Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Rüstungen, welche durch die Treibarbeit kostspielig waren, um die
Mitte des 16. Jahrhunderts wieder ab. In den Formen dieser Art
der Rüstungen war schon mit der Gotik gebrochen. An die Stelle
der langen, spitzen Schnabelschuhe trat das gerade Gegenteil der
breiten, abgestutzten, sogenannten Entenschnäbel, und sodann die noch
plumperen, den Holzschuhen ähnlichen "Bärenklauen". Alle Formen,
die vorher winkelig oder zugespitzt waren, wurden bogenförmig und
abgerundet. Der geriefte Kürass ist stärker gewölbt wie früher, um
[Abbildung] Fig. 97

a.

[Abbildung] Fig. 97

b.

ihn auch dadurch widerstandsfähiger zu machen. Die Maximilianische
Rüstung bestand meistens aus blank poliertem Stahl, so dass sie hell
in der Sonne erglänzte (harnais blanc).

Fig. 97 a, b zeigt eine vollständige Maximilianische Rüstung von
Vorder- und Rückseite1). Der Helm (armet) hat eine gekehlte Haube
(tymbre) mit nur wenig vorspringendem Kamm (crete), einfaches be-
wegliches Visier (vue) und das Kinnstück (ventail), welches mit einem
Haken an dem Helme befestigt war, der geöffnet werden musste, um
den Helm absetzen zu können. Mit dem Kinnstück ist hier das
Kehlstück (gorgerin) in eins verbunden, während der Nackenschirm

1) Siehe Jähns, Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens. Tabelle 75,
Fig. 1 und 2.
Beck, Geschichte des Eisens. 23

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Rüstungen, welche durch die Treibarbeit kostspielig waren, um die
Mitte des 16. Jahrhunderts wieder ab. In den Formen dieser Art
der Rüstungen war schon mit der Gotik gebrochen. An die Stelle
der langen, spitzen Schnabelschuhe trat das gerade Gegenteil der
breiten, abgestutzten, sogenannten Entenschnäbel, und sodann die noch
plumperen, den Holzschuhen ähnlichen „Bärenklauen“. Alle Formen,
die vorher winkelig oder zugespitzt waren, wurden bogenförmig und
abgerundet. Der geriefte Küraſs ist stärker gewölbt wie früher, um
[Abbildung] Fig. 97

a.

[Abbildung] Fig. 97

b.

ihn auch dadurch widerstandsfähiger zu machen. Die Maximilianische
Rüstung bestand meistens aus blank poliertem Stahl, so daſs sie hell
in der Sonne erglänzte (harnais blanc).

Fig. 97 a, b zeigt eine vollständige Maximilianische Rüstung von
Vorder- und Rückseite1). Der Helm (armet) hat eine gekehlte Haube
(tymbre) mit nur wenig vorspringendem Kamm (crête), einfaches be-
wegliches Visier (vue) und das Kinnstück (ventail), welches mit einem
Haken an dem Helme befestigt war, der geöffnet werden muſste, um
den Helm absetzen zu können. Mit dem Kinnstück ist hier das
Kehlstück (gorgerin) in eins verbunden, während der Nackenschirm

1) Siehe Jähns, Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens. Tabelle 75,
Fig. 1 und 2.
Beck, Geschichte des Eisens. 23
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0373" n="353"/><fw place="top" type="header">Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
Rüstungen, welche durch die Treibarbeit kostspielig waren, um die<lb/>
Mitte des 16. Jahrhunderts wieder ab. In den Formen dieser Art<lb/>
der Rüstungen war schon mit der Gotik gebrochen. An die Stelle<lb/>
der langen, spitzen Schnabelschuhe trat das gerade Gegenteil der<lb/>
breiten, abgestutzten, sogenannten Entenschnäbel, und sodann die noch<lb/>
plumperen, den Holzschuhen ähnlichen &#x201E;Bärenklauen&#x201C;. Alle Formen,<lb/>
die vorher winkelig oder zugespitzt waren, wurden bogenförmig und<lb/>
abgerundet. Der geriefte Küra&#x017F;s ist stärker gewölbt wie früher, um<lb/><figure><head>Fig. 97 </head><p>a.</p></figure><lb/><figure><head>Fig. 97 </head><p>b.</p></figure><lb/>
ihn auch dadurch widerstandsfähiger zu machen. Die Maximilianische<lb/>
Rüstung bestand meistens aus blank poliertem Stahl, so da&#x017F;s sie hell<lb/>
in der Sonne erglänzte (harnais blanc).</p><lb/>
            <p>Fig. 97 a, b zeigt eine vollständige Maximilianische Rüstung von<lb/>
Vorder- und Rückseite<note place="foot" n="1)">Siehe <hi rendition="#g">Jähns</hi>, Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens. Tabelle 75,<lb/>
Fig. 1 und 2.</note>. Der Helm (armet) hat eine gekehlte Haube<lb/>
(tymbre) mit nur wenig vorspringendem Kamm (crête), einfaches be-<lb/>
wegliches Visier (vue) und das Kinnstück (ventail), welches mit einem<lb/>
Haken an dem Helme befestigt war, der geöffnet werden mu&#x017F;ste, um<lb/>
den Helm absetzen zu können. Mit dem Kinnstück ist hier das<lb/>
Kehlstück (gorgerin) in eins verbunden, während der Nackenschirm<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Beck</hi>, Geschichte des Eisens. 23</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0373] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Rüstungen, welche durch die Treibarbeit kostspielig waren, um die Mitte des 16. Jahrhunderts wieder ab. In den Formen dieser Art der Rüstungen war schon mit der Gotik gebrochen. An die Stelle der langen, spitzen Schnabelschuhe trat das gerade Gegenteil der breiten, abgestutzten, sogenannten Entenschnäbel, und sodann die noch plumperen, den Holzschuhen ähnlichen „Bärenklauen“. Alle Formen, die vorher winkelig oder zugespitzt waren, wurden bogenförmig und abgerundet. Der geriefte Küraſs ist stärker gewölbt wie früher, um [Abbildung Fig. 97 a.] [Abbildung Fig. 97 b.] ihn auch dadurch widerstandsfähiger zu machen. Die Maximilianische Rüstung bestand meistens aus blank poliertem Stahl, so daſs sie hell in der Sonne erglänzte (harnais blanc). Fig. 97 a, b zeigt eine vollständige Maximilianische Rüstung von Vorder- und Rückseite 1). Der Helm (armet) hat eine gekehlte Haube (tymbre) mit nur wenig vorspringendem Kamm (crête), einfaches be- wegliches Visier (vue) und das Kinnstück (ventail), welches mit einem Haken an dem Helme befestigt war, der geöffnet werden muſste, um den Helm absetzen zu können. Mit dem Kinnstück ist hier das Kehlstück (gorgerin) in eins verbunden, während der Nackenschirm 1) Siehe Jähns, Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens. Tabelle 75, Fig. 1 und 2. Beck, Geschichte des Eisens. 23

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/373
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/373>, abgerufen am 21.11.2024.