einer schwefligen Materie vermischter Saft sei, der in der Erde verhärtet und zu Stein geworden sei. Cardanus nennt die Stein- kohlen "Judenpech", d. i. Asphalt. Er sagt: England ist voll von schwarzem Judenpech, welches man Bitumen nennt, womit man auch dort Steine aus Erde brennt. Und Libavius1) sagt: Die Steinkohlen sind gegrabene, schwarze, harzige oder Pech-Kohlen, hart wie Steine und sehr schweflig, gar leicht anzubrennen, daher sie auch zum Ein- heizen und zu Schmiedearbeiten sehr bequem und dienlich sind. Christoph Encelius kommt unserer modernen Anschauung näher, indem er ihre Entstehung vom Torfe ableitet. Er sagt: Der Torf ist ein Bitumen, welches durch die Sonnenhitze an der Oberfläche der Erde ausgetrocknet ist, er ist ohne Zweifel die Mutter der Stein- kohle, welche ein durch die Hitze im Inneren der Erde fest gewordenes Bitumen ist 2).
Über die Verwendung der Steinkohlen haben wir bereits ver- schiedene Stellen angeführt. Ihre Hauptverwendung im 16. Jahrhundert war für den Hausbrand der ärmeren Leute und in den Schmieden. Ausserdem wurden sie benutzt zum Brennen von Ziegel- und Back- steinen, von Kalksteinen, zum Salzsieden, dagegen konnte man sie zu andern metallurgischen Operationen, zum Schmelzen der Erze, zum Frischen des Eisens u. s. w. in jener Zeit noch nicht verwenden. Agricola spricht sich über den Gebrauch der Steinkohlen am deut- lichsten, und zwar im vierten Buche des grossen Werkes "De natura fossilium", welches überhaupt die beste und ausführlichste Abhandlung jener Periode über die Steinkohlen ist, folgendermassen aus 3): Denn die Erz- und Eisenschmiede bedienen sich der Steinkohlen, die ihnen viel länger anhält. Aber weil sie durch ihren Fettgehalt das Eisen verdirbt und brüchig macht, so nehmen die, welche feinere Arbeiten machen, sie nicht, ausser wenn sie an Holzkohlen grossen Mangel
1) Libav. I. singul. P. 3, c. 9, p. 1045.
2)Encelius, De re metallica, Lib. de lithantrac. Thurfius ... est bitumen calore solis exsiccatum extra terram mater procul dubio carbonis lapidei, qui est bitumen induratum calore intra terram.
3) Etenim fabri aeraerii et ferrarii carbonum, quod eis multo diutius duret, vice ipso utuntur. Sed quia sua pinguitudine inficit ferrum et fragile facit, qui subtilia opera efficiunt, hoc non utuntur, nisi eorum qui ex ligno fiunt, magna fuerit penuria. Eodem bitumine hi quos ligna deficiunt, cibos coquunt, caldaria, in quibus hyeme degunt vitam, calfaciunt, calcem urunt, vitium vero foetoris plerunque sale, in ignem injecto, corrigunt. Agricolae eodem vites oblinunt, quod vermes illarum oculos rodentes interficiat. Eodem decoris gratia quidam tingunt palpebras et capillos. In medicinae vero usu exsiccat et digerit. At ex duro polito tigurantur effigies hominum: globuli quibus numerantur preces gemmae annulis inferendae, aut funda claudendae. Id nostris temporibus gagates dicitur.
Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf.
einer schwefligen Materie vermischter Saft sei, der in der Erde verhärtet und zu Stein geworden sei. Cardanus nennt die Stein- kohlen „Judenpech“, d. i. Asphalt. Er sagt: England ist voll von schwarzem Judenpech, welches man Bitumen nennt, womit man auch dort Steine aus Erde brennt. Und Libavius1) sagt: Die Steinkohlen sind gegrabene, schwarze, harzige oder Pech-Kohlen, hart wie Steine und sehr schweflig, gar leicht anzubrennen, daher sie auch zum Ein- heizen und zu Schmiedearbeiten sehr bequem und dienlich sind. Christoph Encelius kommt unserer modernen Anschauung näher, indem er ihre Entstehung vom Torfe ableitet. Er sagt: Der Torf ist ein Bitumen, welches durch die Sonnenhitze an der Oberfläche der Erde ausgetrocknet ist, er ist ohne Zweifel die Mutter der Stein- kohle, welche ein durch die Hitze im Inneren der Erde fest gewordenes Bitumen ist 2).
Über die Verwendung der Steinkohlen haben wir bereits ver- schiedene Stellen angeführt. Ihre Hauptverwendung im 16. Jahrhundert war für den Hausbrand der ärmeren Leute und in den Schmieden. Auſserdem wurden sie benutzt zum Brennen von Ziegel- und Back- steinen, von Kalksteinen, zum Salzsieden, dagegen konnte man sie zu andern metallurgischen Operationen, zum Schmelzen der Erze, zum Frischen des Eisens u. s. w. in jener Zeit noch nicht verwenden. Agricola spricht sich über den Gebrauch der Steinkohlen am deut- lichsten, und zwar im vierten Buche des groſsen Werkes „De natura fossilium“, welches überhaupt die beste und ausführlichste Abhandlung jener Periode über die Steinkohlen ist, folgendermaſsen aus 3): Denn die Erz- und Eisenschmiede bedienen sich der Steinkohlen, die ihnen viel länger anhält. Aber weil sie durch ihren Fettgehalt das Eisen verdirbt und brüchig macht, so nehmen die, welche feinere Arbeiten machen, sie nicht, auſser wenn sie an Holzkohlen groſsen Mangel
1) Libav. I. singul. P. 3, c. 9, p. 1045.
2)Encelius, De re metallica, Lib. de lithantrac. Thurfius … est bitumen calore solis exsiccatum extra terram mater procul dubio carbonis lapidei, qui est bitumen induratum calore intra terram.
3) Etenim fabri aeraerii et ferrarii carbonum, quod eis multo diutius duret, vice ipso utuntur. Sed quia sua pinguitudine inficit ferrum et fragile facit, qui subtilia opera efficiunt, hoc non utuntur, nisi eorum qui ex ligno fiunt, magna fuerit penuria. Eodem bitumine hi quos ligna deficiunt, cibos coquunt, caldaria, in quibus hyeme degunt vitam, calfaciunt, calcem urunt, vitium vero foetoris plerunque sale, in ignem injecto, corrigunt. Agricolae eodem vites oblinunt, quod vermes illarum oculos rodentes interficiat. Eodem decoris gratia quidam tingunt palpebras et capillos. In medicinae vero usu exsiccat et digerit. At ex duro polito tigurantur effigies hominum: globuli quibus numerantur preces gemmae annulis inferendae, aut funda claudendae. Id nostris temporibus gagates dicitur.
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Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf.
einer schwefligen Materie vermischter Saft sei, der in der Erde
verhärtet und zu Stein geworden sei. Cardanus nennt die Stein-
kohlen „Judenpech“, d. i. Asphalt. Er sagt: England ist voll von
schwarzem Judenpech, welches man Bitumen nennt, womit man auch
dort Steine aus Erde brennt. Und Libavius 1) sagt: Die Steinkohlen
sind gegrabene, schwarze, harzige oder Pech-Kohlen, hart wie Steine
und sehr schweflig, gar leicht anzubrennen, daher sie auch zum Ein-
heizen und zu Schmiedearbeiten sehr bequem und dienlich sind.
Christoph Encelius kommt unserer modernen Anschauung näher,
indem er ihre Entstehung vom Torfe ableitet. Er sagt: Der Torf
ist ein Bitumen, welches durch die Sonnenhitze an der Oberfläche
der Erde ausgetrocknet ist, er ist ohne Zweifel die Mutter der Stein-
kohle, welche ein durch die Hitze im Inneren der Erde fest gewordenes
Bitumen ist 2).
Über die Verwendung der Steinkohlen haben wir bereits ver-
schiedene Stellen angeführt. Ihre Hauptverwendung im 16. Jahrhundert
war für den Hausbrand der ärmeren Leute und in den Schmieden.
Auſserdem wurden sie benutzt zum Brennen von Ziegel- und Back-
steinen, von Kalksteinen, zum Salzsieden, dagegen konnte man sie
zu andern metallurgischen Operationen, zum Schmelzen der Erze,
zum Frischen des Eisens u. s. w. in jener Zeit noch nicht verwenden.
Agricola spricht sich über den Gebrauch der Steinkohlen am deut-
lichsten, und zwar im vierten Buche des groſsen Werkes „De natura
fossilium“, welches überhaupt die beste und ausführlichste Abhandlung
jener Periode über die Steinkohlen ist, folgendermaſsen aus 3): Denn
die Erz- und Eisenschmiede bedienen sich der Steinkohlen, die ihnen
viel länger anhält. Aber weil sie durch ihren Fettgehalt das Eisen
verdirbt und brüchig macht, so nehmen die, welche feinere Arbeiten
machen, sie nicht, auſser wenn sie an Holzkohlen groſsen Mangel
1) Libav. I. singul. P. 3, c. 9, p. 1045.
2) Encelius, De re metallica, Lib. de lithantrac. Thurfius … est bitumen
calore solis exsiccatum extra terram mater procul dubio carbonis lapidei,
qui est bitumen induratum calore intra terram.
3) Etenim fabri aeraerii et ferrarii carbonum, quod eis multo diutius duret,
vice ipso utuntur. Sed quia sua pinguitudine inficit ferrum et fragile facit, qui
subtilia opera efficiunt, hoc non utuntur, nisi eorum qui ex ligno fiunt, magna
fuerit penuria. Eodem bitumine hi quos ligna deficiunt, cibos coquunt, caldaria,
in quibus hyeme degunt vitam, calfaciunt, calcem urunt, vitium vero foetoris
plerunque sale, in ignem injecto, corrigunt. Agricolae eodem vites oblinunt,
quod vermes illarum oculos rodentes interficiat. Eodem decoris gratia quidam
tingunt palpebras et capillos. In medicinae vero usu exsiccat et digerit. At ex
duro polito tigurantur effigies hominum: globuli quibus numerantur preces gemmae
annulis inferendae, aut funda claudendae. Id nostris temporibus gagates dicitur.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/124>, abgerufen am 23.11.2024.
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