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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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England im 17. Jahrhundert.

Um die Fabrikation von Stahl und Stahlwerkzeugen in England
erwarb sich Sir Ambrose Crowley 1), der im letzten Viertel des
17. Jahrhunderts Stahlwerke zu Sunderland erbaute, grosse Verdienste.
1690 verlegte er dieselben von Sunderland nach Wislaton am Tyne.
Er fabrizierte daselbst Holzbohrer, Holzschrauben, Muttern, Kellen,
Schneidzeuge, Feilen, Hämmer, Charniere, Hauen für die Sklaven-
plantagen, Schlösser, Ringe und andere Schmiedwaren.

Zu König Wilhelms III. Zeit mussten die Engländer ihre Schiess-
gewehre noch aus Holland und Deutschland beziehen. Der König
bemühte sich um Einführung der Gewehrfabrikation. Der Vertreter
von Birmingham, Richard Newdigate, machte sich anheischig, Gewehre
nach deutscher Art zu liefern. Ein Mann in Dighbeth legte ein
Muster vor, welches den Beifall des Königs fand. Es wurden Ge-
wehrfabriken in Birmingham angelegt, deren Gewehre aber unter der
Bezeichnung London guns gingen, weil sie in London zusammen-
gesetzt wurden.

Über den Betrieb der Eisenwerke im Forrest of Dean befindet
sich ein Bericht von H. Powle in den Philosophical Transactions
von 1677/78 2).

Der Eisenstein 3) wurde mit den Schlacken von dem früheren, zum
Teil römischen Rennwerksbetrieb verschmolzen. Das Erz wurde zuvor
in Schachtöfen, die gewöhnlichen Kalköfen ähnlich waren, geröstet.
Erz und Schlacken wurden lagenweise mit Holzkohlen aufgegichtet.
Die aus Backsteinen erbauten Hochöfen waren unten 24 Fuss im
Quadrat und 30 Fuss hoch. Sie waren also bereits beträchtlich höher,
als die früher beschriebenen im Siegerland und im Harz.

Der Ofenquerschnitt war oben und unten zusammengezogen
(s. Fig. 212). Gicht und Gestell waren eng zugestellt, die Weite im
Kohlensack betrug 8 bis 10 Fuss. Man hatte verschiedene Versuche
gemacht mit Steinkohlen, welche im Überfluss in der Nähe vorhanden
waren, statt mit Holzkohlen zu schmelzen, aber ohne Erfolg. Die
Schmelzer machten die Erfahrung, "dass Steinkohlenfeuer, so heftig
es auch sein möge, die festesten Teile des Erzes nicht durchdringen

1) Derselbe wurde 1707 Sheriff von London und starb 1711.
2) Account of the Iron Works in the forrest of Dean by H. Powle. Philo-
sophical Transactions of the Royal Society 1677/1678. February 10. for the month
of January and February, p. 931.
3) Powle giebt an, der beste sei von bläulicher Farbe, sehr schwer und
voll kleiner glänzender Flecken wie Silberkörner. Dieses Erz lieferte am meisten
Eisen, aber für sich verschmolzen, gab es ein sehr brüchiges Metall, das nicht
zum Gebrauch taugte.
England im 17. Jahrhundert.

Um die Fabrikation von Stahl und Stahlwerkzeugen in England
erwarb sich Sir Ambrose Crowley 1), der im letzten Viertel des
17. Jahrhunderts Stahlwerke zu Sunderland erbaute, groſse Verdienste.
1690 verlegte er dieselben von Sunderland nach Wislaton am Tyne.
Er fabrizierte daselbst Holzbohrer, Holzschrauben, Muttern, Kellen,
Schneidzeuge, Feilen, Hämmer, Charniere, Hauen für die Sklaven-
plantagen, Schlösser, Ringe und andere Schmiedwaren.

Zu König Wilhelms III. Zeit muſsten die Engländer ihre Schieſs-
gewehre noch aus Holland und Deutschland beziehen. Der König
bemühte sich um Einführung der Gewehrfabrikation. Der Vertreter
von Birmingham, Richard Newdigate, machte sich anheischig, Gewehre
nach deutscher Art zu liefern. Ein Mann in Dighbeth legte ein
Muster vor, welches den Beifall des Königs fand. Es wurden Ge-
wehrfabriken in Birmingham angelegt, deren Gewehre aber unter der
Bezeichnung London guns gingen, weil sie in London zusammen-
gesetzt wurden.

Über den Betrieb der Eisenwerke im Forrest of Dean befindet
sich ein Bericht von H. Powle in den Philosophical Transactions
von 1677/78 2).

Der Eisenstein 3) wurde mit den Schlacken von dem früheren, zum
Teil römischen Rennwerksbetrieb verschmolzen. Das Erz wurde zuvor
in Schachtöfen, die gewöhnlichen Kalköfen ähnlich waren, geröstet.
Erz und Schlacken wurden lagenweise mit Holzkohlen aufgegichtet.
Die aus Backsteinen erbauten Hochöfen waren unten 24 Fuſs im
Quadrat und 30 Fuſs hoch. Sie waren also bereits beträchtlich höher,
als die früher beschriebenen im Siegerland und im Harz.

Der Ofenquerschnitt war oben und unten zusammengezogen
(s. Fig. 212). Gicht und Gestell waren eng zugestellt, die Weite im
Kohlensack betrug 8 bis 10 Fuſs. Man hatte verschiedene Versuche
gemacht mit Steinkohlen, welche im Überfluſs in der Nähe vorhanden
waren, statt mit Holzkohlen zu schmelzen, aber ohne Erfolg. Die
Schmelzer machten die Erfahrung, „daſs Steinkohlenfeuer, so heftig
es auch sein möge, die festesten Teile des Erzes nicht durchdringen

1) Derselbe wurde 1707 Sheriff von London und starb 1711.
2) Account of the Iron Works in the forrest of Dean by H. Powle. Philo-
sophical Transactions of the Royal Society 1677/1678. February 10. for the month
of January and February, p. 931.
3) Powle giebt an, der beste sei von bläulicher Farbe, sehr schwer und
voll kleiner glänzender Flecken wie Silberkörner. Dieses Erz lieferte am meisten
Eisen, aber für sich verschmolzen, gab es ein sehr brüchiges Metall, das nicht
zum Gebrauch taugte.
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[1285/1307] England im 17. Jahrhundert. Um die Fabrikation von Stahl und Stahlwerkzeugen in England erwarb sich Sir Ambrose Crowley 1), der im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts Stahlwerke zu Sunderland erbaute, groſse Verdienste. 1690 verlegte er dieselben von Sunderland nach Wislaton am Tyne. Er fabrizierte daselbst Holzbohrer, Holzschrauben, Muttern, Kellen, Schneidzeuge, Feilen, Hämmer, Charniere, Hauen für die Sklaven- plantagen, Schlösser, Ringe und andere Schmiedwaren. Zu König Wilhelms III. Zeit muſsten die Engländer ihre Schieſs- gewehre noch aus Holland und Deutschland beziehen. Der König bemühte sich um Einführung der Gewehrfabrikation. Der Vertreter von Birmingham, Richard Newdigate, machte sich anheischig, Gewehre nach deutscher Art zu liefern. Ein Mann in Dighbeth legte ein Muster vor, welches den Beifall des Königs fand. Es wurden Ge- wehrfabriken in Birmingham angelegt, deren Gewehre aber unter der Bezeichnung London guns gingen, weil sie in London zusammen- gesetzt wurden. Über den Betrieb der Eisenwerke im Forrest of Dean befindet sich ein Bericht von H. Powle in den Philosophical Transactions von 1677/78 2). Der Eisenstein 3) wurde mit den Schlacken von dem früheren, zum Teil römischen Rennwerksbetrieb verschmolzen. Das Erz wurde zuvor in Schachtöfen, die gewöhnlichen Kalköfen ähnlich waren, geröstet. Erz und Schlacken wurden lagenweise mit Holzkohlen aufgegichtet. Die aus Backsteinen erbauten Hochöfen waren unten 24 Fuſs im Quadrat und 30 Fuſs hoch. Sie waren also bereits beträchtlich höher, als die früher beschriebenen im Siegerland und im Harz. Der Ofenquerschnitt war oben und unten zusammengezogen (s. Fig. 212). Gicht und Gestell waren eng zugestellt, die Weite im Kohlensack betrug 8 bis 10 Fuſs. Man hatte verschiedene Versuche gemacht mit Steinkohlen, welche im Überfluſs in der Nähe vorhanden waren, statt mit Holzkohlen zu schmelzen, aber ohne Erfolg. Die Schmelzer machten die Erfahrung, „daſs Steinkohlenfeuer, so heftig es auch sein möge, die festesten Teile des Erzes nicht durchdringen 1) Derselbe wurde 1707 Sheriff von London und starb 1711. 2) Account of the Iron Works in the forrest of Dean by H. Powle. Philo- sophical Transactions of the Royal Society 1677/1678. February 10. for the month of January and February, p. 931. 3) Powle giebt an, der beste sei von bläulicher Farbe, sehr schwer und voll kleiner glänzender Flecken wie Silberkörner. Dieses Erz lieferte am meisten Eisen, aber für sich verschmolzen, gab es ein sehr brüchiges Metall, das nicht zum Gebrauch taugte.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1307>, abgerufen am 22.11.2024.