Maschinen- und Eisenhüttenwesen stehen in engster Wechsel- beziehung. Die Fortschritte des Maschinenbaues haben die Eisenindustrie gefördert, die Fortschritte der Eisenindustrie haben die Fortschritte im Maschinenbau bedingt und ermöglicht.
Schon wiederholt wurde darauf hingewiesen, welche grosse Um- wälzung die Eisenindustrie durch die Benutzung der Wasserkraft erfahren hat. Ihre ganze Grundlage wurde verändert, der Hochofen- betrieb entstand durch sie und mit diesem der Grossbetrieb im Eisen- hüttenwesen. Und nicht nur beim Schmelzprozess, sondern auch bei der Verarbeitung des Eisens verdrängte die Wasserkraft vielfach die Menschenkraft und bewirkte durch die Steigerung der Leistung die Konzentration einzelner Industriezweige.
Die Fortschritte der Mechanik sind in alter Zeit sehr langsam gewesen. Nur das zwingende Bedürfnis konnte die Menschen ver- anlassen, da, wo die Kraft ihrer Hände durchaus nicht mehr aus- reichte, Maschinen zu erdenken. Diese Bedürfnisse vermehrten sich aber mit der Zunahme der Bevölkerung, mit dem Wachsen der Er- kenntnis, mit der Kultur. Eines der ältesten und mächtigsten Kultur- bedürfnisse war das nach dem Besitz der Metalle, deren Erze aus dem Schoss der Erde gegraben und mit Feuer geschmolzen werden mussten. Dem Graben der Erze mit den Händen allein waren aber enge Grenzen gesetzt. Sobald diese erreicht waren, musste der Berg- bau Maschinen erfinden, um das zuströmende Wasser zu entfernen, die Luft zu reinigen, die Erze zu fördern. Wie der Bergbau die älteste Grossindustrie war, so wurde er auch die älteste Industrie mit Maschinenbetrieb. Schon die Phönizier und Karthager hatten in ihren ausgedehnten Bergwerken in Spanien kunstreiche Maschinen zum Heben des Wassers. Im Mittelalter blühte der Bergbau in keinem Lande so wie in Deutschland; hier wurden denn auch die mechanischen Hilfsmittel für denselben immer mehr vervollkommnet. Dass im Rammelsberg bereits zur Zeit Heinrichs des Löwen maschi- nelle Vorrichtungen in Anwendung waren, erfahren wir aus der Nach- richt, dass im Jahre 1180 Hermann von der Gowische alle "Künste" zusammenhauen liess, wodurch der dortige Bergbau für lange Zeit vernichtet wurde. Auf welch hoher Stufe der Maschinen-
Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert.
Maschinenwesen.
Maschinen- und Eisenhüttenwesen stehen in engster Wechsel- beziehung. Die Fortschritte des Maschinenbaues haben die Eisenindustrie gefördert, die Fortschritte der Eisenindustrie haben die Fortschritte im Maschinenbau bedingt und ermöglicht.
Schon wiederholt wurde darauf hingewiesen, welche groſse Um- wälzung die Eisenindustrie durch die Benutzung der Wasserkraft erfahren hat. Ihre ganze Grundlage wurde verändert, der Hochofen- betrieb entstand durch sie und mit diesem der Groſsbetrieb im Eisen- hüttenwesen. Und nicht nur beim Schmelzprozeſs, sondern auch bei der Verarbeitung des Eisens verdrängte die Wasserkraft vielfach die Menschenkraft und bewirkte durch die Steigerung der Leistung die Konzentration einzelner Industriezweige.
Die Fortschritte der Mechanik sind in alter Zeit sehr langsam gewesen. Nur das zwingende Bedürfnis konnte die Menschen ver- anlassen, da, wo die Kraft ihrer Hände durchaus nicht mehr aus- reichte, Maschinen zu erdenken. Diese Bedürfnisse vermehrten sich aber mit der Zunahme der Bevölkerung, mit dem Wachsen der Er- kenntnis, mit der Kultur. Eines der ältesten und mächtigsten Kultur- bedürfnisse war das nach dem Besitz der Metalle, deren Erze aus dem Schoſs der Erde gegraben und mit Feuer geschmolzen werden muſsten. Dem Graben der Erze mit den Händen allein waren aber enge Grenzen gesetzt. Sobald diese erreicht waren, muſste der Berg- bau Maschinen erfinden, um das zuströmende Wasser zu entfernen, die Luft zu reinigen, die Erze zu fördern. Wie der Bergbau die älteste Groſsindustrie war, so wurde er auch die älteste Industrie mit Maschinenbetrieb. Schon die Phönizier und Karthager hatten in ihren ausgedehnten Bergwerken in Spanien kunstreiche Maschinen zum Heben des Wassers. Im Mittelalter blühte der Bergbau in keinem Lande so wie in Deutschland; hier wurden denn auch die mechanischen Hilfsmittel für denselben immer mehr vervollkommnet. Daſs im Rammelsberg bereits zur Zeit Heinrichs des Löwen maschi- nelle Vorrichtungen in Anwendung waren, erfahren wir aus der Nach- richt, daſs im Jahre 1180 Hermann von der Gowische alle „Künste“ zusammenhauen lieſs, wodurch der dortige Bergbau für lange Zeit vernichtet wurde. Auf welch hoher Stufe der Maschinen-
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Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert.
Maschinenwesen.
Maschinen- und Eisenhüttenwesen stehen in engster Wechsel-
beziehung. Die Fortschritte des Maschinenbaues haben die
Eisenindustrie gefördert, die Fortschritte der Eisenindustrie haben
die Fortschritte im Maschinenbau bedingt und ermöglicht.
Schon wiederholt wurde darauf hingewiesen, welche groſse Um-
wälzung die Eisenindustrie durch die Benutzung der Wasserkraft
erfahren hat. Ihre ganze Grundlage wurde verändert, der Hochofen-
betrieb entstand durch sie und mit diesem der Groſsbetrieb im Eisen-
hüttenwesen. Und nicht nur beim Schmelzprozeſs, sondern auch bei
der Verarbeitung des Eisens verdrängte die Wasserkraft vielfach die
Menschenkraft und bewirkte durch die Steigerung der Leistung die
Konzentration einzelner Industriezweige.
Die Fortschritte der Mechanik sind in alter Zeit sehr langsam
gewesen. Nur das zwingende Bedürfnis konnte die Menschen ver-
anlassen, da, wo die Kraft ihrer Hände durchaus nicht mehr aus-
reichte, Maschinen zu erdenken. Diese Bedürfnisse vermehrten sich
aber mit der Zunahme der Bevölkerung, mit dem Wachsen der Er-
kenntnis, mit der Kultur. Eines der ältesten und mächtigsten Kultur-
bedürfnisse war das nach dem Besitz der Metalle, deren Erze aus
dem Schoſs der Erde gegraben und mit Feuer geschmolzen werden
muſsten. Dem Graben der Erze mit den Händen allein waren aber
enge Grenzen gesetzt. Sobald diese erreicht waren, muſste der Berg-
bau Maschinen erfinden, um das zuströmende Wasser zu entfernen,
die Luft zu reinigen, die Erze zu fördern. Wie der Bergbau die
älteste Groſsindustrie war, so wurde er auch die älteste Industrie mit
Maschinenbetrieb. Schon die Phönizier und Karthager hatten in
ihren ausgedehnten Bergwerken in Spanien kunstreiche Maschinen
zum Heben des Wassers. Im Mittelalter blühte der Bergbau in
keinem Lande so wie in Deutschland; hier wurden denn auch die
mechanischen Hilfsmittel für denselben immer mehr vervollkommnet.
Daſs im Rammelsberg bereits zur Zeit Heinrichs des Löwen maschi-
nelle Vorrichtungen in Anwendung waren, erfahren wir aus der Nach-
richt, daſs im Jahre 1180 Hermann von der Gowische alle
„Künste“ zusammenhauen lieſs, wodurch der dortige Bergbau für
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/539>, abgerufen am 22.11.2024.
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