die Schneiden des vierkantigen Stahls immer um eine Federdicke oder etwas mehr wachsen liess, das Geschütz sehr gut und sauber ausgebohrt ......
Aber besser gefällt mir das Bohren mit dem Doppelrade, worin ein oder zwei Menschen gehen können, als das mit dem Lafettenrade, in anbetracht dessen, dass sich auf seiner Achse Kämme (Zähne) an- bringen lassen, welche in eine Walze (ein Zahnrad) eingreifen, welches als Achse einen andern Bohrer hat (siehe Fig. 91, a. v. S.), womit man, da er sich gleichzeitig dreht, auch gleichzeitig ein zweites Geschütz ausbohren kann, und zwar hat dieser Bohrer einen viel grösseren Effekt als der, welcher an der eigentlichen Radachse sitzt. Dies lässt sich bei dem Lafettenrade nicht anbringen, weil die Menschen mit den Armen keinen so grossen Effekt hervorbringen können.
Auch habe ich einen gleichen Erfolg beim Bohren noch mit mehreren andern Sorten von Bohrern erzielt, welche ich Euch mit- teilen will, damit Ihr nötigenfalls nicht auf eine einzige Sorte be- schränkt seid. In Florenz habe ich Erfahrungen mit verschiedenen Arten gemacht. Unter andern machte ich, um eine Feldschlange aus- zubohren, einen Schaft von trockenem Stecheichenholz, in der Dicke ein wenig geringer als die Höhlung des Geschützes, in welchen an Stelle des stählernen Meissels acht Schneiden von gehärtetem Stahl einander gegenüberstehend eingelassen wurden, mit drei eisernen Ringen, einer unten, einer in der Mitte und einer oben mit geeigneter Verbindung, um sie nach Bedürfnis anlegen oder abnehmen zu können. Von den Schneiden kamen vier ans Ende und vier etwas weiter zurück und so leistete mir der Schaft beim Bohren der Feldschlange sehr gute Dienste. Ausserdem machte ich, um den Leofante an dem- selben Orte zu bohren, nach dem Gutachten eines gescheiten Schmiedes, einen Bohrer, ähnlich denen, deren sich einige Drehermeister be- dienen und welche sie Bohrer nach französischer Art nennen, welche wie Höcker (gabbic) aussehen; aber dieser war wie ein Stück von einer gehärteten stählernen Rinne mit scharfen Schneiden. Dieser wurde mit einem grossen Rade gedreht und schnitt sehr gut, aber manchmal schneller und mehr oder weniger und entsprach nicht allen gerechten Anforderungen. Wenn man aber, wie gesagt, einen stählernen Bohrer zum Bohren von Kanonen oder Doppelkanonen machen will, oder auch, wenn er an das Ende einer Eisenstange an- geschweisst werden soll, so ist es sehr schwer, ihn so zu machen, dass er viereckig bleibt und dass er die Kanten gut behält, sowohl in betreff des Schmiedens, als auch, weil er eine zu grosse Masse für
Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.
die Schneiden des vierkantigen Stahls immer um eine Federdicke oder etwas mehr wachsen lieſs, das Geschütz sehr gut und sauber ausgebohrt ......
Aber besser gefällt mir das Bohren mit dem Doppelrade, worin ein oder zwei Menschen gehen können, als das mit dem Lafettenrade, in anbetracht dessen, daſs sich auf seiner Achse Kämme (Zähne) an- bringen lassen, welche in eine Walze (ein Zahnrad) eingreifen, welches als Achse einen andern Bohrer hat (siehe Fig. 91, a. v. S.), womit man, da er sich gleichzeitig dreht, auch gleichzeitig ein zweites Geschütz ausbohren kann, und zwar hat dieser Bohrer einen viel gröſseren Effekt als der, welcher an der eigentlichen Radachse sitzt. Dies läſst sich bei dem Lafettenrade nicht anbringen, weil die Menschen mit den Armen keinen so groſsen Effekt hervorbringen können.
Auch habe ich einen gleichen Erfolg beim Bohren noch mit mehreren andern Sorten von Bohrern erzielt, welche ich Euch mit- teilen will, damit Ihr nötigenfalls nicht auf eine einzige Sorte be- schränkt seid. In Florenz habe ich Erfahrungen mit verschiedenen Arten gemacht. Unter andern machte ich, um eine Feldschlange aus- zubohren, einen Schaft von trockenem Stecheichenholz, in der Dicke ein wenig geringer als die Höhlung des Geschützes, in welchen an Stelle des stählernen Meiſsels acht Schneiden von gehärtetem Stahl einander gegenüberstehend eingelassen wurden, mit drei eisernen Ringen, einer unten, einer in der Mitte und einer oben mit geeigneter Verbindung, um sie nach Bedürfnis anlegen oder abnehmen zu können. Von den Schneiden kamen vier ans Ende und vier etwas weiter zurück und so leistete mir der Schaft beim Bohren der Feldschlange sehr gute Dienste. Auſserdem machte ich, um den Leofante an dem- selben Orte zu bohren, nach dem Gutachten eines gescheiten Schmiedes, einen Bohrer, ähnlich denen, deren sich einige Drehermeister be- dienen und welche sie Bohrer nach französischer Art nennen, welche wie Höcker (gabbic) aussehen; aber dieser war wie ein Stück von einer gehärteten stählernen Rinne mit scharfen Schneiden. Dieser wurde mit einem groſsen Rade gedreht und schnitt sehr gut, aber manchmal schneller und mehr oder weniger und entsprach nicht allen gerechten Anforderungen. Wenn man aber, wie gesagt, einen stählernen Bohrer zum Bohren von Kanonen oder Doppelkanonen machen will, oder auch, wenn er an das Ende einer Eisenstange an- geschweiſst werden soll, so ist es sehr schwer, ihn so zu machen, daſs er viereckig bleibt und daſs er die Kanten gut behält, sowohl in betreff des Schmiedens, als auch, weil er eine zu groſse Masse für
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0352"n="332"/><fwplace="top"type="header">Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
die Schneiden des vierkantigen Stahls immer um eine Federdicke<lb/>
oder etwas mehr wachsen lieſs, das Geschütz sehr gut und sauber<lb/>
ausgebohrt ......</p><lb/><p>Aber besser gefällt mir das Bohren mit dem Doppelrade, worin<lb/>
ein oder zwei Menschen gehen können, als das mit dem Lafettenrade,<lb/>
in anbetracht dessen, daſs sich auf seiner Achse Kämme (Zähne) an-<lb/>
bringen lassen, welche in eine Walze (ein Zahnrad) eingreifen, welches<lb/>
als Achse einen andern Bohrer hat (siehe Fig. 91, a. v. S.), womit man,<lb/>
da er sich gleichzeitig dreht, auch gleichzeitig ein zweites Geschütz<lb/>
ausbohren kann, und zwar hat dieser Bohrer einen viel gröſseren<lb/>
Effekt als der, welcher an der eigentlichen Radachse sitzt. Dies läſst<lb/>
sich bei dem Lafettenrade nicht anbringen, weil die Menschen mit<lb/>
den Armen keinen so groſsen Effekt hervorbringen können.</p><lb/><p>Auch habe ich einen gleichen Erfolg beim Bohren noch mit<lb/>
mehreren andern Sorten von Bohrern erzielt, welche ich Euch mit-<lb/>
teilen will, damit Ihr nötigenfalls nicht auf eine einzige Sorte be-<lb/>
schränkt seid. In Florenz habe ich Erfahrungen mit verschiedenen<lb/>
Arten gemacht. Unter andern machte ich, um eine Feldschlange aus-<lb/>
zubohren, einen Schaft von trockenem Stecheichenholz, in der Dicke<lb/>
ein wenig geringer als die Höhlung des Geschützes, in welchen an<lb/>
Stelle des stählernen Meiſsels acht Schneiden von gehärtetem Stahl<lb/>
einander gegenüberstehend eingelassen wurden, mit drei eisernen<lb/>
Ringen, einer unten, einer in der Mitte und einer oben mit geeigneter<lb/>
Verbindung, um sie nach Bedürfnis anlegen oder abnehmen zu können.<lb/>
Von den Schneiden kamen vier ans Ende und vier etwas weiter<lb/>
zurück und so leistete mir der Schaft beim Bohren der Feldschlange<lb/>
sehr gute Dienste. Auſserdem machte ich, um den Leofante an dem-<lb/>
selben Orte zu bohren, nach dem Gutachten eines gescheiten Schmiedes,<lb/>
einen Bohrer, ähnlich denen, deren sich einige Drehermeister be-<lb/>
dienen und welche sie Bohrer nach französischer Art nennen, welche<lb/>
wie Höcker (gabbic) aussehen; aber dieser war wie ein Stück von<lb/>
einer gehärteten stählernen Rinne mit scharfen Schneiden. Dieser<lb/>
wurde mit einem groſsen Rade gedreht und schnitt sehr gut, aber<lb/>
manchmal schneller und mehr oder weniger und entsprach nicht<lb/>
allen gerechten Anforderungen. Wenn man aber, wie gesagt, einen<lb/>
stählernen Bohrer zum Bohren von Kanonen oder Doppelkanonen<lb/>
machen will, oder auch, wenn er an das Ende einer Eisenstange an-<lb/>
geschweiſst werden soll, so ist es sehr schwer, ihn so zu machen, daſs<lb/>
er viereckig bleibt und daſs er die Kanten gut behält, sowohl in<lb/>
betreff des Schmiedens, als auch, weil er eine zu groſse Masse für<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[332/0352]
Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.
die Schneiden des vierkantigen Stahls immer um eine Federdicke
oder etwas mehr wachsen lieſs, das Geschütz sehr gut und sauber
ausgebohrt ......
Aber besser gefällt mir das Bohren mit dem Doppelrade, worin
ein oder zwei Menschen gehen können, als das mit dem Lafettenrade,
in anbetracht dessen, daſs sich auf seiner Achse Kämme (Zähne) an-
bringen lassen, welche in eine Walze (ein Zahnrad) eingreifen, welches
als Achse einen andern Bohrer hat (siehe Fig. 91, a. v. S.), womit man,
da er sich gleichzeitig dreht, auch gleichzeitig ein zweites Geschütz
ausbohren kann, und zwar hat dieser Bohrer einen viel gröſseren
Effekt als der, welcher an der eigentlichen Radachse sitzt. Dies läſst
sich bei dem Lafettenrade nicht anbringen, weil die Menschen mit
den Armen keinen so groſsen Effekt hervorbringen können.
Auch habe ich einen gleichen Erfolg beim Bohren noch mit
mehreren andern Sorten von Bohrern erzielt, welche ich Euch mit-
teilen will, damit Ihr nötigenfalls nicht auf eine einzige Sorte be-
schränkt seid. In Florenz habe ich Erfahrungen mit verschiedenen
Arten gemacht. Unter andern machte ich, um eine Feldschlange aus-
zubohren, einen Schaft von trockenem Stecheichenholz, in der Dicke
ein wenig geringer als die Höhlung des Geschützes, in welchen an
Stelle des stählernen Meiſsels acht Schneiden von gehärtetem Stahl
einander gegenüberstehend eingelassen wurden, mit drei eisernen
Ringen, einer unten, einer in der Mitte und einer oben mit geeigneter
Verbindung, um sie nach Bedürfnis anlegen oder abnehmen zu können.
Von den Schneiden kamen vier ans Ende und vier etwas weiter
zurück und so leistete mir der Schaft beim Bohren der Feldschlange
sehr gute Dienste. Auſserdem machte ich, um den Leofante an dem-
selben Orte zu bohren, nach dem Gutachten eines gescheiten Schmiedes,
einen Bohrer, ähnlich denen, deren sich einige Drehermeister be-
dienen und welche sie Bohrer nach französischer Art nennen, welche
wie Höcker (gabbic) aussehen; aber dieser war wie ein Stück von
einer gehärteten stählernen Rinne mit scharfen Schneiden. Dieser
wurde mit einem groſsen Rade gedreht und schnitt sehr gut, aber
manchmal schneller und mehr oder weniger und entsprach nicht
allen gerechten Anforderungen. Wenn man aber, wie gesagt, einen
stählernen Bohrer zum Bohren von Kanonen oder Doppelkanonen
machen will, oder auch, wenn er an das Ende einer Eisenstange an-
geschweiſst werden soll, so ist es sehr schwer, ihn so zu machen, daſs
er viereckig bleibt und daſs er die Kanten gut behält, sowohl in
betreff des Schmiedens, als auch, weil er eine zu groſse Masse für
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/352>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.