus; ebenso zahlreiche Knappen und Beamten.
Die ärmeren Gewerke waren ganz in den Händen der Verleger, die
sie aufs schwerste bedrückten, denn sie nahmen denselben das Eisen
unter dem Wert ab, zahlten oft nur ein Drittel in bar und das mit
schlechter Münze, während sie für die übrigen zwei Drittel allerhand
Waren zu enormen Preisen lieferten 1). Dadurch waren die Gewerken
auſser Stand gesetzt, ihre Verbindlichkeiten gegen die Arbeiter zu
erfüllen, was einer so rohen, halsstarrigen, unausgesetzt auf uralte
Vorrechte pochenden Masse als Deckmantel für ihre mitunter gerecht-
fertigten Beschwerden und argen Ausschreitungen dienen konnte.
Die Klagen über Teuerung der wichtigsten Lebensbedürfnisse,
Ausfuhr von Getreide, Vieh und Schmalz nach Wälschland trotz des
heimischen Notstandes, des geringen, trotz der Teuerung unveränder-
ten Lohnes u. s. w. beginnen im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts
und hören bis zu dessen Schluſs nicht auf. Der Schichtlohn der
Bergknappen betrug 8—10 Kreuzer, während für Unschlitt und
Schmiedelohn, die in Abzug gebracht wurden, 4 Kreuzer den Tag
aufgingen. Die Verrechnung mit den Knappen erfolgte kaum alle
zwei Jahre und die Zahlung erfolgte in so schlechter Münze, daſs die
Arbeiter an jedem Thaler 4—5 Kreuzer Verlust hatten. Die richtigen
Vierundzwanziger rechneten die Gewerken zu 26 Kreuzer. Wollten
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1) F. Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 76.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1042. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1064>, abgerufen am 22.11.2024.
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