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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Draht- und Nadelfabrikation.

Ich weiss, dass es Euch bekannt ist, dass man, um Goldstoffe zu
machen, oder Goldstickerei, oder Arbeiten, bei denen das Gold für
durchbrochene Stoffe (Filigran) verwendet wird, es nötig ist, das
Gold in Fäden zu ziehen, was wegen seiner Zartheit leicht geschehen
kann .... ebenso auch das Silber und das Zinn. Und ich glaube
auch, dass sich dies auch mit dem Eisen thun liesse, wie mit dem
Kupfer und dem Messing, welches, wenn es auch nicht so weich ist,
wie die oben genannten, sich doch, wie man sieht, durch Schlagen
ausdehnt und verdünnt. Und da es in der Farbe einige Ähnlichkeit
mit dem Gold hat, so macht man daraus jene feinen Blättchen, die
man Flittergold zu nennen pflegt. Überhaupt zieht man Draht nach
Bedarf aus Legierungen, welche sich im Feuer bilden, vom Zinn und
Blei an, aus jedem Metall und von jeder Feinheit und Länge, wie es
dem Arbeiter gut scheint, und insbesondere aus denen, die sich aus
Gold und Silber herstellen lassen. Diese werden so lang und fein,
dass sie sich ebenso wie Leinen- und Wollfäden in Tücher weben
lassen. Auch mit Seide verstickt man sie, ohne irgend welche Un-
gleichheit. Und die Goldarbeiter ziehen solche, um die Ornamente
ihrer Arbeiten leichter und schöner zu machen. Solche Arbeiten,
verschlungen und sehr fest, entweder von Gold oder von Silber, sind
es, welche man durchbrochene Arbeit (stroforo oder Filigran) nennt.
Messing und Stahl, welche härter sind, zieht man ebenfalls, um
Saiten für musikalische Instrumente zu machen, fein oder dick,
je nach dem Belieben dessen, der sie anfertigt. Und schliesslich ist
in dieser ganzen Beschäftigung nichts Bemerkenswertes enthalten, als
eine gewisse Übung, verbunden mit grosser Geduld. Auf zwei Arten
geht man dabei vor: Die eine besteht im Ziehen auf grosser Walze
(Rollen, Leiern, Bobinen) mit einem Haspel, die andere auf kleiner
Scheibe mit der Hand, wobei man zuvor den Stab mit dem Hammer
so rund und lang ausgeschmiedet hat, als man kann. Mag man sich
des einen oder des andern Instrumentes bedienen, so sitzt das Zieh-
eisen von Stahl, einen halben Palmo (121/2 cm) lang mit mehreren
Reihen Löchern von aufeinander folgenden Grössen in einem Holz-
klotz, der sehr fest sein muss, damit man ziehen kann. Dicht dabei
fasst man das Metall mit einer Zange mit breitem, gezahntem Maul und
mit offenen Schenkeln, welche von einem gewundenen eisernen Bügel
erfasst wird, der unten einen Haken hat, an dem das Ende einer
Gurte oder eines Seiles befestigt ist. Und das übrige wickelt sich,
wenn man dreht, um einen kleinen oder grossen Haspel. Durch diese
Anordnung zieht sich die Zange beim Ziehen zusammen, und wenn

Draht- und Nadelfabrikation.

Ich weiſs, daſs es Euch bekannt ist, daſs man, um Goldstoffe zu
machen, oder Goldstickerei, oder Arbeiten, bei denen das Gold für
durchbrochene Stoffe (Filigran) verwendet wird, es nötig ist, das
Gold in Fäden zu ziehen, was wegen seiner Zartheit leicht geschehen
kann .... ebenso auch das Silber und das Zinn. Und ich glaube
auch, daſs sich dies auch mit dem Eisen thun lieſse, wie mit dem
Kupfer und dem Messing, welches, wenn es auch nicht so weich ist,
wie die oben genannten, sich doch, wie man sieht, durch Schlagen
ausdehnt und verdünnt. Und da es in der Farbe einige Ähnlichkeit
mit dem Gold hat, so macht man daraus jene feinen Blättchen, die
man Flittergold zu nennen pflegt. Überhaupt zieht man Draht nach
Bedarf aus Legierungen, welche sich im Feuer bilden, vom Zinn und
Blei an, aus jedem Metall und von jeder Feinheit und Länge, wie es
dem Arbeiter gut scheint, und insbesondere aus denen, die sich aus
Gold und Silber herstellen lassen. Diese werden so lang und fein,
daſs sie sich ebenso wie Leinen- und Wollfäden in Tücher weben
lassen. Auch mit Seide verstickt man sie, ohne irgend welche Un-
gleichheit. Und die Goldarbeiter ziehen solche, um die Ornamente
ihrer Arbeiten leichter und schöner zu machen. Solche Arbeiten,
verschlungen und sehr fest, entweder von Gold oder von Silber, sind
es, welche man durchbrochene Arbeit (stroforo oder Filigran) nennt.
Messing und Stahl, welche härter sind, zieht man ebenfalls, um
Saiten für musikalische Instrumente zu machen, fein oder dick,
je nach dem Belieben dessen, der sie anfertigt. Und schlieſslich ist
in dieser ganzen Beschäftigung nichts Bemerkenswertes enthalten, als
eine gewisse Übung, verbunden mit groſser Geduld. Auf zwei Arten
geht man dabei vor: Die eine besteht im Ziehen auf groſser Walze
(Rollen, Leiern, Bobinen) mit einem Haspel, die andere auf kleiner
Scheibe mit der Hand, wobei man zuvor den Stab mit dem Hammer
so rund und lang ausgeschmiedet hat, als man kann. Mag man sich
des einen oder des andern Instrumentes bedienen, so sitzt das Zieh-
eisen von Stahl, einen halben Palmo (12½ cm) lang mit mehreren
Reihen Löchern von aufeinander folgenden Gröſsen in einem Holz-
klotz, der sehr fest sein muſs, damit man ziehen kann. Dicht dabei
faſst man das Metall mit einer Zange mit breitem, gezahntem Maul und
mit offenen Schenkeln, welche von einem gewundenen eisernen Bügel
erfaſst wird, der unten einen Haken hat, an dem das Ende einer
Gurte oder eines Seiles befestigt ist. Und das übrige wickelt sich,
wenn man dreht, um einen kleinen oder groſsen Haspel. Durch diese
Anordnung zieht sich die Zange beim Ziehen zusammen, und wenn

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[506/0526] Draht- und Nadelfabrikation. Ich weiſs, daſs es Euch bekannt ist, daſs man, um Goldstoffe zu machen, oder Goldstickerei, oder Arbeiten, bei denen das Gold für durchbrochene Stoffe (Filigran) verwendet wird, es nötig ist, das Gold in Fäden zu ziehen, was wegen seiner Zartheit leicht geschehen kann .... ebenso auch das Silber und das Zinn. Und ich glaube auch, daſs sich dies auch mit dem Eisen thun lieſse, wie mit dem Kupfer und dem Messing, welches, wenn es auch nicht so weich ist, wie die oben genannten, sich doch, wie man sieht, durch Schlagen ausdehnt und verdünnt. Und da es in der Farbe einige Ähnlichkeit mit dem Gold hat, so macht man daraus jene feinen Blättchen, die man Flittergold zu nennen pflegt. Überhaupt zieht man Draht nach Bedarf aus Legierungen, welche sich im Feuer bilden, vom Zinn und Blei an, aus jedem Metall und von jeder Feinheit und Länge, wie es dem Arbeiter gut scheint, und insbesondere aus denen, die sich aus Gold und Silber herstellen lassen. Diese werden so lang und fein, daſs sie sich ebenso wie Leinen- und Wollfäden in Tücher weben lassen. Auch mit Seide verstickt man sie, ohne irgend welche Un- gleichheit. Und die Goldarbeiter ziehen solche, um die Ornamente ihrer Arbeiten leichter und schöner zu machen. Solche Arbeiten, verschlungen und sehr fest, entweder von Gold oder von Silber, sind es, welche man durchbrochene Arbeit (stroforo oder Filigran) nennt. Messing und Stahl, welche härter sind, zieht man ebenfalls, um Saiten für musikalische Instrumente zu machen, fein oder dick, je nach dem Belieben dessen, der sie anfertigt. Und schlieſslich ist in dieser ganzen Beschäftigung nichts Bemerkenswertes enthalten, als eine gewisse Übung, verbunden mit groſser Geduld. Auf zwei Arten geht man dabei vor: Die eine besteht im Ziehen auf groſser Walze (Rollen, Leiern, Bobinen) mit einem Haspel, die andere auf kleiner Scheibe mit der Hand, wobei man zuvor den Stab mit dem Hammer so rund und lang ausgeschmiedet hat, als man kann. Mag man sich des einen oder des andern Instrumentes bedienen, so sitzt das Zieh- eisen von Stahl, einen halben Palmo (12½ cm) lang mit mehreren Reihen Löchern von aufeinander folgenden Gröſsen in einem Holz- klotz, der sehr fest sein muſs, damit man ziehen kann. Dicht dabei faſst man das Metall mit einer Zange mit breitem, gezahntem Maul und mit offenen Schenkeln, welche von einem gewundenen eisernen Bügel erfaſst wird, der unten einen Haken hat, an dem das Ende einer Gurte oder eines Seiles befestigt ist. Und das übrige wickelt sich, wenn man dreht, um einen kleinen oder groſsen Haspel. Durch diese Anordnung zieht sich die Zange beim Ziehen zusammen, und wenn

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/526>, abgerufen am 22.11.2024.