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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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England im 17. Jahrhundert.

Aus einem höchst amüsanten Gespräch zwischen einem Zinnberg-
mann von Cornwall und einem Eisenbergmann vom Forrest of Dean
-- dem Verfasser -- scheint hervorzugehen, dass dieser sein Eisenwerk
bei Ashley noch fortbetrieb. Der Eisenbergmann sagt nämlich:

Vor ungefähr 28 Jahren fand Herr Yarranton eine grosse Masse
römischer Schlacke, nahe den Stadtmauern von Worcester, wovon er
und andere viele tausend Tonnen oder Ladungen aufwärts dem Flusse
Severn weggefahren haben, um sie mit Zusatz von Eisenstein vom
Forrest of Dean zu verschmelzen. Etwa 100 Ellen von der Stadtmauer
von Worcester sei einer der alten Tretherde noch fest und gut erhalten,
etwa 7 Fuss unter dem Boden ausgegraben worden. Zur Seite der
Schmelzhütte (work) habe man einen Topf voll römischer Münzen ge-
funden, die teils in den Besitz von Sir Deydall, teils in das könig-
liche Cabinet (the kings Closet) gekommen seien.

Nach 1681 veröffentlichte Yarranton nur noch eine Beschreibung
der damals im Bau begriffenen Festung Dünkirchen, indem er die
Engländer vor der ihnen dadurch erwachsenden Gefahr warnte und
ihnen riet, das Werk zu zerstören, ehe es vollendet sei. Danach er-
fahren wir nichts mehr von diesem erleuchteten Patrioten. Man
weiss weder, wo er starb, noch wo er begraben wurde. Er suchte
nicht Gewinn für sich, sondern nur für sein Vaterland; dafür predigte
er bis an sein Lebensende, allein dazu getrieben, wie er selbst sagt,
durch die heisse Liebe für sein Vaterland, "dessen zukünftige Blüte
der einzige Lohn sein möge, den ich je für alle meine Mühe sehen
werde". Yarrantons Ratschläge für Einführung eines Einfuhrzolles
auf Eisen hatten Erfolg. 1679 wurde ein Zoll von 10 Schilling für
die Tonne auf alles fremde Eisen angeordnet. 1690 wurde der Zoll
auf deutsches Eisen noch erhöht.

Aus Yarrantons Bericht haben wir schon erfahren, dass die
Fabrikation von Kleineisenwaren besonders in den Städten Mittel-
englands in Blüte stand. Dieselbe erfuhr 1685 einen neuen Auf-
schwung und Verbesserungen durch die Einwanderung französischer
Refugies. Die Messerfabrikation und die Fabrikation von Stahlwerk-
zeugen hatte in Sheffield ihren Sitz aufgeschlagen. Um 1570 waren
niederländische Messerschmiede und Stahlarbeiter eingewandert, welche
zuerst die Fabrikation von Scheren und Sicheln eingeführt haben
sollen.

Um 1600 waren die Sheffielder Tabaksbüchsen und Maultrommeln
(Jews harps) berühmt. Die Stadt war damals noch klein. 1615
zählte sie 2207 Einwohner, von denen aber ein Drittel oder 725

Beck, Geschichte des Eisens. 81
England im 17. Jahrhundert.

Aus einem höchst amüsanten Gespräch zwischen einem Zinnberg-
mann von Cornwall und einem Eisenbergmann vom Forrest of Dean
— dem Verfasser — scheint hervorzugehen, daſs dieser sein Eisenwerk
bei Ashley noch fortbetrieb. Der Eisenbergmann sagt nämlich:

Vor ungefähr 28 Jahren fand Herr Yarranton eine groſse Masse
römischer Schlacke, nahe den Stadtmauern von Worcester, wovon er
und andere viele tausend Tonnen oder Ladungen aufwärts dem Flusse
Severn weggefahren haben, um sie mit Zusatz von Eisenstein vom
Forrest of Dean zu verschmelzen. Etwa 100 Ellen von der Stadtmauer
von Worcester sei einer der alten Tretherde noch fest und gut erhalten,
etwa 7 Fuſs unter dem Boden ausgegraben worden. Zur Seite der
Schmelzhütte (work) habe man einen Topf voll römischer Münzen ge-
funden, die teils in den Besitz von Sir Deydall, teils in das könig-
liche Cabinet (the kings Closet) gekommen seien.

Nach 1681 veröffentlichte Yarranton nur noch eine Beschreibung
der damals im Bau begriffenen Festung Dünkirchen, indem er die
Engländer vor der ihnen dadurch erwachsenden Gefahr warnte und
ihnen riet, das Werk zu zerstören, ehe es vollendet sei. Danach er-
fahren wir nichts mehr von diesem erleuchteten Patrioten. Man
weiſs weder, wo er starb, noch wo er begraben wurde. Er suchte
nicht Gewinn für sich, sondern nur für sein Vaterland; dafür predigte
er bis an sein Lebensende, allein dazu getrieben, wie er selbst sagt,
durch die heiſse Liebe für sein Vaterland, „dessen zukünftige Blüte
der einzige Lohn sein möge, den ich je für alle meine Mühe sehen
werde“. Yarrantons Ratschläge für Einführung eines Einfuhrzolles
auf Eisen hatten Erfolg. 1679 wurde ein Zoll von 10 Schilling für
die Tonne auf alles fremde Eisen angeordnet. 1690 wurde der Zoll
auf deutsches Eisen noch erhöht.

Aus Yarrantons Bericht haben wir schon erfahren, daſs die
Fabrikation von Kleineisenwaren besonders in den Städten Mittel-
englands in Blüte stand. Dieselbe erfuhr 1685 einen neuen Auf-
schwung und Verbesserungen durch die Einwanderung französischer
Refugiés. Die Messerfabrikation und die Fabrikation von Stahlwerk-
zeugen hatte in Sheffield ihren Sitz aufgeschlagen. Um 1570 waren
niederländische Messerschmiede und Stahlarbeiter eingewandert, welche
zuerst die Fabrikation von Scheren und Sicheln eingeführt haben
sollen.

Um 1600 waren die Sheffielder Tabaksbüchsen und Maultrommeln
(Jews harps) berühmt. Die Stadt war damals noch klein. 1615
zählte sie 2207 Einwohner, von denen aber ein Drittel oder 725

Beck, Geschichte des Eisens. 81
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[1281/1303] England im 17. Jahrhundert. Aus einem höchst amüsanten Gespräch zwischen einem Zinnberg- mann von Cornwall und einem Eisenbergmann vom Forrest of Dean — dem Verfasser — scheint hervorzugehen, daſs dieser sein Eisenwerk bei Ashley noch fortbetrieb. Der Eisenbergmann sagt nämlich: Vor ungefähr 28 Jahren fand Herr Yarranton eine groſse Masse römischer Schlacke, nahe den Stadtmauern von Worcester, wovon er und andere viele tausend Tonnen oder Ladungen aufwärts dem Flusse Severn weggefahren haben, um sie mit Zusatz von Eisenstein vom Forrest of Dean zu verschmelzen. Etwa 100 Ellen von der Stadtmauer von Worcester sei einer der alten Tretherde noch fest und gut erhalten, etwa 7 Fuſs unter dem Boden ausgegraben worden. Zur Seite der Schmelzhütte (work) habe man einen Topf voll römischer Münzen ge- funden, die teils in den Besitz von Sir Deydall, teils in das könig- liche Cabinet (the kings Closet) gekommen seien. Nach 1681 veröffentlichte Yarranton nur noch eine Beschreibung der damals im Bau begriffenen Festung Dünkirchen, indem er die Engländer vor der ihnen dadurch erwachsenden Gefahr warnte und ihnen riet, das Werk zu zerstören, ehe es vollendet sei. Danach er- fahren wir nichts mehr von diesem erleuchteten Patrioten. Man weiſs weder, wo er starb, noch wo er begraben wurde. Er suchte nicht Gewinn für sich, sondern nur für sein Vaterland; dafür predigte er bis an sein Lebensende, allein dazu getrieben, wie er selbst sagt, durch die heiſse Liebe für sein Vaterland, „dessen zukünftige Blüte der einzige Lohn sein möge, den ich je für alle meine Mühe sehen werde“. Yarrantons Ratschläge für Einführung eines Einfuhrzolles auf Eisen hatten Erfolg. 1679 wurde ein Zoll von 10 Schilling für die Tonne auf alles fremde Eisen angeordnet. 1690 wurde der Zoll auf deutsches Eisen noch erhöht. Aus Yarrantons Bericht haben wir schon erfahren, daſs die Fabrikation von Kleineisenwaren besonders in den Städten Mittel- englands in Blüte stand. Dieselbe erfuhr 1685 einen neuen Auf- schwung und Verbesserungen durch die Einwanderung französischer Refugiés. Die Messerfabrikation und die Fabrikation von Stahlwerk- zeugen hatte in Sheffield ihren Sitz aufgeschlagen. Um 1570 waren niederländische Messerschmiede und Stahlarbeiter eingewandert, welche zuerst die Fabrikation von Scheren und Sicheln eingeführt haben sollen. Um 1600 waren die Sheffielder Tabaksbüchsen und Maultrommeln (Jews harps) berühmt. Die Stadt war damals noch klein. 1615 zählte sie 2207 Einwohner, von denen aber ein Drittel oder 725 Beck, Geschichte des Eisens. 81

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1303>, abgerufen am 21.11.2024.