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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Wie die Treitz unter Erzherzog Sigismund, so waren es die
Seusenhofer unter den Kaisern Maximilian und Ferdinand, welche
die Plattnerei zu Innsbruck nicht nur in ihrem alten Ruhm erhielten,
sondern denselben noch vermehrten. Konrad Seusenhofer er-
scheint als Plattner zu Innsbruck urkundlich zuerst 1502, in welchem
Jahre Kaiser Max ihm eine Arbeit übertrug, 1504 war er Hofplattner
und 1506 wurde ihm der Neubau der Hofplattnerei übertragen. Er
starb im Jahre 1518. Gleichzeitig mit ihm lebten in Innsbruck
Matthäus und Hans Seusenhofer, beide Plattner, letzterer ur-
kundlich ein Bruder des Konrad. Nach Konrads Tode wurde
Hans Seusenhofer Hofplattner und Leibharnischmacher. Er starb,
85 Jahre alt, im Jahre 1555. Sein Amt und Ruhm gingen auf
seinen berühmten Sohn Jörg (P. Z., Fig. 107 e) über, welcher die
vorerwähnte Rüstung Erzherzog Ferdinands von Tirol und die be-
kannte Rüstung König Franz I. von Frankreich, welche im Museum
des Louvre steht, verfertigte. Die letzterwähnte Rüstung wurde
zwar im Auftrage des Königs ausgeführt, kam aber nicht zur
Ablieferung und gelangte infolgedessen später in die Ambraser
Sammlung, von wo sie Napoleon I. 1809 wegnehmen und nach
Paris verbringen liess. Verkehrterweise wurde sie immer als ita-
lienische Arbeit bezeichnet. Ein Vetter Jörgs war jener Wilhelm
Seusenhofer
, der nach Augsburg übersiedelte, wo er 1555
als Bürger und Plattner vorkommt. Von österreichischen Platt-
nern nennen wir noch Heinrich Obresch in Gratz um 1590
(P. Z., Fig. 107 q).

In hoher Blüte stand auch die Plattnerei in München, wo sie
von den bayerischen Herzogen gepflegt wurde. Ambrosius Gemlich
(um 1530) und J. A. v. Schönberg waren bekannte Meister. In
den Rechnungen für an den König Philipp II. gelieferte Harnische
kommt wiederholt ein Münchener Meister Bolfe, Bulff, Vulff (viel-
leicht Wolf?) vor. Derselbe erhält 1551 für eine Rüstung einmal
250 Escudos de oro, nach spanischen Hofrechnungen. Ferner erhält
ein Münchener Plattner (mailleur) für gewisse Waffenstücke 114 Esc.
Genannt werden ferner als Hofplattner der Herzöge von Bayern
1578 Martin Hofer und 1592 Paulus Schaller und im Jahre 1600
erhielt Anton Miller, "Plattner zu Augsburge umb gemachte Kürass
für ihre Durchlaucht Herzog Maximilian und Albrechten zu Bayern
zum Freirennen 140 Gulden".

Auch in Landshut blühte die Kunst. Ein hervorragender Plattner
daselbst war Franz Grossschedl (P. Z., Fig. 107 h). Dieser lieferte

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Wie die Treitz unter Erzherzog Sigismund, so waren es die
Seusenhofer unter den Kaisern Maximilian und Ferdinand, welche
die Plattnerei zu Innsbruck nicht nur in ihrem alten Ruhm erhielten,
sondern denselben noch vermehrten. Konrad Seusenhofer er-
scheint als Plattner zu Innsbruck urkundlich zuerst 1502, in welchem
Jahre Kaiser Max ihm eine Arbeit übertrug, 1504 war er Hofplattner
und 1506 wurde ihm der Neubau der Hofplattnerei übertragen. Er
starb im Jahre 1518. Gleichzeitig mit ihm lebten in Innsbruck
Matthäus und Hans Seusenhofer, beide Plattner, letzterer ur-
kundlich ein Bruder des Konrad. Nach Konrads Tode wurde
Hans Seusenhofer Hofplattner und Leibharnischmacher. Er starb,
85 Jahre alt, im Jahre 1555. Sein Amt und Ruhm gingen auf
seinen berühmten Sohn Jörg (P. Z., Fig. 107 e) über, welcher die
vorerwähnte Rüstung Erzherzog Ferdinands von Tirol und die be-
kannte Rüstung König Franz I. von Frankreich, welche im Museum
des Louvre steht, verfertigte. Die letzterwähnte Rüstung wurde
zwar im Auftrage des Königs ausgeführt, kam aber nicht zur
Ablieferung und gelangte infolgedessen später in die Ambraser
Sammlung, von wo sie Napoleon I. 1809 wegnehmen und nach
Paris verbringen lieſs. Verkehrterweise wurde sie immer als ita-
lienische Arbeit bezeichnet. Ein Vetter Jörgs war jener Wilhelm
Seusenhofer
, der nach Augsburg übersiedelte, wo er 1555
als Bürger und Plattner vorkommt. Von österreichischen Platt-
nern nennen wir noch Heinrich Obresch in Gratz um 1590
(P. Z., Fig. 107 q).

In hoher Blüte stand auch die Plattnerei in München, wo sie
von den bayerischen Herzogen gepflegt wurde. Ambrosius Gemlich
(um 1530) und J. A. v. Schönberg waren bekannte Meister. In
den Rechnungen für an den König Philipp II. gelieferte Harnische
kommt wiederholt ein Münchener Meister Bolfe, Bulff, Vulff (viel-
leicht Wolf?) vor. Derselbe erhält 1551 für eine Rüstung einmal
250 Escudos de oro, nach spanischen Hofrechnungen. Ferner erhält
ein Münchener Plattner (mailleur) für gewisse Waffenstücke 114 Esc.
Genannt werden ferner als Hofplattner der Herzöge von Bayern
1578 Martin Hofer und 1592 Paulus Schaller und im Jahre 1600
erhielt Anton Miller, „Plattner zu Augsburge umb gemachte Küraſs
für ihre Durchlaucht Herzog Maximilian und Albrechten zu Bayern
zum Freirennen 140 Gulden“.

Auch in Landshut blühte die Kunst. Ein hervorragender Plattner
daselbst war Franz Groſsschedl (P. Z., Fig. 107 h). Dieser lieferte

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[375/0395] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Wie die Treitz unter Erzherzog Sigismund, so waren es die Seusenhofer unter den Kaisern Maximilian und Ferdinand, welche die Plattnerei zu Innsbruck nicht nur in ihrem alten Ruhm erhielten, sondern denselben noch vermehrten. Konrad Seusenhofer er- scheint als Plattner zu Innsbruck urkundlich zuerst 1502, in welchem Jahre Kaiser Max ihm eine Arbeit übertrug, 1504 war er Hofplattner und 1506 wurde ihm der Neubau der Hofplattnerei übertragen. Er starb im Jahre 1518. Gleichzeitig mit ihm lebten in Innsbruck Matthäus und Hans Seusenhofer, beide Plattner, letzterer ur- kundlich ein Bruder des Konrad. Nach Konrads Tode wurde Hans Seusenhofer Hofplattner und Leibharnischmacher. Er starb, 85 Jahre alt, im Jahre 1555. Sein Amt und Ruhm gingen auf seinen berühmten Sohn Jörg (P. Z., Fig. 107 e) über, welcher die vorerwähnte Rüstung Erzherzog Ferdinands von Tirol und die be- kannte Rüstung König Franz I. von Frankreich, welche im Museum des Louvre steht, verfertigte. Die letzterwähnte Rüstung wurde zwar im Auftrage des Königs ausgeführt, kam aber nicht zur Ablieferung und gelangte infolgedessen später in die Ambraser Sammlung, von wo sie Napoleon I. 1809 wegnehmen und nach Paris verbringen lieſs. Verkehrterweise wurde sie immer als ita- lienische Arbeit bezeichnet. Ein Vetter Jörgs war jener Wilhelm Seusenhofer, der nach Augsburg übersiedelte, wo er 1555 als Bürger und Plattner vorkommt. Von österreichischen Platt- nern nennen wir noch Heinrich Obresch in Gratz um 1590 (P. Z., Fig. 107 q). In hoher Blüte stand auch die Plattnerei in München, wo sie von den bayerischen Herzogen gepflegt wurde. Ambrosius Gemlich (um 1530) und J. A. v. Schönberg waren bekannte Meister. In den Rechnungen für an den König Philipp II. gelieferte Harnische kommt wiederholt ein Münchener Meister Bolfe, Bulff, Vulff (viel- leicht Wolf?) vor. Derselbe erhält 1551 für eine Rüstung einmal 250 Escudos de oro, nach spanischen Hofrechnungen. Ferner erhält ein Münchener Plattner (mailleur) für gewisse Waffenstücke 114 Esc. Genannt werden ferner als Hofplattner der Herzöge von Bayern 1578 Martin Hofer und 1592 Paulus Schaller und im Jahre 1600 erhielt Anton Miller, „Plattner zu Augsburge umb gemachte Küraſs für ihre Durchlaucht Herzog Maximilian und Albrechten zu Bayern zum Freirennen 140 Gulden“. Auch in Landshut blühte die Kunst. Ein hervorragender Plattner daselbst war Franz Groſsschedl (P. Z., Fig. 107 h). Dieser lieferte

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/395>, abgerufen am 21.11.2024.