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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
einer oder zu zwoen Händen, Rappier, Cortellaschen, Tolchen, Stileten,
Pfriemen etc. und die sie poliren und Gefäss, Scheiden, Ortbandt
darzu machen: Darzu sie auch ihren sonderen Werkzeug, als Schleiff-
stein, Polirbank, Polireisen, Feilen, Hammer und anderes mehr haben
müssen."

In Solingen, welches nachmals der wichtigste Platz für die
Messerfabrikation wurde, waren Klingen- und Messerschmiede bis in
die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht getrennt, vielmehr be-
sorgten die Schwertschmiede auch die Anfertigung der "kleinen
Messer". Am 14. Januar 1571 erhielten aber die Messermacher von
dem Herzog von Berg ein besonderes Privilegium und damit war die
Trennung zwischen Klingen- und Messerschmieden formell vollzogen:
Die Messermacher wurden auch in Solingen ein selbständiges Hand-
werk. Hierzu trug eine Reihe von Umständen bei. Die Schwert-
fabrikation war durch die veränderte Kampfweise infolge der immer
mehr zur Geltung gelangenden Überlegenheit der Feuerwaffen in
Rückgang gekommen. Infolgedessen sahen sich viele Schwertschmiede
gezwungen, sich ganz auf die Fabrikation der kleinen Messer zu ver-
legen. Umgekehrt hatte die Nachfrage nach kleinen Messern sich
ausserordentlich gesteigert, denn um diese Zeit kam der Gebrauch
auf, zu jedem Gedeck bei Tisch ein besonderes Messer zu legen, also
der Gebrauch der Tischmesser, und ebenso kamen die Einschlag-
messer, die man zugeklappt in der Tasche tragen konnte, in die
Mode. Endlich kam noch eine ganz neue Sitte beim Essen in
Übung, nämlich die festen Speisen statt mit den Fingern oder mit
einem Löffel zum Munde zu führen mit einer Gabel zu fassen. Diese
Mode ging von Italien aus und fand nur allmählich bei den germa-
nischen Völkern Nordeuropas Eingang.

Die Anfertigung der Gabeln fiel ebenfalls den Messerschmieden zu.
Das oben erwähnte Privilegium der Messermacher vom Jahre 1571 be-
stimmte, dass den drei beschlossenen Brüderschaften der Schwertindu-
strie sämtliche Rechte unverkürzt verbleiben sollten; ihnen, ihren
Genossen und Nachkommen stand ebenso wie den Messermachern und
deren ehelichen Söhnen die Berechtigung zu dem Gewerbe zu. Die
ehelich geborenen Fremden sollten noch als Knechte und Jungen in
Arbeit bleiben, weiter aber kein Fremder aufgenommen werden: zur
Kontrole sollten sämtliche Mitglieder in einem Buche verzeichnet
werden 1). Von den vier Ratleuten, welche die Messer zu beschauen

1) Thun, a. a. O., S. 23.

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
einer oder zu zwoen Händen, Rappier, Cortellaschen, Tolchen, Stileten,
Pfriemen etc. und die sie poliren und Gefäſs, Scheiden, Ortbandt
darzu machen: Darzu sie auch ihren sonderen Werkzeug, als Schleiff-
stein, Polirbank, Polireisen, Feilen, Hammer und anderes mehr haben
müssen.“

In Solingen, welches nachmals der wichtigste Platz für die
Messerfabrikation wurde, waren Klingen- und Messerschmiede bis in
die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht getrennt, vielmehr be-
sorgten die Schwertschmiede auch die Anfertigung der „kleinen
Messer“. Am 14. Januar 1571 erhielten aber die Messermacher von
dem Herzog von Berg ein besonderes Privilegium und damit war die
Trennung zwischen Klingen- und Messerschmieden formell vollzogen:
Die Messermacher wurden auch in Solingen ein selbständiges Hand-
werk. Hierzu trug eine Reihe von Umständen bei. Die Schwert-
fabrikation war durch die veränderte Kampfweise infolge der immer
mehr zur Geltung gelangenden Überlegenheit der Feuerwaffen in
Rückgang gekommen. Infolgedessen sahen sich viele Schwertschmiede
gezwungen, sich ganz auf die Fabrikation der kleinen Messer zu ver-
legen. Umgekehrt hatte die Nachfrage nach kleinen Messern sich
auſserordentlich gesteigert, denn um diese Zeit kam der Gebrauch
auf, zu jedem Gedeck bei Tisch ein besonderes Messer zu legen, also
der Gebrauch der Tischmesser, und ebenso kamen die Einschlag-
messer, die man zugeklappt in der Tasche tragen konnte, in die
Mode. Endlich kam noch eine ganz neue Sitte beim Essen in
Übung, nämlich die festen Speisen statt mit den Fingern oder mit
einem Löffel zum Munde zu führen mit einer Gabel zu fassen. Diese
Mode ging von Italien aus und fand nur allmählich bei den germa-
nischen Völkern Nordeuropas Eingang.

Die Anfertigung der Gabeln fiel ebenfalls den Messerschmieden zu.
Das oben erwähnte Privilegium der Messermacher vom Jahre 1571 be-
stimmte, daſs den drei beschlossenen Brüderschaften der Schwertindu-
strie sämtliche Rechte unverkürzt verbleiben sollten; ihnen, ihren
Genossen und Nachkommen stand ebenso wie den Messermachern und
deren ehelichen Söhnen die Berechtigung zu dem Gewerbe zu. Die
ehelich geborenen Fremden sollten noch als Knechte und Jungen in
Arbeit bleiben, weiter aber kein Fremder aufgenommen werden: zur
Kontrole sollten sämtliche Mitglieder in einem Buche verzeichnet
werden 1). Von den vier Ratleuten, welche die Messer zu beschauen

1) Thun, a. a. O., S. 23.
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[413/0433] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. einer oder zu zwoen Händen, Rappier, Cortellaschen, Tolchen, Stileten, Pfriemen etc. und die sie poliren und Gefäſs, Scheiden, Ortbandt darzu machen: Darzu sie auch ihren sonderen Werkzeug, als Schleiff- stein, Polirbank, Polireisen, Feilen, Hammer und anderes mehr haben müssen.“ In Solingen, welches nachmals der wichtigste Platz für die Messerfabrikation wurde, waren Klingen- und Messerschmiede bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht getrennt, vielmehr be- sorgten die Schwertschmiede auch die Anfertigung der „kleinen Messer“. Am 14. Januar 1571 erhielten aber die Messermacher von dem Herzog von Berg ein besonderes Privilegium und damit war die Trennung zwischen Klingen- und Messerschmieden formell vollzogen: Die Messermacher wurden auch in Solingen ein selbständiges Hand- werk. Hierzu trug eine Reihe von Umständen bei. Die Schwert- fabrikation war durch die veränderte Kampfweise infolge der immer mehr zur Geltung gelangenden Überlegenheit der Feuerwaffen in Rückgang gekommen. Infolgedessen sahen sich viele Schwertschmiede gezwungen, sich ganz auf die Fabrikation der kleinen Messer zu ver- legen. Umgekehrt hatte die Nachfrage nach kleinen Messern sich auſserordentlich gesteigert, denn um diese Zeit kam der Gebrauch auf, zu jedem Gedeck bei Tisch ein besonderes Messer zu legen, also der Gebrauch der Tischmesser, und ebenso kamen die Einschlag- messer, die man zugeklappt in der Tasche tragen konnte, in die Mode. Endlich kam noch eine ganz neue Sitte beim Essen in Übung, nämlich die festen Speisen statt mit den Fingern oder mit einem Löffel zum Munde zu führen mit einer Gabel zu fassen. Diese Mode ging von Italien aus und fand nur allmählich bei den germa- nischen Völkern Nordeuropas Eingang. Die Anfertigung der Gabeln fiel ebenfalls den Messerschmieden zu. Das oben erwähnte Privilegium der Messermacher vom Jahre 1571 be- stimmte, daſs den drei beschlossenen Brüderschaften der Schwertindu- strie sämtliche Rechte unverkürzt verbleiben sollten; ihnen, ihren Genossen und Nachkommen stand ebenso wie den Messermachern und deren ehelichen Söhnen die Berechtigung zu dem Gewerbe zu. Die ehelich geborenen Fremden sollten noch als Knechte und Jungen in Arbeit bleiben, weiter aber kein Fremder aufgenommen werden: zur Kontrole sollten sämtliche Mitglieder in einem Buche verzeichnet werden 1). Von den vier Ratleuten, welche die Messer zu beschauen 1) Thun, a. a. O., S. 23.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/433>, abgerufen am 22.11.2024.