Dann erhitzt man es, bis man sieht, dass es rot werden will (indem man es zeitweilig herausnimmt und von Asche reinigt) und legt dann eine etwas starke Silberplatte darüber, welche mit einem Polierstahl von hartem Blutstein (Lapis ematis) oder gehärtetem Stahl andrückt und darauf trägt man etwas Quecksilber, welches man mit einer Platte Silbergold bedeckt (und darüber noch zwei oder drei, oder so viel man will, um besser zu vergolden) und auf dieses Gold kann man mit einem kleinen Meissel (einer Stanze) Blätterwerk und Ara- besken aufschlagen, wie es einem gefällt, aber man muss an einigen Stellen unter den Erhöhungen oder Profilen das Gold oder Silber mit einem Schabeisen geschickt wegkratzen, damit es schöner und reicher aussieht, denn es zeigt dann Gold und Silber zugleich. Man profiliert dann mit einem Pinsel mit Bernsteinfirnis, trocknet ihn bei Ofenwärme und brennt ihn, wodurch die Profile schwarz und glänzend werden. Dies ist ein sehr grosses Geheimnis, so dass es mir noch nicht ganz bekannt ist, obgleich ich viele Mühe daran ge- wendet habe. -- Dies ist die Art, wie man jene feinen vergoldeten Arbeiten macht, bei denen Bäume und tierische Figuren aufs Feinste auf Dolche und andern Waffen angebracht sind und welche man Tanza-Arbeiten nennt. Und so macht man auch die Verzierungen in Damaskus, dass man in die Gefässe kleine Stückchen Gold ein- legt, wie man sieht; aber mir scheint, dass sie nicht zeigen, wie; man sieht nur, dass sie viel Mühe und Zeit dazu nötig haben müssen. Kurz, wenn ich die ganze Praxis des Eisenschmiedes zusammenfasse, so scheint es mir, als ob sie ohne Vergleich die meisten Geheimnisse hätte und vielleicht sinnreicher als die andern Metall-Handwerke; so dass, wenn es nicht eine so mühsame Arbeit wäre ohne jede Zart- heit, man sagen könnte, es sei die rühmenswerteste Beschäftigung. Denn wenn ich erwäge, dass die Meister dieser Kunst ihre Arbeit ohne Form oder Zeichnung oder Stempel machen und dass ihnen das Sehen mit den Augen und ihre Urteilskraft genügt und dass sie sie nur durch Schlagen richtig und wohlgefällig machen, so scheint mir dies etwas Grosses zu sein. Was sollen wir aber erst von denen sagen, welche die Wurfmaschinen machen, die der Kraft widerstehen müssen, die man ihnen giebt und deren Hörner sich so biegen müssen, dass sie gleich sind, so dass es solchen Meistern nicht allein obliegt, sie richtig zu konstruieren, sondern sie auch richtig zu härten. Erwägt man überdies, an wie viele Arbeiten der Eisenschmied Hand anlegen muss, so scheint es mir schliesslich, dass in dieser Kunst ein grosses Wissen enthalten ist. Denn jedwede Kunst (ausser den Wissen-
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Dann erhitzt man es, bis man sieht, daſs es rot werden will (indem man es zeitweilig herausnimmt und von Asche reinigt) und legt dann eine etwas starke Silberplatte darüber, welche mit einem Polierstahl von hartem Blutstein (Lapis ematis) oder gehärtetem Stahl andrückt und darauf trägt man etwas Quecksilber, welches man mit einer Platte Silbergold bedeckt (und darüber noch zwei oder drei, oder so viel man will, um besser zu vergolden) und auf dieses Gold kann man mit einem kleinen Meiſsel (einer Stanze) Blätterwerk und Ara- besken aufschlagen, wie es einem gefällt, aber man muſs an einigen Stellen unter den Erhöhungen oder Profilen das Gold oder Silber mit einem Schabeisen geschickt wegkratzen, damit es schöner und reicher aussieht, denn es zeigt dann Gold und Silber zugleich. Man profiliert dann mit einem Pinsel mit Bernsteinfirnis, trocknet ihn bei Ofenwärme und brennt ihn, wodurch die Profile schwarz und glänzend werden. Dies ist ein sehr groſses Geheimnis, so daſs es mir noch nicht ganz bekannt ist, obgleich ich viele Mühe daran ge- wendet habe. — Dies ist die Art, wie man jene feinen vergoldeten Arbeiten macht, bei denen Bäume und tierische Figuren aufs Feinste auf Dolche und andern Waffen angebracht sind und welche man Tanza-Arbeiten nennt. Und so macht man auch die Verzierungen in Damaskus, daſs man in die Gefäſse kleine Stückchen Gold ein- legt, wie man sieht; aber mir scheint, daſs sie nicht zeigen, wie; man sieht nur, daſs sie viel Mühe und Zeit dazu nötig haben müssen. Kurz, wenn ich die ganze Praxis des Eisenschmiedes zusammenfasse, so scheint es mir, als ob sie ohne Vergleich die meisten Geheimnisse hätte und vielleicht sinnreicher als die andern Metall-Handwerke; so daſs, wenn es nicht eine so mühsame Arbeit wäre ohne jede Zart- heit, man sagen könnte, es sei die rühmenswerteste Beschäftigung. Denn wenn ich erwäge, daſs die Meister dieser Kunst ihre Arbeit ohne Form oder Zeichnung oder Stempel machen und daſs ihnen das Sehen mit den Augen und ihre Urteilskraft genügt und daſs sie sie nur durch Schlagen richtig und wohlgefällig machen, so scheint mir dies etwas Groſses zu sein. Was sollen wir aber erst von denen sagen, welche die Wurfmaschinen machen, die der Kraft widerstehen müssen, die man ihnen giebt und deren Hörner sich so biegen müssen, daſs sie gleich sind, so daſs es solchen Meistern nicht allein obliegt, sie richtig zu konstruieren, sondern sie auch richtig zu härten. Erwägt man überdies, an wie viele Arbeiten der Eisenschmied Hand anlegen muſs, so scheint es mir schlieſslich, daſs in dieser Kunst ein groſses Wissen enthalten ist. Denn jedwede Kunst (auſser den Wissen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0366"n="346"/><fwplace="top"type="header">Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
Dann erhitzt man es, bis man sieht, daſs es rot werden will (indem<lb/>
man es zeitweilig herausnimmt und von Asche reinigt) und legt dann<lb/>
eine etwas starke Silberplatte darüber, welche mit einem Polierstahl<lb/>
von hartem Blutstein (Lapis ematis) oder gehärtetem Stahl andrückt<lb/>
und darauf trägt man etwas Quecksilber, welches man mit einer<lb/>
Platte Silbergold bedeckt (und darüber noch zwei oder drei, oder so<lb/>
viel man will, um besser zu vergolden) und auf dieses Gold kann<lb/>
man mit einem kleinen Meiſsel (einer Stanze) Blätterwerk und Ara-<lb/>
besken aufschlagen, wie es einem gefällt, aber man muſs an einigen<lb/>
Stellen unter den Erhöhungen oder Profilen das Gold oder Silber<lb/>
mit einem Schabeisen geschickt wegkratzen, damit es schöner und<lb/>
reicher aussieht, denn es zeigt dann Gold und Silber zugleich. Man<lb/>
profiliert dann mit einem Pinsel mit Bernsteinfirnis, trocknet ihn<lb/>
bei Ofenwärme und brennt ihn, wodurch die Profile schwarz und<lb/>
glänzend werden. Dies ist ein sehr groſses Geheimnis, so daſs es<lb/>
mir noch nicht ganz bekannt ist, obgleich ich viele Mühe daran ge-<lb/>
wendet habe. — Dies ist die Art, wie man jene feinen vergoldeten<lb/>
Arbeiten macht, bei denen Bäume und tierische Figuren aufs Feinste<lb/>
auf Dolche und andern Waffen angebracht sind und welche man<lb/>
Tanza-Arbeiten nennt. Und so macht man auch die Verzierungen<lb/>
in Damaskus, daſs man in die Gefäſse kleine Stückchen Gold ein-<lb/>
legt, wie man sieht; aber mir scheint, daſs sie nicht zeigen, wie; man<lb/>
sieht nur, daſs sie viel Mühe und Zeit dazu nötig haben müssen.<lb/>
Kurz, wenn ich die ganze Praxis des Eisenschmiedes zusammenfasse,<lb/>
so scheint es mir, als ob sie ohne Vergleich die meisten Geheimnisse<lb/>
hätte und vielleicht sinnreicher als die andern Metall-Handwerke;<lb/>
so daſs, wenn es nicht eine so mühsame Arbeit wäre ohne jede Zart-<lb/>
heit, man sagen könnte, es sei die rühmenswerteste Beschäftigung.<lb/>
Denn wenn ich erwäge, daſs die Meister dieser Kunst ihre Arbeit<lb/>
ohne Form oder Zeichnung oder Stempel machen und daſs ihnen<lb/>
das Sehen mit den Augen und ihre Urteilskraft genügt und daſs sie<lb/>
sie nur durch Schlagen richtig und wohlgefällig machen, so scheint<lb/>
mir dies etwas Groſses zu sein. Was sollen wir aber erst von denen<lb/>
sagen, welche die Wurfmaschinen machen, die der Kraft widerstehen<lb/>
müssen, die man ihnen giebt und deren Hörner sich so biegen müssen,<lb/>
daſs sie gleich sind, so daſs es solchen Meistern nicht allein obliegt,<lb/>
sie richtig zu konstruieren, sondern sie auch richtig zu härten. Erwägt<lb/>
man überdies, an wie viele Arbeiten der Eisenschmied Hand anlegen<lb/>
muſs, so scheint es mir schlieſslich, daſs in dieser Kunst ein groſses<lb/>
Wissen enthalten ist. Denn jedwede Kunst (auſser den Wissen-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[346/0366]
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Dann erhitzt man es, bis man sieht, daſs es rot werden will (indem
man es zeitweilig herausnimmt und von Asche reinigt) und legt dann
eine etwas starke Silberplatte darüber, welche mit einem Polierstahl
von hartem Blutstein (Lapis ematis) oder gehärtetem Stahl andrückt
und darauf trägt man etwas Quecksilber, welches man mit einer
Platte Silbergold bedeckt (und darüber noch zwei oder drei, oder so
viel man will, um besser zu vergolden) und auf dieses Gold kann
man mit einem kleinen Meiſsel (einer Stanze) Blätterwerk und Ara-
besken aufschlagen, wie es einem gefällt, aber man muſs an einigen
Stellen unter den Erhöhungen oder Profilen das Gold oder Silber
mit einem Schabeisen geschickt wegkratzen, damit es schöner und
reicher aussieht, denn es zeigt dann Gold und Silber zugleich. Man
profiliert dann mit einem Pinsel mit Bernsteinfirnis, trocknet ihn
bei Ofenwärme und brennt ihn, wodurch die Profile schwarz und
glänzend werden. Dies ist ein sehr groſses Geheimnis, so daſs es
mir noch nicht ganz bekannt ist, obgleich ich viele Mühe daran ge-
wendet habe. — Dies ist die Art, wie man jene feinen vergoldeten
Arbeiten macht, bei denen Bäume und tierische Figuren aufs Feinste
auf Dolche und andern Waffen angebracht sind und welche man
Tanza-Arbeiten nennt. Und so macht man auch die Verzierungen
in Damaskus, daſs man in die Gefäſse kleine Stückchen Gold ein-
legt, wie man sieht; aber mir scheint, daſs sie nicht zeigen, wie; man
sieht nur, daſs sie viel Mühe und Zeit dazu nötig haben müssen.
Kurz, wenn ich die ganze Praxis des Eisenschmiedes zusammenfasse,
so scheint es mir, als ob sie ohne Vergleich die meisten Geheimnisse
hätte und vielleicht sinnreicher als die andern Metall-Handwerke;
so daſs, wenn es nicht eine so mühsame Arbeit wäre ohne jede Zart-
heit, man sagen könnte, es sei die rühmenswerteste Beschäftigung.
Denn wenn ich erwäge, daſs die Meister dieser Kunst ihre Arbeit
ohne Form oder Zeichnung oder Stempel machen und daſs ihnen
das Sehen mit den Augen und ihre Urteilskraft genügt und daſs sie
sie nur durch Schlagen richtig und wohlgefällig machen, so scheint
mir dies etwas Groſses zu sein. Was sollen wir aber erst von denen
sagen, welche die Wurfmaschinen machen, die der Kraft widerstehen
müssen, die man ihnen giebt und deren Hörner sich so biegen müssen,
daſs sie gleich sind, so daſs es solchen Meistern nicht allein obliegt,
sie richtig zu konstruieren, sondern sie auch richtig zu härten. Erwägt
man überdies, an wie viele Arbeiten der Eisenschmied Hand anlegen
muſs, so scheint es mir schlieſslich, daſs in dieser Kunst ein groſses
Wissen enthalten ist. Denn jedwede Kunst (auſser den Wissen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/366>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.